(F) Eine Frage der Sterblichkeit

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Andrea

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Eine Frage der Sterblichkeit (ganz)

Teil 1:

Aylen Manen erwachte.

Um ihn herum herrschte Stille. Völlige Stille, wie er sie eigentlich nicht aus seinem Zuhause kannte. Normalerweise veranstalteten die Vögel im Garten einen Heidenlärm, der sogar bis zu seinen Gemächern im Ostturm drang. Oder aber seine Schwester sorgte dafür, daß die Burg nicht in Stille gefror, weil sie im Laboratorium einige Experimente machte. Seit einem kleinen Zwischenfall hatten Aylen und Gimelda beschlossen, während ihrer Versuche zumindest einen lautlichen Kanal zu einander aufrecht zu erhalten, um im Falle eines Mißgeschickes die richtigen Schritte einleiten zu können. Obwohl Aylen persönlich fand, daß die Rekonstruktion des Nordtraktes recht vergnüglich und eine ausgezeichnete Probe für diese Architekturformel gewesen war, die Gimelda in einem elfischen Folianten gefunden hatte.

Doch von all dem, von den Vögeln, seiner Schwester oder auch nur der Burg, spürte Aylen nichts, als er erwachte. Zumindest hatte er das Gefühl, als würde er erwachen. Sein Kopf war nicht wirklich klar, und die Augen mußten wohl zukleben, denn anders waren die schillernden Farben und die halb transparenten Schleier nicht zu erklären, die die Wahrnehmung des Magiers beeinträchtigten. Außerdem war da so ein fremdartiges Jucken neben seinem Brustbein.

Unwillkürlich schüttelte der junge Mann den Kopf und kniff die Augen zusammen. Doch als er sie wieder öffnete, hatte sich nichts veränderte! Die Mauern seines Schlafzimmers blieben verschwunden, das große Fenster, das zu jeder Tageszeit das Sonnenlicht einfing und des Nachts den Mond, damit Aylen auf die antiquierten Wachskerzen oder magische Leuchtkugeln verzichten konnte, der Kleiderschrank und der Waschtisch und nicht zu vergessen die große alte Truhe, die ihm sein Vater hinterlassen hatte und die noch Artefakte aus dem Besitz der letzten drei Generationen der Manen enthielt.

Aylen kratzte sich gedankenverloren die juckende Stelle am Brustbein und zerbrach sich den Kopf darüber, was zum Larpes mit ihm los war. Erst als seine Fingerspitzen über Metall fuhren, stutzte er und sah an sich herab.

Aus seiner Brust ragte die Spitze eines Schwertes.

Aylen runzelte verwirrt die Stirn. Hatte er einen neuen Zauber ausprobiert, der Eisen durch einen Körper gleiten ließ, ohne den geringsten Schaden zu hinterlassen? Oder war das nur einer dieser Jahrmarkttricks, mit denen man die naiven Bewohner der Küstendörfer von Albon so hübsch in einen aufgeregten Hühnerhaufen verwandeln konnte, bis sie mit Mistgabeln und Fackeln auf den vermeintlichen Dämon losgingen?

Wieder beschlich Aylen die Ahnung, daß etwas nicht stimmte. Der Traum, aus dem er erwacht war – Aylen wurde das Gefühl nicht los, daß dieser Traum etwas mehr gewesen war als die üblichen Schlaferlebnisse, und daß er etwas mit dieser Schwertspitze zu tun hatte.

Nachdenklich berührte Aylen mit einem Finger das dunkle Metall, an dem etwas Warmes und Klebriges dunkelrot glänzte. Der Magier leckte sich die zähflüssige Tinktur vom Finger und seufzte auf.

Blut. Und zwar sein eigenes.

Jetzt wußte Aylen, aus welchem Traum er gerade erwacht war: aus seinem Leben.



„Willkommen, Sterblicher.“

Bisher hatte Aylen halb gelassen und halb gespannt auf das wabernde Etwas gestarrt, das ihn umgab und in dem er immer neue Formen und Farben zu erkennen glaubte. Außerdem hatte der Manen festgestellt, daß sein nun transzendentale Körper ein schwaches Leuchten abgab, das sich unauffällig in die Umgebung einordnete. Wenn er es richtig anstellte, konnte Aylen durch Hüpfen, Springen und das Wedeln seiner Arme selbst neue Formen und Muster hervorrufen. Wäre es nicht so abwechslungsreich gewesen, der Manen hätte sich gewiß gelangweilt und damit begonnen, sich Gedanken zu machen, warum man ihn so lange warten ließ. Beim Klang der dunklen Stimme in seinem Rücken aber fuhr der junge Mann herum.

Aylen blickte in das alterslose Gesicht eines Mannes. Das kantige, ernste Gesicht war von langem, brandrotem Haar umrahmt, und unter den buschigen schwarzen Brauen glitzerten Augen so schwarz wie Erdöl. Der große, etwas hagere Körper des Fremden war in enganliegende schwarze Hosen und eine eben solche Tunika gekleidet, über die er einen blutroten Mantel trug, dessen lange, weite Ärmel beinahe bis auf den Boden reichten, so daß der Mann wirkte, als trüge er an seinen Armen träge Flügel aus Stoff.

Aylen hob eine Braue und musterte den Fremden erwartungsvoll.

Eine Weile starrten sich die beiden Männer an und warteten darauf, daß ihr Gegenüber das Wort ergriff. Schließlich hielt Aylen es nicht mehr aus.

„Du bist Opol“, stellte er fest, und der Fremde nickte mit gnädiger Miene. „Und ich dachte immer, es gäbe euch gar nicht“, murmelte der Manen, doch Opol überhörte diese Bemerkung gnädig.

„In der Tat“, sagte der Gott würdevoll. „Ich bin Opol, Gott der Toten, und ich bin gekommen, um dich aus deiner Verwirrung zu befreien und dich ins Verum zu geleiten, das Reich der Unsterblichen Seelen.“

Nun hob Aylen beide Brauen. „Ich bin nicht verwirrt“, berichtigte er Opol bestimmt. „Und da muß ein Fehler vorliegen. Ich gehöre nicht ins Verum.“

Opol lächelte väterlich. Er kannte diese Reaktionen bei den Sterblichen. Allerdings mußte er zugeben, daß die Bestimmtheit dieses Sterblichen ungewöhnlich war.

„Vertraue mir, Sterblicher.“ Opol streckte die Hand nach Aylen aus. „Deine Zeit ist gekommen, und nun ist es an mir, dich heim zu geleiten.“

Aylen verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust und sah Opol vorwurfsvoll an. „Ich sagte dir doch gerade, daß da ein Fehler vorliegen muß“, wiederholte er langsam und bemühte sich um eine deutliche Aussprache. „Du mußt mich nirgendwo hinbringen oder geleiten.“

Der Gott runzelte ärgerlich die Stirn. Sollte er es wieder mit einem dieser Dickköpfe zu tun haben, die als Gespenster in die Sphäre der Elemente zurückkehren würden, um ihm dann in hundert Jahren oder so vorzujammern, daß ihnen so sterbenslangweilig war?

„Du bist tot“, sagte Opol gefaßt. „Und deshalb...“

„Genau da liegt der Fehler. Ich bin nicht tot.“

Opol lächelte gönnerhaft. Jetzt wußte er, was den Sterblichen so störrisch machte. Unglauben an die eigene Sterblichkeit war die größte Hürde, die ein Sterblicher nach seinem Tod nehmen mußte.

„Ich verstehe, daß das für dich schwer zu begreifen ist“, erklärte Opol behutsam. „Aber du mußt die Last deines Bewußtseins nun loslassen. Löse dich von den Dingen, die dich in deinem Leben fesselten und bedrückten, und komme mit mir in ein neues Leben voll Wohlgefallen und Leichtigkeit.“

Wieder streckte Opol seine Hand aus, dieses Mal mit etwas mehr Nachdruck, bis sie den Oberarm des Sterblichen berührten.

Aylen spürte ein seltsames Kribbeln an der Stelle, wo Opols Fingerspitzen des Stoff berührt hatten, der noch immer den transzendentalen Körper des Manen einhüllte. Unwillig trat Aylen zurück und wischte mit der Hand über seine Schulter, als wolle er ein lästiges Insekt verjagen.

„Ich trage keine Lasten mit mir herum, und nach deinem leichten Leben sehne ich mich auch nicht“, entgegnete er verstimmt. „Es ist einfach so, daß ich nicht tot bin.“

„Dann wirf doch mal einen Blick auf deine Brust“, empfahl der Gott sarkastisch.

„Ach, du meinst das..“ Aylen kratzte sich wie beiläufig an der Stelle, wo die Schwertklinge aus seiner Brust ragte. „Das hat nichts zu bedeuten.“

„Vertraue mir: Wenn ein Sterblicher ein Schwert in der Brust stecken hat, bedeutet das etwas, und zwar, daß er tot ist. Ich kenne mich da aus“, fügte Opol hinzu.

„Glaubst du wirklich, daß ich mich von so einem verdammten Schwert töten lassen?“ Aylens Blick gab einen Hinweis darauf, daß er am Verstand des Gottes zweifelte. „Es ist nicht einmal magisch!“

„Ein einfaches Schwert aus gutem Stahl reicht, um einen Menschen zu töten“, versicherte Opol grimmig. Die ständigen Einwände des Sterblichen gingen ihm langsam gegen den Strich. „Und nun laß uns gehen. Ich habe auch noch anderes zu erledigen.“

Aylen schüttelte den Kopf. Nicht einmal von einem Gott konnte man erwarten, daß er die einfachsten Regeln kapierte, ehe man sie ihm mühsam erklärt hatte.

„Noch mal langsam“, begann der Mensch seufzend. „Ich bin nicht irgendein dummer Sterblicher. Ich bin ein Manen. Ein Manen stirbt nicht an einem Schwert.“

„Ein Manen“, knurrte Opol und zog die Brauen zusammen. „Na großartig.“ Jetzt wußte er allerdings, weshalb ihm dieser Sterbliche soviel Schwierigkeiten bereitete.

Manen waren lästig. Unter anderem bestanden sie auf eine Sonderbehandlung, die ihnen aufgrund der großen Menge Magie, die in ihnen steckte, auch gewährt werden mußte. Die Gründe dafür hatten irgend etwas mit Yirove und Magan zu tun, und Opol diskutierte nur selten mit den Göttern der Magie. Nicht nur, daß sie zu den neun Hauptgöttern zählten, nein, sie hatten einfach eine andere Wellenlänge als der Gott der Toten, der die Ewigkeit damit zu tun hatte, die Verstorbenen zu begrüßen und ins Verum zu bringen.

Doch allen Einwänden zum Trotz, selbst wenn dieser störrische Sterbliche nicht ins Verum gehen wollte, so war er dennoch tot und unterlag damit Opols Macht.

„Ein Manen“, fuhr Aylen derweil unbeeindruckt fort, „stirbt am Fluch. Und dazu wiederum braucht es vier Manen. Vier. Aber momentan gibt es nur Gimmi und mich, und da ich kein Kind gezeugt habe und Gimelda nicht schwanger ist, kann es keinen vierten Manen geben, der meinen Tod erfordern würde.“

„Ich danke dir sehr für deinen lehrreichen Vortrag“, entgegnete Opol sarkastisch. „Aber es ändert nichts an der Situation. Es ist gewiß kein Versehen, das dich mit einem Schwert im Herzen in diese Sphäre geschickt hat.“

„Wie ich bereits erwähnte: Dieses Schwert kann unmöglich meinen Tod hervorrufen.“

„Aber du bist tot!“ Wenn ein Gott Fassungslosigkeit verspüren konnte, so war es Aylen gelungen, Opol in die absolute Verzweiflung zu stürzen.

„Nein, das bin ich nicht.“ Aylen verschränkte die Arme vor der transzendentalen Brust und starrte den Gott trotzig an. „Immerhin bin ich ein Manen. Ich habe ein Recht darauf, vom Fluch meiner Familie getötet zu werden. Und nicht von so einem schmierigen Söldner.“ Er kräuselte abfällig die Lippen.

