Papiertiger
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Gesenkte Erwartungen
„Tritt ein und lass alle Erwartungen hinter dir“
Dante Alighieri, vermutlich an einen Kinobesuch um das Jahr 2025 denkend.
Ich hatte frei und mir war langweilig. Also verließ ich das Kino rasch wieder, der Film war noch schlechter als befürchtet, noch mehr lausige Computereffekte, noch flachere Dialoge und die immer gleiche Struktur. Es gab Zeiten, da war es ein Riesenmedienskandal das eine Rede von Bundeskanzler Helmut Kohl versehentlich im Folgejahr erneut ausgestrahlt wurde. Heute ist es normal, dass diese Reihe mit den furiosen Falschparkern oder die mit den super vorhersehbaren Helden.
Die fetten Jahre sind vorbei. Die Ressourcen der Welt sind meist gegen Frühjahr verbraucht. Wir sollten weniger Auto fahren, weniger Flugreisen unternehmen, weniger Fleisch essen. Finde ich alles richtig und gut. Ist es dann also auch konsequent weniger oft ins Kino zu gehen und die Geräte öfter ausgeschaltet zu lassen, weil das Streaming jetzt dort ist wo das alte Fernsehen vor 20 Jahren war. Es gibt viel, aber viel hilft nicht viel. Lieber subtil als zu viel.
Nun ist „beißende“ Satire, bei der irgendwas im Hals stecken bleibt, weil anderswo im Verdauungstrakt etwas quer sitzt und „HaHaHaaaaHaHa“-Comedy selbstverständlich so ziemlich das Allerletzte. Aber wie umgehen mit der Verödung der Welt? Ich mag Soziale Netzwerke und YouTube. Das liegt daran, dass diese Produkte ihre Inhalte danach filtern, was einem gefällt. Und mir gefallen Beiträge über Wirtschaft, Wissenschaft, ich liebe Musik und ich informiere mich gerne und das gerne vielseitig, auch mit sich manchmal verwirrend widersprechenden Ansichten. Ohne Social Media hätte es den Arabischen Frühling nicht gegeben. Ohne Videos, die immer wieder erklären wie ein ETF auf den „MSCI World“-Aktienindex funktioniert und meine Sparkasse würde mir vermutlich jetzt noch ihre phänomenalen aktiven Fonds mit absurd hohen Gebühren und ihre geradezu tragischen Erfolglosigkeit bei der Rendite verticken. Das Internet ist ein Werkzeug. Die Resultate hängen sehr stark davon ab, wem ich es in die Hand drücke.
Irgendwann war ich es leid, Konsument zu sein. War der Film und später das Buch „Fight Club“ von Chuck Palahniuk der Auslöser? Nein, ein Verstärker ganz sicher, aber den Weg für kritisches Denken hatten Menschen wie Hagen Rether, Gregor Schramm, Loriot, die Simpsons, die Sopranos, Sherlock Holmes, Star Trek und andere bereitet. Und leider auch die moralischen Ansprüche und Erwartungen (unerreichbar) hoch gesetzt. Ich wollte als ich noch Schüler war ernsthaft, sehr gerne Lehrer oder Schriftsteller werden. Und dann? Greife ich zu Thomas Manns „Buddenbrooks“, entdecke die Werke von Max Goldt, Marc-Uwe Kling und ich versuche so zu schreiben wie ein Bruce Springsteen oder Stan Lee, Alan Moore oder Harald Schmidt. Ich setze mich an die Tastatur, ich schreibe und nie, nie, wirklich niemals entsteht etwas das auch nur annähernd so gut ist wie ich es gerne hätte. Da kam es mir recht, entdecke ich das in einem der Dutzend Schreibratgeber? Ich weiß es nicht. Jedenfalls schnappte ich einen Satz auf, der mich ermutigte: Lies gerade zu Anfang auch ganz viel schlechte und mittelmäßige Texte, davon lernst Du viel mehr als von den Meisterwerken, denn letztere schüchtern mehr ab und verleiten eher dazu es gar nicht erst zu versuchen. Schreiben lernen. Ich kenne Menschen, die haben alle namhaften Ratgeberbücher gelesen, immer und immer wieder Schreibkurse besucht und trotzdem haben sie noch nichts veröffentlicht, das irgendeinen (positiven) Effekt gehakt hätte. Es ist nicht schwer: Schreiben lernt man durchs Schreiben. Wie das Geschriebene auf andere Menschen wirkt, verrät einem das Vorzeigen der eigenen Ergüsse. Irgendwie eklig das Wort „Ergüsse“ für Texte, dann wiederum sehr passend, zeigt man ansonsten unangenehme Körperausscheidungen doch für gewöhnlich nur seinem Arzt oder entsorgt sie diskret und verlegen. Texte hingegen sollten einen nicht verlegen machen, sondern zum Wunschkandidaten eines Verlegers machen.
