Beinahe auf das erste zwitschern der Amseln aus den hinteren Baumkronen des benachbarten Waldstückes tritt er, um die noch jungen ersten lauen Sonnenstrahlen des Tages in Empfang zu nehmen, aus der rustikalen, reichlich verzierten Eichenholztüre welche er wie jeden morgen schwer hinter sich ins Schloss knallen hört. Leichter Nebel hängt noch zwischen den Fichten am Fusse des Berges. Eine mystisch, melancholische Stimmung. Sein rechter Fuss setzt er bewusst zuerst auf den vom Morgentau noch nassen, ungemähten Rasen. Es ist nicht etwa ein schöner gepflegter Rasen. Weit weg von jeglichem Englischen Standard. Vielmehr dominieren dunkelbraune, erdige Flecken auf denen sich einzelne Stellen von dichtbewachsenem Unkraut tummeln teils umgeben von langen Halmen welche verloren in der Höhe herunterhangen, gedrückt vom scheinbar elendiglichen Gewicht der kleinen Tautropfen.
So geht er Sonnenaufgang für Sonnenaufgang durch den verwilderten Garten des längst baufälligen alten Häuschen am zürcher Stadtrand, welches er liebevoll seine «Villa» nennt. Mit seinen verdreckten, längst schon durchgetretenen Sneakers, welche er jeweils deutlich länger trägt als das es nicht schon all seinen Mitmenschen negativ aufgefallen wäre, geht er in Richtung stadteinwärts über die asphaltierten Strassen, eher planlos als zielstrebig. Sein linker Schuh beginnt zu quitschen alsbald die sich langsam zersetzende Sohle nur ein kleinstes bisschen Wasser abbekommen hat. Die langweilig in kleine Quadrate gerasterten Schachtdeckel seiner Stadt umkurvt er deswegen gekonnt und zieht damit Schlangenlinien durch die Stadt wie ein nachhausetorkelnder Partygänger in den frühen Morgenstunden. Ankommen will er niemals an einem bestimmten Ort, er folgt viel eher den Gesetzen in seinem Kopf welche ihm vorschreiben einen weg solange zu schreiten, bis seine beiden Beine müde und schwer, kaum noch die nötige Kraft aufbringen können, um ihn noch weiter durch die Strassen tragen zu können und ihm nichts anderes übrig bleibt, als seinen Nachhauseweg entlang zu träumen und sich trotzdem noch faszinieren zu lassen von den griesgrämigen in Stein gemeiselten Eulen und skurrilen Fabelwesen der imposanten alten Herrenhäusern. Elegant und fast schon arrogant hinter der Baumalee tronen sie stolz. Bei längerer Betrachtung macht es ihm den Anschein als warten sie bereits seit Jahrzehnten darauf endlich ihren steinernen Mantel zerbersten zu lassen, den Wind durch die freigelegten Federn brausen zu lassen und endlich den fliegenden Gesteinsbrocken folgend in die endlosen Weiten des azurblauen Himmels zu gleiten.
Sein Kopf ist in solchen Momenten nicht mehr wirr und düster. seltsam ruhig, beinahe leergefegt und still wie die Einsamkeit einer Wüste. Im wahrsten sinne des Wortes Ohrenbetäubend. Befreiend. In eben diesen goldenen Momenten ist sein Kopf wie ein riesiger Schwamm welcher alles restlos in sich aufnimmt und somit belastende Gedanken sich zu fantasievollen endlosen Geschichten weiterspinnen welche eine die andere in einem fliessenden Übergang ablöst und ihm seinen Lebenssinn so deutlich machen wie kaum etwas anderes.
Jedoch sind seine Höhepunkte an einem ihm teils endlos erscheinenden, teils unglaublich kurzen Tag nie lang anhaltende Momente. Niemals Interaktionen mit ihm fremden Personen denen er Tag für Tag, Nacht für Nacht begegnet. Genau so wenig wie mit Freunden oder Freundinnen. Immer handelt es sich lediglich um Augenblicke, kurze, manchmal Sekunden manchmal aber auch nur Bruchteile davon. Nur wenn er Glück hat beschert ihm das Leben einige Minuten des Sonnenscheins welcher ihn so beflügelt und leicht und unbeschwert macht, ihn sorglos seines Weges gehen lässt.
