J. v. Podewils
Mitglied
Nun stand ich hier in dieser Einöde, welche bergig und rau war, die Felsen aussahen, als würden sie Lebewesen verschlingen, und jeder Baum und jedes Halm vom Wind gezeichnet. Vor mir eine schwere Eichentür, die zu einem kalten steinernen Gebäude gehörte und sich gut in diese Umgebung einfügte. Wie ich an diesen mitleidslosen Ort gelangt bin, weiß ich nicht, denn alleinig dieser Gedanke erfüllt mich, ist die Flucht und die Wut auf mein Habitat, welches mich nun, da ich die Wahrheit dargelegt hatte, verabscheute. Es war mir unverständlich inwiefern sie dies taten, weshalb ich nun auch hier stand - unterkühlt und verhungert und in meiner bäuerlichen Garderobe, die mir ein männlichen Zug gab, welcher mir hier nur zu sehr willkommen war.
Ich war immer weitergelaufen ohne nach links oder rechts zu blicken - immer geradeaus und dies über Wochen.
Leicht pochte ich gegen die Tür, hinter mir, der sich wilde Garten erstreckend und der Mond einen klaren Schein in die verhüllte Dunkelheit warf.
Kein Laut! Es tat sich nichts, auch in den Fenstern, aus denen man nicht einmal klettern konnte, war nur ein spärlicher Lichtkegel zu erkennen, als sich schließlich schwere raschelnde Schritte bemerkbar machten. Langsam öffnete sich die Tür und vor mir baute sich ein von Wetter gegerbter Mann auf. Dieser hatte ein kantiges Gesicht, welches an die Felsen erinnerte an denen ich vorübergeschritten war, die Statur kräftig und die Kleidung der Natur angepasst. Einen wachen und aufmerksamen Eindruck machte er.
Suchend blickte er sich um und sein Blick fand nun meinen, welcher nicht sonderlich verwundert wirkte. Ohne Antwort oder Frage verließ er den Einlass, um in der Düsternis des Hauses zu verschwimmen. Verwirrt starrte ich ihm hinterher und trat zaghaft ein. Das große Gemächt schloss ich hinter mir leise und folgte ihm in die Dunkelheit. Es eröffnete sich mir ein Raum, in welchem ein großer Tisch in der Mitte und eine Küche an der gegenüberliegenden Wand breitmachte. Daneben befand sich ebenfalls eine unscheinbare Tür, jene war aber geschlossen.
Sogleich machte sich die Hünengestalt an dem kleinen Ofen zu schaffen und servierte mir augenblicklich einen dampfenden Teller Suppe. Mir war vollkommen fremd, dass sich dieser Mann, ohne auch nur darüber nachzudenken, mir Einlass gebot und Suppe servierte. Es war mir, als hätte er mich seit langem erwartet. Aber er wusste doch gar nicht, dass ich heute in dieser kühlen Nacht kommen würde, um bei ihm um Unterkunft zu bitten. Er deutete mir, mich zu setzen und nun endlich schien er mich zu mustern. Die Zeit verstrich, wie das ferne Quellwasser und abermals fragte ich mich, ob er es denn gewohnt war, Stunden nach dem Untergang der Sonne, noch Besuch zu erwarten. Auch in diesem Licht der Kerzen, welche hier und da verteilt waren konnte ich erkennen, dass er eine furchteinflösende und kalte Persönlichkeit war, welche sich in diesen Ort gut einfügte. Es war, als wäre er, wie die Bäume auch, einfach aus dem Boden geschossen und aus dieser Wildheit geboren.
Seine Augen umsprangen meine Gestalt und man konnte nicht erkennen, ob er nun überrascht oder doch verärgert über meine Anwesenheit war.
„Iss!“ sprach er mit einer rauen Stimme, welche dennoch tief und melodisch im tiefen Gewölbe widerklang. Die Suppe floss warm meine Kehle hinab bis in meine Magengrube. Ich konnte jeden Löffel förmlich mich selbst erfüllen spüren.
