Ein Name für die Tote

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Trasla

Mitglied
30.03.2010

Es war warm.
Sehr angenehm, richtig sommerlich. Die Dame im Blumenladen lachte und grinste die ganze Zeit, selbst als ich sagte dass ich einen Strauß zum Niederlegen am Grab bräuchte konnte sie nicht so richtig gedeckte Stimmung aufkommen lassen. Die ganze Situation wirkte falsch aber angenehm, nichts passte so richtig zu meinen Erinnerungen an den Friedhof, aber ich war froh.
Als ich mit dem bunten Strauß in der Hand den Weg hinauf stapfte musste ich daran denken, wie verdammt kalt es beim letzten Mal gewesen war. Jetzt war mir den ganzen Tag lang schon danach, den Mantel auszuziehen, nur ihn umständlich herum zu tragen war mir immer wieder zu lästig geworden. Also fluchte ich die Hälfte der Zeit über den unhandlichen Mantel in meinen Händen, die andere Hälfte schwitzte ich.
Mir war ein wenig schlecht, schon den ganzen Morgen, und ich war mir unsicher ob mein Körper irgendwie auf meine Unsicherheit und mein zerrissenes Inneres reagierte oder ob ich einfach nur hungrig war. Ich hatte noch nichts gegessen, aber es war auch noch früh und eigentlich war ich daran gewöhnt erst spät meine erste Mahlzeit einzunehmen. Andererseits gab es keinen wirklichen Grund, beunruhigt zu sein.
Den Weg kannte ich. Schon von weitem sah ich ein Auto in der Nähe ihres Grabes stehen und fragte mich kurz, ob jemand anderes am Grab war um sie zu besuchen. Ich malte mir aus wie es wäre, ihre Mutter zu treffen. Würde sie mich fragen wer ich bin, woher ich Nadine kannte, wie nahe wir uns gestanden hatten? Würde sie etwas vom Leben ihrer Tochter erfahren wollen?
Ich setzte meinen Weg fort und mir war klar, dass ein Zusammentreffen mit irgendwelchen Angehörigen sehr unwahrscheinlich war. Immerhin gab es ziemlich viele Gräber hier und das Auto würde vermutlich jemand anderem gehören. Warum eigentlich ein Auto, durfte man überhaupt einfach so auf das Gelände fahren? Als ich die richtige Reihe betrat, verstand ich. Vor dem Stein kniete ein junger Mann, der damit beschäftigt war, Name, Geburts- sowie Todesdatum in den Stein zu ritzen. Es schien sich um die ersten Markierungen zu handeln, bestimmt würde das ganze später ausgemeißelt und dann golden angemalt werden.
Er hatte sich kurz zu mir gedreht, als meine Schritte zu hören waren, sich dann aber wieder seiner Arbeit zugewandt. Ich stand ein wenig unschlüssig und hilflos mit den Blumen in der Hand da. Die Erde wirkte frisch geharkt, die Kränze waren nicht mehr da, dafür stand ein großer Topf mit fliederfarbenen Blumen in der Mitte des Grabes. Ich betrachtete einen Moment lang den Steinmetz bei der Arbeit.
Als mir bewusst wurde, wie seltsam die Situation war räusperte ich mich und fragte ihn höflich, ob es ihm etwas ausmachen würde, einige Minuten Pause zu machen. Glücklicherweise war er Raucher und verlängerte die von mir angeforderten drei Minuten umgehend auf sieben. Nachdem er noch einmal zurück gekommen war, um das auf dem Grabstein liegende Handy zu holen, legte ich den Blumenstrauß auf die Erde und setze mich auf den Steinrand.
Ich erzählte ihr, wie sehr ich sie vermisse, dass ich ständig an sie dachte, fast immer ihre Kette trug. Ich richtete liebe Grüße von Claudia aus und versprach, dieses Jahr noch wiederzukommen und ein paar Blumen zu bringen. Ich berichtete, dass ich angefangen hatte, einen Roman zu schreiben in dem sie vorkommt und wie sehr ich hoffte, dass es ihr gut ging. Es gab viel zu sagen, aber alles schien so unwichtig. Ich wollte einfach einen Moment da sein und bei ihr sitzen, die Beklemmung fiel wie von selbst von mir ab und es tat einfach gut sich nicht mehr so fern von ihr zu fühlen.
Nachdem ich mich verabschiedet und ihr einen Kuss zugehaucht hatte machte ich mich wieder auf den Weg. Ich nickte dem Steinmetz dankend zu und er winkte mir zurück, während er an seinen Wagen gelehnt den Rauch in die Luft blies. Ich stapfte den Weg hinab, warf das Papier des Blumenstraußes in einen Container, zog mir mal wieder meinen Mantel aus und machte mich fröhlich auf den Weg zur Straßenbahnhaltestelle.
Gleich würde ich essen gehen, mit einer gemeinsamen Freundin von Nadine und mir. Ich würde ihr von meinem Friedhofsbesuch erzählen und wir würden ein wenig plaudern. Die Aussicht auf die gute Gesellschaft stimmte mich froh. Ebenso sehr wie der Gedanke, dass meine Kleine doch irgendwie weiterlebte. Unter uns. In unseren Gesprächen und Gedanken. Und in meinem Herzen.
 

