Die Wohnbiographie – Auf der Suche nach dem Schönen

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Heute reden sie von Tiny-Houses, von Gemeinschaftsräumen, Wohngemeinschaftsprojekten („Sharing Economy“) und vom übermäßigen Flächenverbrauch als unbotmäßige Sünde – und ich weiß, sie meinen mich. Ich soll zurücksteigen, zurückstecken, verzichten.
Sich selbst meinen die, die solche Ideen in die Welt posaunen, kaum je…

Als Neugeborenes brachten mich meine Eltern vom Hospital nach Hause in diese 60-m²-Wohnung, in der sie sich schon vor 1980 eingerichtet hatten.
Ein moderner Bau in einer guten Wohngegend, mit pfeilgeraden Wänden, welche im Bad allerdings nicht gefliest, sondern mit einem billigen PVC-Belag beklebt waren. Als Bücherregale dienten uns Eisengestelle, wie andere sie nur im Keller haben usw.
Mein handwerklich ungeschickter Vater hatte einen Hang zu Provisorien und „Muss ja nicht schön sein“.

Neben dieser Wohnung kannte mein kindliches Ich noch das Haus meiner Oma am Land, wo die Wände nicht so pfeilgerade waren, weil Oma und Opa diese mit eigenen Händen aufgezogen hatten. Kurz vor der Fertigstellung des Hauses starb mein Opa, den ich nie kennengelernt habe.
Für meine Oma, die Witwe, die nun mit zwei Kindern allein dastand, war Geld ein ständiges Mangelthema. Das sah man auch am Haus, das sie zwar gegen alle Widrigkeiten in ihrem Besitz behielt, aber fürs Schönmachen oder für eine Zentralheizung reichte es halt nicht.
Später übernahm und modernisierte meine Tante dieses Haus. Nach der Scheidung allerdings musste sie es verkaufen, weil ihr die Haltungskosten über den Kopf gestiegen waren. Meine Mutter erbte so gut wie nichts. Einen lächerlichen Teilbetrag vom Verkaufserlös, der höchstens für 20 Monatsmieten reichen würde.

Meine Großeltern väterlicherseits lebten derweil zur Miete in einer winzigen Dachwohnung, die sie sich nach dem Krieg behelfsmäßig ausgebaut hatten.
Ein eigenes Zimmer hatte mein Vater nie. Er schlief im „Kammerl“, das war ein fensterloser Nebenraum; grade mal groß genug, um ein Klappbett hineinzustellen. War das Klappbett ausgeklappt, war der Raum komplett ausgefüllt.
Geheizt wurde nur im Wohnzimmer mit einem Kohleofen, das hieß Kohleschleppen vom Keller bis ganz nach oben.
Wollte man baden, musste man das Wasser erst umständlich aufheizen.
Die Dachfenster waren so weit oben, dass sie mir als Kind unerreichbar schienen. Nur wenig Licht fiel herein.
Es war nochmal eine andere Welt als die elterliche Wohnung und schön auch nicht wirklich.

Mit zwei Kindern wurde uns aber auch die 60m² Neubauwohnung bald zu klein, wir zogen um.
Oberstes Credo: Billig musste es sein.
Eine Genossenschaftswohnung in einem sogenannten „Hitlerbau“ sollte es werden.
Hier gab es zwar auch noch keine Heizung, die mussten wir erst einbauen lassen, die Wohnung lag in einem „ärmeren“ Viertel am anderen Ende der Stadt, ohne Aufzug im obersten Stock, aber es gab ein Kinderzimmer für mich und meine Schwester.
In den neuen Fenstern sammelte sich allerdings alsbald verdächtig oft das Kondenswasser und die Wände, die seltsam bröckelig waren, befiel ein schwarzer Schimmel. Die Hausverwaltung sagte uns, wir sollten mehr lüften und keine nasse Wäsche aufhängen, was natürlich nicht half.
Im Haus schien außer uns niemand das Problem zu haben, was uns verwunderte, bis wir irgendwann dahinterkamen, dass im Weltkrieg wohl eine Bombe genau jenes Hauseck getroffen hatte, wo unsere Wohnung lag. Wohl nur notdürftig war hinterher repariert worden.
Es dauerte Jahre, bis die Genossenschaft eine Sanierung übernahm. Danach war es besser, aber nie wirklich gut.
Die Familiensituation war indes chronisch angespannt; ein weiterer Umzug oder größere Umbaumaßnahmen waren Mühsale, die nur als Vermeidungsfaktor galten.