Wieder schlichen die Zeiger der Zeit voran, als er mich fragte: „Was treibt dich hier in diese einsame Gegend? Es ist nicht der beliebteste Ort für solch junge Mädchen wie dich.“ Prüfend und fordernd betrachtete er mich und ich schien wie ein kleines Blümelein, welches schnell verging in seiner Gegenwart.
All meinen Mut zusammen fassend quittierte ich: „Ich hatte jeden Grund mich, dort wo ich geboren worden, nicht mehr wohl zu fühlen.“
„Ach, denkst du etwa es sei deshalb sicher sich von jenem Ort wegzubewegen, um das Glück woanders zu suchen?“, erkundigte er sich.
„Ja, das denke ich,“ gab ich die einfach Antwort.
Stille, welche sich unendlich zog, nur das scharren des Stuhles auf dem Boden, als er sich erhob, um die blecherne Schale erneut zu befüllen. Wieder durchdrangen seine Augen, welche umrandet von faltiger Haut waren, mich und dann nach Ewigkeiten erwiderte er bloß: „Na, wenn du meinst, dann soll es mir recht sein.“ Ein forschender Blick, der durch das Zimmer glitt und dann wieder: „Du kannst für diese Nacht hier bleiben, wenn du durch diese Tür gehst, kommst du nach oben und kannst dir eine Kammer aussuchen.“
Damit stand er auf, nahm die Schale, stellte sie auf die hölzerne Theke und wollte sich auf machen.
„Wie heißen Sie, Sir?“ ich wollte doch wenigstens wissen, bei welchem Kauz ich diese Nacht verbringen durfte. Er drehte sich um, ohne Hast aber dennoch mit einer Kraft, die ich noch nie bei einem Menschen entdecken durfte. „Ilvar und nenn mich bitte nicht Sir, diesem Titel bin ich nicht würdig.“ antwortete er knapp.
„Linnea“, stellte auch ich mich vor. Ein kleines Nicken erschien und dann starrte er mich wieder an. Ich kam mir unwohl vor in meiner Haut und auch ich stellte mir die Fragen, wer er wohl war und warum er denn hier in dieser Einöde lebte. Ein Paradis für einen Menschenfeind, so scheint es mir. „Ich danke Ihnen, dass Sie mich aufnehmen für diese Nacht, ich hätte sonst nicht gewusst wohin…" bedankte ich mich leise, während ich auf meine Hände schaute, welche in meinem Schoß lagen.
„Ach, weißt du. Ich bin Jahr für Jahr hier und niemals besucht mich ein Mensch, also warum sollte ich nicht die wenigen Suchenden hier unterbringen, wenn sie vorüber wandern“,gab er wehmütig zurück.
„Warum besuchte ihn denn niemand?“ Es gab nur drei Stunden Fußmarsch entfernt ein Dorf, dies wusste ich, da ich hindurch gekommen bin. Konnte man überhaupt eine so lange Zeit ohne Kommunikation auskommen, ohne Kultur oder Menschen oder irgendeinem, der einen liebt? Was ihm wohl passiert war, der, der hier wohnte, mit kantigem Körper, zerwühltem Haar, spitzer Nase und Kinn und grauer Haut, welche in der Kleidung verloren zu gehen scheint. Sieht er nicht aus wie-?
Nein, solch eine Ähnlichkeit wäre undenkbar. Ilvar schien meine Fragen zuerkennen, beantwortete sie dennoch nicht, sondern stellte mir, die mir verhasste Rückfrage: „Was machst du hier Linnea? Du gehörst noch nicht auf den Weg der Suchenden.“
Ein leichtes Seufzen erfüllte den Raum, denn ich fürchtete mich vor dieser Komplexität, die mir auf allen Wegen, die ich in den letzten Wochen beschritten hatte, allein durch Blicke nur allzu laut an den Kopf geworfen wurden.