Woher nehmen sie all diese Ideen? Sie sind so mutig, zu schreiben. Das sind angeblich Sätze, die das Publikum auf Lesungen zu Autoren sagen. Keine Ahnung, ob das stimmt. Mich interessieren Phrasen auch nicht besonders. Ich glaube sehr daran, ich meine ich habe das einer Kolumne von Max Goldt entnommen: Sitzfleisch ist das was einen erfolgreichen Autor von einem Möchtegern-Schriftsteller unterscheidet. Ideen kommen und gehen, jeder hat jeden Tag unzählige davon. Aber es braucht Fleiß, Durchhaltevermögen und Kritikfähigkeit und Glück, um am Ende eines fertiges Werk veröffentlicht zu haben. Und die Zwischenzeit, zwischen dem Wunsch zu schreiben und der Veröffentlichung, die ist, da sind wir wieder zurück beim Anfang dieses knuffig sympathischen Textes:
„die Hölle, Hölle, Hölle“
Wolfgang Petry.
„Tritt ein und lass alle Erwartungen hinter dir“
Dante Alighieri, vermutlich an einen Kinobesuch um das Jahr 2025 denkend.
Ich hatte frei und mir war langweilig. Also verließ ich das Kino rasch wieder, der Film war noch schlechter als befürchtet, noch mehr lausige Computereffekte, noch flachere Dialoge und die immer gleiche Struktur. Es gab Zeiten, da war es ein Riesenmedienskandal das eine Rede von Bundeskanzler Helmut Kohl versehentlich im Folgejahr erneut ausgestrahlt wurde. Heute ist es normal, dass diese Reihe mit den furiosen Falschparkern oder die mit den super vorhersehbaren Helden.
Die fetten Jahre sind vorbei. Die Ressourcen der Welt sind meist gegen Frühjahr verbraucht. Wir sollten weniger Auto fahren, weniger Flugreisen unternehmen, weniger Fleisch essen. Finde ich alles richtig und gut. Ist es dann also auch konsequent weniger oft ins Kino zu gehen und die Geräte öfter ausgeschaltet zu lassen, weil das Streaming jetzt dort ist wo das alte Fernsehen vor 20 Jahren war. Es gibt viel, aber viel hilft nicht viel. Lieber subtil als zu viel.
Nun ist „beißende“ Satire, bei der irgendwas im Hals stecken bleibt, weil anderswo im Verdauungstrakt etwas quer sitzt und „HaHaHaaaaHaHa“-Comedy selbstverständlich so ziemlich das Allerletzte. Aber wie umgehen mit der Verödung der Welt? Ich mag Soziale Netzwerke und YouTube. Das liegt daran, dass diese Produkte ihre Inhalte danach filtern, was einem gefällt. Und mir gefallen Beiträge über Wirtschaft, Wissenschaft, ich liebe Musik und ich informiere mich gerne und das gerne vielseitig, auch mit sich manchmal verwirrend widersprechenden Ansichten. Ohne Social Media hätte es den Arabischen Frühling nicht gegeben. Ohne Videos, die immer wieder erklären wie ein ETF auf den „MSCI World“-Aktienindex funktioniert und meine Sparkasse würde mir vermutlich jetzt noch ihre phänomenalen aktiven Fonds mit absurd hohen Gebühren und ihre geradezu tragischen Erfolglosigkeit bei der Rendite verticken. Das Internet ist ein Werkzeug. Die Resultate hängen sehr stark davon ab, wem ich es in die Hand drücke.