„Du magst sein, wer du willst: Wenn ein Sterblicher sein Leben verliert, dann ist er tot!“ Opol quetschte die Worte durch seine Zähne und mühte sich redlich, seine Beherrschung nicht zu verlieren. Nicht, daß Opol nicht in der Lage wäre, diesen Sturkopf zu lehren, was es hieß, sich mit einer Gottheit anzulegen, oder daß ihm irgendeine andere Gottheit anschließend Vorwürfe gemacht oder unbequeme Fragen gestellt hätte. Es gehörte einfach nicht zu seinem Kodex, einem Sterblichen ungehörig viel Schmerz angedeihen zu lassen, auch oder erst recht nicht nach seinem Tod.

„Ich nicht.“ Aylen verzog sein Gesicht hochmütig. „Ich werde mich ganz gewiß nicht damit abspeisen lassen, daß mir irgend jemand ein Schwert in den Rücken stößt! Ich bin ein Manen.“

„Das sagtest du schon“, knurrte Opol.

„Aber du scheinst es nicht begriffen zu haben.“

Der Gott starrte den Sterblichen an, der mit soviel Unverfrorenheit zu ihm zu sprechen wagte. Aylen begegnete Opols Wut, indem er ihn liebenswürdig anlächelte. Gimmi hatte ihrem Bruder einmal gesagt, er reagiere zu rasch übertrieben emotional, und Aylen hatte so das Gefühl, daß er sich gegenüber Opol mit seinem Temperament ein wenig zurückhalten sollte.

„Was du nicht begriffen hast, ist, daß dies hier die ersten Augenblicke deines Lebens nach dem Tod sind. Und ich bin der Gott der Toten. Also solltest du mir, verdammt noch mal, ein bißchen Respekt erweisen!“

„Aber ich sage dir doch, ich gehöre nicht hierher“, erwiderte Aylen ruhig. „Du bist gar nicht für mich zuständig.“

„Ich bin ein Gott! Ich weiß sehr wohl, für wen ich zuständig bin, und wann dessen Zeit gekommen ist!“

„Das mag ja stimmen – ansonsten. Aber in meinem Fall ist dir ein Fehler unterlaufen.“

„Ich mache keine Fehler. Ich bin ein Gott.“

„Kann es sein, daß wir da ein kleines bißchen fixiert sind?“ entgegnete Aylen sarkastisch. Sein Brustbein juckte, und er hatte keine Lust mehr, diese Diskussion fortzuführen.

Opol schnappte nach Luft. Das war ihm nun wahrlich noch nie in seiner Laufbahn passiert. Daß ein Sterblicher nach seinem Tod verwirrt war, das konnte der Gott ja noch akzeptieren, und ein wenig Wut schien bei fast allen jungen Menschen einfach dazuzugehören, aber diese Frechheit, diese Arroganz – es war nicht zu fassen, was sich dieser Kerl einem Gott gegenüber herausnahm!

Opol beschloß, daß er lange genug großmütig und freundlich gewesen war. Jetzt sollte der Sterbliche seine Wut zu spüren bekommen, jetzt sollte er erfahren, was es hieß, sich mit einem Gott messen zu wollen!

Aylen hatte die Arme vor der Brust verschränkt und eigentlich schmollen wollen, doch es war viel zu interessant, was da vor seiner Nase geschah. Die große schlanke Figur des Gottes begann zu verschwimmen, und das stetige weiße Glühen pulsierte nun in einem wütenden Rot. Die Umrisse plusterten sich auf, und Opol begann zu wachsen. Das Fleisch seines Gesichts verfärbte sich erst grünlich, dann zu einem bleichen Weiß, ehe es zu schrumpeln anfing und auf schauerliche Weise aus dem Gesicht wich, bis nur noch blanker Knochen zu sehen war. Rote Lichter glühten bedrohlich in den schwarzen Augenhöhlen, als der Totenkopf Aylen angrinste. Opol hatte sich vor den Augen des Sterblichen in ein etwa sechs Meter hohes Skelett verwandelt, dessen bleiche Knochen von einem blutroten Gewand und einer pechschwarzen Kapuze umhüllt wurden. In der knochigen Hand hielt es eine glühende Sense, die aus reinem Licht zu bestehen schien.

„Knie nieder, und bete“, sagte Opols Stimme in Aylens Kopf, und noch ehe der Manen reagieren konnte, senkte das Skelett die Sense, so daß die Spitze geradewegs auf den Sterblichen zeigte, und ein blendender Strahl löste sich von der Klinge und stieß gegen den wehrlosen Körper des Mannes.

Als der Lichtstrahl Aylen berührte, zuckte der Magier zusammen. Seine Beine sackten taub auf die Knie, und von seinem Brustbein breitete sich ein stechender Schmerz aus, der ihm schwarz vor Augen werden ließ. Aylen stieß einen scharfen Schmerzensschrei aus und preßte die Hände gegen die blutleere Wunde.

Opol lachte scheppernd. „Nun siehst du, Sterblicher, wohin dich dein Größenwahn brachte!“

Licht pulsierte in Aylens Kopf, verwirrte ihm die Sicht und die Gedanken mehr noch als der pochende und stechende Schmerz, der in immer kürzeren Intervallen durch seinen Körper jagte, doch als der Manen die Stimme vernahm, löste sich tief in seinem Innern etwas und drängte sich mit aller Macht an die Oberfläche seines Bewußtsein.

Aylen zog die Luft zwischen den Zähnen ein und preßte die Lippen aufeinander, um jeden weiteren Laut zu ersticken. Dann richtete er seinen Blick auf die hoch aufragende Gestalt des Gottes.

„Du hättest sagen sollen, daß du spielen willst“, stieß der Manen hervor.

Im nächsten Augenblick warf ein greller Blitz Opols Lichtstrahl zurück, reflektierte ihn und rammte ihn schließlich an die Stelle, wo ein sterblicher Mann extrem empfindlich gewesen wäre.

Opol wich erstaunt zurück und ließ die Sense sinken, doch noch im selben Moment grollte Wut über das respektlose Benehmen des Sterblichen in ihm, und mit deutlich mehr Wucht sauste die Sense wieder auf Aylen zu.

Der Manen schrie auf, doch dieses Mal war er auf den Angriff vorbereitet. Mit seiner Stimme schwoll auch seine Magie an, und einen endlos langen Herzschlag später lief ein goldener pulsierender Lichtstrahl über die Klinge der Sense, den Stiel hinauf, hüllte erst die Hand, dann den Arm, schließlich den ganzen Körper des Gottes ein.

Göttliche Macht und manische Magie stießen aufeinander, prallten ab und suchte sogleich aufs Neue einen Angriffspunkt. Die Körper von Aylen und Opol waren in gleißendes Licht getaucht, mal weiß, dann wieder golden, und keiner der Kontrahenten schien zurückstecken zu wollen. Immer mehr Energie ballte sich zwischen den beiden, so daß Aylen der Schweiß auf der Stirn stand und seine Knie weich wurden und auch Opol merkte, wie das Duell ihrer Kräfte an seiner Macht zu zehren begann. Doch der Gott war wild entschlossen, diesem respektlosen Sterblichen Manieren beizubringen, und Aylen, der sich im Recht und in seinem Stolz verletzt fühlte – ein Manen ging vor niemandem in die Knie! – , würde gewiß nicht zurückstecken.

Die glänzende, leuchtende Umgebung der Ewigkeit, die sie umgab, verdunkelte sich zusehends, bis nur noch das weiß-goldene Lichterspiel diese Sphäre erleuchtete. Und schließlich implodierte die ganze Herrlichkeit.

Das Licht erlosch, und als sphärisches Leuchten die Umgebung langsam wieder erhellte, standen Aylen und Opol einander noch immer gegenüber. Eigentlich kniete der Manen keuchend auf dem Boden, die linke Hand auf einen Oberschenkel gestützt, während sich die andere in den Boden krallte, den Blick unverwandt auf seinen Kontrahenten gerichtet. Auch Opol wirkte angeschlagen, hatte er sich doch wieder in seine menschliche Gestalt verwandelt und stützte sich entkräftet auf einen langen Stab, zu Füßen die abgebrochene Klinge einer Sense. Die schwarzen Augen des Gottes musterten Aylen. Ein leichter goldener Schein, der Gesicht und Körper des Mannes bedeckt hatte, verblaßte zusehends, ebenso wie die ersten Zeichen von Aylens Entkräftung.

Opol starrte verwirrt auf den jungen Sterblichen, der sich mühsam aufrichtete. Der Gott war noch keinem Menschen begegnet, der sich der göttlichen Macht hatte widersetzen können. Dieser war der erste.

„Bist du jetzt bereit zuzugeben, daß du einen Fehler gemacht hast?“ keuchte Aylen.

Der Gott der Toten betrachtete den Manen eindringlich. Er wußte nicht, wie er reagieren sollte. Am besten war es, auf den Ulymp zu gehen und die Gottheiten zu fragen, deren Macht Opols noch überragte. Ja, Yiro, die Göttin der Sterblichkeit und seine Herrin, würde wissen, was zu tun war.

Die Umrisse des Gottes flackerten ein zweites Mal auf, doch als Aylen nun wieder hinsah, war Opol verschwunden, und der Manen stand allein in der seltsamen Umgebung.

„Großartig“, knurrte Aylen. „Mit mir kannst du es ja machen!“ Wütend trat er nach dem leuchtenden Staub. Dann ließ sich der Manen auf dem Boden nieder, verschränkte die Arme und wartete. Er war sicher, der Gott würde zurückkommen.




Teil 2:

Opol traf Yiro auf dem Ulymp. Die weißen Nebel, die diesen göttlichen Ort bedeckten, wenn keine göttliche Präsenz anwesend war, hatten sich in einen langen Säulengang aus schwarzem Marmor verwandelt, der von zahlreichen Fackeln erhellt wurde. Am Ende des Ganges lag ein kreisrunder Saal. Große Spiegel an den Wänden fingen den Fackelschein auf und warfen ihn in einem wilden Zickzackmuster aus Licht und Dunkelheit zurück, das sich ständig zu verändern schien. In der Mitte erhob sich ein Thron aus reiner Finsternis. Darin saß eine große, hagere Frau mit langem schwarzen Haar, über das unstetig kleine farbige Kaskaden liefen: Yiro, die Göttin der Sterblichkeit und der Unbeständigkeit.

Opol verbeugte sich respektvoll vor der Göttin.

„Es gibt ein Problem“, begann Yiro ohne Umschweife und blickte Opol aus den kalt glänzenden Augen in ihrem ebenen, gleichmäßigen Gesicht auffordernd an.

„So ist es, Herrin.“ Opol nickte. „Ein Sterblicher sitzt in der Ewigkeit und weigert sich, seinen Tod zu akzeptieren.“

„So etwas ist schon öfter vorgekommen.“ Yiro winkte ab. „Nutze deine Macht, um..“

„Das habe ich schon versucht, Herrin“, unterbrach Opol die Göttin. „Es ist mißlungen.“

„Mißlungen?“ Yiro runzelte unwillig die Stirn. „Wie kann so etwas geschehen, Opol?“

Der Gott zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht, Herrin“, gestand er. „Aber vielleicht liegt es an dem starken Magischen Feuer, das er in sich trägt. Und daß er ein Manen ist.“

Die Göttin der Sterblichkeit hob eine Augenbraue. „Ein Manen also?“ murmelte sie nachdenklich. Sie konnte sich noch gut an jenen Krieg erinnern, in dem sich diese störrische Familie gegen die Gottheiten ihrer Welt gestellt hatten und der zu ihrem Bedauern mit jedem Kompromiß geendet hatte, der zumindest dreien aus der Familie das Leben gestattete, den jüngsten – wurde ein vierter Manen geboren, starb im selben Augenblick der älteste der Lebenden. „Ich glaubte, sie hätten sich mit ihrer Niederlage abgefunden und würden sich fügen.“ Sie starrte Opol nachdenklich an. „Wie kommt es, daß sich dieser plötzlich gegen sein Schicksal wehrt?“

„Oh, er ist nicht an dem Fluch gestorben“, beeilte sich der Gott der Toten zu erklären. „Man hat ihm ein Schwert in den Rücken gerammt und sein Herz durchstoßen.“

Yiro lachte schrill auf. „Das ist ja eine herrliche Ironie! Ein Manen von hinten durchbohrt! Wahrhaft, den Sterblichen, dem das gelungen ist, würde ich gerne kennen lernen!“

Opol senkte den Kopf. „Er erreichte die Sphäre der Toten nicht, Herrin. Seine Seele kehrte in den Larpes zurück.“

Yiros Heiterkeitsausbruch legte sich augenblicklich, und die Göttin zog wieder eine ernste Miene. In letzter Zeit wandten sich vermehrt Sterblichen den Gottheiten des Larpes (oder Teufeln, wie die Sterblichen sie auch nannten) zu. Aber darum würde sie sich später kümmern müssen. Zunächst galt es, sich mit dem Manen in der Ewigkeit zu befassen.

