Fluchten Teil 17

Haarkranz

Mitglied
17


Felix und Sascha nahmen, am nächsten Tag wie verabredet, die immer noch tief schlafende Charlie in Empfang, verluden sie in ihr in ein Van verwandeltes Auto, quetschten sich hinein, in die nun drangvolle Enge und Jean fuhr so sanft, als ob eine Ladung roher Eier seine Fracht, gen Bordeaux.
Gegen drei Uhr am Nachmittag standen sie vor der Uniklinik, meldeten ihre immer noch schlafende Dame in der Röngenologie an, lieferten sie ab und erneutes Warten begann.
Sascha war nicht nach nervenzehrendem Herumsitzen vor der Abteilung hinter deren Türen Charlie verschwunden war. „Lass uns in die Stadt gehen,“ ermunterte er Felix. „Jean kann hier warten, sobald wir gebraucht werden, ruft er mich an und wir sind in längstens zehn Minuten vor Ort. Es gibt keinen Grund sich besondere Sorgen zu machen, selbst ein schlimmes Hirntrauma, wie der Doktor das genannt hat, heilt in spätestens einem Jahr, bei richtiger Pflege und Behandlung. Führ dir vor Augen, wie übel wir gestern früh dran waren, dann stellst du fest, wir leben im Paradies! Sie lebt, Felix, sie lebt! Liegt nicht bei den Fischen, ist um Haaresbreite davongekommen! Dabei fällt mir ein, Pierre hat mir eine SMS geschickt. Warte ich les sie dir vor: Hi Sascha, unser Boot mit kompletter Besatzung hundert Kilometer nördlich der Loire Mündung gestrandet. Die Jungs liegen zur Zeit im Hospital, werden im Laufe des Tages entlassen! Hört sich gut an, was?“
Felix nickte zustimmend, hörte sich alles gut an, verdammt gut sogar, so gut dass es kaum zu glauben war. Auch die Nachricht von Mom: Richte dich darauf ein, in den nächsten zehn Tagen hier einzufliegen, wenn du dabei sein willst, du weißt was ich meine. Cherioo!
Cherioo, verdammt, niemand hatte sein Schicksal so verdient wie dieses Gespann; aber Cherioo saß ihm quer. Er musste Charlie allein lassen, ihr erzählen sein Nachfolger müsse eingeführt werden.
Doch das war es, kein Wort würde sie je erfahren über diese letzten Tage seiner Dienstzeit in Hatta. Die davon wussten, Mom und Agib, würden schweigen, sollten sie Charlie bei anderer Gelegenheit kennenlernen. Ali und Selim Ondurmann, würden weiße Flecken in seiner Erinnerung werden.
Sascha fasste seinen Arm. „Immer noch tief in Gedanken, Freund? war ein wenig zu viel des Guten, die letzten Stunden?“
„Zu viel des Schlechten, Sascha. Meine Fahrt von Paris nach La Tranche sitzt mir noch in den Knochen. Ich muss Charlie gesprochen, ihr in die Augen gesehen haben, bevor ich glaube, dass alles gut ist. Weißt du, dreißig Jahre aus der Distanz das Geschick von Menschen berührt, auch bestimmt zu haben und dann plötzlich selbst dem Geschick ausgeliefert zu sein, macht verdammt nachdenklich. Ich werde, hab ich erst mit Charlie gesprochen und ihr ok, meine Zelte in Afrika abbrechen. Nie mehr werde ich Polizist sein, auch kein Berater, wie es sich für die EU anbieten würde. Werde meinen Kram zu Geld machen, absolut bürgerlich werden.“
„Bürgerlich werden, Felix? Meinst du, so leben wie ich, ein Geschäft anfangen?“
„Keine Ahnung, Sascha, hab viel Zeit das zu entscheiden. Ein Geschäft anfangen, wohl kaum. Fehlt mir die Erfahrung. Ist an sich nebensächlich, ist mir so rausgerutscht aus dem Gedankenwust der in mir rumort. Hab mich noch nie so intensiv um mich gekümmert, seit ich denke. Seit ich das Schild La Tranche zum ersten mal erblickte, wie lange ist das her? Lass mich rechnen.
Als ich mit Charlie bei dir war, bin ich am Mittag angekommen. Erster Tag. Danach Segeltörn nach Re‘ zweiter Tag. Aufwachen dritter Tag. Zurück nach Hatta, vierter Tag. Fünfter und sechster Tag, Dienst in Hatta. Siebter Tag zurück nach Paris und La Tranche, weiter nach San Sebastian. Achter Tag heute.