Haremsdame

Mitglied
Es war warm. [blue]Hier würde ich keinen Absatz einfügen.[/blue]
Sehr angenehm, richtig sommerlich. Die Dame im Blumenladen lachte und grinste die ganze Zeit, selbst als ich sagte [red]Komma[/red] dass ich einen Strauß zum Niederlegen am Grab bräuchte [red]Komma [/red] konnte sie nicht so richtig gedeckte Stimmung aufkommen lassen. Die ganze Situation wirkte falsch [red]Komma [/red]aber angenehm, nichts passte so richtig zu meinen Erinnerungen an den Friedhof, aber ich war froh. [blue]Hier habe ich Probleme, Deine Stimmung nachzuvollziehen. Vielleicht gelingt es Dir mit kürzeren Sätzen besser, die Übergänge zu gestalten?[/blue]
Als ich mit dem bunten Strauß in der Hand den Weg hinauf stapfte [red]Komma [/red]musste ich daran denken, wie verdammt kalt es beim letzten Mal gewesen war. Jetzt war mir den ganzen Tag lang schon danach, den Mantel auszuziehen, nur [red]Komma[/red] ihn umständlich herum zu tragen [red]Komma[/red] war mir immer wieder zu lästig geworden. Also fluchte ich die Hälfte der Zeit über den unhandlichen Mantel in meinen Händen, die andere Hälfte schwitzte ich.
Mir war ein wenig schlecht, schon den ganzen Morgen, und ich war mir unsicher [red]Komma[/red] ob mein Körper irgendwie auf meine Unsicherheit und mein zerrissenes Inneres reagierte oder ob ich einfach nur hungrig war. Ich hatte noch nichts gegessen, aber es war auch noch früh und eigentlich war ich daran gewöhnt [red]Komma[/red] erst spät meine erste Mahlzeit einzunehmen. Andererseits gab es keinen wirklichen Grund, beunruhigt zu sein.
Den Weg kannte ich. Schon von weitem sah ich ein Auto in der Nähe ihres Grabes stehen und fragte mich kurz, ob jemand anderes am Grab war [red]Komma[/red] um sie zu besuchen. Ich malte mir aus[red] Komma [/red]wie es wäre, ihre Mutter zu treffen. Würde sie mich fragen wer ich bin, woher ich Nadine kannte, wie nahe wir uns gestanden hatten? Würde sie etwas vom Leben ihrer Tochter erfahren wollen?
Ich setzte meinen Weg fort und mir war klar, dass ein Zusammentreffen mit irgendwelchen Angehörigen sehr unwahrscheinlich war. Immerhin gab es ziemlich viele Gräber hier und das Auto würde vermutlich jemand anderem gehören. Warum eigentlich ein Auto, durfte man überhaupt einfach so auf das Gelände fahren? Als ich die richtige Reihe betrat, verstand ich. Vor dem Stein kniete ein junger Mann, der damit beschäftigt war, Name, Geburts- sowie Todesdatum in den Stein zu ritzen. Es schien sich um die ersten Markierungen zu handeln, bestimmt würde das [red]G[/red]anze später ausgemeißelt und dann golden angemalt werden.
Er hatte sich kurz zu mir gedreht, als meine Schritte zu hören waren, sich dann aber wieder seiner Arbeit zugewandt. Ich stand ein wenig unschlüssig und hilflos mit den Blumen in der Hand da. Die Erde wirkte frisch geharkt, die Kränze waren nicht mehr da, dafür stand ein großer Topf mit fliederfarbenen Blumen in der Mitte des Grabes. Ich betrachtete einen Moment lang den Steinmetz bei der Arbeit.
Als mir bewusst wurde, wie seltsam die Situation war [red]Komma [/red]räusperte ich mich und fragte ihn höflich, ob es ihm etwas ausmachen würde, einige Minuten Pause zu machen. Glücklicherweise war er Raucher und verlängerte die von mir angeforderten drei Minuten umgehend auf sieben. Nachdem er noch einmal zurück gekommen war, um das auf dem Grabstein liegende Handy zu holen, legte ich den Blumenstrauß auf die Erde und setze mich auf den Steinrand.
Ich erzählte ihr, wie sehr ich sie vermisse, dass ich ständig an sie dachte, fast immer ihre Kette trug. Ich richtete liebe Grüße von Claudia aus und versprach, dieses Jahr noch wiederzukommen und ein paar Blumen zu bringen. Ich berichtete, dass ich angefangen hatte, einen Roman zu schreiben in dem sie vorkommt und wie sehr ich hoffte, dass es ihr gut ging. Es gab viel zu sagen, aber alles schien so unwichtig. Ich wollte einfach einen Moment da sein und bei ihr sitzen, die Beklemmung fiel wie von selbst von mir ab und es tat einfach gut [red]Komma[/red] sich nicht mehr so fern von ihr zu fühlen.
Nachdem ich mich verabschiedet und ihr einen Kuss zugehaucht hatte [red]Komma[/red] machte ich mich wieder auf den Weg. Ich nickte dem Steinmetz dankend zu und er winkte mir zurück, während er an seinen Wagen gelehnt den Rauch in die Luft blies. Ich stapfte den Weg hinab, warf das Papier des Blumenstraußes in einen Container, zog mir mal wieder meinen Mantel aus und machte mich fröhlich auf den Weg zur Straßenbahnhaltestelle.
Gleich würde ich essen gehen, mit einer gemeinsamen Freundin von Nadine und mir. Ich würde ihr von meinem Friedhofsbesuch erzählen und wir würden ein wenig plaudern. Die Aussicht auf die gute Gesellschaft stimmte mich froh. Ebenso sehr wie der Gedanke, dass meine Kleine doch irgendwie weiterlebte. Unter uns. In unseren Gesprächen und Gedanken. Und in meinem Herzen.
Beim ersten Lesen dieses Textes spürte ich, wie nah Dir diese Geschichte noch geht. Mir fällt auf, dass Du in kürzester Zeit sehr viel (zu viel?) erzählen willst. Mir fehlt die Langsamkeit, die Deinen ersten Text begleitete. Vielleicht könntest Du sie wieder erreichen, wenn Du die langen Sätze etwas auseinander nimmst und mehrere daraus machst? - Beim zweiten Lesen änderte sich mein Eindruck etwas, aber die Sätze sind mir immer noch lang.
 

