Die Schwatzinsel
Es war im Jahre 1758, da lebte ein berüchtigter Schiffskoch. Man nannte ihn den Langen Silber-Johann. Er war wie es hieß, der schlechteste Koch aller sieben Weltmeere, weshalb er wohl auch so berüchtigt war. Niemand fuhr gerne mit einem Schiff, auf dem der Lange Silber-Johann kochte. Wenn man das, was er tat, überhaupt Kochen nennen konnte. Jedenfalls blieb ihm nichts anderes übrig, als auf einem Piratenschiff anzuheuern, denn die Geschmacksnerven der Piraten waren schon damals vom vielen Rum total verkümmert. Trotzdem fand der Lange Silber-Johann auch unter den Piraten keine echten Freunde.
Gerne hätte der Silber-Johann die Fähigkeiten eines Sternekoches gehabt oder wenigstens die eines Pizzabäckers. Doch was er auch zubereitete – es misslang. Möglicherweise lag das daran, dass er keine Kochbücher lesen konnte. Besser gesagt, er konnte überhaupt nicht lesen. Als Kind hatte er in der Schule einfach nie richtig aufgepasst und nun bekam er die Quittung dafür.
Eines Tages aber sollte sich alles ändern. Die Piraten hatten das Schiff eines gefürchteten Piraten-Kollegen überfallen. Man muss dazu wissen, dass sich Piraten hin und wieder auch gegenseitig überfallen. Dieses Mal erbeuteten sie jede Menge Gold und Silber, welches nun unter der Mannschaft aufgeteilt wurde. Dem armen Silber-Johann überließ man nur einen Papagei und einen alten Zettel, auf dem eine Insel verzeichnet war. Doch weil Silber-Johann ja nicht lesen konnte, war es ihm auch unmöglich, die Beschriftung zu entziffern. Deshalb beschloss er, seinen Freund, den Schiffsjungen Jim um Hilfe zu bitten, doch auch der konnte mehr schlecht als recht lesen. Damals gab es kaum Piraten, die mit Buchstaben etwas anfangen konnten. Immerhin – ein paar Buchstaben kannte Jim und so entzifferte er mühsam das Geschriebene auf der Karte, während der Papagei auf Silber-Johanns Schulter Platz nahm.
Wie sich herausstellte, handelte es sich bei dem Papier wohl um die Karte der so genannten Schwatzinsel. Auf dieser sagenumwobenen Insel sollte ein geheimes Rezept versteckt liegen, welches wohl so mancher faule Schüler gerne besessen hätte. Es war das Rezept für eine magische Buchstabensuppe. Wer sie aß, so hieß es, der könne augenblicklich lesen und schreiben. Und das, ohne dafür jemals eine Schule besuchen zu müssen.
Jim, der dauernd die Piratenschule schwänzte, seufzte laut:
„Wenn ich doch bloß schreiben könnte, dann könnte ich all die erlebten Piratengeschichten aufschreiben. Vielleicht würde ich sogar ein berühmter Schriftsteller.“
„Für mich wäre Lesen wichtiger“, sagte der Lange Silber-Johann“, denn dann könnte ich all die schönen Kochbücher entziffern und würde endlich ein eigenes Restaurant eröffnen.“
Der Papagei, der das alles hörte, seufzte stumm.
Wenn ich wenigstens sprechen könnte, dachte er. In jener Zeit konnten Papageien nämlich noch gar nicht sprechen.
Jim las weiter und fand heraus, man müsse auf der Schwatzinsel erst einen Fluss überqueren, den so genannten Redefluss, was aber sehr gefährlich war. Es schien also gar nicht so einfach zu sein, an das Buchstabensuppenrezept zu kommen.
Außerdem musste man es erst einmal fertig bringen, zur Schwatzinsel zu kommen. Sie lag nämlich mitten im mucksmäuschenstillen Ozean, der so hieß, weil dort ständig Windstille herrschte. Segelschiffe konnten die Insel also gar nicht erreichen. Und leider gab es damals noch keine Schiffe mit Motoren. Die Hoffnung, ein guter Koch zu werden, schien Silber-Johann also begraben zu müssen.