„Du bist dir sicher, daß der Schwerthieb den Manen getötet hat, ja?“ Opol nickte, und Yiro erhob sich mit rauschenden Röcken aus ihrem Thron. „Dann wird er sich fügen müssen. Er ist tot, und damit gehört er in die Sphäre der Toten.“

„Das habe ich ihm auch gesagt“, verteidigte sich der Nebengott. „Aber er weigert sich zu gehen, und meine Macht ist nicht groß genug, um gegen seine Magie zu bestehen. So sehr es mir auch widerstrebt“, fügte Opol hinzu.

„Was schlägst du statt dessen vor? Daß wir uns einem Sterblichen beugen und ihn in die Sphäre der Elemente zurückkehren lassen?“ fragte die Göttin ironisch.

„Ich weiß nicht, was zu tun ist“, antwortete Opol und richtete sich steif auf. „Deshalb kam ich zu dir, Yiro.“

Yiro funkelte Opol kalt an. Sie ahnte mehr als daß sie spürte, daß die anderen Götter es wissen würden, wenn sie nun versagte. Sie konnte den Spott der anderen acht Hauptgötter direkt hören, von dem Hohn der Nebengötter einmal abgesehen. Einige der Unruhestifter würden bestimmt behaupten, sie hätten gewußt, wie mit diesem Manen umzugehen sein.

Manen. Yiro schnaufte abfällig. Hätte man auf sie und Bruton, den Gott des Kampfes und ihr ewiger Bundesgenosse, gehört, die Familie wäre mit Stumpf und Stiel ausgerottet worden. Wenn dabei ein oder zwei Kontinente zerstört wurden – die konnte man mit etwas Improvisation recht gut ersetzen, aber Sterbliche, die das natürliche Gleichgewicht zwischen den Sphären zu stören in der Lage waren, sollte es nicht geben. Die waren ein unberechenbarer Störfaktor. Hätte man damals nur auf sie gehört!

Eigentlich, überlegte die Göttin, war sie ja gar nicht schuld an der Misere, und Opol auch nicht. Es waren solche Gottheiten wie Magan und Yirove, die Gottheiten der Magie, oder Yori, Gott der Geburt und der Stabilität, ein unbelehrbarer Besserwisser und stetiger Dorn in Yiros Augen. Ja, eigentlich müßten sich die anderen Götter den Kopf darüber zerbrechen. Aber deswegen eine Versammlung aller Hauptgötter auf dem Ulymp einberufen – die Erfahrungen der letzten Treffen reichten Yiro für Äonen.

Doch es gab ja noch andere Wege, die Entscheidung an andere weiter zu geben. Ihr sollte später niemand vorwerfen können, falsch gehandelt zu haben!

„Geh du nur zurück in die Ewigkeit, Opol“, befahl sie und trat neben den Nebengott.

„Und was soll ich ihm sagen?“ Man konnte es Opol ansehen, daß er keine großartige Lust verspürte, wieder auf Aylen zu treten. Die Macht des Sterblichen mißfiel ihm.

„Sage ihm, daß sich die, die für ihn zuständig sind, seines Schicksals annehmen werden.“

Opol starrte Yiro einen Moment verwirrt an, und die Göttin öffnete ihm eine Sekunde ihre Gedanken.

„Ich weiß, deine Weisheit übersteigt die meine bei weitem“, sagte Opol langsam. „Aber hältst du es für ratsam, die Gottheiten der Magie mit einem Manen zu betrauen?“

„Er ist tot, Opol“, antwortete Yiro und lächelte kühl. „Also gehört er uns, dir und mir. Sie sind nur dazu da, es ihm begreiflich zu machen.“

Opol wußte noch immer nicht, ob er der Göttin darin zustimmen sollte. Er mochte Magan und Yirove nicht. Magie änderte so willkürlich die Realität! Und doch: Hieß es nicht, daß der Wolf am ehesten mit anderen Wölfen heult? Yiro würde schon wissen, was sie tat. Immerhin gehörte sie zu den Hauptgöttern.

Opol verneigte sich respektvoll vor der Göttin und bot ihr anschließend seinen Arm an. Yiro legte ihre Hand auf Opols Unterarm, und gemeinsam gingen sie den Gang hinunter. Hinter den beiden Gottheiten brachen die Nebel des Ulymp durch die dunklen Mauern und hüllten alles in helles, freundliches Wabern.



Das Wabern ging Aylen auf die Nerven. Er hatte versucht, mittels seiner Magie eine Umgebung zu schaffen, die ihm mehr zusagte, aber seine Ungeduld machte ihm immer dann einen Strich durch die Rechnung, wenn es ihm gerade gelungen schien. Das einzige, was er erreicht hatte, war ein bequemer Sessel mit gepolsterter Fußbank. Farbe, Form und Muster wechselten zwar ständig, aber das macht dem Manen nicht sonderlich viel aus.

Auch wenn er es nicht für möglich gehalten hätte, so verspürte Aylen doch tatsächlich Freude, als sich ein Portal in dem Wabern öffnete und Opol heraustrat, ganz in Schwarz gekleidet.

„Da bist du ja wieder“, begrüßte Aylen den Gott kameradschaftlich und sprang auf. Im selben Augenblick verschwanden Sessel und Fußbank. Opol sah es mit Mißfallen. „Was hat deine Besprechung ergeben? Hast du deinen Fehler eingesehen?“

„Ich habe keinen Fehler gemacht“, knurrte Opol und sah den Sterblichen grimmig an.

Aylen schüttelte seufzend den Kopf. Dieser Gott war stur, zugegeben, aber er, Aylen, hatte Recht, und das würde auch Opol einsehen müssen.

„Dann bist du wohl gekommen, um ein Schwätzchen zu halten, hm?“ fragte der Manen sarkastisch. „Oder möchtest du noch einmal versuchen, mir dein leichtes Leben des Frohsinns näherzubringen?“

Opol versteifte sich und starrte Aylen an. Der Manen spürte, daß er einen Schritt zu weit gegangen war, aber er war noch nicht so weit, daß er sich entschuldigen würde! Aylen trat schlicht einen Schritt zurück und ließ sich in den neu entstandenen Sessel plumpsen.

„Ich bin gekommen, um dir eine Nachricht zu überbringen: Die, die für dich zuständig sind, werden sich deines Schicksals annehmen.“

Opol hielt damit alles für gesagt und warf dem Sterblichen einen mißmutigen Blick zu. Sollte er nur seine Spiele treiben und Möbel aus der Ewigkeit erschaffen. Das konnte Opol auch. Aber er konnte auch gehen, wohin er wollte, und das war dem Sterblichen versagt.

„Warte mal“, rief Aylen dem Gott nach, der sich langsam umdrehte. „Was bedeutet das: die, die für mich zuständig sind, nehmen sich meines Schicksals an? Was soll das heißen?“

„Das soll heißen, daß du wohl noch etwas wirst warten müssen.“ Opol schickte sich an zu gehen.

„Oh nein!“ Aylen sprang auf und ballte entschlossen die Fäuste. „Ich werde ganz sicher nicht noch länger in dieser Einöde sitzen und meine Zeit verschwenden! Ich habe schon eine Ewigkeit gewartet!“

„Das wird schwer möglich sein“, erwiderte der Gott säuerlich. „In dieser Sphäre existiert Zeit nicht.“

Aylen stutzte. Es schien das erste Mal zu sein, daß ihn etwas irritierte oder überraschte. „Du meinst, in all der Zeit, die ich hier verbringe, ist auf Philais keine Sekunde vergangen?“

„So in etwa.“ Opol nickte unbestimmt. „Nicht seit dem Augenblick deines Todes, jedenfalls.“

Aylen zog nachdenklich die Brauen zusammen und kratzte sich am Brustbein. Er war so in seine Gedanken versunken, daß er Opols nächste Worte beinahe versäumt hätte – wären sie nicht wie stets geradewegs in seinem Kopf zu hören gewesen.

„Und nun werde ich mich zum Ulymp zurückziehen und über den Lauf der Welt diskutieren, während du artig hier warten wirst, Sterblicher.“

Der Kopf des Magiers zuckte hoch, und sein geschulter Blick erkannte, wie eine leichte Welle durch das sphärische Leuchten glitt, als Opol ein göttliches Portal zu öffnen begann. Die Magie in ihm brandete auf, entzündete einen Großteil seines Magischen Netzes und stemmte sich wie ein Keil in eine der Welle.

„Ich war nie sonderlich artig“, grinste Aylen, warf Opol einen hochmütigen Blick zu – und sprang rückwärts geradewegs durch die Sphären, die von seiner Magie wie ein schwerer Vorhang beiseite gedrängt wurden.

„Nein!!“ Opols Ruf hallte durch alle Sphären, doch er konnte den jungen Manen nicht mehr aufhalten, als dieser sich aus eigener Kraft aus der Ewigkeit verabschieden wollte.

Doch um dem Tod zu entrinnen, bedarf es etwas mehr als die Macht, eine göttliche Welle in den Sphären für die eigene Reise zu benutzen und als Anhalter mitzureisen. Kein Sterblicher, so mächtig er auch sein mag, vermag es, Leben zu erschaffen oder eines, das unumstößlich beendet ist, wiederzuerwecken. Es ist einzig göttliche Macht, die dazu imstande wäre.

Irgend etwas blieb hängen, als Aylen durch die Wand der Ewigkeit sprang. Heißer als jeder körperliche Schmerz durchzuckte es den transzendentalen Körper des Magiers, als er Opol zwischen dem Leuchten und der Finsternis der Sphären aus den Augen verlor. Aylen bäumte sich auf und krümmte sich im selben Augenblick zu einer Kugel zusammen, doch der Schmerz blieb, versengte Gedanken, Gefühle, Erinnerungen. Und als er endlich verging, kam die Kälte. Das Schwert klirrte leise, als sich das Metall mit einer dicken Eisschicht überzog und schließlich zerbrach. Die Splitter drangen in Aylen ein, seinen Geist, seine Magie, seine Gedanken, und der junge Mann glaubte, vor Schmerz und Kälte ebenso zerbrechen zu müssen wie die Waffe.

Doch plötzlich war es vorbei. Aylen spürte Licht und frische Luft, Wehgeschrei, Jammern und das Zischen von Flammen drangen an sein Ohr, und eine ihm vertraute Stimme kreischte schrill: „Mörder!“

Alles in ihm war kalt, fühlte sich klamm und zerschlagen an, und eine unerklärliche Leere saugte an seinen Gedanken. Aylen blinzelte vorsichtig.

Vor ihm, auf einer niedrigen Platte aus Marmor und Gold, neben sich ein geschwärztes, verrußtes Schwert, lag ein junger Mann, noch keine fünfundzwanzig Sommer und Winter alt. Sein normalerweise sonnengebräunter Teint war ungewöhnlich bleich und wächsern, die Augen geschlossen. Kurzes braunes Haar umrahmte das ernste, schmale Gesicht. Der Jüngling war mit Lederhosen, hohen Stiefeln und einem dunkelgrünem Wams bekleidet, auf dem sich etwa in Höhe seines Herzens ein dunkler, feuchter Fleck ausgebreitet hatte.

