(F) Kane III

Lord Stark

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Die Reise der Prinzessin Valeria von Kalgar, dem Königreich ihres Vaters, bis an die nordöstliche Grenze Brymonts war ohne Zwischenfälle verlaufen. Dies war einer großen Eskorte barbarischer Nordmänner und einer klug gewählten Route zu verdanken, die Bragant in einem Bogen umging, da Hadubrand wohl um die gegensätzlichen Vorstellungen Amras bei dieser Vermählung wußte.

König Sandor begrüßte die Eskorte an diesem nebligen Herbstmorgen mit allem Prunk, zu dem Brymont fähig war. Sein Geleitschutz, mit dem er die Nordmänner ablöste, glich eher einem kleinen Heer: Die komplette 5. Schwere Kavallerie, 150 Ritter in schwerer Rüstung auf gepanzerten Rössern, drei dutzend Fußsoldaten zur direkten Begleitung der Kutsche Valerias, sowie er selbst und fünft ausgesuchte Männer seiner Leibgarde, in goldenen Prunkrüstungen auf schneeweißen Wallachen thronend.

Der König gestand sich selbst ein, ein wenig übertrieben zu haben, doch konnte es nicht schaden wenn die Nordmänner zuhause im kargen Kalgar - er schmunzelte bei dieser treffenden, leicht von den Lippen gehenden Beschreibung - von dem Prunk und dem Glanz Brymonts berichteten.

Jedoch verabschiedeten sich die fellbekleideten und mit doppelschneidigen Streitäxten bewaffneten Krieger rasch von ihrer Prinzessin, ohne übermäßig viel Notiz von der brymontischen Heerschar zu nehmen, und verschwanden dann stumm in den bewaldeten Hügeln. Sandor schnaubte abfällig durch die gerümpfte Nase. Ein Haufen ungewaschener Wilder, aber ohne Zweifel würden sie im Kampf gegen Bragant ihren Mann stehen - engen Kontakt mußte man ja nicht mit ihnen pflegen.

Eine liebenswürdige Miene aufsetzend, lenkte er seinen Schimmel an die vierrädrige Kutsche heran, die von sechs zotteligen Hochlandponys gezogen wurde, um Valeria zu begrüßen. Diese war in einen Pelz aus Schneemarderfell gekleidet, der nur ein von langen, blonden Haaren umrahmtes, herzförmiges Gesicht freiließ.

Sandor schnalzte anerkennend mit der Zunge. Sein Sohn würde eine wahre Freude an ihr haben. Wenn auch noch ein Kind aus der Verbindung hervorgehen würde, müßte er Thoem einen Stier mehr zur Wintersonnwende opfern.
Während seine Augen an ihr auf und abglitten, bemerkte er mit Befremden die kleine Axt, die an ihrem Gürtel hing. Er hatte zwar gehört, daß in Kalgar die Frauen neben ihren Männern im Kriegshandwerk ausgebildet wurden, dies aber genauso wie das schreckerfüllte Flüstern von Eisriesen als Geschwätz abgetan. Nun, hier würde man ihr diesen Unsinn schnell austreiben. Hoffentlich fand sie Freude am Sticken.

Mit einem galanten Lächeln verbeugte er sich vom Sattel aus: „Es ist mir eine Ehre, die bezaubernde Prinzessin Valeria kennenzulernen, und sie zu ihrem zukünftigen Gemahl, meinem Sohn Haldur, zu geleiten. Ich hoffe, die Reise war nicht zu anstrengend?"
Mit silberheller Stimme hub die Prinzessin zur Antwort an: „Auch mir ist es eine große Ehre, den mächtigen Monarchen von Brymont zu Gesicht zu bekommen, von dessen glorreichen Siegen an den Feuern meines Volkes erzählt wird. Habt dank für Eure Sorge um mein Wohlergehen, doch verglichen mit Jagden und Reisen auf dem Rücken eines Pferdes, die ich daheim im Norden unternommen habe, ist dies hier nur ein Spaziergang." Stolz reckte Valeria das Kinn empor und Sandor meinte in ihren Augen ein feuriges Funkeln zu entdecken.

Erstaunt hüstelte er in die geballte Faust. Ein wahrer Wildfang - nun, man würde sie zähmen.
„Laßt uns dennoch keine Zeit verlieren, meine Liebe, es sind nur noch einige Stunden bis Burg Drachenfels, wo wir eine gemütliche Rast einlegen können. Hauptmann Saglant! Ihr bewacht mir die Kutsche mir eurem Leben! Der Rest kommt mit mir!"
Die letzten Befehle waren eher zur Beruhigung Valerias bestimmt gewesen, als daß Sandor eine echte Gefahr befürchtete. Sie befanden sich schließlich auf brymontischem Gebiet und kein Strauchdieb würde es wagen, eine solch gewaltige Eskorte anzugreifen.
„Bei meinem Leben!" schwor Saglant und sammelte die Fußsoldaten sowie 20 der ihm unterstellten Reiter um die Kutsche, die sich langsam in Bewegung setzte. König Sandor selbst preschte mit den übrigen Rittern an die Spitze des Zuges und gab sich Träumen zukünftiger Erfolge hin.

Mit diesem Coup war das Ende Amras besiegelt. Um sich gegen zwei Seiten gleichzeitig verteidigen zu können, fehlten Bragant die Möglichkeiten. Soviel Gold und soldaten, wie er dazu benötigen würde, konnten nicht einmal Amras verfluchte Hexer herbeizaubern.
Wenn erst einmal offener Krieg herrschte, konnte sich Kalgar dem Ruf seines Bundesgenossen nach Beistand nicht verwehren, und wenn doch - nun, die Gemahlin des Sohnes könnte sehr schnell zur Geisel des Vaters werden. Und wenn Bragant erst in die Knie gezwungen war, dann würde er diesem Schandfleck unter Thoems Auge nie wieder die Gelegenheit geben sich zu erholen. Er würde jeden Stein jeder Garnison und jeder Feste schleifen lassen, die sich ihm widersetzt hatten, er würde...
 



 
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