Die Rettung

Die Abenteuer der SUPER-KIDS
5. Geschichte
Vorbemerkung: Diese Geschichte habe ich meinen Jungs heute abend (22.10.01) vor dem zu Bett gehen erzählt. Ich mußte sie erst einmal niederschreiben. Habe fertig. Viel Spaß beim Lesen.
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Die Nacht war hereingebrochen, aber die beiden Jungs Julian und Alexander dachten gar nicht daran schlafen zu gehen. Sie spielten in Julians Zimmer mit Legosteinen. Dabei waren sie so leise, dass Vater und Mutter sie nicht hören konnten.
Als ein Klopfen am Fenster ertönte, erschreckten sich die beiden gar nicht mehr, denn dieses Klopfen war ihnen sehr vertraut.
„Hey, der Sandmann“, ruft Julian und springt auf. Schnell öffnet er das Dachfenster. Vor dem Dach schwebt das fliegende Schlauchboot des Sandmannes. Der kleine Mann sitzt zwischen einem Haufen Säcken und winkt Julian zu.
„Hallo, Freunde! Wusste ich es doch! Ihr schlaft noch nicht!“
„Logo, Sandi“, ruft Julian grinsend. Alexander klettert neben Julian auf den Schreibtisch, damit auch er den Sandmann sehen kann.
„Wollt ihr mich begleiten, Freunde? Ich könnte ein wenig Hilfe beim Verteilen des Schlafsandes gebrauchen!“
Das lassen sich die beiden Buben nicht zweimal sagen. Schnell klettern sie in das Schlauchboot des Sandmannes. Dieser spricht schnell einen Zauberspruch und friert die Zeit im Haus ein, so dass die Eltern nicht bemerken, dass die Jungs auf Tour sind.

*

Die Fahrt geht geschwind über die Dächer der Stadt. Ein Meer von Sternen liegt über dem Land und der Himmel strahlt im Licht des Mondes und der Sterne.
Über jedem Haus hält der Sandmann und verteilt den Schlafsand.
„Ich habe noch nie gesehen, dass dein Sand verschiedenen Farben hat“, meint Julian erstaunt.
„Ja, das ist so: Für Kinder habe ich blauen Sand, für Jugendliche gibt es roten Sand, für die Erwachsenen verteile ich gelben Sand, speziell für Eltern streue ich silbernen Sand und für die Opas und Omas gibt es goldenen Sand.“
„Warum das?“ fragt Alexander erstaunt.
„Das ist so: Jeder Mensch träumt verschieden und besonders Kinder träumen anders als die Eltern und die Omas und Opas haben andere Träumereien als die Jugendlichen. Jedes Zeitalter hat seine eigenen Träume! Und damit ich nicht durcheinander komme, hat jeder Traumsand seine eigene Farbe!“
Die Kinder nicken und reichen dem Sandmann eifrig die notwendigen Säcke an.
„Wir fliegen heute auch in die Großstadt“, sagt der Sandmann nach einiger Zeit. „Einer meiner Helfer dort ist ausgefallen und ich muss einspringen!“
„Oh, ja“, ruft Julian, „über die Hochhäuser fliegen, das wäre geil!“
„Klaro“, meint Alexander. „Das ist mega-geil!“
Der Sandmann gibt Gas und das Schlauchboot stemmt sich gegen den Nachtwind und jagt der großen Stadt entgegen.

