Eine weiße Wolke über einer kaputten Welt

Ofterdingen

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Eine weiße Wolke über einer kaputten Welt

Frühling. Zeit des Aufbruchs. Zeit der Liebe. Zeit zu vergessen, wie kalt der Winter war.

Ja, die Liebe! Doch was ist ein halbes Jahr Glück, wenn das alles so wenig haltbar ist? Nicht sehr haltbar: Trifft das nicht auch auf uns selber zu? Liebe erfordert Mut – oder eine Scheißegal-Haltung, wobei zwischen den beiden nicht unbedingt immer ein Unterschied besteht.

Es gibt auch weniger Zerstörbares, nur leider immer weniger davon. Halte mal ein Pferd auf, das in wildem Galopp auf eine tiefe Spalte im Gestein zurast und du merkst, dass der Zügel verschwunden ist und die Sporen auch. Und das Tier wird immer schneller.

Selbst der Teufel mag das alles nicht mehr. Warum sollte er um Seelen kämpfen, wenn diese Seelen immer trashiger werden, eigentlich nur noch für die Tonne sind?

Frühling. Zeit des Aufbruchs, nicht der Aufgabe. Trotz allem nicht.

Und schau doch: der blaue Himmel und die weiße Wolke. Ein Versprechen.
 
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Den Text habe ich schon vor Tagen gelesen und seitdem ab und zu über ihn nachgedacht, und zwar über einen Begriff und einen ihm entgegengesetzten Begriffskomplex. Da ist einmal das Nichthaltbare. Dessen weiteste Verbreitung sehe und beklage ich auch. Mir fiel gerade ein, dass jetzt fast ständig von Resilienz die Rede ist, und ich frage mich, wie und wozu wir angesichts von so viel schlicht Nichthaltbarem die Tugend der Resilienz überhaupt erreichen könnten. Mein Verdacht: Das Gerede von Resilienz hat vor allem die Funktion, die Verantwortung für allgemein Unhaltbares auf das Individuum und seine Psyche zu verlagern. Ob das funktionieren kann?

Dann das Bild vom blauen Himmel und der weißen Wolke, kombiniert mit dem Begriff Versprechen. Man kann das zunächst nur meteorologisch auffassen und dann ist die aufhellende Wirkung unbestreitbar. Man könnte da aber auch eine übertragene Bedeutung erkennen. Die weiße Wolke reizt mich, sie als Projektionsfläche für von mir ausgewählte positive Inhalte im Kopf zu nutzen. Das ist auch unabhängig von Wetter und Tageszeit möglich und läuft auf ein geistiges Abnabeln vom nichthaltbaren Materiellen hinaus.

Mag sein, dass man darin bloß eine idealistische Sackgasse sehen wird und der anregende Text es so nicht gemeint hat. Nun, dann war es eine hübsche Spielerei.
 



 
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