In sieben Tagen, steht in der Bibel, hat Gott die Welt erschaffen, meine ist in acht Tagen zertrümmert und fast wieder aufgebaut worden, das geht an die Substanz."
„Felix siehst du dort drüben, das am hellen Tag beleuchtete Transparent mit dem roten Hummer?“ unterbrach Sascha, ohne weiter auf ihn einzugehen. „Dahinter verbirgt sich ein Kellerlokal, seit vierzig Jahren von meinem Freund Jacques geführt. Ich behaupte nirgendwo in Frankreich, wird der Hummer so exquisit zubereitet und serviert. Ich kenne deinen Einwand, Hummer ist Hummer, Hauptsache er hat die richtige Größe und ist frisch. Papperlapapp, komm iss und du wirst eine solche Meinung nie wieder äußern!“
Felix der weder eine Meinung geäußert, noch zu Hummer eine hatte, schwieg und ließ sich in das Lokal bugsieren. Jacques und Sascha fielen sich in die Arme, drückten sich und vollführten einen unbeholfenen Rundtanz, bei dem ihnen ihre Bäuche sehr im Wege waren. Als sie endlich von einander abließen, wurde Felix vorgestellt, wobei die beiden es nicht lassen konnten, sich immer wieder auf die Schultern zu schlagen, sich mit nur ihnen verständlichen Stichworten, an gemeinsam überstandene Bataillen erinnernd.
Bevor sie sich setzten wurde die Küche besichtigt, der riesige gasbefeuerte Herd, den der Chef zum Anlass nahm, Felix den feinen Unterschied zu erläutern, welcher einen Gasherd dem elektrisch beheizten, so ungeheuer überlegen macht.
Dann ging es weiter zum Hummerbecken, in dem die armen Kreaturen hungernd, mit gefesselten Scheren auf ihr Ende warteten. Sie dürfen nicht fressen, übernahm Sascha nun die Führung, damit sie mit sauberem Darm auf den Teller kommen. Jeder hat schon zuhause zubereitete Hummer gegessen und erleben müssen, wie die Tiere den halben Darminhalt auf den Teller kackten. Um das zu verhindern muss der Hummer bevor du ihn frisst scheißen!“
„So meine Freunde,“ schaltete der Chef sich wieder ein, „raus aus der Küche und an den Tisch dort am Fenster. Ich erlaube mir euch einzuladen, deshalb darf ich die Art bestimmen, wie ich das Scherentier serviere. Lasst euch überraschen!“ Er hatte noch nicht ausgesprochen, als das Telefon klingelte. Felix schaltete ein, schnappte nach Luft, drückte Sascha das Ding in die Hand und stammelte, Charlie!
Sascha quickte vor Freude, „klar ist er hier, Schätzchen, er liegt auf einem Stuhl und versucht sich zusammen zu rappeln. Es scheint dir gut zu gehen, natürlich geb ich ihn dir!“ Felix nahm das kleine Kästchen ans Ohr, und hörte Charlie zu, die immer noch auf Sascha einsprach, und ihn, Felix, unverzüglich sprechen wollte. Eine winzige Weile genoss er den Ton ihrer Stimme, bis er sagte:
„Wunderbar dir zuzuhören, Liebes. Ich hatte bis eben, furchtbare Angst deine Stimme nie mehr zu hören. Jetzt wird alles gut, ich weiß die kleine Schlafende spricht, ist lebendig. Es war so unvorstellbar grausam mir vorstellen zu müssen, du triebst irgendwo hilflos auf dieser Wasserwüste oder schlimmer, warst schon von ihr verschlungen. Ich werde in spätestens zehn Minuten bei dir sein. Bis gleich!“
Er klappte den Hörer zu, gab Jacques die Hand, bedankte sich für das nicht gegessene Menü, wünschte Sascha Guten Appetit, ermunterte ihn sich Zeit zu lassen, in zwei Stunden stände er mit Auto, Jean und Charlie vor der Tür und war schon unterwegs.