*

Die Hochhäuser sind beeindruckend. Noch beeindruckender ist der schlingernde Flug zwischen all den gigantischen Türmen hindurch.
„Da leben und arbeiten Menschen?“ fragt Julian erstaunt.
„Und wie viele!“ ruft der Sandmann aus. „Viele tausend Menschen befinden sich jeden Tag in so einem Hochhaus und gehen ihrer Arbeit nach. Und einige von ihnen bleiben auch den Nachts in den Gebäuden, um zu arbeiten. Da schlafen sie auch schon einmal ein.“
„Ah, und dann kommst du, und verpasst ihnen eine Portion Sand“, ruft Alexander lachend aus.
„Du sagst es!“
Der Sandmann kurvt an den Hochhäusern herauf und herunter und verteilt ab und zu Sand. Die Kinder blicken staunend auf die im Mondlicht glänzenden Glasfronten der Wolkenkratzer.
Die drei sind ganz in ihre Arbeit versunken.
Plötzlich meint Alexander: „Ich habe da etwas gehört!“
Sandmann und Julian spitzen die Ohren. Sie befinden sich gerade über einem sehr langen Hochhaus und schauen auf das Dach hinunter.
„Was denn?“ meint Julian.
„Da wieder!“ ruft Alexander. Julian nickt und auch der Sandmann wackelt mit dem Kopf.
„Das kommt vom Dach“, sagt er, ganz der Kenner von solchen Geräuschen.
Auf dem besagten Dach befinden sich Türen, Lüftungsschlitze und viele Antennen.
„Schaut, Kinder!“ ruft der Sandmann und zeigt auf eine Tür mitten auf dem Dach. Julian mit seinen scharfen Augen erblickt das Ziel sofort.
„Eine kleine, schwarze Katze“, stellt er fest.
„Sie jammert fürchterlich,“ seufzt Alexander, der das bessere Gehör besitzt.
„Wir müssen sie retten“, sagt Julian bestimmt und schaut den Sandmann erwartungsvoll an.
„Das meine ich auch, denn sie wird sich verlaufen haben und nicht mehr vom Dach herunterkommen. Aber, wir können auf dem Dach nicht landen – zu viele Antennen und Kabel!“
„Was machen wir dann?“ fragt Alexander und beugt sich weit über den Bootsrand hinaus. Julian packt ihn beim Kragen und zieht ihn zurück.
„Ich habe eine Strickleiter“, sagt der Sandmann und tippt sich mit dem Zeigefinger an die Stirn.
„Ich klettere hinunter“, meint Julian bestimmt.
Der Sandmann befestigt die Leiter am Bootsrand und lässt sie nach unten fallen. Sie reicht fast bis auf das Dach.
„Das schaffe ich“, sagt Julian und schwingt sich dynamisch über die Reling.
Als er auf der zweiten Sprosse steht schreit er: „Ah, zieht mich rein! Das wackelt so stark. Ich falle runter!“
Alexander und der Sandmann ziehen ihn wieder ins Boot.
„Ich habe ein Seil“, sagt der Sandmann, „damit sichere ich dich!“
Der Sandmann holt das Seil und bindet ein Ende mit einem Sicherheitsknoten um Julians Brustkorb fest. Das andere Ende befestigt er an einer Öse im Boot.
„So, jetzt kann nichts mehr passieren!“ meint der kleine Mann.
Julian klettert wieder auf die Strickleiter und lässt sich hinunter. Er darf gar nicht zu Boden schauen, denn alles wackelt und dreht sich. Ein starker Wind weht, den man im Boot gar nicht spürt. Aber hier auf der lockeren Leiter kommt er sich vor wie eine Fahne im Wind.
Dennoch schafft er den Abstieg unbeschadet. Den letzten Meter springt er hinunter, dabei fällt er mit dem rechten Fuß unglücklich und verknackst ihn ein wenig.
„Autsch!“ ruft er und reibt sich den Knöchel.
Er winkt nach oben zum Boot, damit der Sandmann und Alexander sich keine Sorgen machen müssen.
Dann geht er auf die kleine schwarze Katze zu. Die sitzt verängstigt vor der geschlossenen Tür und miaut. Sie schaut Julian mit großen, grünen Augen an.
„Hey, Kätzchen“, säuselt Julian und geht vor der Katze in die Hocke. Der Schmerz in seinem Fuß treibt ihm die Tränen ins Gesicht.
Die kleine Katze kringelt sich zusammen. Julian packt sie im Nacken und drückt sie an seine Brust. Erst miaut sie etwas ängstlich, doch dann schmiegt sie sich an ihn. Er öffnet sein Hemd und steckt die Katze darunter.
„So, jetzt bist du transportfertig!“
Er zieht an der Sicherheitsleine, damit seine beiden Freunde oben wissen, dass er kletterbereit ist.
So zieht er sich wieder an der Leiter hoch und klettert die Sprossen hinauf. Der Schmerz im Fuß sorgt dafür, dass er nur langsam voran kommt. Der Schmerz wird immer schlimmer. Und der Wind macht auch nicht den Eindruck, dass er etwas Ruhe aufkommen lassen würde.
„Zieht mich“, ruft Julian nach oben, „helft mir. Mein Bein...“
Der Sandmann spannt seine Muskeln und zieht am Seil, damit Julian leichter klettern kann. Alexander packt mit an und versucht mit seinen Kinderkräften das Beste.
Plötzlich kommt eine starke Bö auf und wirft das Schlauchboot hin und her. Auch die Strickleiter wird hin und her gewirbelt.
Da spannt sich das Seil, an dem Julian hängt und der Sandmann und Alexander müssen sich mit den Füßen gegen die Bordwand stemmen.
„Julian ist von der Leiter gefallen“, ruft Alexander verzweifelt.
„Jaaaa...“, schreit der Sandmann.
Julian hängt in der Luft. Die Leiter schwingt einen Meter vor ihm hin und her. Er ist von einer Sprosse gerutscht und hat den Halt verloren.
„Hilfe. Helft mir!“ ruft er laut.
Dann besinnt er sich darauf, dass er Ruhe bewahren muss. Er beginnt, nach der Leiter zu greifen. Aber immer wieder packt er daneben. Der Wind ist zu stark!
Die beiden Freunde im Boot versuchen ihn hoch zu ziehen, doch das klappt nur schleppend.
Fast will Julian aufgeben. Die Tränen schießen aus seinen Augen und er hat das Gefühl, dass ihm schlecht werden würde.
Da spürt er, wie die Strickleiter in sein Gesicht klatscht. Schmerz durchzuckt ihn, aber mit einem schnellen Reflex packt er die erstbeste Sprosse.
„Oh ja“, murmelt er und klammert sich fest. Der Wind lässt nach und Julian ruht sich einige Sekunden aus. Dann blickte er nach oben und beginnt wieder den Aufstieg.
Nur noch drei Meter!
Er vergisst den Schmerz in seinem Fuß und denkt nur daran, sich und die kleine Katze zu retten.
Irgendwie schafft er den Weg nach hoben.
Alexander und der Sandmann packen ihn bei den Schultern und ziehen ihn ins Innere des Bootes.
Erschöpft bleibt er auf dem Rücken liegen.
„Alles klar, Bruder?“ fragt Alexander besorgt.
Julian sagt nichts, öffnet nur sein Hemd und holt die kleine, schwarze Katze hervor.
„Oh, ist die lieb“, ruft Alexander und nimmt sie an sich.
Die Katze schnurrt und miaut. Sie spürt, dass sie gerettet ist.

