Eine Reise nach Taize

Brigitta

Mitglied
Die Planung des Jahresurlaubs stand an, als unsere 17jährige Tochter uns eröffnete, dass sie diesen gern allein, ohne uns! … in „Taize“ verbringen würde: in einer riesigen „Community“, bestehend aus Jugendlichen aus aller Herren Länder, verschiedenste Glaubenrichtungen würden dort zusammentreffen... TAUSENDE von Jugendlichen, ein riesiges Zeltlager! Sie würde mit einer Kirchengruppe und dem Pastor reisen... Seriöser ging es ja kaum, wir waren schnell geschlagen und willigten ein. Im Anschluss könnten wir ja noch gemeinsam eine Woche verbringen... Immerhin, sie hatte uns noch nicht komplett aus ihren Plänen gestrichen... ein wenig Stolz erfasste uns.

Wir machten uns an unsere eigene Planung, Die Planung richteten wir einzig und allein auf „Taize“ aus, dort wollten wir sie einsammeln und in der Nähe noch eine gemeinsame Woche verbringen.
Gesagt, getan. Den alten Shell- Atlas heraus und die Lage sondieren, „Taize“ war schnell gefunden, zur Atlantikküste nur wenige Kilometer, wunderbar! Unsere Reiseroute stand schnell fest: Wir würden uns mit dem Auto und einem kleinen Zelt an der „Loire“ entlang zur Atlantiküste durchschlagen...Wein und Schlösser genießen. Wir genossen mehr den Wein als die Schlösser, es war eine wunderschöne Tour.

Nach 14 Tagen landeten wir im Laufe des Nachmittags schließlich in „Taize- Aize“ , einen Tag vor unserem Treffen mit unserem Töchterchen. Auf einem nahegelegenen Campingpltz ergatterten wir noch einen Stellplatz: den letzten Platz... einen Acker an einer „Kreuzung“. Aber, das war uns egal, schließlich würde es ja nur für eine Nacht sein. Ich schrieb unserer Tochter stolz eine SMS: Big brother is watching you ;-), wir sind angekommen und ganz in deiner Nähe!

Wir bauten unser Zelt auf und watschelten ganz entspannt zur Rezeption. Bei der Gelegenheit wollte ich mich gleich nach dem kürzesten Weg zur „Community“ erkundigen.
Aufgrund meiner rudimentären Französischkenntnisse gestaltete es sich allerdings nicht ganz so einfach... auch das Wort „Community“ schien ich nicht richtig auszusprechen. Ich erntetet nur „ein Lächeln und Unverständnis in fragenden Gesichtern“...

Die Antwort war ebenfalls ein wenig wirr: Jugendliche wären da..., das „Folklorefest“ würde an der Kirche stattfinden. „Folklorefest“... eine sehr bescheidene Umschreibung für eine Community mit TAUSENDEN von Jugendlichen.Wir wurden neugierig und beschlossen uns das Ganze schon einmal anzusehen, fuhren Richtung Zentrum, Richtung Kirchturm. Alles war liebevoll geschmückt: Bunte Wimpel überall, eine Holzpodest für die Darbietungen... nur... kein einziger Jugendlicher. Langsam stieg in uns ein leiser Verdacht auf, wir begannen verzweifelt den Dorfplatz mehrfach zu umkreisen... Keine Zelte, langsam breitete sich auch ein wenig Panik in uns aus... Was hatten wir falsch gemacht???

Wir hielten an und … strahlten anscheinend komplett Verzweiflung aus, denn ein wildfremder Mann klopfte plötzlich an unsere Autoscheibe und fragte: „Can I help you?“... „Maybe..., We`re looking for THOUSAND of young peoples“. Wir erzählten ihm unsere Geschichte, Gott sei Dank war er Engländer und unser englisch war eindeutig besser als unser französisch.
Er sinierte ein wenig vor sich hin und antwortete ein wenig schleppend: „I`ve heard of this event... it is in France, but... not here...Do you like a cup of tea?“ Wir erwachten aus unserer Schockstarre, nahmen dankend das Angebot an und folgten ihm in sein cottage.

In den kommenden 2 Stunden suchten wir auf Landkarten DAS „Taize“. Sämtliche Karten wurden auf dem Boden ausgebreitet, dazu Tee in Massen verschlungen. Irgendwann schmiss der Hausherr zusätzlich seinen Rechner an und verkündete freudestrahlend : 7 „Taizes“ gäbe es in Frankreich, jetzt müssten wir nur noch das richtige finden...

Wir fanden es!!! Es lag in Burgund, ca. 400 km weiter im Landesinneren. Die 2.Schockstarre erfasste uns, ich erinnerte mich zaghaft an die SMS, die wir unserer Tochter gesendet hatten:.. „Big brother is watching you“... welch ein Hohn. Mit einem Teleskop vielleicht. Wir wollten das morgige Früstück gemeinsam mit ihr einnehmen...

Wir verabschiedeten uns von dem netten Engländer, fuhren schnurstracks zurück zum Campingplatz, marschierten in die Rezeption und versuchten erneut mit unserem radebrechenden französisch unsere missliche Lage zu beschreiben. Sie verstanden komplett... garnichts, aber sie willigten ein, dass wir ohne zu Bezahlen unser Zelt wieder abbauen und den Campingplatz verlassen dürften. Sie waren schlichtweg erleichtert diese wirren Deutschen mit ihrem Hang zu jugendlichen Folkloreveranstaltungen wieder los zu sein.

Wir bretterten quer durch Frankreich, mittlerweile wurde es dunkel und wir waren nicht sicher ob wir diesmal das richtige „Taize“ ansteuerten. Irgendwann standen an der Autobahn RIESIGE Schilder: „Community Taize 20 km“. Es war phänomenal ausgeschildert, man konnte es garnicht verfehlen!!! Eine Unterkunft zu finden stellte sich als recht schwierig heraus, aber... nach einigen Verwirrungen fanden wir gegen 22.00Uhr ein kleines typisch französisches Hotel, das noch ein einziges Doppelzimmer für eine Nacht frei hatte.

Am kommenden morgen fuhren wir „gaaaanz entspannt“ zu unserer Tochter, der wir natürlich erst einmal nichts von unserem Mißgeschick verrieten.

Allerdings fragte sie uns auf dem Weg zur Atlantikküste, die nun wieder ca. 500 km!!! entfernt lag... dort hatten wir ja ein Ferienhaus angemietet:
Wollten wir nicht „ganz in der Nähe“ unsere gemeinsame Woche verbringen???
 



 
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