Wut zuckte in mir auf, als die Erinnerung aufkam. Ich wurde daraufhin in meiner Heimat, an einem Ort, an welchem man sich geborgen und sicher fühlen sollte ein Platz für die Ewigkeit auf diese Fragen hin verscheucht. Dort ließ ich die Maske fallen, da ich glaubte sie würden mich verstehen und nicht verabscheuen, aber das Gegenteil war der Fall. Daraufhin konnte ich dort nicht bleiben. Nicht an einem Ort der Wut und der Angst vor jemandem, welcher nicht den eigenen Vorstellungen entsprach. Seitdem betete ich um Antworten zu mir selbst. Jene könnten über mein Glück oder meine persönliche Hölle entscheidend, aber solange diese nicht vom Himmel fielen, wie der Regen in dieser Gegend, ist dies eine hoffnungslose Bitte.
„Also, dies ist eine komplizierte Situation, welche ich nicht umbedingt erläutern möchte, da ich selbst nicht weiß, wie man darauf antworten kann,“ deutete ich an.
Abwartend sah mich der Mann, welcher den Felsen glich, an und erwiderte darauf: „Vor mir musst du dich nicht verstecken. Weißt du ich bin ein alter Geselle, welcher niemals wieder diese Gegend verlassen wird.-“
„ Aber warum? Was ist Ihnen denn widerfahren, dass Sie, ebenso wie ich, nicht wissen was Sie tun oder sagen sollen. Auch sie kennen die Wahrheit nicht, welche ich suche, denn auch Sie suchen sie,“ zischte ich dazwischen.
„Wie ich schon sagte, du gehörst noch nicht auf diesen Weg. Du bist noch so jung, da sollte einem noch jede Frage beantwortbar bleiben. Weißt du es gibt Dinge im Leben, die man lernen sollte.“
„Ach ja und wie kann ich diese überhaupt finden und verstehen?“, fiel meine Frage schneiden durch den Raum.
„Man muss sich entscheiden, ob man so leben will wie es einem gefällt, ohne Rücksicht auf das Bild der Mitmenschen zu achten oder will man sich jenem fügen. Und, wenn du dies entschieden hast, oder, wenn du dabei bist dich zu entscheiden, solltest du dich fragen was hat die Entscheidung für Folgen.
Was wird passieren, wenn du dich so entscheidest. Was will ich mir als Ziel setzen im Leben und was will ich missachten. Letztenendes musst du abwägen was du willst,“ erzählt er ruhig.
„Wie hast du dich entschieden?“ fragte ich zögerlich, denn nachdem was er mir berichtet hatte, muss er sich lange damit beschäftigt haben.
„Ich habe mich entschieden, aber nur teilweise und genau deshalb bin ich hier an diesem Ort. Deshalb habe ich diese Charakterzüge und diese Erscheinungsbild. Es ist nichts was ich bereue, aber ich hätte gerne einen anderen Entschluss gefasst. Ich wollte nicht der sein, der ich nun bin,“ bekannte er sich und damit wand er mir wieder den Rücken zu, blies die Kerzen aus und verschwand in dem Schatten, der sich nun hier niederließ.
Ruhe, Stille, Frieden Ich saß nun in vollkommener Dunkelheit, nur der Mond warf rechteckige Lichtkegel durchs Fenster. Ich verstand nicht was er meinte. Er hatte sich also entscheiden, aber wie hatte er sich entscheiden? Wie kam er hier her? Wo war der Weg, den er beschritten hatte? Die Atemzüge klangen durch den Raum, mein Blick starr nach draußen gerichtet, um dies zu verarbeiten, was er mir mitgeteilt hatte. Der Wind fuhr über die hügligen Acker auf die Klippen bis zu den knochigen Bergkuppen, welche nur von den wenigen gebückten und dürren Bäumen zersetzt waren. Dörr und hohlwangig breiten sich die Wiesen über die Landschaft aus, welche von einem dunklen Schleier verhüllt war, jener mit nur ein paar blassen Schwaden durchzogen, die um die Baumstämme und Zäune waberten. Und da wurde mir bewusst, wie er sich entschieden hatte. Er hatte gesucht, ebenso wie ich, aber auf dieser Suche nahm er die Form eines anderen an. Diese konnte er nicht abstreifen, obwohl er dabei war sich zu lösen. Er wollte sich von der Maske lösen, nahm eine andere unbeabsichtigt an, und nun war er Sklave dieser. Ich war durch meine Entscheidung kein Sklave mehr, sondern befreite mich aus den Seilen der Sklaverei. Wir waren ein Gegensatz des anderen.