„Seltsam“, murmelte Aylen und kniete neben dem aufgebahrten Leichnam nieder. „Ich hätte wetten können, daß ich auf den Bauch gefallen bin.“ Er streckte die Hand nach dem toten Körper aus, den er vor nicht allzu langer Zeit bewohnt hatte, doch noch ehe er die bleiche Haut berühren konnte, durchzuckte seinen transzendentalen Körper wieder derselbe heftige Schmerz in der Brust wie im Augenblick seines Ablebens.

Aylen sprang auf die Beine und schüttelte verwirrt den Kopf, um seine Gedanken von den Schleiern zu befreien, die sich darin verwoben haben mußten. Der Schlachtfeldlärm, den er bisher eher unbewußt wahrgenommen hatte, drängte sich in den Mittelpunkt seines Interesses. Noch immer schrien Menschen, Elfen, Zwerge und Tiere, war das Zischen von schmelzendem Metall und das Knacken von ineinander stürzendem Holz zu vernehmen.

Der Manen wandte sich von seinem Leichnam ab und seine Aufmerksamkeit anderen Dingen zu, wie etwa der verkohlten, noch rauchenden Leiche eines Menschen, der nur einen knappen Schritt von Aylens eigener Bahre entfernt lag. Sein Mörder war nicht weit gekommen. Im selbem Moment, da Aylen starb, verlor auch er sein nutzloses Leben.

Kopfschüttelnd blickte sich Aylen weiter um. Wieder einmal stand er auf einem Hügel nahe der Badestelle der Geschwister Manen. Auf den Wiesen darunter standen sich zwei Heere gegenüber, von denen eins eine bunt zusammengewürfelte Truppe aus Fischern, Handwerkern und Bauern, das andere aber ein ausgebildeter Stoßtrupp von Kriegern in Rüstungen und mit blinkender Waffe. Einige trugen Kriegsluren, deren Lärm am Morgen dafür gesorgt hatte, daß es auf Burg Manen ein frühes Erwachen gab. Und da die Geschwister es weder liebten, daß man sie aus dem Schlaf riß, noch wenn man ihren Besitz ungefragt betrat, hatten Aylen und Gimelda beschlossen, daß es an der Zeit war, den Bewohnern von Albon, seien sie nun Dörfler oder eine kleine Armee, wieder mal zu beweisen, wer die wahren Herren dieses Kontinents waren.

Im Augenblick jedoch gab es nicht sonderlich große Unterschiede zwischen den Soldaten und den Alboni. Sie alle standen starr, mit bleicher Miene und weit aufgerissenen Augen und bis zu den Knöcheln in einem wüsten Gemisch aus grauer Asche, dunklem Blut und goldenen klebrigen Fäden, die zweifelsfrei magischer Natur waren. An ein Fortkommen war in dieser Situation wohl kaum zu denken.

Einige hatten ihre Waffen erhoben, andere flehten stumm zu den Göttern, wieder andere bettelten weinend um Gnade. Doch allen war die Todesangst ins Gesicht geschrieben, eine Furcht, die wohl von den mehrere Schritt hohen Feuersäulen und den seltsamen zähnefletschenden Wesen kam, die ebenfalls dort auf der Wiese präsent waren.

Aylen mußte nicht lange überlegen, um die Quelle des Feuers und der Monstrositäten zu kennen. Er selbst hatte ihr die Formel einmal gezeigt, mit der man die Furcht seiner Gegner zu dreidimensionalen Bildern formen und diese dann Realität werden lassen konnte. Damals hatte sie sich die Schriftrolle aus rein wissenschaftlichem Interesse angesehen und die Methode anschließend als zu blutig abgelehnt. Aber wie es schien, hatte sich Gimelda die Formel dennoch gemerkt.

Suchend blickte sich Aylen nach seiner Schwester um.
Gimelda Manen hatte sich nicht weit von der Leiche ihres Bruders entfernt. Und doch glaubte Aylen, sie stünde Meilen von ihm fort.

Sie trug dieselben Kleider wie am Morgen, Kleider, die denen ihres Bruders ähnelten. Doch ihr langes schwarzes Haar hatte sich aus dem Zopf gelöst, in dem sie es gebändigt hatte. Es stand wild vom Kopf ab, und Funken stoben aus den Spitzen. Auch aus den Fingern der Manen schossen kleine Blitze, und goldene Wellen liefen über ihre Arme, ihre Beine, ihren Rumpf und den Kopf. Von ihren leicht geöffneten Lippen perlte ein zorniger Singsang, in dem Aylen Fetzen von Beschwörungsformeln erkennen konnte, Formeln, die ein Manen nie genötigt ist auszusprechen. Ein Gedanke reichte stets aus.

Aylen hatte noch niemanden in einer solchen Verfassung gesehen, aber er wußte instinktiv, was Gimelda tat. Beinahe ihre ganze Magie floß aus ihr heraus, genährt von Zorn und Trauer. So viel ballte sich in dieser neuen Freiheit auf einen Raum, daß das goldene Licht, das manische Magie für gewöhnlich verbreitete, sich bereits verfärbte. Rote und schwarze Schatten verfinsterten das Licht und die Magie.
Ein seltenes Gefühl beschlich den Manen und krallte sich in seine Gedärme: Angst.

Wenn ein durchschnittlicher Magier seine gesammelten Kräfte freiließ, brachte er damit die Umstehenden in Gefahr und sich selbst an den Rand von Erschöpfung, Tod und Wahnsinn. Aber wenn die ungleich größere Magie eines Manen unkontrolliert losbrach, sei es nun aus Zorn, Trauer oder purer Zerstörungslust, war die Gefahr nicht zu überblicken – eine Gefahr nicht nur für die Leute auf der Wiese, sondern selbst für Gimelda, die in einem solchen Fall kaum noch von ihrer Magie geschützt werden würde.

Fassungslos starrte Aylen auf den licht- und schattenüberfluteten Körper seiner Schwester. Das Licht wurde immer greller, als mehr und mehr Energie aus Gimeldas Geist geführt wurde. Hinter ihr begannen das Chaos und die Leiden der Sterblichen, die sie für den Tod ihres Bruders verantwortlich machte, ein Leiden, das so gar nicht zu der überlegten Gimelda passen wollte.

„Gimmi“, kam es Aylen über die Lippen, ehe er sich bewußt wurde, was er damit anrichten würde, „Gimmi, was tust du da nur?“

Gimelda drehte sich um, als sie die vertraute Stimme hörte. Ihr Augen waren weit aufgerissen, auf ihren Lippen lagen die nächsten Befehle für die Feuersbrunst, die alles Gras versengte, doch ihre Gedanken sprangen ohne Zögern zu der hellen Gestalt, die neben dem Leichnam ihres Bruders stand und sie verwirrt anblickte.

„Aylen?“ fragte Gimelda zögerlich. Noch nie hatte Aylen seine Schwester derart verloren gesehen wie in diesem kurzen Moment, als sie halb hoffnungslos, halb sehnsüchtig zu ihm blickte. Er mußte ihr helfen, für sie da sein, wie er es seit dem Tod ihrer Eltern getan hatte, wie es sich die Geschwister einst geschworen hatten: Ehe der Fluch sie nicht traf, wollten sie einander nie verlassen.

Ich bin da, wollte Aylen ihr mit seinen Gedanken übermitteln, doch als er die Hand schon nach ihr ausgestreckt hatte, fühlte er, daß die Verbindung unterbrochen war, daß sie ihn nicht hören konnte.

„Aylen“, schrie Gimelda freudig auf und wollte ihm entgegen laufen, doch im selben Herzschlag glitt ihre Magie aus den losen Fäden, mit denen die Magierin sie zu kontrollieren gehofft hatte.

Gimelda schrie auf, und als würden Himmel und Boden selbst ihr antworten, hallte der Schrei weit hinaus, als sich die Magie aufbäumte und wie ein durchgehendes Wildpferd damit begann, die Reiterin anzugreifen. Gimelda mühte sich, ihre Kräfte wieder unter Kontrolle zu bekommen, breitete die Arme aus und konzentrierte sich, doch anstatt die Magie Stück für Stück zurückzugewinnen und zu beruhigen, verlor sie immer mehr von ihr. Wie eine Lawine polterte die Magie aus Gimeldas Innerem, ihrem Geist, ihrer Seele, und begann, die Manen unter sich begraben.

Aylen sah, wie seine Schwester kreidebleich wurde. Der Schweiß trat ihr auf die Stirn, während Tränen ihre Wangen hinunterliefen und sich mit dickem schwarz-rotem Blut vermischten, das aus irgendeiner Wunde getreten sein mußte. Qualvoll schrie Gimelda den Schmerz, der an ihr riß, hinaus.

„Gimmi!“ rief Aylen und wollte der Schwester zu Hilfe eilen. Doch zu seinem Entsetzen kam der Manen nicht einen Schritt voran! Goldene Fäden der Magie hielten seine Beine umschlungen und fesselten ihn an den Boden, Magie lastete zentnerschwer auf Schultern, Armen und Rücken und machte selbst jeden Gedanken zur Qual. Aylen wollte seine eigene Magie nutzen, um sich zu befreien, doch als er die Gedanken lossandte, antwortete ihm nur Schweigen. Die Kraft versiegte, noch ehe sie zu wirken begonnen hatte.

Hilflos mußte Aylen mitansehen, wie seine Schwester sich in Qualen wand, als ihre Magie auf sie niederstürzte.

„Gimelda!“

Die Blicke der Geschwister trafen sich ein letztes Mal, und noch einmal schienen ihre Gedanken zu einander zu finden. In beiden war dasselbe zu lesen: Ich lasse dich nicht im Stich. Ich werde dir helfen.

Ein greller Blitz hüllte Gimeldas Körper ein, und im selben Augenblick explodierte die Magie der Manen und ergoß sich führerlos geworden über die Hügel und Wiesen. Aylen konnte sehen, wie die Wiesen mit goldenem, rotem und schwarzem Licht überflutet wurden, wie die letzten Überlebenden aufschrien und darin untergingen, wie sich die Magie wiederum aufbäumte und nun nach außen schoß, wo sie neue Opfer vermutete.

Wie eine einzige Feuerwand brandete sie über die Hügel und brach auch über Aylen herein, der einem Reflex gehorchend die Arme schützend vors Gesicht hob. Wieder löste sich etwas, als die Magie des Manen mit der seiner Schwester zusammentraf. Als wäre eine Stütze fortgeschlagen worden, brach der Boden unter Aylen weg. Während der Manen fiel, hörte er das Weinen seiner Schwester und das Krächzen einer Krähe.



Teil 3:

Aylen fiel.

Seine Umgebung zog in einem Wirbel aus Licht und Farben an ihm vorüber, ohne Muster, ohne Struktur. Der Manen versuchte, seine Magie als Anker oder wenigstens als Rettungsseil zu benutzen, doch sein Inneres war leer und kalt. Jegliche Flamme, ob nun magisch oder nicht, war erloschen, und das einzige, was Aylen noch geblieben war, waren sein Verstand und seine Emotionen.

Er schrie es heraus, brüllte und fluchte, aber obwohl er seine Stimme hören konnte, war es, als würde sein Umfeld alles andere verschlingen: jeden Sinn und jede Erleichterung, die sein Verhalten Aylen im Leben gebracht hätten. Das alles machte Aylen nur noch wütender, und das Etwas, das er nun gefangen in der Form seines ehemaligen Körpers war, schlug und trat um sich, als kämpfe es mit einem unsichtbaren Feind.

Ein Gesicht erschien im Farbwirbel. Augen schwarz wie Erdöl blickten neugierig aus alterslosen Züge, und der Manen hatte das Gefühl, als flammten Hohn und Spott in Opols Blick auf.

Der Gott der Toten formierte sich wieder als der Mann in den schwarzen Kleidern und dem roten Mantel. Obwohl Aylen spürte, daß er noch immer fiel, schien Opol stets an derselben Stelle zu stehen. Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen.

