Fünf Zeilen nur

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sufnus

Mitglied
Hey Scal!
Hier ist die Forderung von Virginia Woolf, jedenfalls in der deutschen Übersetzung "ein Zimmer für sich allein", Wirklichkeit geworden (im Original-Titel "A room of one's own" klappt die Doppeldeutigkeit nicht so gut).
Tatsächlich ist in Deinem Text das Zimmer ganz "für sich allein". Der Raum ist leer bis auf die Eulenuhr, offenbar ein abgründiger Verwandter der Kuckucksuhr.
Thomas Brasch hat gesungen: "Wer durch mein Leben will, muss durch mein Zimmer".
Wo aber keiner mehr durch das Zimmer geht, da ist kein Leben mehr. Und die Zeit bleibt stehen.
LG!
S.
 

Scal

Mitglied
Hallo Sufnus,

aber da ist noch einer, der sitzt und sieht die Eule, die weise.
Die fünf Zeilen sind Abkömmlinge einer Sinnerei über Zimmer, Wand, Wände, das Nebenbeiprodukt eines etwas surrealen, fragmentarischen Prosa-Lyrik-Textes. Derlei gibts mehrere, mal schauen, ob irgendwann ... na ja, vielleicht, vielleicht auch nicht.

"Wer durch mein Leben will, muss durch mein Zimmer"
ich bilde mir ein, dass es auch einen gleichlautenden Buchtitel gibt. Prosa oder Lyrik - ich kann mich nicht gut genug erinnern.
Danke!

LG
 

Ubertas

Mitglied
Hallo @Scal,

Dein Gedicht gefällt mir sehr gut! Es beschreibt aus meiner Sicht einen Zustand der Leere, der Einsamkeit. So empfinde ich es. In einem hoffnungslosen Moment geht niemand durch das "Zimmer". Es ist zu einem Nur geworden, einem Objekt, das sich unbelebt anfühlt. Keiner bewohnt es. Eine Wand wird zur Projektionsfläche, ob Eule oder nicht. Es ist leise. Die Zeit fließt rückwärts in dem Moment nach vorn und sieht sich selbst dabei zu. Zwinkert mit seinen Augenblicken und Erinnerungen.
Danke für diesen wundervollen Beitrag!

Lieben Gruß, ubertas.
 

Scal

Mitglied
Hallo Ubertas,

was Du schreibst erfreut mich sehr. Danke!
Ob sich solche kleine Miniaturen auch malerisch darstellen ließen? (Wand mit Eulenblick und Uhrpendel ?).
Die „Anwesenheit“ von Wänden, ihre Dauer: jede, jeder kennt's, kennt das Alleinsein davor, selbst die Geselligsten.

Meine Textminiaturen erzählen meistens von dem Versuch, etwas Vorgängiges - mir gemäß - zum Ausdruck zu bringen - Momenten entsprungen, die ich mit „findfühlig“ bezeichnen möchte (in der kapelle christelts nachtweilteigig/ der mond löst kreuzworträtsel - ist er eins? - u.dgl. mehr).
„Stimmig“ oder nicht? (auch viele andere Autorinnen und Autoren kennen das).
Ich kann's schwer beurteilen (soziale Wasserprobe).
Manchen Lesern erscheint derlei sicherlich als etwas abstrus.

Lieben Gruß
Scal
 

Ubertas

Mitglied
Hallo Scal,

Ja, ganz gewiss lässt sich das malerisch umsetzen. Sprache zu Bild. Ich sehe eine weich gefiederte Wand. Auf der Stirn der Eule sitzt ein Pendel, das zwischen ihren weisen Augen wandert..

In einer zuweilen abstrusen Wirkung auf das "Publikum" würde ich eine Chance sehen. Oft bildet sich ein mehrheitlicher Geschmack aus der gegenseitigen Annahme von Hinz und Kunz, zeitgleich vom anderen zu denken: Ja, wenn der das sagt, wird es schon stimmen! Ob dies so jemals stattfand? Wird nicht hinterfragt.

Daher finde ich deine Wortwahl auch besonders schön, wenn du schreibst, du bringst etwas Vorgängiges dir gemäß zum Ausdruck in findfühligen Momenten. Das ist Authentizität. Etwas Großartiges, das innerhalb sozialer Wasserproben gewiss dazu beiträgt, dem Geschaffenen, letztendlich der Kunst weder Leidenschaft noch Existenz zu rauben.

Ich freue mich schon jetzt auf weitere Werke von dir :) .

Noch einen schönen Sonntag!
Lieben Gruß zurück, ubertas.
 

wiesner

Mitglied
Etwas Großartiges, das innerhalb sozialer Wasserproben gewiss dazu beiträgt, dem Geschaffenen, letztendlich der Kunst weder Leidenschaft noch Existenz zu rauben.

Pardon, bester Scal, ich drängle mich nur kurz vor, aber diese Einlassung von Ubertas hat's mir angetan, denn selten liest man Fundamentales so flüssig gestreut - für uns alle. Danke Ubertas!


Béla
 



 
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