Ein gewaltiger Schatten verdunkelte für einen Augenblick die Sonne begleitet von einem dröhnenden Brüllen. Gebannt starrten beide Drachen nach oben und gaben ein hohes Fauchen von sich, als sie das große Drachenweibchen hoch über ihnen entdeckten. Es war fast doppelt so groß wie die beiden Jungdrachen am Boden, für die es zu spät zur Flucht war. Nicht selten kam es vor, dass Altdrachen Jagd auf ihre jungen Artgenossen machten, wenn diese sich zu weit in die Berge wagten. Aber das Weibchen griff nicht an, sondern kreiste weit über den beiden und stieß einen lockenden Ruf aus. Es war ein tiefes Brummen, das dem bronzefarbenen Drachen in den Körper fuhr und ihn erzittern ließ. Begleitet wurde dieser tiefe Ton von einer Art Melodie. Sie rief ihn zu sich und erschien dem Jungdrachen mit einem Mal seltsam vertraut wie etwas lang Vergessenes. Ein weiteres Mal ertönte der Ruf und alles in ihm verlangte danach, ihm zu folgen. Seine Beute und der Kampf gegen die Rote waren vergessen. Kraftvoll stieß er sich vom Boden ab und gewann mit kräftigen Flügelschlägen an Höhe. Unter sich hörte er das wütende Knurren der Roten, für die der Kampf noch lange nicht beendet war. Auch sie spürte die Verlockung hinter dem Ruf des Altdrachens und wollte ihrem Rivalen auch diese Gunst nicht gönnen. Schwerfällig setzte sie ihm nach, denn jeder Flügelschlag bereitete ihr durch die Bisswunde Schmerzen.
Der Bronzene achtete nicht mehr auf sie, sondern passte seine Flugbahn dem Altdrachenweibchen an und antwortete auf ihren Ruf. Sie umkreisten einander in einem Tanz, den nur das graubraune Weibchen zu kennen schien. Zu spät bemerkte der Jungdrache die Rote, welche mit vorgestreckten Klauen einen Zusammenstoß mit ihm wagte. Ihre Klauen glitten an seinen Schuppen ab. Doch der Zusammenprall warf ihn aus der Flugbahn. Einen Augenblick unfähig sich zu bewegen, taumelte er durch die Luft. Die Rote wollte ihm keine Gelegenheit geben sich wieder zu fangen. Doch ein Flammenstoß trieb die beiden auseinander. Wie ein Sturm aus Feuer und Klauen stieß das große Weibchen auf das kleinere herab. Gerade noch rechtzeitig konnte der bronzefarbene Drache abdrehen, ehe er in die Flugbahn der beiden geriet, und beobachtete, wie die Rote von dem anderen Weibchen herum geschleudert und nach unten gegen den Fels geschmettert wurde, sodass das Gestein über ihr barst und sie unter sich begrub. Das Triumpfgebrüll des Altdrachenweibchens hallte über den Bergkamm. Alle Sinne des bronzefarbenen Drachen schrien nach Flucht. Aber eine Gelegenheit dazu sollte er nicht mehr bekommen. Zunächst war es ein Zupfen am Rande seines instinktgetriebenen Bewusstseins. Er wollte es abschütteln und fliehen, um der Gefahr durch den anderen Drachen zu entkommen. Dann schlug der fremde Wille wie ein Peitschenhieb zu, drängte sich ohne Rücksicht in den Geist des Jungdrachen und hielt ihn gefangen. Alle Gefühle entglitten ihm, nicht einmal seinen Körper spürte er mehr. Da war nur noch dieser bedingungslose Wille. Ohne etwas anderes tun zu können, folgte er dem Weibchen hinauf in die Berge, weiter als er sich bisher je gewagt hatte. Die Berghänge unter ihnen verschwommen zu einem bunten Flickenteppich aus Felsen, Flechten und Gebirgsblüten, ehe sie hinter dem feuchten Flaum grauweißer Wolken verschwanden. Als sie die Wolken durchbrachen, erblickte der junge Drache zum ersten Mal den höchsten Gipfel des Alracisgebirges.