Situationen an denen sich die grössten Bäume der Stadt, zwei der wenigen Mammutbäume mächtig empor ragen und der fast sureal zyan scheinende Himmel r sich dahinterlegt, an welchem sich heute die Wolken türmen, so als würden sie ihm zu imponieren versuchen.
Just in diesem Augenblick, beschonnen vom wohl einzigen Sonnenstrahl scheinen zwei Habichte ihre Machtkämpfe auszutragen was, vielmehr wie ein genauestens aufeinander abgestummener Tanz auszusehen vermag, wären da nicht die markdurchdringenden Schreie welcher der kleinere und wohl jüngere von sich gibt.
Trotz all der Schönheit welche er für diese Augenblicke empfinden kann ist er sich der Belanglosigkeit der verstreichenden Tage durchaus bewusst. Nur lässt er sich nicht wie zu früheren Jahren davon beeinflussen, vielmehr schenkt er deshalb umso mehr den kleinen Dingen seine Aufmerksamkeit und nicht mehr dem grossen Ganzen. Eine Eigenschaft welche er gezwungenermassen hat erlernen müssen.
Wohl auch deshalb schaut er mehrmals am Tag auf das verkratzte Zifferblatt seiner Armbanduhr eines nahmhaften Modedesigner hinter dessen Machenschaften er eigentlich seit Jahren nicht mehr stehen kann und sich auch darum oftmals die Frage stellt ob es sinnvoller sei diese zu entsorgen oder sie solange am Handgelenk zu tragen bis das <robuste schwarze Straussenleder durchgewetzt ist und das Zifferblatt eines Tages so zerkratzt ist, bis er keinen der beiden kleinen bordeuauxroten Zeiger mehr erkennen kann wie sie den immergleichen tanz auf dem mattschwarzen Parkett der Vergänglichkeit vollführen.
Seine prüfenden Blicke haben aber nicht etwa den Grund sich selber den Terminen zu unterwerfen, auch nicht aus reiner Gewohnheit wie die meisten anderen Menschen, was er ihnen unterstellt ohne jemals mit jemandem darüber gesprochen zu haben, zu recht jedoch, wie er sich sicher ist. Nein lediglich will er sich der Sinnlosigkeit der Zeit vergewissern. Was hat er für einen Nutzen sich nach einer linearen Uhrzeit zu richten, wenn diese sich nicht um seine zyklische kreisenden Gefühle kümmert. Was nützt es ihm wenn neugierige Touristen und alteingesessene Quartierbewohner durch die engen Gassen der Altstadt schlendern, während die Kirchenglocke sich mit drei kräftigen Schlägen meldet, er aber am liebsten weit in den Fugen zwischen den Pflastersteinen versinken möchte bis weit ins Erdinnere wo er keinen Erwartungen entsprechen und keinen neugierigen Blicken standhalten muss.
Was nützt es ihm wenn sich jung und alt bereits am Frühabend in den Szenekaffes der Stadt auf einen Kaffee oder diverse Alkoholische Getränke über dessen Geschmack er nur mutmassen kann, treffen und sich lauthals ausgelassen über Themen unterhalten, welche ihm als absolut bedeutungslos erscheinen und er einen Hass in sich aufkommen spürt wenn er die realen Probleme der Welt und seiner Handlungsunfähigkeit darüber bewusst wird.
