Die spanische Gitarre

lightercup

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Die spanische Gitarre

Es beginnt mit dem leichten Zupfen von seichten Saiten einer spanischen Gitarre,
ich spür die Leichtigkeit ihres Atems zum Einklang der Melodie.
So einprägsam, so schwerfällig, so anmutig leichtfällig steht sie spielend vor mir.
Sie erhöht die Leidenschaft, wenn sich ihre Hände über das Holz der Gitarre bewegen,
wenn sie leicht über den sanften Klängen der Atmosphäre schweben.
Wenn ihr Atem anzieht, wenn die Melodie ihr alles gibt,
dann verweht die Spannung mit dem Wind, und alles zerfällt um sie herum,
zieht alle ihre Gedanken dahin.

Und geht die Anspannung kommt die Gänsehaut,
die anmutige Gestalt ihres Anblickes
auf dem kreisrunden Hocker mit der Gitarre in der Hand.
Ein 1-Mann Publikum, die Melodie umgibt den ausverkauften,
grau-verrauchten Ziegelträger einer staubigen Bar.
Ihr Blick lag auf den kalten Fliesen der 24 Stunden Stadt,
und sie spiegeln graue Fassaden und menschenleere Gesichter im lebendigen Treiben wieder:

Sie wendet sich ab und ihr Blick fällt aus der Bar hinaus nach draußen.
Ihr Blick schweift staubige, verschlossene Türen, die alte Mode an nackten Puppen zeigen.
Er schweift kalte Parkbänke, wo sich Junkies und Millionäre einen schlechten Kaffee teilen,
schweift eisig-blau-düstere Fenster leerer 4 Wände,
an die kalte Regentropfen an die schreienden Scheiben schlagen.

Sie sieht den Regen, aber sie weiß nichts von ihm.
Sie sieht ihm entgegen, aber sie denkt nicht an ihn.
Sie sieht in ihm auch nicht die schwarze Seite der Stadt.
Jene Seite kennt sie viel zu lange, hat schon zu viel Zeit mit ihr verbracht.
Jetzt schleppt sie sich von Regen zu Regen, denn dieser treibt sie voran.

Zurück im hier und jetzt.
Sie sitzt in der Bar und schaut immer noch nicht auf.
Sie spielt weiter auf der Gitarre,
streift weiter mit ihren Fingerspitzen die durchgespielten Töne ihrer leidenswerten Melodie,
streifte mit wund-roten Augen kaltblaue Reflektionen der Gassen-Passagen in den Dunkelheiten der Straßen.

Wieder in die Wärme zurück.
Wieder auf den einzigen Hocker gerückt.
Nicht auf der Bühne, nicht im Mittelpunkt, nur in die Ecke gedrückt.
Stehts im Stillen und allein. Nur allein, gefangen mit den sechs Seiten ihrer spanischen Gitarre vereint.
Hinter dem Tresen das stetige Schweigen
nach dem letzten zerbrochenen Glas nach einem herzlosen Streit,
die erste ausgedrückte Kippe zur Dämmerung einer weiteren Nacht.
Und der Beginn ihrer leidenswerten Melodie
nach dem letzten Schlag im niemals endenden Takt.

Grau-verrauchte Luft, kaputte Musik-Box,
altmodisches Klirren, stiller staubiger Duft.
Das 1-Mann Publikum, ein alter Mann der von ihr abgewendet saß,
mit faltigem Gesicht und einem letzten Shot Whiskey im Glas.
Ein Niemand, der nicht wissen wollte, wer sie war,
wie ihr Gesicht aussah, oder den es kümmert,
dass ihre Gedanken verirrt und jenseits ihres Lebens verloren waren.

Denn sie spielte nicht für ihn.
Sie spielte nicht für das Konzert, nicht für das Whiskeyglas,
nicht für irgendjemanden hier.
Sie spielte für die Stille der Bar.
Die einsame Bar in der letzten, menschenvollen, aber heruntergekommenen Stadt,
die der Regen überzogen hat.
Weder reden noch sehen noch atmen war ihr leichter gefallen.
Sie hat sich wieder nur auf ihrem Hocker gerückt
und wieder in die Ecke gedrückt.
Wieder die grau-staub-verrauchte Stille der kalten Fliesen
mit ihrer spanischen Gitarre zerrissen.
Wieder das Whiskeyglas zertrümmernd auf den Boden geschmissen.

Als sie aufsteht und geht,
sie ihr Trinkgeld aus Regentropfen auf ihrer Jacke auffängt,
sieht ihr auch keiner hinterher.
Nicht der Mann mit den Falten, vielleicht der Aschenbecher oder,
der letzte Schluck Whiskey aus dem zerbrochenen Glas,
aber nicht die regnerische Bar,
nicht die staubige, alte, gassengraue Stadt,
die voller Menschenleerer Menschen war.
Nur ihre durchgespielten Finger auf den Seiten ihrer spanischen Gitarre
und der letzte Blick über die Schulter hinweg:

Das wer sie war, wie sie aussah,
die Furcht vor der Zukunft auf ihrem Wangen entlang,
die Reflektionen ihrer braunen Augen in den Scheiben der Stadt.
Das wusste sie schon damals und das weiß sie auch jetzt;
das war schon lange nicht mehr echt.
Sie ging auf ihren Füßen hinaus, ging die Straße entlang,
stieg in ein Taxi und hielt nie wieder an.
Sie hatte niemals Geld, bezahlte mit traurigem Blick
und den Seiten ihrer spanischen Art.

Keiner hat sie jemals vermisst, sich nach ihr umgeschaut.
Sie war da, wo keiner war und war immer die erste die ging,
wenn die Stimmung grad am besten war.
Da wo sie ist, dort findet man sie, aber man erkennt sie nicht wieder.
Nicht an ihrem Gang, nicht an ihren strahlenden braunen Augen
oder dem leeren, trostlosen Blick, der ihr schönes Gesicht .
Sie ging nicht auf den Straßen von N.Y., L.A., Paris oder Miami-Beach.
Sie ging in alten, staubigen Städten wo sie keiner bei ihrer Erscheinung kennt.
Wo nur der Regen fällt und sie nur ihre spanische Gitarre braucht,
um die Stille in ihrem Herz zu erhellen.
 



 
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