ePA Jaaah!

petrasmiles

Mitglied
Neulich las ich in der Zeitung: Die Zustimmung zur elektronischen Patientenakte sei sehr hoch, unter 1 % Widersprüche, sagte ein Vertreter der Allgemeinen Ortskrankenkassen. Ach ja? Mich hat noch keiner gefragt.

Aber dann doch. Zwei Wochen später Post von der AOK: Sie müssen nichts machen … wird automatisch eingerichtet, und dabei ein Faltblatt mit einem Comicstrip über die Unterhaltung zweier politisch korrekter Personen. Die eine sagt, ePA, mach ich nicht. Sagt die andere aber warum denn nicht? Ist mir zu unsicher. Aber ePa ist sicher! Woher weißt Du das? Von der AOK!

Immerhin werde ich darauf hingewiesen, dass für den unwahrscheinlichen Fall, dass ich widersprechen möchte, online ein Formular zu finden sei. Gesagt, getan.

Drei Monate später beim Arzt fragt die Sprechstundenhilfe: Sie haben ja gar keine elektronische Patientenakte?
Ja, und?
Das ist aber sehr ungewöhnlich!
Muss ich Ihnen das erläutern?
Indigniert hochgezogene Augenbrauen, nein natürlich nicht, was sind Sie so empfindlich?
Ach so, Sie begehen eine Grenzverletzung, und ich bin empfindlich?

Später bei Arzt. Sie haben ja gar keine elektronische Patientenakte! Ich brauche aber den Bericht des Facharztes.
Den habe ich dabei. Hier, bitteschön.
Das ist jetzt aber sehr umständlich, den müssen wir jetzt extra einscannen. Wofür gibt es diese Erleichterungen denn jetzt?
Nun, ich nehme mein Recht wahr, über die Verwendung meiner Daten selbst bestimmen zu können.
Also, ich will jetzt keine politische Diskussion mit Ihnen anfangen. Dann geben Sie mal den Bericht her. Nein, dafür haben wir jetzt kurzfristig keinen Termin mehr frei, aber fragen Sie doch mal an der Anmeldung. Die schauen dann, was sich da machen lässt.

Später im Bus unterhalten sich zwei Frauen. Also das mit der ePA ist doch toll, keine Belege mehr mit sich führen, alles auf dem Chip, sagt die eine. Ja, und man musste gar nichts machen, erwidert die andere. Also, warum sich manche so anstellen, ich weiß ja nicht. Das sind bestimmt diese Querdenker, die immer eine Extrawurst haben wollen. Oder noch schlimmer, die eine ansteckende Erkrankung verbergen wollen, womöglich was Psychisches. Sag ich doch, meint die Erste, alles Psychos.

Nach einem halben Jahr genehmigt der Bundesgesundheitsminister den Arztpraxen, Patienten ohne ePA eine nicht erstattungsfähige Bearbeitungsgebühr in Rechnung stellen zu dürfen.

Nach einem Jahr genehmigt der Bundesgesundheitsminister eine Ablehnung von Patienten ohne ePA für niedergelassene Ärzte und verweist auf jüngst eingerichtete Ärztehäuser, die in diesen Fällen einspringen.

Meine Hausärztin, die mir noch die Treue hält, rauft sich die Haare: Dass Sie aber auch so eigensinnig sein müssen, für Ihre Sache bekommen wir doch in einem halben Jahr keinen Termin bei dem Facharzt in dem Ärztehaus.

Tja, sag ich, natürliche Auslese.
 

Maria O

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Liebe Petra,
einen schönen, guten Morgen!
Mit Genuss habe ich Deine Kurzgeschichte gelesen- ich bin auch so eine! Es tut gut, wenn ich am Morgen schmunzelnd den Tag beginne.
Liebe Grüße
Maria
 

petrasmiles

Mitglied
Ich bin immer noch eigensinnig - die Zustimmung zur ePA ist tatsächlich sehr hoch wie jüngste Umfragen belegen.
Ist ja auch so bequem - wobei Bequemlichkeit die dümmere Schwester von billig ist. Findet mein Mann auch, ich meine, dass die ePA so toll ist; wer bin ich, ihm zu widersprechen? Er überlegt sich, den Arzt zu wechseln, weil der ePA nicht kann, und ich bin heilfroh, dass ich einen Aufschub hab'. Das muss man aushalten :D

In der Berliner Zeitung vom 10. Januar 2025 warnen IT-Experten vor eklatanten Mängeln. Die übertreiben bestimmt.
 