An eben solchen Tagen sucht er die Ruhe. Es scheint ihm als könne er das alles unterlegende Geräausch des abreibenden Gummis der Autoreifen auf den Strassen nicht mehr länger ertragen. Viel schlimmer aber noch das ihm so unangenehme und beanspruchende Geräusch von unzähligen Gesprächen welche sich in einem Pulk vermengen und sich zu einer schier nicht auszuhaltenden Geräuschkulisse auftürmen. Er sucht die Ruhe in sich, wobei er nicht den Anspruch eines Meditierenden hat. Er begnügt sich dabei schon damit, dass sein Fokus auf das Vogelzwitschern fällt und seine innere Anspannung ein wenig löst, ihn befreit vom Gefühl dem Druck der Stadt und der Gesellschaft nicht standhalten zu können. Er keine Angst mehr von der zerberstenden Staumauer haben muss, welche all seine Gefühle zurückhält, jedoch schliesslich unter dem stetigen ungeheuren Druck nicht standhalten kann und unaufhaltbar alles überschwemmt und beherrscht. Alles durcheinander bringt und ein innerliches Chaos anrichtet bei dem nichts hier zu sein scheint, das zu helfen vermag und ihn ganz alleine zurücklässt in endloser Einsamkeit.
Es gelingt ihm nur ganz selten sich von diesem Gefühl zu befreien, auch wenn er dazu bereit ist sich viel Arbeit aufzubürden und viel Schmerz und Entäuschung in sein Herz zu lassen. Immerwährende Gedanken kreisen in seinem Kopf. Wiederkehrend, mit stetig steigernder Anspannung. Das pulsieren im vorderen Teil seines Schädels scheint unaufhörlich weiter zu pochen. Das Herz in seiner Brust unnaufhörlich gegen die Mitte seines Rippenbogens zu drücken.
Er spürt wie ihn die teils urteilenden teils wohl bewundernden Augen welche auf ihn gerichtet werden in eine Spannung bringen welcher er nicht ansatzweise gewachsen ist. In seiner Unfähigkeit dem Druck standzuhalten, fühlt er sich wie ein kleiner Junge in einer Ellenbogengesellschaft der Erwachsenen gefangen, nirgends zugehörig, verloren und der Welt ausgesetzt wie ein kleiner Fischkutter auf den unendlichen Weiten des Meeres, die Wellen stetig an die Planken preschend, ohne Orientierung, verloren. Ganz ohne rettendes Segel welches er setzen könnte um ihn aus seiner Hilflosigkeit zu befreien.
Genau dann tritt er die Flucht an. Seit längerem bereits sucht er die rettende Boye nicht mehr in berauschenden Meer der Bedeutungslosigkeit, im Rausch welcher seinen Körper dämpft und so unempfindsam macht gegenüber dem Weltenschmerz. Schon lange hat er gemerkt, dass es kaum Sinn macht sich in einen wohligen Mantel einzuhüllen und in einem beseelten Zustand der Ruhe und Gelassenheit zu tauchen. Nichts durch das dicke Polster gelangen zu lassen. Längst schon hat er die Traurigkeit akzeptiert, sie regelchrecht in sich aufgenommen, versucht sie zu leben ja gar zu zelebrieren. Doch die Tage an denen er nicht aus dem Bett kommt aus Angst auf andere Menschen zu treffen und diese zu entäuschen oder ihre Erwartungen nicht erfüllen zu können häufen sich. Die Furcht davor nichts erwiedern zu können auf ihre positive unbeschwerte Art nimmt überhand. Sein Kopf wieder einmal zu leer sein könnte für Smalltalk. Lediglich düstere dunkelschwarze Wolken ziehen in seinem Hirn umher. Umhüllen jeden Gedanken, jedes Wort und machen es unaussprechlich. Verstehen würde es sowieso niemand, geschweige denn würde sich niemand die Mühe machen sich überhaupt mit der Ernsthaftigkeit auseinanderzusetzen.