Ich war immer weitergelaufen ohne nach links oder rechts zu blicken - immer geradeaus und dies über Wochen.
Leicht pochte ich gegen die Tür, hinter mir, der sich wilde Garten erstreckend und der Mond einen klaren Schein in die verhüllte Dunkelheit warf.
Kein Laut! Es tat sich nichts, auch in den Fenstern, aus denen man nicht einmal klettern konnte, war nur ein spärlicher Lichtkegel zu erkennen, als sich schließlich schwere raschelnde Schritte bemerkbar machten. Langsam öffnete sich die Tür und vor mir baute sich ein von Wetter gegerbter Mann auf. Dieser hatte ein kantiges Gesicht, welches an die Felsen erinnerte an denen ich vorübergeschritten war, die Statur kräftig und die Kleidung der Natur angepasst. Einen wachen und aufmerksamen Eindruck machte er.
Suchend blickte er sich um und sein Blick fand nun meinen, welcher nicht sonderlich verwundert wirkte. Ohne Antwort oder Frage verließ er den Einlass, um in der Düsternis des Hauses zu verschwimmen. Verwirrt starrte ich ihm hinterher und trat zaghaft ein. Das große Gemächt schloss ich hinter mir leise und folgte ihm in die Dunkelheit. Es eröffnete sich mir ein Raum, in welchem ein großer Tisch in der Mitte und eine Küche an der gegenüberliegenden Wand breitmachte. Daneben befand sich ebenfalls eine unscheinbare Tür, jene war aber geschlossen.
Sogleich machte sich die Hünengestalt an dem kleinen Ofen zu schaffen und servierte mir augenblicklich einen dampfenden Teller Suppe. Mir war vollkommen fremd, dass sich dieser Mann, ohne auch nur darüber nachzudenken, mir Einlass gebot und Suppe servierte. Es war mir, als hätte er mich seit langem erwartet. Aber er wusste doch gar nicht, dass ich heute in dieser kühlen Nacht kommen würde, um bei ihm um Unterkunft zu bitten. Er deutete mir, mich zu setzen und nun endlich schien er mich zu mustern. Die Zeit verstrich, wie das ferne Quellwasser und abermals fragte ich mich, ob er es denn gewohnt war, Stunden nach dem Untergang der Sonne, noch Besuch zu erwarten. Auch in diesem Licht der Kerzen, welche hier und da verteilt waren konnte ich erkennen, dass er eine furchteinflösende und kalte Persönlichkeit war, welche sich in diesen Ort gut einfügte. Es war, als wäre er, wie die Bäume auch, einfach aus dem Boden geschossen und aus dieser Wildheit geboren.
Seine Augen umsprangen meine Gestalt und man konnte nicht erkennen, ob er nun überrascht oder doch verärgert über meine Anwesenheit war.
„Iss!“ sprach er mit einer rauen Stimme, welche dennoch tief und melodisch im tiefen Gewölbe widerklang. Die Suppe floss warm meine Kehle hinab bis in meine Magengrube. Ich konnte jeden Löffel förmlich mich selbst erfüllen spüren.
Wieder schlichen die Zeiger der Zeit voran, als er mich fragte: „Was treibt dich hier in diese einsame Gegend? Es ist nicht der beliebteste Ort für solch junge Mädchen wie dich.“ Prüfend und fordernd betrachtete er mich und ich schien wie ein kleines Blümelein, welches schnell verging in seiner Gegenwart.