Manchmal besuchte ich meine Schulfreundinnen zuhause und umgekehrt.
In der Hauptschule merkte ich keine großen Unterschiede. Rebecca, Bettina oder Yeter lebten und wohnten unter ähnlichen Umständen wie ich: In die Jahre gekommene, zusammengewürfelte Möbel. Fototapeten an der Wand. Provisorien. Nicht alles funktioniert oder schaut schön aus. Kinderzimmer werden von Geschwistern geteilt. Platz ist Mangelware.
Bei Yeter tranken wir Tee aus goldenem Porzellan in einer Wohnung, die nur spärlich möbliert war. Zübeydes Eltern hatten einen türkischen Feinkostladen, über dem sie wohnten. Der Laden war das erweiterte Wohnzimmer. Hier durften wir alles probieren und meine jugendliche Zunge entdeckte neuartige Köstlichkeiten wie Baklava, Börek oder Humus.

Später dann, in der höheren Schule, sollte ich andere Erfahrungen machen.
Es war mir zunächst gar nicht bewusst, dass ich mich schämen sollte, wenn ich jemanden nach Hause einlud.
Wenn meine Gäste seltsam dreinschauten, musste das, so dachte ich mir, an meiner seltsamen Familie liegen. Am cholerischen Vater, der rumbrüllte und alle niedermachte oder an einer Mutter, die dem Alkohol zusprach, den Streitereien…
Dafür sollte ich mich schämen?
Dies war nun mal mein Leben und ich fand, das sollten sich die anderen ruhig anschauen. Es war ja nicht meine Schuld, dass alles so war, wie es war – und das galt mir eben auch für die desolate Einrichtung, die ja ebenfalls nicht auf meinem Mist gewachsen war.
Sowieso war ich mir sicher, dass ich später viel schöner wohnen würde und dass das dann was über mich aussagt - und nicht dieses Sammelsurium an dunkelbraunem, überkommenem Mobiliar in der elterlichen Wohnung, das wie Herpes durch die Zeit mitgeschleppt wurde. Der dünnstmögliche, fleckige Teppich, der nicht ordentlich verlegt war und ausfranste, zerfaserte. Die losen Kabel, die aus der Wand ragten und Staub ansetzten...
Meine Freundinnen sahen es wohl.
Bei ihnen sah man anderes.
Schon wurde es mir gewahr, als ich bei Sandra F. zu Gast war, um ihr Nachhilfe zu geben.
Nicht nur hatte sie ein großzügiges Zimmer für sich allein, es schaute dieses auch noch aus wie aus einer Wohnzeitschrift mit maßgezimmerten Möbeln, perfekt aufeinander abgestimmt. Alles in bordeauxrot und grau, ich staunte innerlich.
Für meine Freundin Christine wiederum hatten die Eltern, Hausbesitzer im Grünen, das Souterrain zu einer eigenen Wohnung für ihre Teenie-Tochter umgebaut. Das merkte ich, als wir jeweils bei der anderen übernachtet haben.
Trotzdem war ich nicht neidisch.
Ich wusste ja doch, irgendwann würde auch ich…
Bis es soweit war, gestaltete ich meine Umgebung mirgemäß mit schönen Bildern an der Wand und mit Pflanzen. Alles, was man nur hinstellen, aufhängen musste und was keinen weiteren Aufwand verursachte, war willkommen. So viele Pflanzen wollte ich haben, dass der Eintretende nur noch diese im Auge hatte; das grindige Drumherum nicht mehr.
Wo ich Schönes greifen konnte, holte ich das in meine Welt herein. Landschaftsdrucke von Monet, mit denen ich die schimmligen Wände regelrecht tapezierte. Ich versank in Büchern, die ich mir von der Stadtbibliothek borgte. CDs gab es hier auch. Ich fertigte mir unerlaubte Raubkopien an, indem ich die Discs auf Musikkassetten überspielte. Ich entschwand unter Kopfhörern in andere Welten. Versank in Musik, die so schön war, dass sie zu meiner gewohnten Umgebung in einem Widerspruch stand, der fast schon weh tat. Beethoven, Mozart oder die Callas wohnten fortan bei mir.
Schon war ich mir sicher, ein Besucher würde meine Bemühungen würdigen und staunen, was ich kunstsinniger Mensch Schönes hier hereingeschafft hatte.
So war das aber nicht.
Erst später sollte ich erfahren, dass sich Christine hinter meinem Rücken über die „schäbige, dunkle Wohnung“ entsetzt hat.
Das hat mich dann schon getroffen.
Ich hörte auf, Leute einzuladen.