Trasla

Mitglied
30.03.2010

Es war warm.
Sehr angenehm, richtig sommerlich. Die Dame im Blumenladen lachte und grinste die ganze Zeit, selbst als ich sagte, dass ich einen Strauß zum Niederlegen am Grab bräuchte, konnte sie nicht so richtig gedeckte Stimmung aufkommen lassen. Die ganze Situation wirkte falsch, aber angenehm, nichts passte so richtig zu meinen Erinnerungen an den Friedhof, aber ich war froh.
Als ich mit dem bunten Strauß in der Hand den Weg hinauf stapfte, musste ich daran denken, wie verdammt kalt es beim letzten Mal gewesen war. Jetzt war mir den ganzen Tag lang schon danach, den Mantel auszuziehen, nur, ihn umständlich herum zu tragen, war mir immer wieder zu lästig geworden. Also fluchte ich die Hälfte der Zeit über den unhandlichen Mantel in meinen Händen, die andere Hälfte schwitzte ich.
Mir war ein wenig schlecht, schon den ganzen Morgen, und ich war mir unsicher, ob mein Körper irgendwie auf meine Unsicherheit und mein zerrissenes Inneres reagierte oder ob ich einfach nur hungrig war. Ich hatte noch nichts gegessen, aber es war auch noch früh und eigentlich war ich daran gewöhnt, erst spät meine erste Mahlzeit einzunehmen. Andererseits gab es keinen wirklichen Grund, beunruhigt zu sein.
Den Weg kannte ich. Schon von weitem sah ich ein Auto in der Nähe ihres Grabes stehen und fragte mich kurz, ob jemand anderes am Grab war, um sie zu besuchen. Ich malte mir aus, wie es wäre, ihre Mutter zu treffen. Würde sie mich fragen wer ich bin, woher ich Nadine kannte, wie nahe wir uns gestanden hatten? Würde sie etwas vom Leben ihrer Tochter erfahren wollen?
Ich setzte meinen Weg fort und mir war klar, dass ein Zusammentreffen mit irgendwelchen Angehörigen sehr unwahrscheinlich war. Immerhin gab es ziemlich viele Gräber hier und das Auto würde vermutlich jemand anderem gehören. Warum eigentlich ein Auto, durfte man überhaupt einfach so auf das Gelände fahren? Als ich die richtige Reihe betrat, verstand ich. Vor dem Stein kniete ein junger Mann, der damit beschäftigt war, Name, Geburts- sowie Todesdatum in den Stein zu ritzen. Es schien sich um die ersten Markierungen zu handeln, bestimmt würde das ganze später ausgemeißelt und dann golden angemalt werden.
Er hatte sich kurz zu mir gedreht, als meine Schritte zu hören waren, sich dann aber wieder seiner Arbeit zugewandt. Ich stand ein wenig unschlüssig und hilflos mit den Blumen in der Hand da. Die Erde wirkte frisch geharkt, die Kränze waren nicht mehr da, dafür stand ein großer Topf mit fliederfarbenen Blumen in der Mitte des Grabes. Ich betrachtete einen Moment lang den Steinmetz bei der Arbeit.
Als mir bewusst wurde, wie seltsam die Situation war, räusperte ich mich und fragte ihn höflich, ob es ihm etwas ausmachen würde, einige Minuten Pause zu machen. Glücklicherweise war er Raucher und verlängerte die von mir angeforderten drei Minuten umgehend auf sieben. Nachdem er noch einmal zurück gekommen war, um das auf dem Grabstein liegende Handy zu holen, legte ich den Blumenstrauß auf die Erde und setze mich auf den Steinrand.
Ich erzählte ihr, wie sehr ich sie vermisse, dass ich ständig an sie dachte, fast immer ihre Kette trug. Ich richtete liebe Grüße von Claudia aus und versprach, dieses Jahr noch wiederzukommen und ein paar Blumen zu bringen. Ich berichtete, dass ich angefangen hatte, einen Roman zu schreiben in dem sie vorkommt und wie sehr ich hoffte, dass es ihr gut ging. Es gab viel zu sagen, aber alles schien so unwichtig. Ich wollte einfach einen Moment da sein und bei ihr sitzen, die Beklemmung fiel wie von selbst von mir ab und es tat einfach gut, sich nicht mehr so fern von ihr zu fühlen.
Nachdem ich mich verabschiedet und ihr einen Kuss zugehaucht hatte, machte ich mich wieder auf den Weg. Ich nickte dem Steinmetz dankend zu und er winkte mir zurück, während er an seinen Wagen gelehnt den Rauch in die Luft blies. Ich stapfte den Weg hinab, warf das Papier des Blumenstraußes in einen Container, zog mir mal wieder meinen Mantel aus und machte mich fröhlich auf den Weg zur Straßenbahnhaltestelle.
Gleich würde ich essen gehen, mit einer gemeinsamen Freundin von Nadine und mir. Ich würde ihr von meinem Friedhofsbesuch erzählen und wir würden ein wenig plaudern. Die Aussicht auf die gute Gesellschaft stimmte mich froh. Ebenso sehr wie der Gedanke, dass meine Kleine doch irgendwie weiterlebte. Unter uns. In unseren Gesprächen und Gedanken. Und in meinem Herzen.
 

Trasla

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Hallo Haremsdame,

danke für deine Anmerkungen! Die ganzen fehlenden Kommata habe ich schon einmal ergänzt. Hach, ich sollte da mal einen Blick für entwickeln!

Den Absatz am Anfang habe ich deshalb, weil ich allgemein gerne einen kurzen, einleitenden Satz als alleinigen Absatz zu Beginn habe. Irgendwie finde ich, dass das ein wenig mehr den Grundtenor für den folgenden Absatz prägt, wenn es herausgehoben steht.
Aber ich lasse mich auch gerne von dir anders überzeugen!

Du hast nicht nur damit recht, dass mir das ganze bei Zeiten immer noch nahe geht, sondern auch damit, dass ich zu viel zu schnell sage. Dieser Abschnitt ist ja auch ganz offensichtlich deutlich kürzer als die anderen.

Ich werde in einer ruhigen Minute mal versuchen, das ganze langsamer zu schreiben, und vielleicht die Sätze zu entzerren, so dass ich nicht immer drei Informationen in einen Satz zwängen muss.

Vielleicht gelingt es mir ja, wieder eine gewisse Leichtigkeit und Lesbarkeit zu erzeuegen. Immerhin ist die Situation sogar viel leichter und entspannter, als zum Beispiel der erste Part....
 