Jim aber beschloss nachzudenken, und dazu verkroch er sich an diesem Abend in einem Apfelfass, welches sich an Deck des Piratenschiffes befand. Doch auch nach langem Grübeln fiel ihm keine Lösung ein. Vermutlich musste er das Schreiben nun doch mühsam in der Schule erlernen. Da hörte Jim Flüsterstimmen an Deck. Es war der Lange Silber-Johann, der zwei andere Piraten dazu überredete, eine Meuterei zu begehen. Nachdem er ihnen von der Schwatzinsel erzählt hatte, versprach er ihnen, die lehrreiche Suppe zu kochen, sobald man das Rezept gefunden hätte.
Eine Meuterei ist keine schöne Sache, dachte Jim als er die drei belauschte. Aber er stellte sich auch vor, wie toll es wäre, wenn man - schwupp die wupp - lesen und schreiben könnte. Einfach so – nur indem man eine Suppe aß. Also unternahm er nichts und schlief ein.
Am nächsten morgen brachte der Silber-Johann mit einigen anderen Piraten das Schiff in seine Gewalt. Dann nahm man Kurs auf den mucksmäuschenstillen Ozean. Natürlich dauerte es nicht lange bis die Segel schlapp nach unten hingen und das Schiff keinen Meter mehr vorankam. Als nach mehreren Tagen schon das Trinkwasser ausgegangen war, begann die Mannschaft, sich über die Rumvorräte herzumachen bis schließlich alle betrunken waren und ein Lied sangen:
„… 15 Mann auf des Toten Mannes Kiste
… Jo Ho Ho… und ne Buddel voll Rum!“
Vielleicht war es ja dieses Lied, welches schließlich einen Wal neugierig gemacht hatte. Die großen, grauen Meeressäuger kennen sich ja, wie man weiß, mit Gesängen bestens aus. Der Wal, der nun vor dem Piratenschiff auftauchte, konnte nicht nur singen, sondern auch noch sprechen.
„Guten Tag, meine Herren Piraten“, so fing er an und drückte sich ziemlich umständlich aus. „Darf ich mich wohl vorstellen? Man nennt mich den Wort-Wal.“
Die Piraten fingen schallend an zu lachen, denn die Wortwahl des Wort-Wals war wirklich sehr geschwollen.
„Wohin des Weges, ihr lieben Piraten?“
„Hör auf, uns zu belästigen. Wir warten hier bloß auf Wind“, polterte der Lange Silber Johann.
„Aber Johann“, sagte Jim, „vielleicht kann uns der Wort-Wal ja helfen.“
„Helfen? Wobei soll der uns denn schon helfen können?“
„P…“, sagte der Wort-Wal beleidigt, „Dann mache ich mich eben auf den Heimweg. Tschüühüüs.“ Und schon wollte er sich umdrehen, doch Jim rief ihm schnell hinterher.
„Halt, so warte doch. Wir wären dir sehr verbunden, wenn du uns ein Stück deines Weges ziehen könntest.“
Hatte der Wort-Wal da etwa richtig gehört?
Wer sich so vornehm ausdrückt, dem muss geholfen werden, dachte er.
„Nun gut, ich werde Euch ein wenig ziehen, wenn ihr nicht all zu schwör seid, aber weit kann ich Euch nicht begleiten. Ich wohne nicht weit weg von hier, in einer kleinen Bucht vor der sogenannten Schwatzinsel.“
Augenblicklich klopfte das Herz des Langen Silber-Johanns bis zum Hals und die Mannschft jubelte, als sie hörte, wohin nun die Reise ging.