Jean erwartete ihn am Empfang. „Kommen Sie mit,“ lotste er ihn durch lange Gänge bis zu einem Aufzug. Das sicher hundert Jahre alte Vehikel setzte sich mit knarrender Unlust in Bewegung, hielt endlich vor einer großen weißen Metalltür. Ungeduldig stieß Felix die Tür auf und stand vor Charlie, die in aus einem Rollstuhl keck angrinste. Er kniete neben ihr nieder, nahm ihr Gesicht in die Hände um ihr unendlich behutsam, einen Kuss auf die Stirn zu drücken, was sie, gewarnt durch seinen feierlichen Gesichtsausdruck unterband. Beide Arme um seinen Nacken geschlungen, beschäftigte sie sich ohne weiteres Zögern, intensiv mit seinen Lippen. Als sie von ihm abließ, verkündete sie: „Ich bin gesund, habe eine mittelschwere Gehirnerschütterung die mit Bettruhe zu kurieren ist, ansonsten putzmunter. Hab so fest und tief geschlafen, weil die Ärzte in San Sebastian sicher gehen wollten, dass ich hier unverzüglich in die Röhre gesteckt würde.“
„Die haben deinen Schlaf verlängert, Charlie?“
„Scheint so, aber hier ist der verkürzt worden. Jetzt schieb mich bitte ins Büro, ich muss angeben wer zahlt, Krankenkasse usw., danach bin ich frei. Wo steckt Sascha, hält sich diskret im Hintergrund um das junge Glück nicht zu stören, nehm ich an?“
Felix lachte, „ganz und gar nicht, der hockt im Roten Hummer bei seinem Freund Jacques und frisst. Wir holen ihn, wenn wir hier fertig sind ab, und dann auf schnellstem Wege nach Hause, ich hab dich viel zu fragen.“
„Wichtiges, Felix? Musst du schon wieder nach Afrika?“
„Nein Liebste, oder doch ja, aber dann nur für ein paar Tage. Bitte hab Geduld, wir besprechen das alles, wenn du entspannt im Bett liegst, und ich dein Händchen halte.“
„Felix, Händchen halten ist nicht, ich bin druff! Liegen ja, das sehe ich ein. Weiß um den lästigen Kopfschmerz, den man sich bei Unvernunft für Jahre einhandelt. Sag mir, was ist aus meinem Boot und den Jungs aus Marenne geworden?“
„Gerettet, Charlie! Irgendwo nördlich der Loiremündung gestrandet. Keiner ernsthaft beschädigt.“
„Na, Gott sei Dank!“ seufzte sie, „war meine erster Gedanke, hab mich fast nicht getraut zu fragen. Wenn ich eins und eins zusammenzähle, hat mich die Riesenwelle oder Windhose, was es auch war, aus dem Boot gefegt. Ich erinnere mich nur noch an das wilde Gezerre, das mich, so kam es mir jedenfalls vor, auseinanderzureißen drohte. Schwamm drüber, ist überstanden!“
Was jetzt geschah war nichts als Routine, nur Saschas Weigerung sofort mitzukommemn, wich davon ab. Charlie war ganz auf ihres Onkels Seite. „Liebes Onkelchen,“ unterstützte sie ihn, der zum Wagen gekommen war, sie zu beglückwünschen, „welche Katastrophe ist katastrophal genug einen Gourmet von der einzig wichtigen Beschäftigung seines Daseins abzuhalten?“
Sascha drückte ihr saftige Schmatzer auf beide Wangen, und seufzte zustimmend: „Mein liebes Mädchen, das schnallt der Mensch nur mit unserem Blut. Fahrt vorsichtig, ich rufe an, sobald meine Geschäfte hier erledigt sind, Jean soll mich dann holen.“
Von der Heimfahrt gibt es nichts zu berichten, Jean schaffte die Strecke in anderthalb Stunden. Felix und Jean transportierten die protestierende Charlie, sich abwechselnd, huckepack die lange enge Treppe zu ihrem Wohnturm hoch. Felix war überrascht. Von außen ging es durch eine normale Haustür einen Gang entlang, der in einem kleinen Garten endete, aus dem sich der Turm über vier Stockwerke erhob. Die oberste Etage war, durch einen dem Turm aufgesetzten Kragen ein geräumiges Wohnzimmer, mit Rundum-Ausblick. Der Rundung des Zimmers angepasst war eine bequeme, breite Couch auf die sich Charlie freiwillig legte. Außer Charlie war nichts zu transportieren gewesen, Jean verabschiedete sich.