„Wie gefällt es dir hier?“ fragte der Gott, und seine Stimme dröhnte in Aylens Geist.

„Wo beim Larpes bin ich?“ fragte der Manen zornig.

„Nun, dort bist du noch nicht“, antwortete Opol grinsend. „Aber der Larpes ist nicht allzu weit von hier entfernt. Eigentlich ist jeder Ort gleich nah und gleich fern.“

„Du sprichst in Rätseln“, knurrte Aylen, doch Opol lachte nur.

„Du befindest dich zwischen den Sphären, Sterblicher“, erklärte er. „Und deine Macht ist nicht mehr, um dir Struktur und Muster zu sein und dir ein Portal in die Heimat zu öffnen.“

„Aber du kannst es“, stieß der Mann hervor. „Du kannst mich mit Leichtigkeit fort bringen, in jede Sphäre, die dir beliebt.“

„Ja, das könnte ich.“ Opol stieß Aylen in die Seite, und der Magier kreiselte ein wenig und schlug nach der Hand des Gottes. „Das könnte ich wohl“, wiederholte Opol und ließ den Sterblichen einen Salto schlagen.

„Dann hilf mir doch endlich“, verlangte Aylen wütend, doch Opol zuckte nur gut gelaunt mit den Schultern.

„Du hast mir doch glaubhaft versichern wollen, daß ich nicht für dich zuständig bin“, entgegnete er vergnügt. „Und bis zu deinem Tod hast du nicht einmal an mich geglaubt. Dann sieh auch jetzt zu, wie du ohne mich zurecht kommst.“

Mit einem letzten hämischen Lachen verließ Opol den Manen. So gut hatte sich der Gott seit Äonen nicht mehr amüsiert.

Aylen jedoch war alles Lachen gründlich vergangen. Hilflos taumelte er in diesem verdammten Wirbel, und so sehr er sich auch bemühte, es wollte ihm einfach nicht gelingen, seinen Sturz aufzuhalten oder wenigstens zu verlangsamen. Längst wußte er nicht mehr, wo oben, unten, vorwärts oder zurück waren, und selbst wenn man ihn aufgefordert hätte, seine rechte von der linken Hand zu unterscheiden, Aylen hätte wohl versagt.

Der Manen atmete tief durch und schloß die Augen. Die Orientierung gewann er dadurch allerdings nicht zurück, denn nun wirbelte und drehte sich alles unter den Lidern direkt vor seinen Augen. Doch Aylen war bereit, um sein Seelenheil zu kämpfen. Immerhin war er, wie er Opol so oft erklärt hatte, ein Manen, und damit eine der am höchsten entwickelten Lebensformen auf ganz Philais. Da würde er sich doch nicht von so ein paar Farben und dem schwarzseherischen Geschwätz eines Gottes ins Bockshorn jagen lassen!

Er dachte an Gimelda, und der wahnsinnige Ausdruck ihrer Augen jagte Aylen noch in der Erinnerung einen gewaltigen Schrecken ein, mehr als das Auf und Ab und Hin und Her seines Seins. Beinahe glaubte Aylen, Gimelda noch immer zu sehen, allerdings hoch oben, während sie ziellos durch die Gänge der Burg lief, zum ersten Mal im Wissen, vollkommen allein auf der Welt zu sein, ohne Aylen, mit dem sie sich trotz aller geschwisterlichen Differenzen blind verstand. Irgendwie wirkte sie verkümmert und zerzaust auf ihn, und Aylen wünschte sich, er könnte seine Schwester in den Arm nehmen und ihr beruhigend durchs Haar streichen, wie er es damals nach dem Tod ihrer Eltern getan hatte. Dann verblaßte das Bild von Gimelda.

Eine neue Präsenz näherte sich und schreckte Aylen aus seinen Gedanken an die Schwester. Macht durchfloß den Wirbel, vermischte alle Farben, bis nur noch Grau zurückblieb. Diese Präsenz, spürte Aylen, diese Präsenz, die immer näherkam, war wie ein Gott und doch anders. Eine Aura eilte ihr voraus, die dem Manen den Angstschweiß über den Rücken laufen ließ.

Aylen war sich sicher, noch nie etwas Derartigem begegnet zu sein. Und doch, ein Teil seiner Seele schien sich zu erinnern, daß er genau dieser Präsenz eines Tages gegenüber stehen würde. Vermutlich war dieser Tag nun gekommen. Wo auch immer dieses Wesen war, Aylen bewegte sich darauf zu.
Der Wirbel wurde langsamer, und Aylen glaubte, langsam Strukturen in dem Grau in Grau zu erkennen. Sie waren allesamt zerbrochen und zerstört.

Die Leere in Aylen breitete sich aus. Der Mann konnte spüren, wie etwas aus ihm floß, als sei er ein Wasserfaß mit einem Leck. Nur, daß er kein Wasser verlor, sondern etwas ungleich Wertvolleres.

Panik überkam den Manen. Wo auch immer er hinstrebte, da wollte er nicht hin! Und als er dieses Mal eine Stimme in seinem Geist vernahm, wollte er sich übergeben vor Angst.

„Du hast kein Ziel. Du bist verloren. Doch ich kann dir helfen. Nur einen geringen Preis für meine Leistung erwarte ich von dir. Im Leben ist nichts umsonst, und hier auch nicht. Du willst ins Leben, und ich kann dir dabei helfen. Du mußt mir nur die Hand reichen.“

Etwas tauchte direkt vor Aylens Gesicht auf, wie eine Knochenhand oder eine Klaue, doch es hatte keine wirklich Form. Schwarzes und rotes Feuer umrankten es, aber die Flammen spendeten kein Licht und keine Wärme. Sie wollten nur vernichten, und als erstes vernichteten sie sich selbst.

Der Manen verspürte die Versuchung, nach dem Ding vor seinem Gesicht zu greifen, aber die Flammen erinnerten ihn an Gimmi, wie sie aus Verzweiflung über seinen Tod alles um sich herum vernichtete, außer sich vor Zorn und Trauer, jenseits aller Emotionen und Gedanken. Wenn sie sich später daran erinnerte, würde sie sich wohl dafür hassen, denn es war so irrational und verschwenderisch gewesen, so vollkommen sinnlos. Sie würde sich wünschen, es rückgängig machen zu können, genauso wie Aylen sich wünschte, diesen Morgen noch einmal erleben zu dürfen. Wenn er könnte, würde er liegen bleiben, wenn Gimmi wütend gegen seine Tür pochte.

Gimelda. Sie würde nicht wollen, daß er der Versuchung unterlag und sich in dieses Klauending gab. Sie würde wollen, daß er stark war, so wie er sich wünschte, daß sie stark war, ohne ihn.

Aylen schüttelte den Kopf und versuchte dabei, das Wesen hinter der Klaue zu fixieren. Er mußte seinen Gegner kennen, sonst konnte er sich nicht gegen ihn schützen. Und Aylen spürte, daß er bald gegen ihn würde kämpfen müssen.

„Du wehrst dich. Es ist umsonst. Wehr dich nicht. Ich will doch nur, daß du mir dienst. Dann werde auch ich dir dienen.“

„Dir diene ich nicht“, erwiderte Aylen mit brüchiger Stimme. „Ich diene niemandem.“

„Du dienst schon dein ganzes Leben lang“, war die rätselhafte Antwort. „Und nun sträube dich nicht mehr. Gib dich hin und --- was...“ Die Stimme brach ab.

Wieder schwappte eine Welle über Aylens Kopf, und im selben Augenblick endete sein Fall. Etwas hatte ihn aufgefangen, hielt ihn fest und hüllte ihn schützend ein. Es sperrte Opols gehässiges Lachen aus und das Klauending. Es hielt die Stimmen davon ab, weiter in seinem Geist zu bohren.
Wieder hing Gimeldas Gesicht vor Aylen. Er konnte die Tränen in ihren Augen und den schmerzverzerrten Ausdruck ihrer Miene sehen, und sein Herz wollte brechen. Goldenes Licht beschien die Gestalt der Schwester, lief an ihrem Gesicht und ihrem Körper vorüber und traf auf Aylen. Es umschwärmte ihn wie Motten die Kerze und wob dabei einen Kokon, zunächst nur zarte Fäden, aber sie würden dicker und stärker werden, und dann würden sie Aylen nicht mehr nur festhalten, sondern ihn gefangennehmen. Doch alles sollte ihm besser erscheinen als der schreckliche Fall und das Klauending.

Das Licht um ihn herum wurde stärker, und Gimeldas Gestalt verblaßte. Noch immer konnte Aylen das Leid in den Zügen seiner Schwester erkennen, und plötzlich wußte er, wenn er sie nun allein zurückließ, würde er sie vielleicht verlieren.

Die Entscheidung fiel schnell. Er war immerhin schon einmal gesprungen, und jetzt, wo das Licht, ihr Licht, ihm den Weg wies, konnte er sie nicht verfehlen. Aylen sprang, und ein letztes Mal tat es in seinem Innern einen Riß, als er den Kokon zu durchbrechen versuchte.

Er konnte Gimelda sehen, wie er sich ihr näherte, und er wußte, er würde bei ihr bleiben. Es würde nicht schwer sein. Wenn sie ging, mußte er nur die Flügel ausbreiten und ihr folgen. Es wurde unwichtig, wo er einst hergekommen war oder wohin sie ihn führen würde.

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft trafen sich – und gingen aneinander vorbei. Die Krähe folgte der Gegenwart, während der Mann zurückblieb, an einem Ort, wo es keine Zeit gab.

Magie durchfurchte diesen Ort. Der Mann konnte sie riechen, schmecken und fühlen, einzig Teil von ihr war er nicht mehr. Die Magie hüllte den Ort in ein helles Leuchten. Alles strahlte dieses Leuchten aus, ohne dabei grell oder schrill zu sein. Es war ein sanftes Licht, das den Augen nicht weh tat. Alles an diesem Ort war bereit, dem Mann zu dienen. Er würde keinen Hunger und keine Müdigkeit empfinden und keine Schmerzen. Nur die Sehnsucht und das unbekannte Heimweh konnte ihm nichts und niemand nehmen.
Seine Schritte lenkten den Mann automatisch vorwärts. Gleichgültig betrachtete er die fremde, exotische Schönheit dieses Platzes. Dort, wo der Horizont sein müßte, erhoben sich die Wände eines Kapsel, welche diesen Ort sicher einhüllte und vor allem anderen schützte. Ein eigentümlicher, einlullender Singsang lag in der Luft, strich über Hügel aus Nebel und Blumen wie leuchtende Edelsteine. Doch jeder Schritt, den der Mann tat, brachte ihn an einen Platz an diesem wundersamen Ort, wo der Singsang verstummte. Lautes Toben und Brausen überdeckten die zarten Töne, und als er sich näherte, erkannte der Mann auch die Quelle des Lärms.

Quer durch diese Kapsel verlief eine Fluß. Es war keiner diese ruhigen, behäbigen Ströme, die sich verschlafen ihren Weg durch die Landschaft suchen. Nein, dieser brauste und spritzte, als sei er voller Wut und Haß. Silbriger Tropfen sprangen wie Glassplitter in die Luft, bis sie wieder ins Wasser sausten. Luftblasen brodelten zwischen den Strömungen und Strudeln, daß einem Angst und Bange werden konnte. Doch der Mann wußte, daß ihn nichts an diesem Ort verletzen konnte, und so trat er dicht an das mit hohem Gras bewachsene Ufer des Flusses und starrte auf die Wasseroberfläche.

Für einen Moment wurde das Wasser ruhig und klar. Der Mann konnte den Boden erkennen, doch zwischen Himmel und Flußbett hing ein Spiegelbild. Der Mann blickte in ein ernstes Gesicht mit blauen Augen, das von kurzem braunen Haar umrahmt war, und mußte ein wenig lächeln. Schon wollte er den Blick abwenden, als er hinter dem Männergesicht zwei weitere Gestalten erkennen konnte. Die eine war groß und schlank, mit glänzendem schwarzen Haar und funkelnden grünen Augen, und lächelte ihm traurig zu. Die andere Gestalt war eine Frau mit dunkelblondem Haar und Augen, blau wie die seinen. Auch sie lächelte, aber hoffnungsvoll, und streckte ihm ihre Hand entgegen.