Und so machten sie sich auf den Weg zur Schwatzinsel. Unterwegs erzählten sie dem Wort-Wal von ihrer Suche nach dem Buchstabensuppenrezept. Der Wal hielt es zwar für eine gute Idee, lesen und schreiben zu wollen, doch auch er warnte die Piraten vor der Überquerung des Redeflusses. Dort sollten nämlich die Leseratten unter Wasser leben. Mit ihren bissigen Kommentaren hatten diese schon so manchen tapferen Seemann zur Verzweiflung gebracht. Der Wort-Wal gab ihnen deshalb noch den Tipp, sich etwas in die Ohren zu stecken. Schon bald aber setzte er sie am Strand der Schwatzinsel ab.
Dort machten sich die Piraten mit Hilfe der Buchstabensuppenschatzkarte auf die Suche und kamen bald an den Redefluss. Das Wasser darin floss nur sehr langsam. Vielleicht stand es sogar still, so genau konnte man das nicht sagen. Die Leseratten schienen wirklich unter Wasser zu leben, denn man sah sie nicht. Nur ab und zu stieg eine Sprechblase auf und zerplatzte. Dann hörte man Sätze, wie:
„Es war ein mal eine wunderschöne Prinzessin“,
oder:
„Lesen Sie zunächst genau ihre Aufbauanleitung.“
Die Männer sahen sich an und beschlossen, in den Fluss zu steigen, um ihn zu durchqueren. Was sollte schon passieren? Doch als alle schon bis zu den Knien im Wasser standen, wurden die Kommentare bissiger und immer mehr Blasen zerplatzen:
Blubb: „Großmutter, warum hast du so große Hände?“
Blubb: „Damit ich besser schwimmen kann.“
Und die Piraten merkten gleichzeitig, wie der Fluss nun immer schneller floss. Sie mussten sich vorsehen, nicht mitgerissen zu werden. Und wieder zerplatzten ein paar Sprechblasen:
Blubb: „Halb zog sie ihn. Halb sank er hin.“
Blubb: „Was willst du mit dem Dolche, sprich.“
Der Fluss war inzwischen zu einem reißenden Strom geworden. Und einige der Piraten bekamen Angst, fortgerissen zu werden und zu ertrinken.
„Haltet Euch die Ohren zu“, schrie der Lange Silber-Johann. Die Männer taten es und tatsächlich das Wasser floss wieder langsamer. Trotzdem hörte man noch einige Blasen zerplatzen.
Blubb: „Dem Mutigen hilft Gott.“
Blubb: „Sein oder nicht sein – das ist hier die Frage.“
Mit letzter Kraft schleppten sich die Piraten ans andere Ufer, wo sie sich erst einmal ausruhten. Bald jedoch brachen sie zu der Stelle auf, an der das Buchstabensuppenrezept vergraben war. Sie fanden es ohne weitere Probleme, und kochten gleich an Ort und Stelle einen großen Topf der magischen Köstlichkeit. Alle waren ganz aufgeregt, denn jeder wollte zuerst davon essen. Selbst der Papagei flatterte auf und nieder, immer um den Topf herum. Dabei geschah ihm schließlich ein Missgeschick und er landete – platsch - direkt im Topf mit der dampfenden Suppe. Jim reagierte sofort und zog ihn an den bunten Schwanzfedern wieder heraus.
„Autsch – heiß – ich habe mich verbrannt“, schrie das Vogelvieh und alle staunten und lachten zugleich. Offenbar hatte das Gebräu noch eine andere Wirkung. Der Papagei konnte nun sprechen. Nachdem jeder seinen Teller mit der Suppe gegessen hatte, stellte man zufrieden fest, dass tatsächlich alle schreiben und lesen konnten. Darum feierten sie gemeinsam ein Fest mit selbst beschrifteten Namensschildchen und Jim las zum Schluss allen eine Gute-Nacht-Geschichte vor.
Seit jener Zeit können Papageien sprechen und Piraten lesen und schreiben. Und weil die Piraten gemerkt haben, wie nützlich das ist, suchten sie sich seit dem immer öfter andere Berufe. Deshalb sind die meisten Piraten heute Finanzbeamte, Manager oder arbeiten bei einer Bank. Manche von ihnen wurden aber auch einfach nur Schriftsteller oder … Koch.
