Es war einmal...

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S

Stoffel

Gast
Es war einmal

Marek trat maulend von einem Fuß auf den anderen und fror, als er knietief im Schnee stand. "Immer muss ICH Schmiere steh'n", murmelte er, während Marca und Manta sich durch die enge Röhre zwängten. Er hätte da nun wirklich nicht durchgepasst, aber das wollten sie ihm nicht so direkt sagen. "Wir haben's gleich!", rief Marca, als sie die zwei Stäbe des schweren Eisengitters mit dem Laser versuchte zu durchtrennen. Die drei Freunde lebten in der "M-Sektion". Dort lebten alle Kinder, deren Vornamen mit dem Buchstaben "M" anfingen. Und das waren sehr viele. Anders als bei denen, die mit X, Y oder Z anfingen. Aber besser hatten die es nun wirklich nicht. Im Gegenteil, die standen viel mehr unter Beaufsichtigung und konnten kaum einen Schritt machen, ohne das es auffiel. Für die drei abenteuerlustigen Freunde wäre das nichts gewesen. Einige Tage zuvor, trafen sie bei einem ihrer unerlaubten Streifzüge durch die verbotenen Gegenden, auf einen redefreudigen Alten. Eigentlich war es den Kindern verboten, sich Alten zu nähern. Diese lebten in der "SE-Sektion" und das stand für "senil". Man sagte, die würden dann nur dummes Zeug erzählen und die Menschen aufhetzen. Die Kinder hatten Angst vor alten Menschen, drum trauten sie sich auch nie weit weg von ihrer Sektion. Nur die drei nicht. Marca war oft traurig, denn ihre Großeltern standen kurz vor der "SE-Sektion" und dann würden sie sich nie mehr wiedersehen. Der Alte erzählte ihnen spannende Geschichten, die ihm von seinen Vorfahren überliefert wurden. Er sprach von Weihnachten, den Ritualen der Menschen in dieser Zeit und leuchtenden Kinderaugen. Ungläubig starrten die Kinder ihn an. Demnach gab es schon seit mehr als dreihundert Jahren dieses Weihnachten nicht mehr. Er erzählte von einer tragischen Konsumentwicklung und das die Menschen immer mehr und mehr den Sinn von Weihnachten vergaßen. Irgendwann gab es einen Regierungsumsturz und die Machthaber verboten jegliche christliche Zeremonien. Und die einzige Zeit, in der die Kinder ihre Eltern sehen durften, war im Sommer. Die übrige Zeit arbeiteten die Eltern hart in ihren Sektionen. Die drei Freunde wollten dem auf den Grund gehen, mehr erfahren und mit den Aufzeichnungen des Alten, begaben sie sich in das verbotene Gebiet des Altertums. "Ich habs geschafft!", rief Marca und Manta gab ihr einen Klapps auf den Po. "Klasse, dann nichts wie rein", drängelte er. Es roch muffig in dem alten Gemäuer und nach etwas, was sie nicht kannten. Manta knipste seine Stableuchte ein und dann war es taghell. Mit großen Augen standen sie in der alten Bibliothek. "Los, lass uns anfangen zu suchen", flüsterte Marca und Manta lachte laut. "Wieso flüsterst Du? Glaubst Du etwa an die Geistergeschichten des Alten?" Marca ärgerte sich und fing an die Regale zu durchstreifen. "Das also sind Bücher", staunte sie. "W", murmelte Manta. "W - wie Weihnachten". Ganz am Ende des Ganges kamen sie ihrem Ziel näher. Ein ganzes Regal voll von Büchern über das Thema Weihnachten. Und dort befanden sich auch hunderte von CDs und Disketten. Ehrfürchtig blätterten sie in den Büchern. "Das war es also, was so roch", stellte Manta fest und schnupperte an den Buchseiten. Nach einer Weile hatten sie eine kleine Auswahl Bücher und CDs getroffen, verstauten sie in ihren Rucksäcken und schlichen zurück zum Ausgang. Marek fing die Beute auf und dann machten sie sich auf zu ihrem Versteck.

"Sieh' dir das mal an", sagte Manta und öffnete Seite für Seite der CD in seinem Laptop. "Wir müssen was tun!" rief Marca. "Los, hack dich in das Hauptprogramm. Alle sollen erfahren, was wir nun wissen." Manta grinste und hob den Daumen. "Ok, legen wir los". CD für CD speisten sie ein und übertrugen die ins Net. In einem Bekennerschreiben riefen sie alle auf, mitzumachen und bald schon setzten Hacker in aller Welt ihr Anliegen fort. In den Sektionen machte sich mehr und mehr Unmut breit, denn wie ein Lauffeuer wurde die Nachricht verbreitet. Heute war dieses Weihnachten und alle wollten es erleben. Die Regierung schaltete schnell, war aber machtlos dem gegenüber, was sich nun anbahnte. Die Menschen rotteten sich zusammen und gingen auf die Straßen. Die Alten erzählten von den Überlieferungen und Menschenmassen scharten sich um sie. "Lasst es uns besser machen als unsere Vorfahren!", riefen sie auf. Familien wurden auseinandergerissen und fanden wieder zueinander, einige kräftige Männer kamen mit Tannenbäumen aus den Wäldern zurück und stellten sie in der Mitte ihrer Städte auf. Jeder brachte etwas mit und hängte es an die Bäume und die, die noch Musik spielen konnten, holten ihre Instrumente und Noten aus den Verstecken.
Hunderte von Menschen standen um die festlich geschmückten Weihnachtsbäume und fingen an zu singen. Hielten ihre Kinder und Väter, Mütter und Schwestern in den Armen. Marca, Manta und Marek standen an einem dieser Bäume und hielten ein Buch in die Höhe.
"Fröhliche Weihnachten!", riefen sie so laut sie konnten und die Menschen jubelten. Jeder wusste, die Welt war nun eine andere geworden. Eine, die es vor langer Zeit schon gab.
 

Warui

Mitglied
Hallo Stoffel,

Sag, wieso stelle ich mir gerade einen jungen George Orwell vor, der von der Revolution aus der Vergangenheit träumt? ;)

Recht nett geschrieben, aber irgendwie wirkt es noch zu sehr "hingekleckst" .... kann das allerdings noch nicht festmachen -.-

Mata ne
Warui
 
S

Stoffel

Gast
hingekleckst...

moin Warui,

also, ich selbst mag meine beiden Geschichten. Das sage ich wirklich selten von meinen Werken:)
Werde sie irgendwann mal ausarbeiten, längere Fassungen schreiben.
Danke für den "Orwell";)

Gute Nacht
lG
Sanne
 



 
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