Der Mann wollte die Hand berühren und streckte seine Finger nach dem Wasser aus, als der Wind auffrischte, und mit ihm kamen die Wellen zurück. Die Fluten des Flusses verwischten das Bild im Wasser, trugen es mit sich fort. Doch der Mann wußte, was er zu tun hatte.

Lächelnd stand er auf. Wenn er die Augen beschattete, konnte er in der Ferne einen großen Baum erkennen. Er wußte, daß er bald zu diesem Baum gehen würde, aber noch nicht jetzt.

Der Mann wandte dem Fluß den Rücken zu und ging dorthin zurück, wo er aufgebrochen war. Er würde ein wenig warten müssen, aber nicht viel. Und vor allen Dingen nicht umsonst. Die Frau war gewiß schon auf dem Weg zu ihm.
Sie würde kommen. Der Mann wußte, daß sie kommen würde.



Teil 4:

Der Mann stand zwischen dem sanften Leuchten der Landschaft, die ihm Heimat war, und blickte der Frau nach. Er hatte sie gehen lassen müssen. Gewiß, so vollkommen allein wäre er wieder dem Warten verdammt, aber wenn er sie nicht hätte gehen lassen, hätte er sie verloren. Er wußte nicht warum, aber er war sich sicher, daß es die einzige Möglichkeit gewesen war, sich die Frau zu erhalten. Und doch tat es ihm weh, sie gehen zu sehen. Wenn sie bei ihm war, gab es keine Seelenqualen und keine Sehnsucht. Wenn sie bei ihm war, war die Welt vollkommen, und er in ihr. Er war zu oft und zu lange unvollkommen gewesen.

Der Mann wollte ihr nicht nachsehen, bis sie verschwunden. Sie würde die Kuppel mit Leichtigkeit durchbrechen, erst recht nun, da sie gebrochen war. Ja, die Kuppel war gebrochen, gebrochen wie die dicke Schicht, die sich auf den wilden Fluß gelegt und ihn zum Stehen gebracht hatte. Jetzt wütete er wieder dort hinten, und würde sich der Mann ihm nähern, würden die Wasser wohl versuchen, ihn zu verschlucken.

Doch der Mann würde dorthin nicht zurückkehren. Er mußte hier stehenbleiben und warten, denn er wußte, daß sie kam. Er hatte gespürt, wie sie sich der Kuppel genähert hatte, und vor wenigen Augenblicken hatte sie sie betreten. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis sie hier war.

Seltsam, dachte der Mann, noch vor kurzem hatte er diese Worte nicht gekannte: Augenblick, lang oder dauern. Zeit war nichts, das man in Worten fangen konnte. Sie geschah einfach.

Ein Geräusch durchbrach den Singsang dieser Welt, und der Mann hob den Kopf, um es einordnen zu können. Etwas näherte sich. Sie kam näher.

Der Mann drehte sich um, ohne noch einen Blick auf die Frau zu werfen. Es würde nur schmerzen.

Weit vorn, irgendwo noch hinter dem Leuchten halb verborgen, war ein dunkler Fleck, der stetig wuchs, während er näher kam. Der Mann starrte ihn gelassen an, auch als die Dunkelheit zu Schwärze wurde, die schwammigen Umrisse zu Flügeln und einem gefederten Körper und zu einem krummen, spitzen Schnabel. Kluge schwarze Vogelaugen blickten den Mann an, als die Krähe sich mit kräftigen Flügelschlägen näherte, den Schnabel triumphierend vorausgestreckt.

Der Mann lächelte und breitete die Arme aus, als wolle er die Krähe umarmen. Doch anstatt langsamer zu werden, schoß der Vogel weiter vorwärts. Seine Schnabelspitze war geradewegs auf das Herz des Mannes gerichtet.

Als die Krähe ihren Schnabel in seine Brust rammte, drang ein heiserer Schrei über die Lippen des Mannes, wie ein Ruf, der tief aus seinem Innern kam und den er lange Zeit in sich getragen hatte, ohne eine Chance, ihn auszusprechen.
Der Mann fiel zu Boden. Seine Augen versagten ihm den Dienst, aber er wußte auch so, daß die Krähe nicht mehr in seiner Brust steckte. Sie war hindurch geflogen und hatte dabei eine tödliche Wunde gerissen, aber in dem Moment, als sie verschwunden war, hatte sie ihm die Chance auf ein neues Leben versprochen.

Der Mann spürte, wie warmes Blut aus seiner Wunde rann, über seinen Körper lief und schließlich auf den Boden tropfte. Ein Teil versickerte im Erdreich, doch das meiste bildete eine große Lache um den Mann herum. Er fühlte, daß mit dem Blut auch vieles andere aus seinem Körper floß, Dinge, die er nur empfinden, nicht aber beschreiben konnte. Eine große Schläfrigkeit breitete sich in ihm aus, lullte ihn langsam ein. Ja, er wollte schlafen. Er wollte träumen, von ihr, der Frau, deren Namen er nicht einmal kannte, und von dem Leben, das er einst geführt hatte. Er konnte schon die Burg sehen, eine große, graue Burg mit einem großen Raum im Ostturm, der ein großes Fenster für das Licht hatte. Er sah Wiesen und Hügel, ein Meer, das an den Horizont stieß. Er sah die Dämmerung und die Nacht, den Morgen und den Tag.

Der Mann seufzte. Wer solche Träume hatte, der brauchte kein Leben.

Doch etwas stimmte nicht. Der Mann spürte, wie der Boden immer mehr von seinem Blut aufsaugte und schließlich zu zittern begann. Der Mann wollte die Augen öffnen und aufstehen, sich einen Ort suchen, wo es nicht wackelte und bebte, doch sein Körper gehorchte ihm nicht.

Der Mann hörte Schritte, doch im selben Augenblick gab der Boden unter ihm nach, und er fiel.

Aylen schrie auf, schlug um sich, doch wieder nutzte es nichts. Erneut erlebte er den scheußlichen Moment des Fallens, ihm hilflos ausgeliefert. Und doch, plötzlich bekamen seine Finger etwas zu fassen. Aylen krallte sich reflexartig fest und riß sich im selben Zug Gesicht, Hände und Knie auf, als seine Finger Felsgestein berührten.

Aylen wagte es, ein Auge einen Spalt weit zu öffnen. Dann, um sich zu vergewissern, riß er beide Augen weit auf, und den Mund noch gleich dazu. Er hing mit dem Oberkörper auf einem schmalen Felsvorsprung. Seine Hände klammerten sich an eine halb herausgerissenen Pflanze, während seine Beine über einem Abgrund baumelten.

Mühsam zog sich Aylen so weit nach oben, daß er die Füße auf den Vorsprung stellen und sich aufrichten konnte. Der Manen keuchte, aber zum Ausruhen blieb ihm keine Zeit. Er wußte nicht, wie er hergekommen war, nur daß er vor kurzem noch auf dem Hügel nahe der Badestelle der Geschwister auf Albon gestanden und ein Heidenvergnügen daran gehabt hatte, die beiden Kampfverbände auf den Wiesen unter ihm vom Massakrieren abzuhalten, indem er gemeinsam mit Gimelda die Männer und Frauen in eine Kapsel aus dem den Manen eigenen Schutzschild gesteckt hatte. Gerade noch hatte er amüsiert von der Hügelspitze auf die Kämpfer zu seinen Füßen geblickt, die auf sich einschlugen, ohne ihr Gegenüber auch nur berühren zu können. Aylen hatte Gimelda, die ihm gegenüber zwischen Büschen und ein paar jungen Bäumen gestanden hatte, in Gedanken ein Grinsen geschickt und überlegt, über wie viele er wohl seinen Schutzmantel ausgebreitet hatte. Und im nächsten Moment hing er über diesem Abgrund.

Aylen legte den Kopf in den Nacken und starrte die glatte Felswand hinauf, die sich vor ihm erhob. Dabei trat er einen kleinen Schritt nach hinten – und konnte rechtzeitig wieder nach vorne springen, als der Stein unter seinen Füßen zu bröckeln begann und mit lautem Gepolter hinabstürzte.

„Nur nicht nach unten sehen“, befahl sich Aylen selbst und drückte sich mit zugekniffenen Augen gegen die Felswand. Doch noch immer konnte er hören, wie sich das Felsgestein löste und Stück für Stück in den Abgrund fiel. Mit rasender Geschwindigkeit verkleinerte sich die Fläche, auf der seine Füße Platz finden konnten, und der Manen konnte es sich nicht mehr leisten, die Augen geschlossen zu halten. Er wollte seine Magie ausschicken, um ein Seil vom fernen Oben zu ihm tief unten fallen zu lassen, oder noch besser eine Leiter, aber seine Magie war verschwunden! Das versetzte Aylen nun wirklich in Panik. Allein auf einem schmalen Vorsprung über einem Abgrund, das war nicht schön, zugegeben, aber auch noch von der Magie verlassen zu sein, das war eine Katastrophe!

Der Manen preßte sich eng an den Felsen. Seine linke Hand umklammerte die Pflanze, die ihm vorhin schon Halt geboten hatte, die rechte suchte im Stein fieberhaft nach einem weiteren Vorsprung, an dem er sich wenigstens festhalten konnte. Doch Platz und Zeit wurden knapp, und so entschied sich der Magier für eine List.

„HILFE! HÖRT MICH JEMAND?“

Seine Stimme hallte von den Felswänden wieder, und als das Echo verklungen war, vergingen wertvolle Sekunden in völliger Stille. Dann war eine zaghafte Stimme vom oberen Rand zu hören.

„Aylen?“

„Gimelda!“ Aylen hatte die Stimme der Schwester augenblicklich erkannt, und sein Herz machte vor Freude einen Hüpfer. „Gimmi, hol mich hier raus! Schnell!“

„Aylen, was tust du denn da?“ Ihr Gesicht erschien am Rand des Spalts. „Du wirst fallen!“

„Deshalb mußt du mir auch schnell helfen, Gimmi“, schrie Aylen hinauf und wunderte sich den Bruchteil einer Sekunde, seit wann sein Schwesterchen so begriffsstutzig war. Natürlich würde er fallen!

„Was soll ich denn tun?“ fragte Gimelda leise.

„Nutze deine Magie“, rief ihr Bruder.

Wieder herrschte bedenkliche Stille, ehe Gimeldas Stimme schwach zu Aylen drang.

„Ich kann nicht.“

Aylen schloß enttäuscht die Augen. Das war doch nicht die Möglichkeit, daß sie beide ihre Kräfte verloren hatten, wenn sie sie gerade dringend benötigten!

Ein Tropfen Blut löste sich aus der Schramme, die quer über seine Stirn verlief, und rann in seine Augen. Wütend wischte Aylen den Tropfen fort. Der Überlebensinstinkt überwand seine Niedergeschlagenheit und erinnerte ihn dran, daß es noch andere, nicht magische Wege geben mußte, ihn aus der Klemme zu holen.

„Ein Seil“, brüllte Aylen. „Hol ein Seil oder einen langen Ast! Und bitte beeile dich, Gimmi!“

Wieder polterte ein Steinbrocken den Abgrund hinab, und Aylen war gezwungen, auf einem Bein zu balancieren, um ihm nicht zu folgen.

„Hier ist kein Seil, und auch kein Ast“, meldete sich Gimelda wieder. Die Verzweiflung in ihrer Stimme ließ ahnen, daß sie die Dringlichkeit der Angelegenheit mittlerweile verstanden hatte.

Aylen atmete stoßweise. Kein Seil. Dann mußte es anders gehen.

