Flaches Glas

Max Neumann

Mitglied
Ich ertrank in einem flachen Glas,
unter seiner stillen Oberfläche—
ein Gesicht, geglättet bis zum Nichts,
weiß wie gefallener Schnee.

Das Sehen verdunkelte sich,
der goldene See brach auf, trocken.
Hunger wurde zur Dürre,
die Krankheit lebte im Kopf.

Briefe aus der Pension Alpha,
Schnee drängte die Sätze vorwärts,
eine Schweißpfütze breitete sich über dem Boden aus,
Sanitäter hielten ihr Schweigen.

Gestrandete Wunder veränderten ihre Farbe,
wie ein Wal, zurückgelassen am Ufer,
langsam austrocknend,
wie der goldene See vor ihm.

Verlorene Ausweise,
Fotografien, Tage, Namen—
alle verschlungen
von wolkenfarbenen Verkleidungen.

Verglaste Augen, eingehüllt in Regen,
Erinnerungen schwer vom Wetter.
Der Erschaffer beobachtet,
ein zärtlicher Hüter der Stunden.

Glas wird zu einer Eisscholle.
Wir gehen darauf, vorsichtig,
vorbei an den Gesichtern,
geschnitzt aus Nacht.
 



 
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