Trasla

Mitglied
30.03.2010

Es war warm.
Sehr angenehm, richtig sommerlich. Die Dame im Blumenladen lachte und grinste die ganze Zeit. Selbst als ich sagte, dass ich einen Strauß zum Niederlegen am Grab bräuchte, konnte sie nicht so richtig gedeckte Stimmung aufkommen lassen. Die ganze Situation wirkte nicht real. Alles war so angenehm. Ich war froh, und das passte nicht zu meinen Erinnerungen an den Friedhof. Letztes Mal hatte ich mich unwillkommen gefühlt, der Ort hatte mich zwar nicht abgewiesen, aber so erhaben, majestätisch und gleichzeitig gefährlich gewirkt, dass ich mich fehl am Platze gefühlt hatte. Jetzt war alles so herzlich, offen, einladend.
Als ich mit dem bunten Strauß in der Hand den Weg hinauf stapfte, musste ich daran denken, wie verdammt kalt es beim letzten Mal gewesen war. Jetzt war mir den ganzen Tag lang schon danach, den Mantel auszuziehen. Einzig ihn umständlich herum zu tragen, war mir immer wieder zu lästig geworden. Also fluchte ich abwechselnd über die Hitze und den unhandlichen Mantel.
Mir war ein wenig flau im Magen, schon den ganzen Morgen. Ich war mir unsicher, ob mein Körper irgendwie auf meine Unsicherheit und mein zerrissenes Inneres reagierte oder ob ich einfach nur hungrig war. Ich hatte noch nichts gegessen, aber es war auch noch früh und eigentlich war ich daran gewöhnt, erst spät meine erste Mahlzeit einzunehmen. Aber wenn es nicht am Hunger lag, dann hieße das ich war beunruhigt. Und warum hätte ich beunruhigt sein sollen? Es war zwar schon ein seltsames Gefühl, wieder hier zu sein, aber ich wollte das, ich fühlte mich sogar sehr wohl bei dem Gedanken, sie endlich wieder zu besuchen. Also beschloss ich, den aufmüpfigen Magen zu ignorieren.
Den Weg kannte ich. Schon von weitem sah ich ein Auto in der Nähe ihres Grabes stehen und fragte mich kurz, ob jemand anderes am Grab war, um sie zu besuchen. Ich malte mir aus, wie es wäre, ihre Mutter zu treffen. Würde sie mich fragen wer ich bin, woher ich Nadine kannte, wie nahe wir uns gestanden hatten? Würde sie etwas vom Leben ihrer Tochter erfahren wollen? Ich hatte nie persönlichen Kontakt zu ihr gehabt, aber nach allem was ich von ihr hörte war sie weder eine besonders angenehme noch eine interessierte Frau.
Sie hatte keine Informationen über die genauen Umstände von Nadines Tod herausgegeben, und sogar der Polizei ausdrücklich untersagt, mit Freunden und Bekannten darüber zu reden. Wir wussten nur, dass es sich um einen Selbstmord handelte – aber nicht, wie sie sich das Leben nahm, ob es einen Abschiedsbrief gab, gar nichts. Wir hatten nur ein paar Mails und sms, die wir untereinander teilen konnten. Und Nadines Mutter hatte festgelegt, dass auf der Beerdigung nur die Familie anwesend sein sollte. Keine Freunde. Diese Entscheidung hatte mich unendlich traurig gemacht. Wir mussten im Wiener Bestattungskalender nachschauen, wo Nadine beigesetzt worden war.
Trotz allem aber gab es da diese Frau, die ihre Tochter verloren hatte. Und schon Jahre vorher ihren Mann. Ich würde sie gerne einmal kennen lernen. Damit ich eine Chance bekam, sie doch zu mögen. Und damit sie eine Gelegenheit hätte, zu erfahren, wie ihre Tochter gelebt hatte. Ihre Tochter, mit der sie kaum Kontakt gehabt hatte all die Jahre seit der Vater gestorben war.
Ich setzte meinen Weg fort und mir war klar, dass ein Zusammentreffen mit irgendwelchen Angehörigen sehr unwahrscheinlich war. Immerhin gab es ziemlich viele Gräber hier und das Auto würde vermutlich jemand anderem gehören. Warum eigentlich ein Auto, durfte man überhaupt einfach so auf das Gelände fahren? Als ich die richtige Reihe betrat, verstand ich. Vor dem Stein kniete ein junger Mann, der damit beschäftigt war, Name, Geburts- sowie Todesdatum in den Stein zu ritzen. Es schien sich um die ersten Markierungen zu handeln, bestimmt würde das ganze später ausgemeißelt und dann golden angemalt werden.
Er hatte sich kurz zu mir gedreht, als meine Schritte zu hören waren, sich dann aber wieder seiner Arbeit zugewandt. Ich stand ein wenig unschlüssig und hilflos mit den Blumen in der Hand da. Die Erde wirkte frisch geharkt, die Kränze waren nicht mehr da, dafür stand ein großer Topf mit fliederfarbenen Blumen in der Mitte des Grabes. Ich betrachtete einen Moment lang den Steinmetz bei der Arbeit.
Als mir bewusst wurde, wie seltsam die Situation war, räusperte ich mich und fragte ihn höflich, ob es ihm etwas ausmachen würde, einige Minuten Pause zu machen. Glücklicherweise war er Raucher und verlängerte die von mir angeforderten drei Minuten umgehend auf sieben. Nachdem er noch einmal zurück gekommen war, um das auf dem Grabstein liegende Handy zu holen, legte ich den Blumenstrauß auf die Erde und setze mich auf den Steinrand.
Ich erzählte ihr, wie sehr ich sie vermisse, dass ich ständig an sie dachte, fast immer ihre Kette trug. Ich richtete liebe Grüße von Claudia aus und versprach, dieses Jahr noch wiederzukommen und ein paar Blumen zu bringen. Ich berichtete, dass ich angefangen hatte, einen Roman zu schreiben in dem sie vorkommt und wie sehr ich hoffte, dass es ihr gut ging. Es gab viel zu sagen, aber alles schien so unwichtig. Ich wollte einfach einen Moment da sein und bei ihr sitzen, die Beklemmung fiel wie von selbst von mir ab und es tat einfach gut, sich nicht mehr so fern von ihr zu fühlen.
Nachdem ich mich verabschiedet und ihr einen Kuss zugehaucht hatte, machte ich mich wieder auf den Weg. Ich nickte dem Steinmetz dankend zu und er winkte mir zurück, während er an seinen Wagen gelehnt den Rauch in die Luft blies. Ich stapfte den Weg hinab, warf das Papier des Blumenstraußes in einen Container, zog mir mal wieder meinen Mantel aus und machte mich erleichtert auf den Weg zur Straßenbahnhaltestelle.
Ich grübelte darüber nach, ob es Absicht war, dass der Friedhof hangaufwärts angelegt worden war. Der Weg nach oben, zum Grab hin, er war anstrengend, schwer. Ungewissheit, Sorge und Beklemmung waren die vorherrschenden Gefühle. Aber auf dem Weg zurück, nach einem Gespräch mit Nadine, da fühlte ich mich irgendwie erlöst. Und die leichten Schritte hangabwärts schienen das zu unterstützen.
Gleich würde ich essen gehen, mit einer gemeinsamen Freundin von Nadine und mir. Ich würde ihr von meinem Friedhofsbesuch erzählen und wir würden ein wenig plaudern. Die Aussicht auf die gute Gesellschaft stimmte mich froh. Ebenso sehr wie der Gedanke, dass meine Kleine doch irgendwie weiterlebte. Unter uns. In unseren Gesprächen und Gedanken. Und in meinem Herzen.
 

Trasla

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Hallo Haremsdame,
(und andere interessierte Leser),

ich habe den Text ein wenig überarbeitet. Insbesondere am Anfang habe ich umformuliert, und es ist der ein oder andere Absatz hinzu gekommen.

Gefühlt würde ich sagen, es muss noch etwas länger, ausführlich werden. Aber bevor ich anfange zu schwafeln wollte ich einmal hören, ob es so schon besser ist und an welchen Stellen am Ehesten Handlungsbedarf gesehen wird.

Versteht man meine Stimmung nun?
 

Haremsdame

Mitglied
Hallo Trasla,

der Einschub, der Nadines Mutter beschreibt, macht sich sehr gut. Sicher wird es Dir gelingen, den Text noch hier und da ein wenig auszubauen.
Was mich aber wirklich stört, sind die vielen wars. Ich habe sie mal durch Fettschrift verdeutlicht.