„Du mußt dich zu mir herunterbeugen, Gimmi“, rief Aylen hoch, „und mir deine Hand hinhalten. Du mußt mich heraufziehen!“

„Aber das ist zu weit“, protestierte Gimelda. „Ich werde dich nicht erreichen können.“

„Es wird schon gehen“, erwiderte Aylen. Zu gern hätte er sich den Schweiß von der Stirn gewischt, ehe er in die Augen rann und dort brannte. „Es muß gehen, wenn ich ein Stück hochklettere.“

„Ja, wenn du kletterst. Dann vielleicht.“

Gimelda schob sich so weit über den Rand der Schlucht, wie sie es wagte, klemmte ihre Füße unter einen kleinen Felsvorsprung und krallte ihre linke Hand in die Grasbüschel und das leichte Wurzelwerk, das ebenfalls über den Rand hing. Ihre rechte streckte sie, den Stein langsam abtastend, ihrem Bruder entgegen.

Auch Aylen streckte seine Hand nach der Schwester aus, doch zwischen ihren Fingerspitzen lagen gewiß zwei Armlängen.

„Ich kann dich nicht erreichen“, schrie Gimelda entsetzt.

„Ich werde zu dir hochklettern“, versprach Aylen atemlos. „Halte du nur deine Hand hin, damit ich danach greifen kann, sobald es geht.“

„Sei vorsichtig, Aylen“, bat Gimelda, und ihr Bruder sah, daß sie Tränen in den Augen hatte.

„Ich verspreche es“, sagte der Manen leise. Dann suchte er weiter nach einem Felsvorsprung. Endlich fand er einen und legte die Hand darum; eben in dem Moment, als sich das letzte Stück Felsen unter seinem Fuß auflöste und in die Tiefe polterte.

Gimelda schrie auf, als ihr Bruder ebenfalls schreiend den Boden unter den Füßen verlor, abrutschte und strampelnd hängen blieb, die rechte Hand so fest gegen den Stein gepreßt, daß seine Fingernägel abbrachen, die andere in das Gestrüpp einer alten Pflanze gekrallt, die gewiß auch schon besser Tage erlebt hatte.

„Aylen!“ rief Gimelda. „Halte dich fest!“

„Was glaubst du, was ich tue?“ erwiderte Aylen keuchend und versuchte, sich wieder eine Stück hochzuziehen.

Gimelda schob sich noch weiter über den Abgrund hinaus und reckte ihre Hand ein wenig tiefer.

„Kannst du sie immer noch nicht greifen?“ schrie sie hinunter.

„Nein!“

Aylen legte den Kopf in den Nacken und starrte sehnsüchtig zu seiner Schwester hinauf. Selbst wenn er sich hochziehen und die Hand nach ihr ausstrecken könnte, zwischen ihnen hätten Welten gelegen. Es bedurfte schon Magie, um diese aussichtslose Situation zu lösen.

Gimelda blickte hinab, geradewegs in die hoffnungsvollen Augen ihres Bruders. Wenn sie ihm doch nur helfen könnte!

„Ihr Götter“, flüsterte Gimelda mit tränenerstickter Stimme, „bitte helft mir!“



Die Götter der Magie und Yiro, die Göttin der Sterblichkeit und der Unbeständigkeit saßen auf dem Rand eines riesigen Springbrunnens, der sich auf ihren Befehl aus den Nebeln des Ulymps geformt hatte. Opol, der ihnen gerade noch berichtet hatte, wie es ihm mit dem Sterblichen ergangen war, hatte den Ulymp soeben verlassen, erleichtert darüber, Yirove nicht mehr in die Augen sehen zu müssen. Die Göttin der Magie und der Inspiration konnte wahrlich einen Feuerblick haben, dem niemand standhalten konnte, wenn sie wollte. Magan hingegen, der weise Gott der Magie und der Lehre, hatte Opol eher zum Gähnen denn zum Zittern gebracht.
„Ihr seht“, sprach Yiro und deutete auf das Bild Aylens im Wasser des Brunnens, „selbst jetzt, in einer Stunde höchster Not, hält er es nicht für nötig, uns um Gnade zu bitten.“ Die Göttin schüttelte den Kopf.

„Ich wußte nicht, daß sein Glaube auf dem Prüfstand stehen soll“, erwiderte Yirove kalt. „Vielmehr sollen wir doch entscheiden, ob er ein Recht dazu hatte, sich deinem Diener Opol zu verweigern.“ Sie lächelte humorlos.

„Ich finde, sein Charakter ist dabei ebenso von Bedeutung wie die Tatsache, daß ein Schwert ihn durchbohrt hat“, sagte Yiro steif, und Magan nickte.

„Sie hat recht, liebe Schwester“, sagte der Gott. „Es ist von Nöten, daß wir wissen, was für ein Sterblicher er ist.“

„Bla, bla, bla“, murmelte die Göttin der Magie abfällig, und Magan hob prüfend einen Braue. „Wenn du dir so sicher über ihn bist“, Yirove wandte sich an die andere Göttin, „warum hast du dann nicht allein entschieden?“

Yiro hätte ihr gern geantwortet, daß sie sich an die Gottheiten der Magie gewandt hatte, lange bevor Aylen Manen in diesen Zustand geraten war: in einer Welt zwischen den Sphären vom Tode bedroht, all seiner magischen Kräfte beraubt. So aber mußte sie eine Ausrede finden, die wenigstens unbeteiligten Gottheiten plausibel erschien. Yirove und Magan kannten gewiß die ganze Wahrheit.

„Er ist ein Manen“, begann Yiro und reckte das Kinn vor. „Somit ist er von eurem Blute. [Anm.: Das erste Kind namens Manen stammte aus der Verbindung der Tochter Magans und des Sohnes Yiroves, beide Halbgötter, die ihr Leben für das Leben ihres Kindes geben mußten.] Das macht ihn zu einem Teil der Magie selbst. Und ihr seid die Gottheiten der Magie.“

„Ein Teil der Magie, das sind die Manen in der Tat“, sagte Magan würdevoll. Yirove lächelte nur süffisant. „Und wie groß seine Magie ist.“

Magan blickte auf einen großen goldenen Gegenstand. Opol hatte ihn mitgebracht, nachdem er ihn aus der Sphäre der Ewigkeit gezogen hatte. Es war ein goldenes Netz, ein Magisches Netz. Es hatte keinen Mantel wie das Netz, das Philais umspannte, und leuchtete daher von strotzender Magie. Zwischen den Fäden sprangen kleine Flämmchen hin und her: ein Teil des Magischen Feuers von Aylen Manen.

„Ein solches Maß an Magie“, murmelte Yirove. Ihr Blick hing an dem Sterblichen im Wasserspiegel des Brunnens. Wie hilflos und schmächtig der junge Mann doch erschien. Und doch, etwas in ihm war ihr Blut, ihre Kraft und ihr Feuer. Yirove lächelte zufrieden und ließ ihren Blick zwischen Aylen und dem goldenen Netz seiner Magie schweifen.

„Es wäre in der Tat schade, es so einfach verkommen zu lassen“, stimmte Magan ihr zu. Auch seine Augen leuchteten auf. „Er könnte ein Lehrstück für eine ganz neue Magie sein.“

„Eine gefährliche Magie“, gab Yiro zu bedenken.

„Magie ist nie gefährlich“, antworteten Magan und Yirove wie aus einem Mund. Dann sahen sich die Götter der Magie an.

Yiro gefiel dieser Blick ganz und gar nicht. Ein stummes Einverständnis lag darin, und die Göttin fand, daß es an der Zeit war, die Gottheiten an etwas zu erinnern.

„Ein Sterblicher darf nicht aus dem Tode zurückkehren“, zischte sie. „Und er ist tot, meine Lieben.“

„Er kann sich doch gar nicht daran erinnern“, brummte Magan und kratzte sich den Kinnbart.

„Das ist nicht die Frage“, erwiderte Yiro schnippisch. Sie starrte wütend auf den Menschenwurm, der um sein Leben kämpfte. Jetzt war er bar seiner Magie. Wenn er stürzte und starb, würde er ins Verum eingehen. Er würde keine andere Wahl haben, als sich der göttlichen Macht zu beugen und zu tun, was man als Sterblicher zu tun hatte. Es war die Gelegenheit, sich dieses Störenfriedes ein für allemal zu entledigen.

„Ich persönlich finde ja“, begann Yirove langsam, und Yiro hätte viel dafür gegeben, ihr jetzt über den Mund fahren zu dürfen, „ich finde, er sollte eine zweite Chance erhalten. Er ist immerhin ein Meister der Magie – und ein Manen“, fügte sie hinzu. „Und ein Manen stirbt am Fluch.“

„Es will aber niemand deine Meinung hören“, schnappte Yiro. „Er ist ein Sterblicher, dem man ein Schwert ins Herz gejagt hat!“

„Ich bin sicher, es wird ihm eine Lehre sein“, sagte Magan hoheitsvoll. „In Zukunft wird er sich seiner Sterblichkeit bewußter sein. Und das wäre dann ja auch in deinem Interesse, liebe Schwester.“

„In Zukunft?“ tobte Yiro. „Er wird keine Zukunft mehr erleben!“ Haß loderte in ihren Augen auf. „Er ist tot! Tot, versteht ihr das denn nicht? Wo kämen wir denn dahin, wenn wir auf gut Glück die Sterblichen entscheiden lassen, ob sie leben oder sterben wollen?“

„Ich dachte, du wolltest unsere Meinung hierzu hören“, flötete Yirove und zwinkerte Magan verschwörerisch. „Denn immerhin ist er ein Manen. Ein Geschöpf aus Magie – nein, vielmehr: Er ist Magie. Da haben wir ja wohl etwas über sein Schicksal mitzureden.“

„Nein, nein, nein! Er ist tot!“ keifte Yiro und stampfte mit dem Fuß auf. „Und damit gehört er mir!“

Die Götter der Magie sahen einander kurz an, und in diesem Augenblick herrschte Einigkeit zwischen ihnen.

„Er gehört mir“, wiederholte Yiro. „Und ich verbiete euch, euch einzumischen!“ Erst als die Worte ihr über die Lippen gekommen waren, erkannte die Göttin der Sterblichkeit, daß sie einen unverzeihlichen Fehler gemacht hatte, doch da war es bereits zu spät.

„So, so, du verbietest es uns also“, sagte Magan kühl und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wenn das so ist...“ Wieder blickte er Yirove an, und die Göttin nickte ihm aufmunternd zu.

Magan schloß die Augen, und seine Lippen bewegten sich in einem lautlosen Singsang. Vor seiner Stirn bildete sich ein runder Kristall, der sanftes weißes Licht verströmte und sich langsam drehte. Als Magans Augen sich wieder öffneten, spiegelten sich die Funken darin. Ein Kopfnicken lenkte den Kristall von Magan fort und zu Yirove.

„Das dürft ihr nicht tun!“ kreischte Yiro hilflos.

Die Göttin der Inspiration nahm den Kristall zwischen ihre Fingerspitzen und pustete sanft dagegen. Stetig begann er zu wachsen, und purpurne Blitze zuckten durch das strahlende Weiß von Magans Magie, umkreisten die Funken und färbten den Kristall eine Nuance dunkler. Dann blies Yirove etwas stärker, und wie ein Irrwisch aus Licht sauste der Kristall davon, bis er etwa auf halbem Weg zwischen den Göttlichkeiten verharrte.

„Das ist verboten!“ heulte Yiro auf, doch Magan und Yirove ignorierten sie.

Die Götter der Magie woben in Gedanken unsichtbare Fäden, die dem Kristall zum Netz wurden, so daß er schließlich zwischen ihnen zu ruhen kam. Das Netz schloß sich um den Kristall, glühte kurz weiß und golden auf, und vereinigte sich mit dem Licht. Etwa zur selben Zeit erlosch das frühere Netz des Manen und verschwand mit einem letzten trotzigen Leuchten.

Magan und Yirove traten aufeinander zu, bis der Kristall vor ihnen in der Luft schwebte. Die Gottheiten schlossen ihre Finger um den Kristall und versenkten ihre Blicke darin. Während Magan lautlos die Lippen bewegte, summte Yirove eine kurze Melodie. Der magische Kristall sickerte aufwärts durch ihre Hände, bis er schlußendlich zwischen ihren Fingerspitzen aufglühte.