Seit nun einigen Wintern steigt er regelmässig ins kalte Nass des Zürichsees. Das Wasser löscht seine Gedanken im Nu auf. Ohne unerträglich darauf warten zu müssen ist sein Kopf sofort, von der ersten Sekunde an wie leergefegt. Die klirrende Kälte nimmt alles ein. Umhüllt ihn, macht ihn angreifbar, regelrecht wehrlos und schwach wie ein kleiner Junge. Jedoch nicht auf diese unangenehme Art welche er sonst erfährt. Er ist befreit, sein Ego ertrinkt in den Wassermassen, einfach weggeschwemmt von den Wellen welche sanft und regelmässig gegen das Ufer preschen. Leise, stetig aber doch bedrohlich prallen sie gegen die Mauersteine. Dann wieder fester, ausgelöst vom Kursschiff, der Pantha Rhei welches weit aussen dunkelblau leuchtet wie eine riesige Neonreklame inmitten des Sees. Sofort verliebte er sich in dieses Gefühl. Seine Menschlichkeit verschwindet und doch ist sie so präsent wie sonst nie. Immerwieder schiessen ihm die Gedanken wie Blitze durch den Kopf, jetzt doch endlich das Wasser zu verlassen, viel zu gross jedoch die Angst zurück in seinen Körper zu finden welcher ihn all den Schmerz und die Verantwortung, den ganzen Druck spüren lässt. Die Gedanken werden wieder davon geschwemmt, er kann an ihnen nicht festhalten. Die Füsse sind schon taub, seitdem er mit dem rechten fuss beginnend, ins Wasser stieg. Sofort macht sich dieses beissende kribbeln breit und mit der Zeit das Gefühl vom reissen der Achillessehnen welches sich anfühlt als wäre sie extremem Zug ausgesetzt und würde jeden Moment mit einem riesigen knall, gleich dem einer Peitsche, reissen. Er fühlt seinen Herzschlag. Er will genauer hinhören, daran hindert ihn jedoch das schnauben seiner immer weiter zugeschnürten Kehle je weiter er schwimmt. Immer wieder verdrängen seine Hände das klirrendkalte Wasser an der Oberfläche. Rot und weiss blitzt auf, er kann den Schmerz regelrecht sehen vor seinem Inneren Auge. Fühlen kann er ihn nicht mehr. Sein gesamter Körper fühlt sich heiss an. Gleichgültig. Die Sicht immer eingeengter, fokusiert auf die Lichter der anderen Seeseite. Seine Wahrnehmung wird schwummrig, die Lichter schwächer. Allmählich verwischen sie zu einem einzigen. Ein kreischend hoher Ton nimmt er wahr. Mit sinkendem Kopf wird auch dieser vom Wasser weggeschwemmt. Ruhe tritt ein. Eine Zufriedenheit welche er noch nie zuvor fühlten konnte.
So geht er Sonnenaufgang für Sonnenaufgang durch den verwilderten Garten des längst baufälligen alten Häuschen am zürcher Stadtrand, welches er liebevoll seine «Villa» nennt. Mit seinen verdreckten, längst schon durchgetretenen Sneakers, welche er jeweils deutlich länger trägt als das es nicht schon all seinen Mitmenschen negativ aufgefallen wäre, geht er in Richtung stadteinwärts über die asphaltierten Strassen, eher planlos als zielstrebig. Sein linker Schuh beginnt zu quitschen alsbald die sich langsam zersetzende Sohle nur ein kleinstes bisschen Wasser abbekommen hat. Die langweilig in kleine Quadrate gerasterten Schachtdeckel seiner Stadt umkurvt er deswegen gekonnt und zieht damit Schlangenlinien durch die Stadt wie ein nachhausetorkelnder Partygänger in den frühen Morgenstunden. Ankommen will er niemals an einem bestimmten Ort, er folgt viel eher den Gesetzen in seinem Kopf welche ihm vorschreiben einen weg solange zu schreiten, bis seine beiden Beine müde und schwer, kaum noch die nötige Kraft aufbringen können, um ihn noch weiter durch die Strassen tragen zu können und ihm nichts anderes übrig bleibt, als seinen Nachhauseweg entlang zu träumen und sich trotzdem noch faszinieren zu lassen von den griesgrämigen in Stein gemeiselten Eulen und skurrilen Fabelwesen der imposanten alten Herrenhäusern. Elegant und fast schon arrogant hinter der Baumalee tronen sie stolz. Bei längerer Betrachtung macht es ihm den Anschein als warten sie bereits seit Jahrzehnten darauf endlich ihren steinernen Mantel zerbersten zu lassen, den Wind durch die freigelegten Federn brausen zu lassen und endlich den fliegenden Gesteinsbrocken folgend in die endlosen Weiten des azurblauen Himmels zu gleiten.