Es war ein atemberaubender Anblick. Schroffe Bergspitzen schmiegten sich an schneebedeckte Bergrücken und ragten hinauf in den azurblauen Himmel. Die Unberührtheit und Einsamkeit dieses Ortes mit seiner kargen Schönheit waren regelrecht greifbar. Hier oben auf dem Dach der Welt schien die Zeit still zu stehen und ihren eigenen Gesetzen zu folgen. Es war eine eigene Welt, in der sich jedes Geschöpf nur klein und unbedeutend vorkommen konnte. Die Krone all dessen war der Sichelgipfel, der wirkte, als wäre der Mond selbst herab gefallen und hätte seine Spitze in das Bergmassiv getrieben. Majestätisch umkreisten weitere Drachen den Gipfel. Dort wo der Sichelgipfel in das schroffe Felsmassiv überging, erstreckte sich ein weitläufiges Plateau. Reste von Zivilisation waren hier unter Schnee begraben oder von der Kraft der Drachen zerstört worden. Doch noch immer zeugten verwitterte Stufen und verfallene Arkaden davon, das ein Volk hier einst großes geschaffen hatte – Drachenhall. Ihre Erbauer gehörten einem längst vergessenen Volk an, das einst von den Drachen unterworfen worden war. Nun waren nur noch Ruinen geblieben und die gewaltige Festung im Inneren des Berges, wo die Königin der Drachen mit ihrem Gefolge residierte und eifersüchtig über die Blutquelle wachte, die in den Tiefen der Festung verborgen war. Dies war der Grund, warum der bronzefarbene Drache hierher gebracht worden war.
Als die beiden Drachen auf dem Plateau landeten, wirbelten sie Schnee auf. Eine Prachtallee führte zum riesigen Eingangsportal in den Berg gesäumt von großen schwarzen Drachenstatuen, die mal sitzend und mal liegend, jene anstarrten, die es wagten einen Fuß vor die Tore Drachenhalls zu setzen. Wachsam musterte der Jungdrache die scheinbaren Artgenossen. Es fiel ihm schwer einen Gedanken zu fassen, denn noch immer lähmte das Altdrachenweibchen seinen Verstand. Und doch wunderte er sich über die Reglosigkeit seiner Artgenossen. An Größe konnte er es gerade so mit ihnen aufnehmen. Aber wenn sie sich gemeinsam auf sie stürzen würden, konnte selbst das machtvolle Weibchen neben ihm, ihn nicht mehr schützen. Vorsichtig näherte er sich einem der sitzenden Drachen und schaute ihm in die schwarzen Obsidianaugen. Verwirrung regte sich in ihm, vor allem, als er es wagte, die Statue mit der Schnauze kurz zu berühren und den kalten Granit spürte. Seine Begleiterin hatte wenig Geduld dafür und trieb ihn weiter. Zu lange hatte sie auf diesen Tag gewartet. Dieser Jungdrache war der einzige ihres Geleges, der es bis hierher geschafft hatte und vermutlich ihre letzte Chance, ihre Linie fort zu setzen. Sofern die Königin der Drachen geneigt war, ihn zur Blutquelle vorzulassen. Nur durch ihr Wasser würde ihr Sohn das Wissen der Drachen und seine Seele erhalten. Andernfalls bliebe er ein instinktgetriebenes Tier und sie würde ihn töten müssen und damit ihre Blutlinie. Aber so weit wollte sie es nicht kommen lassen.
Gemeinsam näherten sie sich Drachenhall. Am Eingang hielten zwei Prinzen Wache. Sie waren noch relativ jung und sahen missmutig aus. Entweder hatten sie die Königin erzürnt oder einen Kampf gegen ihre Brüder verloren, so dass sie nun in der Kälte mit steifen Gliedern Wache halten mussten. Drohend richteten sie sich auf und wollten dem viel größeren Weibchen den Weg versperren.