Als ich mit dem Studium anfing, zog ich hinaus in ein neues Leben.
Erst mal war ich froh, der Familiensituation entkommen zu sein.
Mein Studentenzimmer war das winzigste und billigste, das man finden konnte, was sonst. Es lag direkt neben dem Bahnhof, vom Fenster schaute man auf die Gleise hinab.
Schreibtisch, Bett mit durchgelegener Matratze, ein uralter Kasten, ein Mini-Waschbecken, mehr war nicht. Dusche und WC am Gang. Auch hier alles schon ein bisserl desolat, es setzte sich für mich fort. Einmal habe ich eine Reportage übers Gefängnis gesehen, da hatten die Häftlinge eine bessere – und größere - Unterkunft.
Besonders das mit dem Klo war mir ein Gräuel. Nachts über den ellenlangen, eiskalten Flur huschen, dabei auf wildfremde Leute treffen, die vielleicht noch Smalltalk machen wollen…
Nie wieder Gemeinschaftsbad!, habe ich mir in der Zeit geschworen und weigere mich seither auch standhaft, campen zu gehen.

Die erste richtig schöne Wohnung bezog ich mit meinem späteren Mann Anfang der 2000er.
Wir hatten lange gesucht und gelangten schließlich zu einer Privatvermietung. Die Eigentümer waren soeben in ein Haus gezogen und brauchten die Wohnung nicht mehr.
Zum ersten Mal konnte ich einen Wohnraum frei nach meinem Gusto gestalten.
Die Lage war gut, die Wände korrekt, Parkettboden. 80m² für uns.
Aber schon mussten wir einiges renovieren. Allzu viel Geld hatten wir noch immer nicht, so machten wir möglichst alles selbst.
Die alten Tapeten rissen wir ab und strichen alles weiß. Sauber, schlicht, modern, so wollten wir das. Schön alles aufeinander abstimmen.
Küche und Bad waren schon drin – also jene Dinge, die in der Anschaffung teuer und aufwändig sind.
Mankos waren die altmodischen Badfliesen, stellenweise mit Blumen drauf; Waschbecken und Badewanne waren zudem spinatgrün… Schön ist anders, dachte ich, aber man kann ja nicht alles haben.
Die mintfarbene Küche indes gefiel mir auf Anhieb. Qualitätsarbeit vom Tischler, klassisches Design und doch besonders.
Das grüne Waschbecken im Bad haben wir irgendwann mal auf eigene Faust gegen ein weißes getauscht, die einzelnen Blumenfliesen habe ich mit dezenter Folie überklebt. Nur die hässliche Badewanne blieb, bis heute.
Nach wie vor gilt es mir, allzu großen Sanierungsaufwand und die dranhängenden, schwer zu kalkulierenden Kosten zu vermeiden. Hingegen: Neue Vorhänge, Bettwäsche, Bilder, geschmackvolle, akzentuierte Deko… kaufe ich gern. Auf diese Weise kann man einen Raum eigenmächtig, ohne großes Tamtam und ohne Handwerker verändern.
So haben wir es uns nach unseren Möglichkeiten schön gemacht.
Wir kauften uns Möbel aus hellem Holz, füllten unseren Wohnraum mit Büchern und Musik, sauber und gemütlich. Ohne Schimmel und ohne Geschrei.
Hier haben wir unseren Sohn großgezogen. Er hatte ein Kinderzimmer für sich.

Für mich war das ein glasklarer Aufstieg.
Während meine Eltern immer noch in der alten, maroden Wohnung hockten und meine Schwester in ihrem zu kleinen Appartement neben der Küche schlief, damit ihre Tochter ein eigenes Zimmer hat, hatten wir’s gut.
Beim Klassentreffen posaunte ich deshalb stolz hinaus, was für eine schöne Wohnung wir nicht hätten.
Im Nachhinein ist mir klar, dass es für meine Klassenkameraden wohl einfach nur eine Wohnung ist, keine explizit schöne. Wenn überhaupt, dann eher eine einfache, keine zum Angeben.
Wohl eher verächtlich würden sie auf die grüne Badewanne schauen (vor kurzem lief im TV so eine Renovierungs-Sendung, wo sie voller Entschlossenheit ein Bad zertrümmern, das 1:1 ausschaut wie das meine), auf die nicht fachmännisch ausgemalten Wände, die nicht überall so glatt sind wie sie sein sollten, auf die Ikea-Möbel, die gewiss nicht teuer waren…
Einmal hatte ich eine von diesen alten Schulfreundinnen in unser frisch renoviertes Heim auf einen Kaffee hereingebeten.
Sie war nicht beeindruckt. Sie hat das Schöne, worauf ich stolz war, nicht gesehen.
Da erinnerte ich mich: Sie ist in einer mehrstöckigen Wohnung großgeworden, die war besser als das hier.