Sein Kopf ist in solchen Momenten nicht mehr wirr und düster. seltsam ruhig, beinahe leergefegt und still wie die Einsamkeit einer Wüste. Im wahrsten sinne des Wortes Ohrenbetäubend. Befreiend. In eben diesen goldenen Momenten ist sein Kopf wie ein riesiger Schwamm welcher alles restlos in sich aufnimmt und somit belastende Gedanken sich zu fantasievollen endlosen Geschichten weiterspinnen welche eine die andere in einem fliessenden Übergang ablöst und ihm seinen Lebenssinn so deutlich machen wie kaum etwas anderes.
Jedoch sind seine Höhepunkte an einem ihm teils endlos erscheinenden, teils unglaublich kurzen Tag nie lang anhaltende Momente. Niemals Interaktionen mit ihm fremden Personen denen er Tag für Tag, Nacht für Nacht begegnet. Genau so wenig wie mit Freunden oder Freundinnen. Immer handelt es sich lediglich um Augenblicke, kurze, manchmal Sekunden manchmal aber auch nur Bruchteile davon. Nur wenn er Glück hat beschert ihm das Leben einige Minuten des Sonnenscheins welcher ihn so beflügelt und leicht und unbeschwert macht, ihn sorglos seines Weges gehen lässt.
Situationen an denen sich die grössten Bäume der Stadt, zwei der wenigen Mammutbäume mächtig empor ragen und der fast sureal zyan scheinende Himmel r sich dahinterlegt, an welchem sich heute die Wolken türmen, so als würden sie ihm zu imponieren versuchen.
Just in diesem Augenblick, beschonnen vom wohl einzigen Sonnenstrahl scheinen zwei Habichte ihre Machtkämpfe auszutragen was, vielmehr wie ein genauestens aufeinander abgestummener Tanz auszusehen vermag, wären da nicht die markdurchdringenden Schreie welcher der kleinere und wohl jüngere von sich gibt.
Trotz all der Schönheit welche er für diese Augenblicke empfinden kann ist er sich der Belanglosigkeit der verstreichenden Tage durchaus bewusst. Nur lässt er sich nicht wie zu früheren Jahren davon beeinflussen, vielmehr schenkt er deshalb umso mehr den kleinen Dingen seine Aufmerksamkeit und nicht mehr dem grossen Ganzen. Eine Eigenschaft welche er gezwungenermassen hat erlernen müssen.
Wohl auch deshalb schaut er mehrmals am Tag auf das verkratzte Zifferblatt seiner Armbanduhr eines nahmhaften Modedesigner hinter dessen Machenschaften er eigentlich seit Jahren nicht mehr stehen kann und sich auch darum oftmals die Frage stellt ob es sinnvoller sei diese zu entsorgen oder sie solange am Handgelenk zu tragen bis das <robuste schwarze Straussenleder durchgewetzt ist und das Zifferblatt eines Tages so zerkratzt ist, bis er keinen der beiden kleinen bordeuauxroten Zeiger mehr erkennen kann wie sie den immergleichen tanz auf dem mattschwarzen Parkett der Vergänglichkeit vollführen.