»Zurück auf eure Plätze, ihr Nestlinge!«, fauchte sie die beiden Prinzen an und spie ihnen eine Feuergarbe vor die Füße, »Die Dragayah erwartet mich und meinen Sohn. Stellt euch Eustexia in den Weg und bereut es.« Ihre Worte begleitete Eustexia mit einem tiefen grollenden Knurren und spreizte ihre Flügel, um ihrem Sohn Deckung zu geben und sich selbst größer erscheinen zu lassen. Einen Augenblick zögerten die Prinzen. Doch dann gaben sie den Weg frei und Eustexia konnte mit ihrem Sohn Drachenhall betreten.
Der Bronzene achtete nicht mehr auf sie, sondern passte seine Flugbahn dem Altdrachenweibchen an und antwortete auf ihren Ruf. Sie umkreisten einander in einem Tanz, den nur das graubraune Weibchen zu kennen schien. Zu spät bemerkte der Jungdrache die Rote, welche mit vorgestreckten Klauen einen Zusammenstoß mit ihm wagte. Ihre Klauen glitten an seinen Schuppen ab. Doch der Zusammenprall warf ihn aus der Flugbahn. Einen Augenblick unfähig sich zu bewegen, taumelte er durch die Luft. Die Rote wollte ihm keine Gelegenheit geben sich wieder zu fangen. Doch ein Flammenstoß trieb die beiden auseinander. Wie ein Sturm aus Feuer und Klauen stieß das große Weibchen auf das kleinere herab. Gerade noch rechtzeitig konnte der bronzefarbene Drache abdrehen, ehe er in die Flugbahn der beiden geriet, und beobachtete, wie die Rote von dem anderen Weibchen herum geschleudert und nach unten gegen den Fels geschmettert wurde, sodass das Gestein über ihr barst und sie unter sich begrub. Das Triumpfgebrüll des Altdrachenweibchens hallte über den Bergkamm. Alle Sinne des bronzefarbenen Drachen schrien nach Flucht. Aber eine Gelegenheit dazu sollte er nicht mehr bekommen. Zunächst war es ein Zupfen am Rande seines instinktgetriebenen Bewusstseins. Er wollte es abschütteln und fliehen, um der Gefahr durch den anderen Drachen zu entkommen. Dann schlug der fremde Wille wie ein Peitschenhieb zu, drängte sich ohne Rücksicht in den Geist des Jungdrachen und hielt ihn gefangen. Alle Gefühle entglitten ihm, nicht einmal seinen Körper spürte er mehr. Da war nur noch dieser bedingungslose Wille. Ohne etwas anderes tun zu können, folgte er dem Weibchen hinauf in die Berge, weiter als er sich bisher je gewagt hatte. Die Berghänge unter ihnen verschwommen zu einem bunten Flickenteppich aus Felsen, Flechten und Gebirgsblüten, ehe sie hinter dem feuchten Flaum grauweißer Wolken verschwanden. Als sie die Wolken durchbrachen, erblickte der junge Drache zum ersten Mal den höchsten Gipfel des Alracisgebirges.