„Da wären wir,“ lachte sie ein wenig verlegen, „hatte ich mir anders vorgestellt, deinen ersten Besuch bei mir. Bitte setz dich zu mir, lass uns alles vergessen, außer uns. Du bist zurück und ich nicht bei den Fischen. Was mehr, könnten wir uns wünschen? Du magst es nicht glauben, als ich durch die Wellen trieb, gab es keine Angst vor dem Tod. Was mich beherrschte war Wehmut. Das niederschmetternde Gefühl etwas zu verlieren, von dem ich so lange geträumt, das nur einen Augenaufschlag entfernt auf mich wartete. Ich war schon sehr weit weg, sah meine Eltern, dich und begann zu kämpfen. Die Trawler und ihre Netze brachten mich zurück. Jetzt sitz ich hier, bin die banale Frau die ich immer sein werde, dabei sah ich dich eben noch, so leibhaftig wie jetzt, keinen Meter entfernt auf einer schäumenden Woge.“
Felix schloss sie in die Arme, mannhaft bemüht, die Rührung zu bekämpfen die sich seiner bemächtigte. Was blieb ihm anderes übrig, angesichts seiner coolen Geliebten. Cool? Cool stellte er sofort wieder in Frage. Charlie war nicht cool, er kannte diesen Zustand aus ungezählten Verhören. Menschen die sich an der Grenze ihres Selbst erlebten, reagieren so. Anders als Robert Memba den Schrecken erlebte, dessen Psyche von Trauer, Leid und Vorwurf zerdrückt wurde, stand sie allein ihrem fragilen Selbst gegenüber. Nur dem schuldete sie Verantwortung, jedoch war es zu früh sich damit zu beschäftigen. Wenn sie die ist, von der er träumte, wird uns dieses todesnahe Erlebnis noch nach Jahren Anlass sein, über das Nichts und Gott, Tod und Leben zu spekulieren. Er seufzte und lockerte den Druck, mit dem er sie umfing ein wenig, doch sie flüsterte an seinem Ohr: „Nicht, nicht loslassen, halt mich fest, drück mich, ich brauche deine Nähe, will sie nie mehr missen. Es ist als wüchse mir ein Fell, dein Fell, unser Fell. Darunter mich verbergen, mit dir verschlungen nichts an uns ran lassen, nicht einmal die Sonne, wünsche ich mir.
Ist nur sentimentale Regung, Liebster, musst dich nicht fürchten, bin nicht somnambul, offensichtlich jedoch versalzt, zuviel von der See getrunken.“
Sie lachte, entwand sich seiner Umarmung, legte sich und schlief augenblicklich ein.
Felix wagte es eine ganze Weile nicht, sich zu rühren. Als er dann doch behutsam aufstand, schlug sie die Augen auf und flüsterte, ihn beruhigend: „Der Doktor sagte, es würde zu plötzlichen Schlafanfällen kommen. Ich soll mich nicht widersetzen.“ Sprach’s und schlief weiter.
Felix tat sich in dem Turmhaus um und befand es, bis auf den Aufstieg für höchst komfortabel. Die unterste Schlafetage war zweckmässig eingerichtet, Schränke auch hier dem Rund der Wände angepasst, mit drei Aussparungen für Fenster, die keinen Seeblick boten. Ein breites Bett konnte in einen Schrank hochgeklappt werden, was scheinbar selten geschah, denn Charlie hatte eine Fotografie von einem Unterseeaquarium oder ähnlichem in die Lücke gestellt.
Ohne Fische ging es bei der Dame nicht, amüsierte sich Felix.
Das Stockwerk darüber war ganz auf Recreation abgestellt. Fitnessgerät, Sauna, Tauchbecken und komfortable Dusche. Der Mosaikfussboden, wie auch anders, Szenen aus dem Meer: Ein bärtiger Neptun mit Dreizack war hinter einer Nixe her, die Miene der fischschwänzigen Dame ließ eindeutige Absicht vermuten. Eine Türe öffnete sich zu einer hölzernen Altane, auf der Tisch, Stühle und eine Sonnenliege standen. Eine Treppe führte fünf Stufen außen an der Turmwand hoch und endete in einer Aussparung zur nächsten Etage. Felix erkannte durch ein Fenster, Kühlschrank, Herd und weitere Küchenmöbel.
Bevor er seine Erkundung auf die Küche ausdehnte, rief ihn Charlie.
„Ich bin hungrig, Felix, kannst du kochen?“ fragte sie.
„Nicht exquisit, aber für meinen Hunger hat es oft gereicht,“antwortete er.
„Was ich gut kann: Wurst und Kartoffeln braten. Spagetti, überhaupt Nudeln al dente kochen, sie dann mit entsprechenden Zutaten, zu Alio Olio, Bolognese oder einfach Butter mit Parmesan anrichten. Fisch brate ich wirklich gut, also einfach in Butter mit Salz und einem Hauch Gewürz, provencale oder ähnlichem. Gelingt immer und macht mir Spaß. Sprich, wonach gelüstet dich?“
„Nach Fisch, Liebster, wenn du bereit bist ihn bei Joubert zu holen. Ich seh dir an, du bist. Gib mir das Handy ich ruf Joubert an, es ist am Ende dieser Gasse, das Haus mit der Nummer 5. Da geh rein, der Fisch liegt fertig, bist du da bist.