Es war warm.
Sehr angenehm, richtig sommerlich. Die Dame im Blumenladen lachte und grinste die ganze Zeit. Selbst als ich sagte, dass ich einen Strauß zum Niederlegen am Grab bräuchte, konnte sie nicht so richtig gedeckte Stimmung aufkommen lassen. Die ganze Situation wirkte nicht real. Alles war so angenehm. Ich war froh, und das passte nicht zu meinen Erinnerungen an den Friedhof. Letztes Mal hatte ich mich unwillkommen gefühlt, der Ort hatte mich zwar nicht abgewiesen, aber so erhaben, majestätisch und gleichzeitig gefährlich gewirkt, dass ich mich fehl am Platze gefühlt hatte. Jetzt war alles so herzlich, offen, einladend.
Als ich mit dem bunten Strauß in der Hand den Weg hinauf stapfte, musste ich daran denken, wie verdammt kalt es beim letzten Mal gewesen war. Jetzt war mir den ganzen Tag lang schon danach, den Mantel auszuziehen. Einzig ihn umständlich herum zu tragen, war mir immer wieder zu lästig geworden. Also fluchte ich abwechselnd über die Hitze und den unhandlichen Mantel.
Mir war ein wenig flau im Magen, schon den ganzen Morgen. Ich war mir unsicher, ob mein Körper irgendwie auf meine Unsicherheit und mein zerrissenes Inneres reagierte oder ob ich einfach nur hungrig war. Ich hatte noch nichts gegessen, aber es war auch noch früh und eigentlich war ich daran gewöhnt, erst spät meine erste Mahlzeit einzunehmen. Aber wenn es nicht am Hunger lag, dann hieße das [red]Komma[/red] ich war beunruhigt. Und warum hätte ich beunruhigt sein sollen? Es war zwar [strike]schon[/strike] ein seltsames Gefühl, wieder hier zu sein, aber ich wollte das, ich fühlte mich sogar sehr wohl bei dem Gedanken, sie endlich wieder zu besuchen. Also beschloss ich, den aufmüpfigen Magen zu ignorieren.
Den Weg kannte ich. Schon von weitem sah ich ein Auto in der Nähe ihres Grabes stehen und fragte mich kurz, ob jemand anderes am Grab war, um sie zu besuchen. Ich malte mir aus, wie es wäre, ihre Mutter zu treffen. Würde sie mich fragen wer ich bin, woher ich Nadine kannte, wie nahe wir uns gestanden hatten? Würde sie etwas vom Leben ihrer Tochter erfahren wollen? Ich hatte nie persönlichen Kontakt zu ihr gehabt, aber nach allem [red]Komma[/red] was ich von ihr hörte [blue](gehört hatte?)[/blue][red]Komma[/red] war sie weder eine besonders angenehme noch eine interessierte Frau.
Sie hatte keine Informationen über die genauen Umstände von Nadines Tod herausgegeben, [red]kein Komma [/red] und sogar der Polizei ausdrücklich untersagt, mit Freunden und Bekannten darüber zu reden. Wir wussten nur, dass es sich um einen Selbstmord handelte – aber nicht, wie sie sich das Leben nahm [blue](genommen hatte)[/blue], ob es einen Abschiedsbrief gab, gar nichts. Wir hatten nur ein paar Mails und sms, die wir untereinander teilen konnten. Und Nadines Mutter hatte festgelegt, dass auf der Beerdigung nur die Familie anwesend sein sollte. Keine Freunde. Diese Entscheidung hatte mich unendlich traurig gemacht. Wir mussten im Wiener Bestattungskalender nachschauen, wo Nadine beigesetzt worden war.
Trotz allem aber gab es da diese Frau, die ihre Tochter verloren hatte. Und schon Jahre vorher ihren Mann. Ich würde sie gerne einmal kennen lernen. Damit ich eine Chance bekam, sie doch zu mögen. Und damit sie eine Gelegenheit hätte, zu erfahren, wie ihre Tochter gelebt hatte. Ihre Tochter, mit der sie kaum Kontakt gehabt hatte all die Jahre seit der Vater gestorben war.
Ich setzte meinen Weg fort und mir war klar, dass ein Zusammentreffen mit irgendwelchen Angehörigen sehr unwahrscheinlich war. Immerhin gab es ziemlich viele Gräber hier und das Auto würde vermutlich jemand anderem gehören. Warum eigentlich ein Auto, durfte man überhaupt einfach so auf das Gelände fahren? Als ich die richtige Reihe betrat, verstand ich. Vor dem Stein kniete ein junger Mann, der damit beschäftigt war, Name, Geburts- sowie Todesdatum in den Stein zu ritzen. Es schien sich um die ersten Markierungen zu handeln, bestimmt würde das ganze später ausgemeißelt und dann golden angemalt werden.
Er hatte sich kurz zu mir gedreht, als meine Schritte zu hören waren, sich dann aber wieder seiner Arbeit zugewandt. Ich stand ein wenig unschlüssig und hilflos mit den Blumen in der Hand da. Die Erde wirkte frisch geharkt, die Kränze waren nicht mehr da, dafür stand ein großer Topf mit fliederfarbenen Blumen in der Mitte des Grabes. Ich betrachtete einen Moment lang den Steinmetz bei der Arbeit.
Als mir bewusst wurde, wie seltsam die Situation war, räusperte ich mich und fragte ihn höflich, ob es ihm etwas ausmachen würde, einige Minuten Pause zu machen. Glücklicherweise war er Raucher und verlängerte die von mir angeforderten drei Minuten umgehend auf sieben. Nachdem er noch einmal zurück gekommen war, um das auf dem Grabstein liegende Handy zu holen, legte ich den Blumenstrauß auf die Erde und setze mich auf den Steinrand.
Ich erzählte ihr, wie sehr ich sie vermisse, dass ich ständig an sie dachte, fast immer ihre Kette trug. Ich richtete liebe Grüße von Claudia aus und versprach, dieses Jahr noch wiederzukommen und ein paar Blumen zu bringen. Ich berichtete, dass ich angefangen hatte, einen Roman zu schreiben in dem sie vorkommt und wie sehr ich hoffte, dass es ihr gut ging. Es gab viel zu sagen, aber alles schien so unwichtig. Ich wollte einfach einen Moment da sein und bei ihr sitzen, die Beklemmung fiel wie von selbst von mir ab und es tat einfach gut, [strike]sich[/strike] [blue]mich[/blue] nicht mehr so fern von ihr zu fühlen.
Nachdem ich mich verabschiedet und ihr einen Kuss zugehaucht hatte, machte ich mich wieder auf den Weg. Ich nickte dem Steinmetz dankend zu und er winkte mir zurück, während er an seinen Wagen gelehnt den Rauch in die Luft blies. Ich stapfte den Weg hinab, warf das Papier des Blumenstraußes in einen Container, zog mir mal wieder meinen Mantel aus und machte mich erleichtert auf den Weg zur Straßenbahnhaltestelle.
Ich grübelte darüber nach, ob es Absicht war, dass der Friedhof hangaufwärts angelegt worden war. Der Weg nach oben, zum Grab hin, er war anstrengend, schwer. Ungewissheit, Sorge und Beklemmung waren die vorherrschenden Gefühle. Aber auf dem Weg zurück, nach einem Gespräch mit Nadine, da fühlte ich mich irgendwie erlöst. Und die leichten Schritte hangabwärts schienen das zu unterstützen.
Gleich würde ich essen gehen, mit einer gemeinsamen Freundin von Nadine und mir. Ich würde ihr von meinem Friedhofsbesuch erzählen und wir würden ein wenig plaudern. Die Aussicht auf die gute Gesellschaft stimmte mich froh. Ebenso sehr wie der Gedanke, dass meine Kleine doch irgendwie weiterlebte. Unter uns. In unseren Gesprächen und Gedanken. Und in meinem Herzen.
Viele wars entstehen durch Deine passive Schreibweise. Die solltest Du ins Aktive bringen. Beispiel:
Ich war froh, und das passte nicht zu meinen Erinnerungen an den Friedhof.
Was hältst Du davon, hier zu schreiben:
Meine relativ heitere Stimmung passte nicht zu meinen Erinnerungen an den Friedhof.
Oder:
... musste ich daran denken, wie verdammt kalt es beim letzten Mal gewesen war. Jetzt war mir den ganzen Tag lang schon danach, den Mantel auszuziehen. Einzig ihn umständlich herum zu tragen, war mir immer wieder zu lästig geworden.
... musste ich an die verdammte Kälte beim letzten Besuch denken. Jetzt war mir den ganzen Tag lang schon danach, den Mantel auszuziehen. Andererseits fand ich es lästig, ihn umständlich herum zu tragen.
Damit wäre von drei wars nur ein einziges übrig geblieben...