Irgendwann war ich es leid, Konsument zu sein. War der Film und später das Buch „Fight Club“ von Chuck Palahniuk der Auslöser? Nein, ein Verstärker ganz sicher, aber den Weg für kritisches Denken hatten Menschen wie Hagen Rether, Gregor Schramm, Loriot, die Simpsons, die Sopranos, Sherlock Holmes, Star Trek und andere bereitet. Und leider auch die moralischen Ansprüche und Erwartungen (unerreichbar) hoch gesetzt. Ich wollte als ich noch Schüler war ernsthaft, sehr gerne Lehrer oder Schriftsteller werden. Und dann? Greife ich zu Thomas Manns „Buddenbrooks“, entdecke die Werke von Max Goldt, Marc-Uwe Kling und ich versuche so zu schreiben wie ein Bruce Springsteen oder Stan Lee, Alan Moore oder Harald Schmidt. Ich setze mich an die Tastatur, ich schreibe und nie, nie, wirklich niemals entsteht etwas das auch nur annähernd so gut ist wie ich es gerne hätte. Da kam es mir recht, entdecke ich das in einem der Dutzend Schreibratgeber? Ich weiß es nicht. Jedenfalls schnappte ich einen Satz auf, der mich ermutigte: Lies gerade zu Anfang auch ganz viel schlechte und mittelmäßige Texte, davon lernst Du viel mehr als von den Meisterwerken, denn letztere schüchtern mehr ab und verleiten eher dazu es gar nicht erst zu versuchen. Schreiben lernen. Ich kenne Menschen, die haben alle namhaften Ratgeberbücher gelesen, immer und immer wieder Schreibkurse besucht und trotzdem haben sie noch nichts veröffentlicht, das irgendeinen (positiven) Effekt gehakt hätte. Es ist nicht schwer: Schreiben lernt man durchs Schreiben. Wie das Geschriebene auf andere Menschen wirkt, verrät einem das Vorzeigen der eigenen Ergüsse. Irgendwie eklig das Wort „Ergüsse“ für Texte, dann wiederum sehr passend, zeigt man ansonsten unangenehme Körperausscheidungen doch für gewöhnlich nur seinem Arzt oder entsorgt sie diskret und verlegen. Texte hingegen sollten einen nicht verlegen machen, sondern zum Wunschkandidaten eines Verlegers machen.
Woher nehmen sie all diese Ideen? Sie sind so mutig, zu schreiben. Das sind angeblich Sätze, die das Publikum auf Lesungen zu Autoren sagen. Keine Ahnung, ob das stimmt. Mich interessieren Phrasen auch nicht besonders. Ich glaube sehr daran, ich meine ich habe das einer Kolumne von Max Goldt entnommen: Sitzfleisch ist das was einen erfolgreichen Autor von einem Möchtegern-Schriftsteller unterscheidet. Ideen kommen und gehen, jeder hat jeden Tag unzählige davon. Aber es braucht Fleiß, Durchhaltevermögen und Kritikfähigkeit und Glück, um am Ende eines fertiges Werk veröffentlicht zu haben. Und die Zwischenzeit, zwischen dem Wunsch zu schreiben und der Veröffentlichung, die ist, da sind wir wieder zurück beim Anfang dieses knuffig sympathischen Textes:
„die Hölle, Hölle, Hölle“
Wolfgang Petry.