Als Felix die Tür zu Nummer 5 aufstieß, kam Madame Joubert ihm schon mit einer Plastictüte entgegen, die sie ihm mit den besten Wünschen für eine schnelle Genesung Charlies übergab und hinzufügte: „Ganz Tranche war erstarrt als Pierre meldete, ihr Boot sei bei dem fürchterlichen Sturm vier Stunden überfällig. So etwas war hier schon lange nicht mehr vorgekommen, zu meiner Jugend passierte das alle naselang, aber heutzutage? Jedenfalls war unsere kleine Kirche, nachdem die Schreckennachricht herum war, gefüllt wie seit Jahren nur zu Weihnachten und Ostern. Wenn die Einen gingen, kamen die Nächsten, sodass ohne Unterlass gesungen und gebetet wurde. Bestimmt hat es mitgeholfen, so ganz hat unser Herrgott die Hand noch nicht von seinen lauen Lämmern genommen.“
Felix pflichtete ihr bei. Sie drückte, ihn nach draußen führend, seinen Ellebogen fest an sich, wobei sie mehrmals wiederholte, wer wollte, hätte die Steine poltern hören können, die Allen vom Herzen fielen, als die Nachricht von Charlies Rettung die Runde machte.
Als er zurückkam, bat Charlie ihr die Liege von der Altane in die Küche zu stellen, damit sie nicht so ohne ihn sein müsse, wenn er koche.
Als er sie gut verstaut hatte, sich über die Fische hermachte, erzählte er wie sehr die Gemeinde, nach Aussage von Madame Joubert, Gott bestürmt habe, sie zu erretten.Tag und Nacht sei gesungen und gebetet worden, zu gutem Ende wie sich gezeigt hat.
Charlie registrierte das sehr ernst, wie er bei einem Seitenblick auf ihr Gesicht erkannte und hörte, wie sie mehr zu sich, als zu ihm sagte: „Was Gott angeht, muss ich ganz von vorn anfangen.“
Was die Fische anging, musste er, der stolze Koch das nicht. Fangfrisch gegessen, waren die einfach köstlich. Charlie leckte sich die Lippen, und war mit ihm einer Meinung, es mussten nicht immer Austern sein. Alkohol, war ihr empfohlen worden, sparsam zu genießen, und so verzichtete sie ganz und trank Wasser. Felix machte sich über eine Flasche Wein her und trank die leer, bei ihrem leisen, alles was bis morgen Zeit hatte, umschiffenden Gespräch. Charlies Augen wurden klein und sie gähnte. Das war für Felix das Signal: „Ins Bett mit uns!
Dich trage ich nach unten, mir richte ich ein Bett oben auf der Couch.“
Charlies Reaktion war ein lang gezogenes: „Wie bitte?“
„Cherie, du musst dich schonen, besser ich muss dich schonen. Mit dir in einem Bett wird das nichts!“
„Felix!“ fauchte Cherie, „ich soll die Vertikale meiden, von der Horizontalen war keine Rede!“
„War keine Rede, hast du gefragt?“
„Ganz direkt hab ich gefragt, als mir der Doktor erläuterte was alles verboten sei, sprach er nicht vom Vögeln. Also fragte ich, ob ich dürfe, und er antwortete, solange es nicht in Leistungssport ausartet, gerne! Geklärt, Liebster?“
In dieser Nacht behandelte Felix seine Charlie wie Charlotte, Charlie kam einfach nicht zum Zuge, aber es war wunderbar. Sie streichelten sich die halbe Nacht und wenn er sie ritt, so war es, wie sie flüsterte, ein Ritt durch die Luft, auf lang und sanft schwingendem Rücken, einem zärtlichen, sinnverwirrendem Ziel entgegen.
Nach dieser Nacht waren sie Mann und Frau. Felix erläuterte ihr seine privaten afrikanischen Verhältnisse, streifte dabei das Desaster der Familie Ondurman, sowie seine Verbindung zu dem ermordeten Chef des Hauses, ohne näher auf seine Arbeit bei der Aufklärung des Verbrechens einzugehen. Dabei bereitete er sie auf seine baldige, vielleicht schon in den nächsten Tagen notwendige Reise nach Hatta vor. Es waren Dienstgeschäfte zu übergeben, sowie die Entflechtung seiner Interessen von denen der Ondurmans einzuleiten.
Ich werde nicht zum letzten Mal nach Hatta müssen, es wird Verhandlungen geben, die nur ich als Entscheider führen kann, aber bis dahin wirst du wieder gesund sein und mich begleiten, wenn du magst.
Charlie hatte aufmerksam zugehört, ihr einziger Kommentar: „Ich mag.“
 



 
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