Seine prüfenden Blicke haben aber nicht etwa den Grund sich selber den Terminen zu unterwerfen, auch nicht aus reiner Gewohnheit wie die meisten anderen Menschen, was er ihnen unterstellt ohne jemals mit jemandem darüber gesprochen zu haben, zu recht jedoch, wie er sich sicher ist. Nein lediglich will er sich der Sinnlosigkeit der Zeit vergewissern. Was hat er für einen Nutzen sich nach einer linearen Uhrzeit zu richten, wenn diese sich nicht um seine zyklische kreisenden Gefühle kümmert. Was nützt es ihm wenn neugierige Touristen und alteingesessene Quartierbewohner durch die engen Gassen der Altstadt schlendern, während die Kirchenglocke sich mit drei kräftigen Schlägen meldet, er aber am liebsten weit in den Fugen zwischen den Pflastersteinen versinken möchte bis weit ins Erdinnere wo er keinen Erwartungen entsprechen und keinen neugierigen Blicken standhalten muss.
Was nützt es ihm wenn sich jung und alt bereits am Frühabend in den Szenekaffes der Stadt auf einen Kaffee oder diverse Alkoholische Getränke über dessen Geschmack er nur mutmassen kann, treffen und sich lauthals ausgelassen über Themen unterhalten, welche ihm als absolut bedeutungslos erscheinen und er einen Hass in sich aufkommen spürt wenn er die realen Probleme der Welt und seiner Handlungsunfähigkeit darüber bewusst wird.
An eben solchen Tagen sucht er die Ruhe. Es scheint ihm als könne er das alles unterlegende Geräausch des abreibenden Gummis der Autoreifen auf den Strassen nicht mehr länger ertragen. Viel schlimmer aber noch das ihm so unangenehme und beanspruchende Geräusch von unzähligen Gesprächen welche sich in einem Pulk vermengen und sich zu einer schier nicht auszuhaltenden Geräuschkulisse auftürmen. Er sucht die Ruhe in sich, wobei er nicht den Anspruch eines Meditierenden hat. Er begnügt sich dabei schon damit, dass sein Fokus auf das Vogelzwitschern fällt und seine innere Anspannung ein wenig löst, ihn befreit vom Gefühl dem Druck der Stadt und der Gesellschaft nicht standhalten zu können. Er keine Angst mehr von der zerberstenden Staumauer haben muss, welche all seine Gefühle zurückhält, jedoch schliesslich unter dem stetigen ungeheuren Druck nicht standhalten kann und unaufhaltbar alles überschwemmt und beherrscht. Alles durcheinander bringt und ein innerliches Chaos anrichtet bei dem nichts hier zu sein scheint, das zu helfen vermag und ihn ganz alleine zurücklässt in endloser Einsamkeit.
Es gelingt ihm nur ganz selten sich von diesem Gefühl zu befreien, auch wenn er dazu bereit ist sich viel Arbeit aufzubürden und viel Schmerz und Entäuschung in sein Herz zu lassen. Immerwährende Gedanken kreisen in seinem Kopf. Wiederkehrend, mit stetig steigernder Anspannung. Das pulsieren im vorderen Teil seines Schädels scheint unaufhörlich weiter zu pochen. Das Herz in seiner Brust unnaufhörlich gegen die Mitte seines Rippenbogens zu drücken.
Er spürt wie ihn die teils urteilenden teils wohl bewundernden Augen welche auf ihn gerichtet werden in eine Spannung bringen welcher er nicht ansatzweise gewachsen ist. In seiner Unfähigkeit dem Druck standzuhalten, fühlt er sich wie ein kleiner Junge in einer Ellenbogengesellschaft der Erwachsenen gefangen, nirgends zugehörig, verloren und der Welt ausgesetzt wie ein kleiner Fischkutter auf den unendlichen Weiten des Meeres, die Wellen stetig an die Planken preschend, ohne Orientierung, verloren. Ganz ohne rettendes Segel welches er setzen könnte um ihn aus seiner Hilflosigkeit zu befreien.