Ich weiß, meine Mitmaturanten wohnen heute in großzügigen Häusern mit Pool oder besitzen mehrere Wohnungen, die sie sich nicht nur ausmalen, sondern auch regelmäßig putzen lassen. Beim Klassentreffen haben sie Fotos rumgezeigt, erzählt… da war ich dann lieber still.
Ein Teil von mir wollte es trotzig gestehen, dass ich es bin, die manchmal bei anderen putzen geht, um die Haushaltskasse aufzubessern – anstatt meinerseits Menschen für die niederen Dienste zu bezahlen.
Der andere Teil aber wusste, dass meine ehemaligen Mitschülerinnen ob eines solchen Geständnisses nur mitleidig-enttäuscht oder hämisch auf mich herabschauen würden. Auf mich, die es als ehemalige Klassenbeste nicht weiter gebracht hat.
Gewiss, ich war nicht ehrgeizig, nicht fleißig genug gewesen, hatte es noch nie verstanden, vielversprechende Kontakte zu knüpfen, war nie aufs Geld aus, zu zurückhaltend in allem … das rächt sich natürlich.
Mir ist es auch egal.
Ich weiß: Mit dem wenigen Schönen, das ich habe, bin ich glücklich. Vielleicht glücklicher als andere. Ich bin nicht so getrieben, gebunden. Bin frei, weil ich eben nicht alle Energie in den Gelderwerb stecke.

Unser Sohn ist nun groß und studiert ebenfalls schon.
Zum Glück muss er dafür nicht in eine andere Stadt, sondern kann weiterhin zu Hause, in seinem Jugendzimmer wohnen.
Nur langsam wird uns alles zu teuer.
Wir fürchten uns vor den Anrufen des Vermieters, weil das nur bedeuten kann: Mehr Geld abdrücken. Geld, das wir nicht haben. Alle paar Jahre müssen wir drauf hoffen, dass man uns den Mietvertrag verlängert; wie sich die Konditionen zu unseren Ungunsten ändern, müssen wir hinnehmen.
Auch die Energiekosten sind ein Problem geworden. Der Boiler im Bad frisst endlos viel Strom, sodass man es sich fast schon überlegen muss, wann man fürs Baden aufheizen will. Strom ist nun teuer.
Ich fürchte, man wird uns bald nahelegen, in eine andere, kleinere Wohnung zu ziehen.
Im schlimmsten Fall in eine, wo das Kinderzimmer nur ein fensterloses Kammerl ist oder eine, wo man beim Klogehen wildfremde Menschen trifft.
Ich merke schon, wo wir uns hinbewegen: Abwärts und zurück.

Heute reden sie von Tiny-Houses, von Wohngemeinschaftsprojekten und vom übermäßigen Flächenverbrauch – und ich weiß, sie meinen mich.
Ich soll zurücksteigen, zurückstecken, verzichten.
Sie meinen nicht die Leute, mit denen ich maturiert habe oder die Akademiker-Verwandtschaft meines Mannes, die sich schmucke Villen auf die grüne Wiese stellt. Die lassen sich nicht so leicht was wegnehmen.
Manchmal tut es mir leid für meinen Mann, weil er nach unten zu geheiratet hat und weil ich nicht viel einbringe. Weil es bergab geht mit uns.
Er selbst ist lebenslang unterhaltspflichtig für seinen behinderten, erwachsenen Sohn aus erster Ehe, welcher im Heim lebt. So ist unser Budget in jeder Hinsicht beschränkt, während die Ausgaben sukzessive steigen.
Wir träumen davon, eines Tages unsere Wohnung zu besitzen. Dafür haben wir aber noch nicht genug Geld zusammengetragen und es ist die Frage, ob wir jemals so viel tragen werden.