„Er gehört mir!“ Yiro bebte vor hilflosem Zorn, doch sie wußte, daß sie den Kampf verloren hatte.

Das Wasser des Brunnens teilte sich und öffnete ein Portal, eine direkte Verbindung zu den beiden Sterblichen am Abgrund. Mit einer fließenden Bewegung senkten Magan und Yirove den Kristall, so daß ihre Finger geradewegs auf den Manen zeigten. Mit einem letzten hellen Glühen löste sich der Kristall und flog spiralförmig auf Aylen zu, der die Hand nach Gimelda ausstreckte.

„Mir!!“ kreischte Yiro noch einmal, doch die Götter der Magie achteten nicht auf sie, sondern blickten hinunter zu dem Sterblichen, der sich noch immer an den Felsen klammerte, die Augen sehnsüchtig zu seiner Schwester erhoben, die ebenso hilflos war wie er.



Der Stein unter seiner Rechten bröckelte ein wenig, und Aylen konnte die Schwerkraft spüren, die an seinem Körper zog. Noch ein paar Sekunden, und er würde den Halt verlieren und endgültig abrutschen. Seine Arme waren jetzt schon schwer wie Felsgestein, und in seinen Schultern riß es unbarmherzig.

Gimelda beugte sich verzweifelt noch ein Stück weiter in den Abgrund und löste dabei ein paar Steinchen, die auf Aylen fielen.

„Gimmi“, rief der Mann stöhnend hinauf. „Geh zurück, Gimmi, sonst fällst du auch noch.“

„Ich lasse dich nicht allein“, antwortete seine Schwester und reckte ihre Finger ein weiteres Stückchen. „Nimm meine Hand, Aylen!“

Der Stein, den seine rechte Hand umklammert hatte, brach aus der Wand und polterte in die Tiefe. Die Geschwister schrien auf, als Aylen sich instinktiv an die Pflanze klammerte. Doch auch deren Wurzelwerk schaute besorgniserregend weit aus dem Gestein.

„Das war’s dann wohl“, murmelte Aylen und starrte die Wurzeln an, als wolle er sie hypnotisieren. Doch statt sich wieder in den Fels zu graben, glitten sie weiter heraus.

„Aylen!“ rief Gimelda, schob sich noch einmal weiter vor – und verlor den Halt. Mit einem kurzen Aufschrei stürzte Gimelda.

„Gimmi!“

Aylen sah die Schwester auf sich zukommen, und im selben Moment breitete sich ein seltsames Kribbeln in seinem Körper, seinem Geist aus. Vertrautheit vertrieb die Leere, Macht schwappte über Hilflosigkeit, Angst und Zaudern. Der Manen dachte nicht nach, ließ einfach die Pflanze los und griff nach seiner Schwester, die sich auch augenblicklich an ihm festklammerte. Arm in Arm stürzten sie in die Tiefe.

Aylen preßte den überraschend knochigen Leib seiner Schwester eng an sich und sprach die Worte. Ein goldenes Glühen hüllte die Manen ein, und seine Wärme breitete sich auch in Aylen und Gimelda aus, heilte vor langer Zeit geschlagene Wunden, bis nur eine einzige Narbe zurückblieb. Aylen atmete Luft ein und Magie aus. Der Boden, der ihnen bisher entgegen geschnellt war, wich golden schimmernd zurück und verblaßte langsam. Aylen blickte in die Höhe, und einen Herzschlag später berührten die Füße der Geschwister Felsboden.

Der Magier hielt seine Schwester fest und spürte, wie sie sich an ihn drückte. Ihre Schultern fühlten sich hart und verknöchert an, und Aylen schob Gimelda irritiert eine Armeslänge von sich, um sie besser betrachten zu können.
Gimelda hatte sich verändert. Das einst prachtvolle lange schwarze Haar hing ihr in stumpfen Strähnen ins Gesicht, und wo früher Kämme und Bänder ihre Frisur geschmückt hatten, hingen nun Grashalme und einige kleine schwarze Federn. Ihr dünner, abgemagerter Körper steckte in einer einfachen braunen Tunika und einem dunklen Rock, dessen Saum mit Schlamm und Blut besudelt war, und auch ihre sonnenverbrannte Haut war von Staub und Schmutz gräulich geworden. Sie blinzelte ihn verwirrt an, und Aylen glaubte, einen Funken Wahnsinn in den grünen Augen zu erkennen.

„Wieviel Zeit ist denn vergangen?“ wunderte sich der Manen und schloß Gimelda wieder in die Arme.

Sie zitterte leicht und schmiegte sich an seine Schulter. Er hatte das Gefühl, als würde sie gleich anfangen zu weinen, und beruhigend strich er ihr durch die Zottelmähne, die einst ihr Haar gewesen war. Unter der Magie, die seinen Fingern entströmte, glättete und säuberte sich ihr Haar, floß wieder weich und glänzend unter seinen Händen über ihre Schultern und den samtigen Stoff des dunkelgrünen Mantels, der Aylens Gedanken gehorchend Gimeldas schluchzenden Körper wärmend einhüllte.

Aylen blickte am Kopf seiner Schwester vorbei in die Ferne. Sie standen auf einem kleinen Plateau irgendwo am Rand eines kleinen Gebirgstales. An der gegenüberliegenden Felswand stürzte ein Wasserfall in prächtigen Kaskaden den Stein hinunter, um sich als silbernes Bächlein seinen Weg durch das Gras und die Büsche zu suchen. Sommerblumen blühten, und Schmetterlinge flogen zwischen den Blüten herum. Ein Vogel sang.

Nichts an diesem Tal kam Aylen bekannt vor.

„Ich verstehe das nicht“, murmelte er kopfschüttelnd, und Gimelda, von der Bewegung gestört, richtete sich schniefend auf.

„Was verstehst du nicht?“ fragte sie. Ihre Stimme krächzte ein wenig, und an ihren Wimpern hingen noch immer Tränen.

Ihr Bruder betrachtete sie nachdenklich. Sie hatte sich verändert, nicht nur äußerlich. Etwas war in sie eingedrungen, hatte ihre magische Aura gestört und verwirrt und ihren Geist so schwer verletzt, daß Gimelda sich selbst nicht mehr zu helfen in der Lage war. Mit Ruhe und Geduld würde sie vielleicht wieder so werden wie früher. Und trotz allem strahlte sie ein unbekannte Zufriedenheit aus, die Aylen ein wenig neidisch werden ließ. Ihre Eltern hatten dasselbe ausgestrahlt.

„Laß uns nach Hause gehen“, sagte Aylen leise und wischte Gimelda mit einem Tuch behutsam die Tränen von den Wangen. „Alles andere wird sich finden.“

„Nach Hause.“ Gimelda sprach die Worte bedächtig, als fürchtete sie, nicht zu wissen, was sie bedeuteten. Doch dann leuchteten ihre Augen sehnsüchtig auf, und sie nickte lächelnd. „Ja, laß uns nach Hause gehen.“

Aylen griff nach ihrer Hand und sprach die Worte. Mit sanftem Glühen öffnete sich ein Portal neben ihnen, und in dem hellen Licht darin konnte man die grauen Zinnen einer Burg erkennen. Die Geschwister blickten sich lächelnd an und traten durch das Portal, das sich hinter ihnen lautlos schloß.
 

Gilmon

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Hallo Andrea,

Deine Geschichte hat mir gut gefallen. Besonders gut ist
die Stelle als der Gott und der Manen über den Tod miteinander diskutieren. Deine Komik ist da sehr fein und wirkt nicht albern, was einen leicht passieren kann, aber
auch der Rest hat mir gefallen.

Interessant finde ich, daß Du zum Bild des Sensenmannes
greifts. Wenn ich den Tod im meinen Fantasygeschichten dar -
stellen möchte, greife ich auch immer zu dieser Figur,
wobei sicherlich eine eigene Figur sinnvoller wäre.
Fantasyliteratur spielt immer in einer anderen Welt und
in einen anderen Kulturkreis ab und da gibt es wohl keinen Sensenmann.
 

Andrea

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Sensemann

Hallo Gilmon,

erstmal (wenn auch etwas spät)vielen Dank für dein Lob.

Was nun den Sensemann betrifft, so ist es wirklich seltsam, wie der Kerl sich immer in den Vordergrund drängt. Opols Gestalt, in der er den Sterblichen begegnet, ist nämlich im Normalfall jene Männergestalt - doch im Zweikampf mit einem Magier von Aylens Kaliber erschien er mir eindach zu dürftig!

Natürlich - das gebe ich gerne zu - bin ich durch TOD von Pratchett kapital beeinflußt, aber vielleicht ist es ja auch so, daß der Tod tatsächlich die Gestalt eines Sensemanns hat, und daß das jedem Sterblichen so klar ist, daß eine solche Figur zwangsläufig zum Sensemann mutieren muß.. vielleicht aber auch nicht. ;)

Gruß
 

Andrea

Mitglied
So, jetzt habe ich die ganze Geschichte gepostet - dieses in Stücke hacken hat mir nicht gefallen.

Ich hoffe, ihr laßt euch von der Länge nicht abhalten!

Und für die, die die ersten beiden Teile schon gelesen haben, habe ich die Einteilung bestehen lassen..

Gruß
 

Gilmon

Mitglied
Hallo Andrea

Es ist eine gute Idee die Kapitel zusammenzustellen, so werden sie nicht zerrissen, es kann nämlich sehr leicht passieren, daß der Leser nur ein zweites Kapital aufrufen kann und das sich das erste Kapitel sonst wo befindet (wenn z.B. 30 Tage abgelaufen sind).
Nun zu deiner Geschichte: Besonders die Stellen mit den Göttern sind gut gelungen und auch witzig zu lesen. Was mir nicht ganz klar wurde, ist die Stelle, wo der Manen das Jenseits verläßt und dann zurück in die Welt der Lebenden kommt.
Auf was Du auch noch etwas achten solltest sind die Übertreibungen. Du verwendest zahlreiche Hyperbeln, was Dein Text auch gebietet, der in diesen Sinne auch an Pratchett erinnert, aber vielleicht zu viele. Wobei das Geschmackssache ist, gerade die Hyperbel ist ein Tropus, der immer eine Gradwanderung ist.
Auf der anderen Seite mußt Du auch an spätere Kapitel denken, wenn Du jetzt schon zu sehr übertreibst, wird es später schwer dies noch zu überbieten. Aber ich halte mich zu lange an dieser Kleinigkeit auf.
Der Text ist auf jeden Fall gelungen und ihn zu lesen ist wirklich amüsant.
 

Andrea

Mitglied
Danke für deine Kritik!

Hm, zu viele Hyperbeln.. Kannst du mir mal ein Beispiel nennen, welche Stellen du damit meinst?

Was zukünftige Kapitel betrifft: die wird es nicht geben. Diese Geschichte endet hier - auch wenn es eine Geschichte über Gimelda, die Schwester, gibt, und eine über die Frau. Und natürlich so einiges über die Götter - aber das gehört nicht hierher. ;)

Daß du meine Geschichte mit Pratchett vergleichst, finde ich übrigens extrem schmeichelhaft. Wenn ich mich da an die Verkaufszahlen udn Veröffentlichungen annähern könnte, nur so ein kleines bißchen... *seufz*
 

Gilmon

Mitglied
Hallo Andrea

Ich antworte spät, doch ich antworte. Mit den Hyperbeln habe ich mich wohl übertrieben ungeschickt ausgedrückt. Ich versuche mich besser zu artikulieren.
Ich ging davon aus, daß Du noch weiter schreiben willst und da dazu neigst dich im Lauf der Geschichte immer mehr zu steigern, so hättest Du Probleme bekommen. Es wäre schon schwer einen Kampf zwischen einen Gott und einen Magier später zu übertreffen. Allgemein bietest Du in beiden Kämpfen einiges auf, daß es für meinen Geschmack etwas zu viel ist. Ich halte die Kämpfe für etwas übertrieben, die Manen für zu mächtig. So sehe ich das zumindest, aber sonst gibt es man Text nichts zu bemängeln.
 



 
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