All meinen Mut zusammen fassend quittierte ich: „Ich hatte jeden Grund mich, dort wo ich geboren worden, nicht mehr wohl zu fühlen.“
„Ach, denkst du etwa es sei deshalb sicher sich von jenem Ort wegzubewegen, um das Glück woanders zu suchen?“, erkundigte er sich.
„Ja, das denke ich,“ gab ich die einfach Antwort.
Stille, welche sich unendlich zog, nur das scharren des Stuhles auf dem Boden, als er sich erhob, um die blecherne Schale erneut zu befüllen. Wieder durchdrangen seine Augen, welche umrandet von faltiger Haut waren, mich und dann nach Ewigkeiten erwiderte er bloß: „Na, wenn du meinst, dann soll es mir recht sein.“ Ein forschender Blick, der durch das Zimmer glitt und dann wieder: „Du kannst für diese Nacht hier bleiben, wenn du durch diese Tür gehst, kommst du nach oben und kannst dir eine Kammer aussuchen.“
Damit stand er auf, nahm die Schale, stellte sie auf die hölzerne Theke und wollte sich auf machen.
„Wie heißen Sie, Sir?“ ich wollte doch wenigstens wissen, bei welchem Kauz ich diese Nacht verbringen durfte. Er drehte sich um, ohne Hast aber dennoch mit einer Kraft, die ich noch nie bei einem Menschen entdecken durfte. „Ilvar und nenn mich bitte nicht Sir, diesem Titel bin ich nicht würdig.“ antwortete er knapp.
„Linnea“, stellte auch ich mich vor. Ein kleines Nicken erschien und dann starrte er mich wieder an. Ich kam mir unwohl vor in meiner Haut und auch ich stellte mir die Fragen, wer er wohl war und warum er denn hier in dieser Einöde lebte. Ein Paradis für einen Menschenfeind, so scheint es mir. „Ich danke Ihnen, dass Sie mich aufnehmen für diese Nacht, ich hätte sonst nicht gewusst wohin…" bedankte ich mich leise, während ich auf meine Hände schaute, welche in meinem Schoß lagen.
„Ach, weißt du. Ich bin Jahr für Jahr hier und niemals besucht mich ein Mensch, also warum sollte ich nicht die wenigen Suchenden hier unterbringen, wenn sie vorüber wandern“,gab er wehmütig zurück.
„Warum besuchte ihn denn niemand?“ Es gab nur drei Stunden Fußmarsch entfernt ein Dorf, dies wusste ich, da ich hindurch gekommen bin. Konnte man überhaupt eine so lange Zeit ohne Kommunikation auskommen, ohne Kultur oder Menschen oder irgendeinem, der einen liebt? Was ihm wohl passiert war, der, der hier wohnte, mit kantigem Körper, zerwühltem Haar, spitzer Nase und Kinn und grauer Haut, welche in der Kleidung verloren zu gehen scheint. Sieht er nicht aus wie-?
Nein, solch eine Ähnlichkeit wäre undenkbar. Ilvar schien meine Fragen zuerkennen, beantwortete sie dennoch nicht, sondern stellte mir, die mir verhasste Rückfrage: „Was machst du hier Linnea? Du gehörst noch nicht auf den Weg der Suchenden.“
Ein leichtes Seufzen erfüllte den Raum, denn ich fürchtete mich vor dieser Komplexität, die mir auf allen Wegen, die ich in den letzten Wochen beschritten hatte, allein durch Blicke nur allzu laut an den Kopf geworfen wurden.
Wut zuckte in mir auf, als die Erinnerung aufkam. Ich wurde daraufhin in meiner Heimat, an einem Ort, an welchem man sich geborgen und sicher fühlen sollte ein Platz für die Ewigkeit auf diese Fragen hin verscheucht. Dort ließ ich die Maske fallen, da ich glaubte sie würden mich verstehen und nicht verabscheuen, aber das Gegenteil war der Fall. Daraufhin konnte ich dort nicht bleiben. Nicht an einem Ort der Wut und der Angst vor jemandem, welcher nicht den eigenen Vorstellungen entsprach. Seitdem betete ich um Antworten zu mir selbst. Jene könnten über mein Glück oder meine persönliche Hölle entscheidend, aber solange diese nicht vom Himmel fielen, wie der Regen in dieser Gegend, ist dies eine hoffnungslose Bitte.