E.L. Tankred

Mitglied
Hallo Petra,

inhaltlich trifft Deine Geschichte direkt meinen Nerv. Wenn die Menschen ahnen würden, was mit ihren Daten alles möglich ist, würden sie sie mehr schützen. Aber leider kostet das Zeit...

Vom Schreibstil her habe ich die situative Ausgestaltung der Geschichte vermisst. Ich denke, dass die Dialoge durch Details, mehr Wucht bekämen. Vielleicht merke ich das auch nur an, weil es mir beim Schreiben wichtig ist, auch wenn es mir nicht immer gut gelingt.

Liebe Grüße, El
 

petrasmiles

Mitglied
Lieber El,

das ist so eine Sache bei mir, ich bin da sehr bei mir, wie der Text 'raus wollte' - und das war die Zuspitzung durch die Dialoge.
Mir würde gar nichts einfallen, wie ich das 'situativ' ausschmücken könnte.

Vor allem war mir wichtig, welche spaltende Tendenz die 'Zwangsdigitalisierung' entfaltet, und da schien mir passend, dass da Schlag auf Schlag kommt in der Ereigniskette - und wie viel Naivität da im Spiel ist, aber auch im Grunde undemokratische Ansichten: Das Recht auf die freie Meinungsbildung und erst Recht Bestimmung über persönliche Daten stößt da im Alltag schnell an seine Grenzen - an die Grenzen der Toleranz.

Die Prägnanz schien und scheint mir in einer mehr erzählerischen Form nicht so gegeben.

Aber danke fürs Lesen und Kommentieren!

Liebe Grüße
Petra
 
Hallo Petra,
wir werden gläserne Bürger. Ich mache mir noch mehr Sorgen darüber, dass sie das Bargeld abschaffen wollen. Das ist ja zu unheimlich. Angeblich, weil sie Geldwäsche unterbinden wollen. "Nur ein Vorwand", denke ich.
Gruß Friedrichshainerin
Komische Zeiten momentan. Ständig Anschläge, die blöde Neuwahl, wenn man den TV anschaltet, sieht man Alice Weidel oder Merz, was einem auch die Laune verdirbt. Und als wenn das nicht reicht, auch noch Schnee. Wie retro ist das denn? Na ja, das mit dem Schnee ist das einzig Vernünftige.
 

petrasmiles

Mitglied
Liebe Friedrichshainerin,

wie schaffst Du es nur, dass ich bei einem solch trübsinnigen Kommentar lachen muss?
Ja, das mit dem Bargeld kommt einer Entmündigung gleich - aber die Fähigkeit oder Bereitschaft, etwas zu Ende zu denken, ist verkümmert oder gar nicht entwickelt. Wenn etwas bequem ist und dann auch noch 'modern', da hört das Denken auf.

Ich verfolge das Thema seit Jahren, immer mal wieder preist das bargeldlose Zahlen ein 'Berufener' an, mal eine kleiner Spalte, mal eine halbe Seite. Es gab aber auch Stimmen, die ganz eindeutig den Nutznießer dieses Verfahrens benannten - nämlich die Banken - und ihre Lobby. Einer glaubte nicht daran, aber wenn man sich Frau EZB anhört ... Momentan denken alle, das mit der Digitalisierung sei der Heilsbringer, aber ich frage mich, wie kann man Mittelsstreckenraketen und eine immer sensiblere digitale Infrastruktur zusammendenken, ohne Schluckauf zu bekommen?

Das vernünftigste am Schnee ist - irgendwann isser wech!

Liebe Grüße - und danke für Deinen Besuch
Petra
 



 
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