Die Stimme

JD-Niki

Mitglied
„Glaubst du, es ist normal so etwas schreckliches zu denken?“. Mein Kopf neigte sich etwas nach hinten und ich wartete auf eine Antwort. Diese bestand aus einem hämischen Lachen.
„Natürlich. Jeder Mensch hat mal finstere Gedanken. Ohne diese würde man den Alltag nicht gemeistert bekommen.“ Ich schwieg – wie lange wusste ich nicht, aber die verkrampften Händen auf mein Schoß blieben. Sie hatte recht! Es war normal.
„Menschen sind egoistisch...“ , fing sie an. „…und wenn sie das nicht sind, sind sie heuchlerisch. Um dieses Verhalten zu kompensieren, hilft es ab und zu, das Gesicht der verhassten Person vor sich zu sehen, wie sie wimmert und jammert während man ihren Schädel immer wieder auf den Asphalt aufschlagen lässt.“
Während ihrer Ansprache stand sie auf und ging zu mir und um mich herum. Sie lachte und ich erblickte ihr Gesicht.
„Du bist doch krank !“, spuckte ich ihr ins Gesicht. Genervt von ihrer Anwesenheit, stand ich auf. Brauchte Abstand. Doch wieder lachte sie nur. Warum? Wieso war die Frau nur so?! Ich hasste sie!
„Nein tust du nicht. Du brauchst mich.“ Dieser Hohn in ihrer Stimme! Sie kannte meine Gedanken – kannte mich. Es kotzte mich an.
„Tz. Und was bringt dich zu dieser Annahme!?“. Ich sah und hörte sie nicht, aber ich wusste, dass sie hinter mir stand. Die Verzweiflung, die ich noch vor paar Minuten verspürt hatte, war verpufft, als mir diese arrogante Stimme ins Ohr flüsterte.
„Weil ich die Person bin, die immer bei dir war und die es immer bleiben wird.“ Sie machte eine Pause, lachte und drehte sich.
„Aber vor allem, bin ich die einzige Person, die dir das Gefühl der Befriedigung vermitteln kann. Nur ich weiß was du brauchst! Oder…“. Sie schwieg aber ihr breites Grinsen im Gesicht war schon zu hören. Ohne nur eine Sekunde darüber nachzudenken, drehte ich mich, um ihr gehörig die Meinung zu sagen, doch erstarrte in dieser Sekunde.
Das Blut raste durch meine Gefäße und die Zeit blieb stehen. Sie war weg. Ich hörte nur noch ihr listiges Lachen und Abschiedsworte, die sich immer mehr in meinen Kopf zurückzogen. Ich blieb zurück. Zitternd und alleine. Vor mir eine leblose Person, dessen Schädel ich vor paar Minuten immer wieder auf den Asphalt aufschlagen lassen hatte.
 



 
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