Es scheint, als würde dieser Text noch viel Arbeit erfordern. Ich wünsch Dir viel Kraft fürs Umarbeiten!

Mit den besten Grüßen
von der Haremsdame
 

Trasla

Mitglied
30.03.2010

Es war warm.
Sehr angenehm, richtig sommerlich. Die Dame im Blumenladen lachte und grinste die ganze Zeit. Selbst als ich sagte, dass ich einen Strauß zum Niederlegen am Grab bräuchte, konnte sie nicht so richtig gedeckte Stimmung aufkommen lassen. Die ganze Situation wirkte nicht real. Alles war so angenehm. Meine fröhliche Stimmung passte nicht zu meinen Erinnerungen an den Friedhof. Letztes Mal hatte ich mich unwillkommen gefühlt, der Ort hatte mich zwar nicht abgewiesen, aber so erhaben, majestätisch und gleichzeitig gefährlich gewirkt, dass ich mich fehl am Platze gefühlt hatte. Jetzt schien mir alles so herzlich, offen, einladend.
Als ich mit dem bunten Strauß in der Hand den Weg hinauf stapfte, musste ich an die verdammte Kälte beim letzten Besuch denken. Jetzt war mir den ganzen Tag lang schon danach, den Mantel auszuziehen. Andererseits fand ich es lästig, ihn umständlich herum zu tragen. Also fluchte ich abwechselnd über die Hitze und den unhandlichen Mantel.
Mein Magen fühlte sich etwas flau an, schon den ganzen Morgen. Ich überlegte, ob mein Körper irgendwie auf meine Unsicherheit und mein zerrissenes Inneres reagierte oder ob ich einfach nur hungrig war. Ich hatte noch nichts gegessen, aber es war auch noch früh und eigentlich war ich daran gewöhnt, erst spät meine erste Mahlzeit einzunehmen. Aber wenn es nicht am Hunger lag, dann hieße das, etwas beunruhigte mich. Und warum hätte ich beunruhigt sein sollen? Es fühlte sich zwar seltsam an, wieder hier zu sein, aber ich wollte das, ich fühlte mich sogar sehr wohl bei dem Gedanken, sie endlich wieder zu besuchen. Also beschloss ich, den aufmüpfigen Magen zu ignorieren.
Den Weg kannte ich. Schon von weitem sah ich ein Auto in der Nähe ihres Grabes stehen und fragte mich kurz, ob jemand anderes am Grab war, um sie zu besuchen. Ich malte mir aus, wie es wäre, ihre Mutter zu treffen. Würde sie mich fragen wer ich bin, woher ich Nadine kannte, wie nahe wir uns gestanden hatten? Würde sie etwas vom Leben ihrer Tochter erfahren wollen? Ich hatte nie persönlichen Kontakt zu ihr gehabt, aber nach allem, was ich von ihr gehört hatte, war sie weder eine besonders angenehme noch eine interessierte Frau.
Sie hatte keine Informationen über die genauen Umstände von Nadines Tod herausgegeben und sogar der Polizei ausdrücklich untersagt, mit Freunden und Bekannten darüber zu reden. Wir wussten nur, dass es sich um einen Selbstmord handelte – aber nicht, wie sie sich das Leben genommen hatte, ob es einen Abschiedsbrief gab, gar nichts. Wir hatten nur ein paar Mails und sms, die wir untereinander teilen konnten. Und Nadines Mutter hatte festgelegt, dass auf der Beerdigung nur die Familie anwesend sein sollte. Keine Freunde. Diese Entscheidung hatte mich unendlich traurig gemacht. Wir mussten im Wiener Bestattungskalender nachschauen, wo Nadine beigesetzt worden war.
Trotz allem aber gab es da diese Frau, die ihre Tochter verloren hatte. Und schon Jahre vorher ihren Mann. Ich würde sie gerne einmal kennen lernen. Damit ich eine Chance bekam, sie doch zu mögen. Und damit sie eine Gelegenheit hätte, zu erfahren, wie ihre Tochter gelebt hatte. Ihre Tochter, mit der sie kaum Kontakt gehabt hatte all die Jahre seit der Vater gestorben war.
Ich setzte meinen Weg fort und mir wurde klar, dass ein Zusammentreffen mit irgendwelchen Angehörigen sehr unwahrscheinlich war. Immerhin gab es ziemlich viele Gräber hier und das Auto würde vermutlich jemand anderem gehören. Warum eigentlich ein Auto, durfte man überhaupt einfach so auf das Gelände fahren? Als ich die richtige Reihe betrat, verstand ich. Vor dem Stein kniete ein junger Mann, der damit beschäftigt war, Name, Geburts- sowie Todesdatum in den Stein zu ritzen. Es schien sich um die ersten Markierungen zu handeln, bestimmt würde das ganze später ausgemeißelt und dann golden angemalt werden.
Er hatte sich kurz zu mir gedreht, als er meine Schritte hörte, sich dann aber wieder seiner Arbeit zugewandt. Ich stand ein wenig unschlüssig und hilflos mit den Blumen in der Hand da. Die Erde wirkte frisch geharkt, die Kränze fehlten, dafür stand ein großer Topf mit fliederfarbenen Blumen in der Mitte des Grabes. Ich betrachtete einen Moment lang den Steinmetz bei der Arbeit.
Als mir bewusst wurde, wie seltsam die Situation war, räusperte ich mich und fragte ihn höflich, ob es ihm etwas ausmachen würde, einige Minuten Pause zu machen. Glücklicherweise war er Raucher und verlängerte die von mir angeforderten drei Minuten umgehend auf sieben. Nachdem er noch einmal zurück gekommen war, um das auf dem Grabstein liegende Handy zu holen, legte ich den Blumenstrauß auf die Erde und setze mich auf den Steinrand.
Ich erzählte ihr, wie sehr ich sie vermisse, dass ich ständig an sie dachte, fast immer ihre Kette trug. Ich richtete liebe Grüße von Claudia aus und versprach, dieses Jahr noch wiederzukommen und ein paar Blumen zu bringen. Ich berichtete, dass ich angefangen hatte, einen Roman zu schreiben in dem sie vorkommt und wie sehr ich hoffte, dass es ihr gut ging. Es gab viel zu sagen, aber alles schien so unwichtig. Ich wollte einfach einen Moment da sein und bei ihr sitzen, die Beklemmung fiel wie von selbst von mir ab und es tat einfach gut, mich nicht mehr so fern von ihr zu fühlen.
Nachdem ich mich verabschiedet und ihr einen Kuss zugehaucht hatte, machte ich mich wieder auf den Weg. Ich nickte dem Steinmetz dankend zu und er winkte mir zurück, während er an seinen Wagen gelehnt den Rauch in die Luft blies. Ich stapfte den Weg hinab, warf das Papier des Blumenstraußes in einen Container, zog mir mal wieder meinen Mantel aus und machte mich erleichtert auf den Weg zur Straßenbahnhaltestelle.
Ich grübelte darüber nach, ob es Absicht war, dass man den Friedhof hangaufwärts angelegt hatte. Der Weg nach oben, zum Grab hin, er war anstrengend, schwer. Ungewissheit, Sorge und Beklemmung beherrschten die Gefühle. Aber auf dem Weg zurück, nach einem Gespräch mit Nadine, da fühlte ich mich irgendwie erlöst. Und die leichten Schritte hangabwärts schienen das zu unterstützen.
Gleich würde ich essen gehen, mit einer gemeinsamen Freundin von Nadine und mir. Ich würde ihr von meinem Friedhofsbesuch erzählen und wir würden ein wenig plaudern. Die Aussicht auf die gute Gesellschaft stimmte mich froh. Ebenso sehr wie der Gedanke, dass meine Kleine doch irgendwie weiterlebte. Unter uns. In unseren Gesprächen und Gedanken. Und in meinem Herzen.
 