*

Nach dieser Rettungsaktion bringt der Sandmann die beiden Kinder schnell nach Hause. Sie brauchen Schlaf und Julians Fuß muss Ruhe haben.
„Was sagen wir denn den Eltern?“ fragt Alexander besorgt.
„Das mache ich schon“, winkt Julian ab. „Ich sage einfach, dass ich aus dem Bett gefallen bin und mir den Fuß verstaucht habe!“
Der Vorschlag wird angenommen, obwohl der Sandmann kein Freund des Schwindelns ist. Aber in diesem Fall geht es halt nicht anders.
„Und die Katze haben wir auf dem Dach gefunden“, meint Alexander.
Die beiden Jungens grinsen breit über beide Ohren hinaus.
Als sie später in ihren Betten liegen, die Katze kringelt sich schnurrend in einer Ecke von Julians Zimmer, haben sie die Aufregung schon vergessen und sind in einen tiefen, traumlosen Schlaf gefallen.
Dafür hat der Spezial-Traumlos-Schlafen-Sand des Sandmanns gesorgt.
Und nun ist die Geschichte aus. Der Sandmann geht nach Haus.

ENDE
 

LisaVerde

Mitglied
Hallo Carol,

das ist eine wirklich nette Gute-Nacht-Geschichte. Besonders die unterschiedlichen Farben des Schlafsandes haben mir gefallen. Wie alt sind deine Jungs?

Grüße von Lisa
 
Schön, dass die Geschichte Dir gefallen hat. Julian ist acht und Alexander ist fünf Jahre alt. Gute-Nacht-Geschichten erzähle ich den beiden seit ein paar Jahren regelmäßig. Ab und zu schreibe ich eine auf.
 



 
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