Es war im Jahre 1758, da lebte ein berüchtigter Schiffskoch. Man nannte ihn den Langen Silber-Johann. Er war wie es hieß, der schlechteste Koch aller sieben Weltmeere, weshalb er wohl auch so berüchtigt war. Niemand fuhr gerne mit einem Schiff, auf dem der Lange Silber-Johann kochte. Wenn man das, was er tat, überhaupt Kochen nennen konnte. Jedenfalls blieb ihm nichts anderes übrig, als auf einem Piratenschiff anzuheuern, denn die Geschmacksnerven der Piraten waren schon damals vom vielen Rum total verkümmert. Trotzdem fand der Lange Silber-Johann auch unter den Piraten keine echten Freunde.
Gerne hätte der Silber-Johann die Fähigkeiten eines Sternekoches gehabt oder wenigstens die eines Pizzabäckers. Doch was er auch zubereitete – es misslang. Möglicherweise lag das daran, dass er keine Kochbücher lesen konnte. Besser gesagt, er konnte überhaupt nicht lesen. Als Kind hatte er in der Schule einfach nie richtig aufgepasst und nun bekam er die Quittung dafür.
Eines Tages aber sollte sich alles ändern. Die Piraten hatten das Schiff eines gefürchteten Piraten-Kollegen überfallen. Man muss dazu wissen, dass sich Piraten hin und wieder auch gegenseitig überfallen. Dieses Mal erbeuteten sie jede Menge Gold und Silber, welches nun unter der Mannschaft aufgeteilt wurde. Dem armen Silber-Johann überließ man nur einen Papagei und einen alten Zettel, auf dem eine Insel verzeichnet war. Doch weil Silber-Johann ja nicht lesen konnte, war es ihm auch unmöglich, die Beschriftung zu entziffern. Deshalb beschloss er, seinen Freund, den Schiffsjungen Jim um Hilfe zu bitten, doch auch der konnte mehr schlecht als recht lesen. Damals gab es kaum Piraten, die mit Buchstaben etwas anfangen konnten. Immerhin – ein paar Buchstaben kannte Jim und so entzifferte er mühsam das Geschriebene auf der Karte, während der Papagei auf Silber-Johanns Schulter Platz nahm.
Wie sich herausstellte, handelte es sich bei dem Papier wohl um die Karte der so genannten Schwatzinsel. Auf dieser sagenumwobenen Insel sollte ein geheimes Rezept versteckt liegen, welches wohl so mancher faule Schüler gerne besessen hätte. Es war das Rezept für eine magische Buchstabensuppe. Wer sie aß, so hieß es, der könne augenblicklich lesen und schreiben. Und das, ohne dafür jemals eine Schule besuchen zu müssen.
Jim, der dauernd die Piratenschule schwänzte, seufzte laut:
„Wenn ich doch bloß schreiben könnte, dann könnte ich all die erlebten Piratengeschichten aufschreiben. Vielleicht würde ich sogar ein berühmter Schriftsteller.“
„Für mich wäre Lesen wichtiger“, sagte der Lange Silber-Johann“, denn dann könnte ich all die schönen Kochbücher entziffern und würde endlich ein eigenes Restaurant eröffnen.“
Der Papagei, der das alles hörte, seufzte stumm.
Wenn ich wenigstens sprechen könnte, dachte er. In jener Zeit konnten Papageien nämlich noch gar nicht sprechen.
Jim las weiter und fand heraus, man müsse auf der Schwatzinsel erst einen Fluss überqueren, den so genannten Redefluss, was aber sehr gefährlich war. Es schien also gar nicht so einfach zu sein, an das Buchstabensuppenrezept zu kommen.
Außerdem musste man es erst einmal fertig bringen, zur Schwatzinsel zu kommen. Sie lag nämlich mitten im mucksmäuschenstillen Ozean, der so hieß, weil dort ständig Windstille herrschte. Segelschiffe konnten die Insel also gar nicht erreichen. Und leider gab es damals noch keine Schiffe mit Motoren. Die Hoffnung, ein guter Koch zu werden, schien Silber-Johann also begraben zu müssen.