Manchmal fürchte ich außerdem, unser Sohn, der Student, gerät zu sehr nach mir.
Das mit dem Ehrgeiz und dem Gelderwerb scheint auch bei ihm nicht an erster Stelle zu stehen. Wenigstens studiert er was Handfestes für den Arbeitsmarkt. Neben dem Studium jobbt er.
Allein, die Zukunft ist ungewiss. Ein Nebel, eine Drohung viel mehr als ein lichter Hoffnungsort.
In welches Zuhause meine Enkel wohl dereinst gebracht werden?
Ich meine, sofern ich Enkel haben werde.
Der drohende Krieg hat sich ja noch gar nicht entschieden, ob er mir Enkel gewähren wird oder ob er mir den Sohn zu Asche verbrennt, ehe dieser Enkelkinder backen kann.
Wenn nun ein Krieg kommt und er bombt uns das Zuhause weg, ist das für meiner Eins auch sowieso das Aus. Wir haben keinen zweiten Wohnsitz in der Hosentasche. Wir können uns aus der Situation nicht rauskaufen, wir stehen dann ziemlich bei Null. Auf der Straße.
Vielleicht deshalb bin ich so freundlich zu Obdachlosen. Wir könnten bald schon direkte Nachbarn sein, gleichauf in der Schicksalskurve, ich ahne es.
Weil klar, sicher ist kaum was, nur eins:
Irgendwann endet eine jede, auch die meine Wohnbiographie in einer Kiste, die man vergraben wird.
 

petrasmiles

Mitglied
Liebe Dichter Erdling,

deine Protagonistin ... sie ist das, was ich als das Salz der Erde bezeichnen möchte. Und mir kommt der Gedanke, dass wir Menschen das Gehätscheltwerden charakterlich nicht gut vertragen. Es ist eine Maxime des Daseins, dass wir uns entwickeln in die Richtung unseres Strebens, immer einen Schritt nach dem anderen, so weit unsere Arme reichen. Ich denke, so entwickeln sich auch Persönlichkeiten. Vor allem ist man gezwungen, 'am lebenden Objekt' sein Gelingen und Scheitern und Nachjustieren wahrzunehmen. Das Geschenk ist eine Authentizität, die man auf der von anderen bereitgestellten Überholspur nicht erwerben kann.

Ich finde es sehr schön, dass Du diesen Generationsüberblick gewährst, wie man im Mangel sich einzurichten lernte.

Nein, Überfluss tut uns wirklich nicht gut, wenn man sich überlegen fühlt für etwas, was man gar nicht hergestellt hat. Was soll daraus werden?
Ich fürchte nur, das ist das Problem in Nachkriegseuropa; die Eltern und Großeltern haben zuviel 'geschafft', was ihnen nun doppelt um die Ohren fliegt.

Ein sehr schöner, einfühlsamer Panorama-Text.

Liebe Grüße
Petra
 
Hallo Dichterin Erdling,
ist das lustig. Wir haben dieselbe Idee gehabt. Auch ich habe vor kurzem eine Erzählung reingestellt, die sich um das Thema dreht, über das Du schreibst. Kann man ja mal vergleichend lesen. Es gibt Übereinstimmungen. Ich werfe auch Eurostücke in den Hut von Leuten, die an der Straße sitzen, mit dem Gedanken...
Seit unser Haus verkauft wurde, machen wir uns hier Sorgen, wie das noch kommen kann. Der Nachbar meiner Arbeitskollegin zahlt für dieselbe Quadratmeteranzahl wie bei mir fast das Doppelte.
Das gibt zu Denken.
Gruß Friedrichshainerin
 

Heinrich VII

Mitglied
Hallo,

eindrücklicher Text. Hat mir gefallen.
Erinnerte mich nicht wenig an mich selbst. Zu viel haben kann sich zerstörerisch auswirken;
zu wenig haben kann sich zu garnichts mehr haben ausweiten.
Was man natürlich nicht hofft. ;)

Gruß, Heinrich
 
Aloha Petra!

„Panorama-Text“: Gefällt mir gut, dieser Ausdruck!
Wie so oft findest du treffende Worte, um einen Text zu charakterisieren.

Und: Thx for the *****.

Und, naja… wie man sich vielleicht denken kann: Ähnlichkeiten mit lebenden oder anwesenden Personen sind vielleicht gar nicht so zufällig…

Verbindlichste Grüße,


Erdling
 
Moin Friedrichshainerin!

Magst du mir sagen, welche deiner Erzählungen du meinst?
Wenn ich die Zeit finde, werde ich mich gerne einlesen.

Ist vermutlich auch kein Zufall, dass wir diese Thematik beackern; das Thema „Wohnen“ und „Kosten“ drängt sich ja regelrecht herein. Da fängt man an, nachdenklich zu werden.

Liebe Grüße und danke für deine Zeit, die du ins Lesen meines Beitrags investiert hast,


Erdling
 
Hallo Heinrich!

Freut mich, dass du dich im Text wiederfindest.
Ich meine, dass es vielen so gehen könnte wie hier beschrieben; vor allem, was die ersten Stationen der Wohnbiographie betrifft.
War schon auch ein Gedanke (und Ansporn) beim Schreiben.

Dir auch alles Liebe,


Erdling
 



 
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