Es war ein atemberaubender Anblick. Schroffe Bergspitzen schmiegten sich an schneebedeckte Bergrücken und ragten hinauf in den azurblauen Himmel. Die Unberührtheit und Einsamkeit dieses Ortes mit seiner kargen Schönheit waren regelrecht greifbar. Hier oben auf dem Dach der Welt schien die Zeit still zu stehen und ihren eigenen Gesetzen zu folgen. Es war eine eigene Welt, in der sich jedes Geschöpf nur klein und unbedeutend vorkommen konnte. Die Krone all dessen war der Sichelgipfel, der wirkte, als wäre der Mond selbst herab gefallen und hätte seine Spitze in das Bergmassiv getrieben. Majestätisch umkreisten weitere Drachen den Gipfel. Dort wo der Sichelgipfel in das schroffe Felsmassiv überging, erstreckte sich ein weitläufiges Plateau. Reste von Zivilisation waren hier unter Schnee begraben oder von der Kraft der Drachen zerstört worden. Doch noch immer zeugten verwitterte Stufen und verfallene Arkaden davon, das ein Volk hier einst großes geschaffen hatte – Drachenhall. Ihre Erbauer gehörten einem längst vergessenen Volk an, das einst von den Drachen unterworfen worden war. Nun waren nur noch Ruinen geblieben und die gewaltige Festung im Inneren des Berges, wo die Königin der Drachen mit ihrem Gefolge residierte und eifersüchtig über die Blutquelle wachte, die in den Tiefen der Festung verborgen war. Dies war der Grund, warum der bronzefarbene Drache hierher gebracht worden war.
Als die beiden Drachen auf dem Plateau landeten, wirbelten sie Schnee auf. Eine Prachtallee führte zum riesigen Eingangsportal in den Berg gesäumt von großen schwarzen Drachenstatuen, die mal sitzend und mal liegend, jene anstarrten, die es wagten einen Fuß vor die Tore Drachenhalls zu setzen. Wachsam musterte der Jungdrache die scheinbaren Artgenossen. Es fiel ihm schwer einen Gedanken zu fassen, denn noch immer lähmte das Altdrachenweibchen seinen Verstand. Und doch wunderte er sich über die Reglosigkeit seiner Artgenossen. An Größe konnte er es gerade so mit ihnen aufnehmen. Aber wenn sie sich gemeinsam auf sie stürzen würden, konnte selbst das machtvolle Weibchen neben ihm, ihn nicht mehr schützen. Vorsichtig näherte er sich einem der sitzenden Drachen und schaute ihm in die schwarzen Obsidianaugen. Verwirrung regte sich in ihm, vor allem, als er es wagte, die Statue mit der Schnauze kurz zu berühren und den kalten Granit spürte. Seine Begleiterin hatte wenig Geduld dafür und trieb ihn weiter. Zu lange hatte sie auf diesen Tag gewartet. Dieser Jungdrache war der einzige ihres Geleges, der es bis hierher geschafft hatte und vermutlich ihre letzte Chance, ihre Linie fort zu setzen. Sofern die Königin der Drachen geneigt war, ihn zur Blutquelle vorzulassen. Nur durch ihr Wasser würde ihr Sohn das Wissen der Drachen und seine Seele erhalten. Andernfalls bliebe er ein instinktgetriebenes Tier und sie würde ihn töten müssen und damit ihre Blutlinie. Aber so weit wollte sie es nicht kommen lassen.
Gemeinsam näherten sie sich Drachenhall. Am Eingang hielten zwei Prinzen Wache. Sie waren noch relativ jung und sahen missmutig aus. Entweder hatten sie die Königin erzürnt oder einen Kampf gegen ihre Brüder verloren, so dass sie nun in der Kälte mit steifen Gliedern Wache halten mussten. Drohend richteten sie sich auf und wollten dem viel größeren Weibchen den Weg versperren.
»Zurück auf eure Plätze, ihr Nestlinge!«, fauchte sie die beiden Prinzen an und spie ihnen eine Feuergarbe vor die Füße, »Die Dragayah erwartet mich und meinen Sohn. Stellt euch Eustexia in den Weg und bereut es.« Ihre Worte begleitete Eustexia mit einem tiefen grollenden Knurren und spreizte ihre Flügel, um ihrem Sohn Deckung zu geben und sich selbst größer erscheinen zu lassen. Einen Augenblick zögerten die Prinzen. Doch dann gaben sie den Weg frei und Eustexia konnte mit ihrem Sohn Drachenhall betreten.