Jim aber beschloss nachzudenken, und dazu verkroch er sich an diesem Abend in einem Apfelfass, welches sich an Deck des Piratenschiffes befand. Doch auch nach langem Grübeln fiel ihm keine Lösung ein. Vermutlich musste er das Schreiben nun doch mühsam in der Schule erlernen. Da hörte Jim Flüsterstimmen an Deck. Es war der Lange Silber-Johann, der zwei andere Piraten dazu überredete, eine Meuterei zu begehen. Nachdem er ihnen von der Schwatzinsel erzählt hatte, versprach er ihnen, die lehrreiche Suppe zu kochen, sobald man das Rezept gefunden hätte.
Eine Meuterei ist keine schöne Sache, dachte Jim als er die drei belauschte. Aber er stellte sich auch vor, wie toll es wäre, wenn man - schwupp die wupp - lesen und schreiben könnte. Einfach so – nur indem man eine Suppe aß. Also unternahm er nichts und schlief ein.
Am nächsten morgen brachte der Silber-Johann mit einigen anderen Piraten das Schiff in seine Gewalt. Dann nahm man Kurs auf den mucksmäuschenstillen Ozean. Natürlich dauerte es nicht lange bis die Segel schlapp nach unten hingen und das Schiff keinen Meter mehr vorankam. Als nach mehreren Tagen schon das Trinkwasser ausgegangen war, begann die Mannschaft, sich über die Rumvorräte herzumachen bis schließlich alle betrunken waren und ein Lied sangen:
„… 15 Mann auf des Toten Mannes Kiste
… Jo Ho Ho… und ne Buddel voll Rum!“
Vielleicht war es ja dieses Lied, welches schließlich einen Wal neugierig gemacht hatte. Die großen, grauen Meeressäuger kennen sich ja, wie man weiß, mit Gesängen bestens aus. Der Wal, der nun vor dem Piratenschiff auftauchte, konnte nicht nur singen, sondern auch noch sprechen.
„Guten Tag, meine Herren Piraten“, so fing er an und drückte sich ziemlich umständlich aus. „Darf ich mich wohl vorstellen? Man nennt mich den Wort-Wal.“
Die Piraten fingen schallend an zu lachen, denn die Wortwahl des Wort-Wals war wirklich sehr geschwollen.
„Wohin des Weges, ihr lieben Piraten?“
„Hör auf, uns zu belästigen. Wir warten hier bloß auf Wind“, polterte der Lange Silber Johann.
„Aber Johann“, sagte Jim, „vielleicht kann uns der Wort-Wal ja helfen.“
„Helfen? Wobei soll der uns denn schon helfen können?“
„P…“, sagte der Wort-Wal beleidigt, „Dann mache ich mich eben auf den Heimweg. Tschüühüüs.“ Und schon wollte er sich umdrehen, doch Jim rief ihm schnell hinterher.
„Halt, so warte doch. Wir wären dir sehr verbunden, wenn du uns ein Stück deines Weges ziehen könntest.“
Hatte der Wort-Wal da etwa richtig gehört?
Wer sich so vornehm ausdrückt, dem muss geholfen werden, dachte er.
„Nun gut, ich werde Euch ein wenig ziehen, wenn ihr nicht all zu schwör seid, aber weit kann ich Euch nicht begleiten. Ich wohne nicht weit weg von hier, in einer kleinen Bucht vor der sogenannten Schwatzinsel.“
Augenblicklich klopfte das Herz des Langen Silber-Johanns bis zum Hals und die Mannschft jubelte, als sie hörte, wohin nun die Reise ging.