Trasla

Mitglied
Danke, Haremsdame!

Ich habe deine Vorschläge umgesetzt und auch eine ganze Hand voll "war"s vernichtet. Das _war_ ja echt ein _wahres_ Wararama. :)
Ich hoffe, es ist eine Spur besser!

Die Kraft bringe ich sicher auf, Stück für Stück! :)
Danke dir!!
 

Haremsdame

Mitglied
Hallo Trasla,

ich hätte noch ein paar Vorschläge für Dich:

Mein Magen fühlte sich etwas flau an, schon den ganzen Morgen. Ich überlegte, ob mein Körper irgendwie auf meine Unsicherheit und mein zerrissenes Inneres reagierte oder ob ich einfach nur hungrig war. Ich hatte noch nichts gegessen, aber es war auch noch früh und eigentlich war ich daran gewöhnt, erst spät meine erste Mahlzeit einzunehmen.
Mein Magen fühlte sich etwas flau an, schon den ganzen Morgen. Ich überlegte, ob mein Körper irgendwie auf meine Unsicherheit und mein zerrissenes Inneres reagierte oder [blue]ob sich Hunger meldete[/blue]. Ich hatte noch nichts gegessen, aber es war auch noch früh und [blue]normalerweise nahm ich meine erste Mahlzeit viel später ein.[/blue]

Den Weg kannte ich. Schon von weitem sah ich ein Auto in der Nähe ihres Grabes stehen und fragte mich kurz, ob jemand anderes am Grab war, um sie zu besuchen.
Den Weg kannte ich. Schon von weitem sah ich ein Auto in der Nähe ihres Grabes stehen und fragte mich kurz, [blue]ob jemand anderes das Grab besuchte.[/blue]

Vor dem Stein kniete ein junger Mann, der damit beschäftigt war, Name, Geburts- sowie Todesdatum in den Stein zu ritzen.
Vor dem Stein kniete ein junger Mann, [blue]damit beschäftigt,[/blue] Name, Geburts- sowie Todesdatum in den Stein zu ritzen.

Grüße von der Haremsdame,

die sich diesmal ausschließlich auf die "war"s gestürzt hat ;-)
 