„Also, dies ist eine komplizierte Situation, welche ich nicht umbedingt erläutern möchte, da ich selbst nicht weiß, wie man darauf antworten kann,“ deutete ich an.
Abwartend sah mich der Mann, welcher den Felsen glich, an und erwiderte darauf: „Vor mir musst du dich nicht verstecken. Weißt du ich bin ein alter Geselle, welcher niemals wieder diese Gegend verlassen wird.-“
„ Aber warum? Was ist Ihnen denn widerfahren, dass Sie, ebenso wie ich, nicht wissen was Sie tun oder sagen sollen. Auch sie kennen die Wahrheit nicht, welche ich suche, denn auch Sie suchen sie,“ zischte ich dazwischen.
„Wie ich schon sagte, du gehörst noch nicht auf diesen Weg. Du bist noch so jung, da sollte einem noch jede Frage beantwortbar bleiben. Weißt du es gibt Dinge im Leben, die man lernen sollte.“
„Ach ja und wie kann ich diese überhaupt finden und verstehen?“, fiel meine Frage schneiden durch den Raum.
„Man muss sich entscheiden, ob man so leben will wie es einem gefällt, ohne Rücksicht auf das Bild der Mitmenschen zu achten oder will man sich jenem fügen. Und, wenn du dies entschieden hast, oder, wenn du dabei bist dich zu entscheiden, solltest du dich fragen was hat die Entscheidung für Folgen.
Was wird passieren, wenn du dich so entscheidest. Was will ich mir als Ziel setzen im Leben und was will ich missachten. Letztenendes musst du abwägen was du willst,“ erzählt er ruhig.
„Wie hast du dich entschieden?“ fragte ich zögerlich, denn nachdem was er mir berichtet hatte, muss er sich lange damit beschäftigt haben.
„Ich habe mich entschieden, aber nur teilweise und genau deshalb bin ich hier an diesem Ort. Deshalb habe ich diese Charakterzüge und diese Erscheinungsbild. Es ist nichts was ich bereue, aber ich hätte gerne einen anderen Entschluss gefasst. Ich wollte nicht der sein, der ich nun bin,“ bekannte er sich und damit wand er mir wieder den Rücken zu, blies die Kerzen aus und verschwand in dem Schatten, der sich nun hier niederließ.
Ruhe, Stille, Frieden Ich saß nun in vollkommener Dunkelheit, nur der Mond warf rechteckige Lichtkegel durchs Fenster. Ich verstand nicht was er meinte. Er hatte sich also entscheiden, aber wie hatte er sich entscheiden? Wie kam er hier her? Wo war der Weg, den er beschritten hatte? Die Atemzüge klangen durch den Raum, mein Blick starr nach draußen gerichtet, um dies zu verarbeiten, was er mir mitgeteilt hatte. Der Wind fuhr über die hügligen Acker auf die Klippen bis zu den knochigen Bergkuppen, welche nur von den wenigen gebückten und dürren Bäumen zersetzt waren. Dörr und hohlwangig breiten sich die Wiesen über die Landschaft aus, welche von einem dunklen Schleier verhüllt war, jener mit nur ein paar blassen Schwaden durchzogen, die um die Baumstämme und Zäune waberten. Und da wurde mir bewusst, wie er sich entschieden hatte. Er hatte gesucht, ebenso wie ich, aber auf dieser Suche nahm er die Form eines anderen an. Diese konnte er nicht abstreifen, obwohl er dabei war sich zu lösen. Er wollte sich von der Maske lösen, nahm eine andere unbeabsichtigt an, und nun war er Sklave dieser. Ich war durch meine Entscheidung kein Sklave mehr, sondern befreite mich aus den Seilen der Sklaverei. Wir waren ein Gegensatz des anderen.
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