Und so machten sie sich auf den Weg zur Schwatzinsel. Unterwegs erzählten sie dem Wort-Wal von ihrer Suche nach dem Buchstabensuppenrezept. Der Wal hielt es zwar für eine gute Idee, lesen und schreiben zu wollen, doch auch er warnte die Piraten vor der Überquerung des Redeflusses. Dort sollten nämlich die Leseratten unter Wasser leben. Mit ihren bissigen Kommentaren hatten diese schon so manchen tapferen Seemann zur Verzweiflung gebracht. Der Wort-Wal gab ihnen deshalb noch den Tipp, sich etwas in die Ohren zu stecken. Schon bald aber setzte er sie am Strand der Schwatzinsel ab.
Dort machten sich die Piraten mit Hilfe der Buchstabensuppenschatzkarte auf die Suche und kamen bald an den Redefluss. Das Wasser darin floss nur sehr langsam. Vielleicht stand es sogar still, so genau konnte man das nicht sagen. Die Leseratten schienen wirklich unter Wasser zu leben, denn man sah sie nicht. Nur ab und zu stieg eine Sprechblase auf und zerplatzte. Dann hörte man Sätze, wie:
„Es war ein mal eine wunderschöne Prinzessin“,
oder:
„Lesen Sie zunächst genau ihre Aufbauanleitung.“
Die Männer sahen sich an und beschlossen, in den Fluss zu steigen, um ihn zu durchqueren. Was sollte schon passieren? Doch als alle schon bis zu den Knien im Wasser standen, wurden die Kommentare bissiger und immer mehr Blasen zerplatzen:
Blubb: „Großmutter, warum hast du so große Hände?“
Blubb: „Damit ich besser schwimmen kann.“
Und die Piraten merkten gleichzeitig, wie der Fluss nun immer schneller floss. Sie mussten sich vorsehen, nicht mitgerissen zu werden. Und wieder zerplatzten ein paar Sprechblasen:
Blubb: „Halb zog sie ihn. Halb sank er hin.“
Blubb: „Was willst du mit dem Dolche, sprich.“
Der Fluss war inzwischen zu einem reißenden Strom geworden. Und einige der Piraten bekamen Angst, fortgerissen zu werden und zu ertrinken.
„Haltet Euch die Ohren zu“, schrie der Lange Silber-Johann. Die Männer taten es und tatsächlich das Wasser floss wieder langsamer. Trotzdem hörte man noch einige Blasen zerplatzen.
Blubb: „Dem Mutigen hilft Gott.“
Blubb: „Sein oder nicht sein – das ist hier die Frage.“
Mit letzter Kraft schleppten sich die Piraten ans andere Ufer, wo sie sich erst einmal ausruhten. Bald jedoch brachen sie zu der Stelle auf, an der das Buchstabensuppenrezept vergraben war. Sie fanden es ohne weitere Probleme, und kochten gleich an Ort und Stelle einen großen Topf der magischen Köstlichkeit. Alle waren ganz aufgeregt, denn jeder wollte zuerst davon essen. Selbst der Papagei flatterte auf und nieder, immer um den Topf herum. Dabei geschah ihm schließlich ein Missgeschick und er landete – platsch - direkt im Topf mit der dampfenden Suppe. Jim reagierte sofort und zog ihn an den bunten Schwanzfedern wieder heraus.
„Autsch – heiß – ich habe mich verbrannt“, schrie das Vogelvieh und alle staunten und lachten zugleich. Offenbar hatte das Gebräu noch eine andere Wirkung. Der Papagei konnte nun sprechen. Nachdem jeder seinen Teller mit der Suppe gegessen hatte, stellte man zufrieden fest, dass tatsächlich alle schreiben und lesen konnten. Darum feierten sie gemeinsam ein Fest mit selbst beschrifteten Namensschildchen und Jim las zum Schluss allen eine Gute-Nacht-Geschichte vor.
Seit jener Zeit können Papageien sprechen und Piraten lesen und schreiben. Und weil die Piraten gemerkt haben, wie nützlich das ist, suchten sie sich seit dem immer öfter andere Berufe. Deshalb sind die meisten Piraten heute Finanzbeamte, Manager oder arbeiten bei einer Bank. Manche von ihnen wurden aber auch einfach nur Schriftsteller oder … Koch.