Genau dann tritt er die Flucht an. Seit längerem bereits sucht er die rettende Boye nicht mehr in berauschenden Meer der Bedeutungslosigkeit, im Rausch welcher seinen Körper dämpft und so unempfindsam macht gegenüber dem Weltenschmerz. Schon lange hat er gemerkt, dass es kaum Sinn macht sich in einen wohligen Mantel einzuhüllen und in einem beseelten Zustand der Ruhe und Gelassenheit zu tauchen. Nichts durch das dicke Polster gelangen zu lassen. Längst schon hat er die Traurigkeit akzeptiert, sie regelchrecht in sich aufgenommen, versucht sie zu leben ja gar zu zelebrieren. Doch die Tage an denen er nicht aus dem Bett kommt aus Angst auf andere Menschen zu treffen und diese zu entäuschen oder ihre Erwartungen nicht erfüllen zu können häufen sich. Die Furcht davor nichts erwiedern zu können auf ihre positive unbeschwerte Art nimmt überhand. Sein Kopf wieder einmal zu leer sein könnte für Smalltalk. Lediglich düstere dunkelschwarze Wolken ziehen in seinem Hirn umher. Umhüllen jeden Gedanken, jedes Wort und machen es unaussprechlich. Verstehen würde es sowieso niemand, geschweige denn würde sich niemand die Mühe machen sich überhaupt mit der Ernsthaftigkeit auseinanderzusetzen.
Seit nun einigen Wintern steigt er regelmässig ins kalte Nass des Zürichsees. Das Wasser löscht seine Gedanken im Nu auf. Ohne unerträglich darauf warten zu müssen ist sein Kopf sofort, von der ersten Sekunde an wie leergefegt. Die klirrende Kälte nimmt alles ein. Umhüllt ihn, macht ihn angreifbar, regelrecht wehrlos und schwach wie ein kleiner Junge. Jedoch nicht auf diese unangenehme Art welche er sonst erfährt. Er ist befreit, sein Ego ertrinkt in den Wassermassen, einfach weggeschwemmt von den Wellen welche sanft und regelmässig gegen das Ufer preschen. Leise, stetig aber doch bedrohlich prallen sie gegen die Mauersteine. Dann wieder fester, ausgelöst vom Kursschiff, der Pantha Rhei welches weit aussen dunkelblau leuchtet wie eine riesige Neonreklame inmitten des Sees. Sofort verliebte er sich in dieses Gefühl. Seine Menschlichkeit verschwindet und doch ist sie so präsent wie sonst nie. Immerwieder schiessen ihm die Gedanken wie Blitze durch den Kopf, jetzt doch endlich das Wasser zu verlassen, viel zu gross jedoch die Angst zurück in seinen Körper zu finden welcher ihn all den Schmerz und die Verantwortung, den ganzen Druck spüren lässt. Die Gedanken werden wieder davon geschwemmt, er kann an ihnen nicht festhalten. Die Füsse sind schon taub, seitdem er mit dem rechten fuss beginnend, ins Wasser stieg. Sofort macht sich dieses beissende kribbeln breit und mit der Zeit das Gefühl vom reissen der Achillessehnen welches sich anfühlt als wäre sie extremem Zug ausgesetzt und würde jeden Moment mit einem riesigen knall, gleich dem einer Peitsche, reissen. Er fühlt seinen Herzschlag. Er will genauer hinhören, daran hindert ihn jedoch das schnauben seiner immer weiter zugeschnürten Kehle je weiter er schwimmt. Immer wieder verdrängen seine Hände das klirrendkalte Wasser an der Oberfläche. Rot und weiss blitzt auf, er kann den Schmerz regelrecht sehen vor seinem Inneren Auge. Fühlen kann er ihn nicht mehr. Sein gesamter Körper fühlt sich heiss an. Gleichgültig. Die Sicht immer eingeengter, fokusiert auf die Lichter der anderen Seeseite. Seine Wahrnehmung wird schwummrig, die Lichter schwächer. Allmählich verwischen sie zu einem einzigen. Ein kreischend hoher Ton nimmt er wahr. Mit sinkendem Kopf wird auch dieser vom Wasser weggeschwemmt. Ruhe tritt ein. Eine Zufriedenheit welche er noch nie zuvor fühlten konnte.