Trasla

Mitglied
30.03.2010

Es war warm.
Sehr angenehm, richtig sommerlich. Die Dame im Blumenladen lachte und grinste die ganze Zeit. Selbst als ich sagte, dass ich einen Strauß zum Niederlegen am Grab bräuchte, konnte sie nicht so richtig gedeckte Stimmung aufkommen lassen. Die ganze Situation wirkte nicht real. Alles war so angenehm. Meine fröhliche Stimmung passte nicht zu meinen Erinnerungen an den Friedhof. Letztes Mal hatte ich mich unwillkommen gefühlt, der Ort hatte mich zwar nicht abgewiesen, aber so erhaben, majestätisch und gleichzeitig gefährlich gewirkt, dass ich mich fehl am Platze gefühlt hatte. Jetzt schien mir alles so herzlich, offen, einladend.
Als ich mit dem bunten Strauß in der Hand den Weg hinauf stapfte, musste ich an die verdammte Kälte beim letzten Besuch denken. Jetzt war mir den ganzen Tag lang schon danach, den Mantel auszuziehen. Andererseits fand ich es lästig, ihn umständlich herum zu tragen. Also fluchte ich abwechselnd über die Hitze und den unhandlichen Mantel.
Mein Magen fühlte sich etwas flau an, schon den ganzen Morgen. Ich überlegte, ob mein Körper irgendwie auf meine Unsicherheit und mein zerrissenes Inneres reagierte oder ob sich Hunger meldete. Ich hatte noch nichts gegessen, aber es war auch noch früh und normaler Weise nahm ich meine erste Mahlzeit viel später ein. Aber wenn es nicht am Hunger lag, dann hieße das, etwas beunruhigte mich. Und warum hätte ich beunruhigt sein sollen? Es fühlte sich zwar seltsam an, wieder hier zu sein, aber ich wollte das, ich fühlte mich sogar sehr wohl bei dem Gedanken, sie endlich wieder zu besuchen. Also beschloss ich, den aufmüpfigen Magen zu ignorieren.
Den Weg kannte ich. Schon von weitem sah ich ein Auto in der Nähe ihres Grabes stehen und fragte mich kurz, ob jemand anderes das Grab besuchte. Ich malte mir aus, wie es wäre, ihre Mutter zu treffen. Würde sie mich fragen wer ich bin, woher ich Nadine kannte, wie nahe wir uns gestanden hatten? Würde sie etwas vom Leben ihrer Tochter erfahren wollen? Ich hatte nie persönlichen Kontakt zu ihr gehabt, aber nach allem, was ich von ihr gehört hatte, war sie weder eine besonders angenehme noch eine interessierte Frau.
Sie hatte keine Informationen über die genauen Umstände von Nadines Tod herausgegeben und sogar der Polizei ausdrücklich untersagt, mit Freunden und Bekannten darüber zu reden. Wir wussten nur, dass es sich um einen Selbstmord handelte – aber nicht, wie sie sich das Leben genommen hatte, ob es einen Abschiedsbrief gab, gar nichts. Wir hatten nur ein paar Mails und sms, die wir untereinander teilen konnten. Und Nadines Mutter hatte festgelegt, dass auf der Beerdigung nur die Familie anwesend sein sollte. Keine Freunde. Diese Entscheidung hatte mich unendlich traurig gemacht. Wir mussten im Wiener Bestattungskalender nachschauen, wo Nadine beigesetzt worden war.
Trotz allem aber gab es da diese Frau, die ihre Tochter verloren hatte. Und schon Jahre vorher ihren Mann. Ich würde sie gerne einmal kennen lernen. Damit ich eine Chance bekam, sie doch zu mögen. Und damit sie eine Gelegenheit hätte, zu erfahren, wie ihre Tochter gelebt hatte. Ihre Tochter, mit der sie kaum Kontakt gehabt hatte all die Jahre seit der Vater gestorben war.
Ich setzte meinen Weg fort und mir wurde klar, dass ein Zusammentreffen mit irgendwelchen Angehörigen sehr unwahrscheinlich war. Immerhin gab es ziemlich viele Gräber hier und das Auto würde vermutlich jemand anderem gehören. Warum eigentlich ein Auto, durfte man überhaupt einfach so auf das Gelände fahren? Als ich die richtige Reihe betrat, verstand ich. Vor dem Stein kniete ein junger Mann, damit beschäftigt, Name, Geburts- sowie Todesdatum in den Stein zu ritzen. Es schien sich um die ersten Markierungen zu handeln, bestimmt würde das ganze später ausgemeißelt und dann golden angemalt werden.
Er hatte sich kurz zu mir gedreht, als er meine Schritte hörte, sich dann aber wieder seiner Arbeit zugewandt. Ich stand ein wenig unschlüssig und hilflos mit den Blumen in der Hand da. Die Erde wirkte frisch geharkt, die Kränze fehlten, dafür stand ein großer Topf mit fliederfarbenen Blumen in der Mitte des Grabes. Ich betrachtete einen Moment lang den Steinmetz bei der Arbeit.
Als mir bewusst wurde, wie seltsam die Situation war, räusperte ich mich und fragte ihn höflich, ob es ihm etwas ausmachen würde, einige Minuten Pause zu machen. Glücklicherweise war er Raucher und verlängerte die von mir angeforderten drei Minuten umgehend auf sieben. Nachdem er noch einmal zurück gekommen war, um das auf dem Grabstein liegende Handy zu holen, legte ich den Blumenstrauß auf die Erde und setze mich auf den Steinrand.
Ich erzählte ihr, wie sehr ich sie vermisse, dass ich ständig an sie dachte, fast immer ihre Kette trug. Ich richtete liebe Grüße von Claudia aus und versprach, dieses Jahr noch wiederzukommen und ein paar Blumen zu bringen. Ich berichtete, dass ich angefangen hatte, einen Roman zu schreiben in dem sie vorkommt und wie sehr ich hoffte, dass es ihr gut ging. Es gab viel zu sagen, aber alles schien so unwichtig. Ich wollte einfach einen Moment da sein und bei ihr sitzen, die Beklemmung fiel wie von selbst von mir ab und es tat einfach gut, mich nicht mehr so fern von ihr zu fühlen.
Nachdem ich mich verabschiedet und ihr einen Kuss zugehaucht hatte, machte ich mich wieder auf den Weg. Ich nickte dem Steinmetz dankend zu und er winkte mir zurück, während er an seinen Wagen gelehnt den Rauch in die Luft blies. Ich stapfte den Weg hinab, warf das Papier des Blumenstraußes in einen Container, zog mir mal wieder meinen Mantel aus und machte mich erleichtert auf den Weg zur Straßenbahnhaltestelle.
Ich grübelte darüber nach, ob es Absicht war, dass man den Friedhof hangaufwärts angelegt hatte. Der Weg nach oben, zum Grab hin, er war anstrengend, schwer. Ungewissheit, Sorge und Beklemmung beherrschten die Gefühle. Aber auf dem Weg zurück, nach einem Gespräch mit Nadine, da fühlte ich mich irgendwie erlöst. Und die leichten Schritte hangabwärts schienen das zu unterstützen.
Gleich würde ich essen gehen, mit einer gemeinsamen Freundin von Nadine und mir. Ich würde ihr von meinem Friedhofsbesuch erzählen und wir würden ein wenig plaudern. Die Aussicht auf die gute Gesellschaft stimmte mich froh. Ebenso sehr wie der Gedanke, dass meine Kleine doch irgendwie weiterlebte. Unter uns. In unseren Gesprächen und Gedanken. Und in meinem Herzen.
 

Trasla

Mitglied
Hallo Haremsdame!

Super, vielen Dank, die Ideen habe ich gerne übernommen! Du hast recht, oftmals lässt sich ein Satz leicht umformulieren, um ein "war" zu vermeiden. Ich versuche mal, da künftig schon beim Schreiben mehr drauf zu achten!

Vielen lieben Dank für deine tolle Hilfe!
 

jon

Mitglied
Ich kam jetzt endlich dazu, den Text genauer in Augenschein zu nehmen und wollte schon losverbessern. Aber siehe da: Er ist ist schon rund! Gut! Gefällt mir viel besser als ich ihn vom ersten Lesen her in Erinnerung hatte.
 



 
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