Liebe Ubertas, liebe Matula, liebe Agnete,
ich bedanke mich sehr für Eure Mitgedanken - und danke, Ubertas, was mich bewegte, hast Du wunderbar erläutert. Wenn man so absichtslos aus der eigenen Tiefe schreibt wie ich, dann fällt das nachträgliche Rationalisieren nicht leicht. Das war ein wunderbarer Blick in den Spiegel für mich.
Doch, Matula, dieser Appell ist da, nur sehr angedeutet. Ich denke, dass wir heutzutage ganz große Abgrenzungsschwierigkeiten haben zu dem, was wir gar nicht beeinflussen können, vielleicht nur deshalb, weil wir uns eine Meinung darüber bilden können? Und kann man sich wirklich für den Ernstfall vorbereiten? Wenn ich so auf mein Leben zurückblicke, dann könnte ich die ernstfallwürdigen Momente nicht einmal benennen, geschweige denn, dass ich mich darauf hätte vorbereiten können. Eine Unbeschwertheit gibt es nur in der Kindheit (wenigstens da hoffentlich), es ist für mich ungehemmter Selbstausdruck, sich selbst vergessen im Tun, also allenfalls in Momenten möglich und keine Haltungsfrage mehr für Erwachsene. Wenn man die nicht mehr zulassen könnte, wäre man arm dran.
Es ging mir tatsächlich nicht um Glücksmomente, Agnete, und ich bin auch kein Verfechter der angeblich besonderen Zeiten - auch, wenn ich mich an anderer Stelle vehement damit auseinandersetze. Ich denke da eher an eine Gesamtschau. Da ist ein Satz von Agatha Christie, ihre Kindheit sei die schönste Zeit ihres Lebens gewesen, oder so eine Textzeile aus der Serie The Crown, in der Elizabeth die II über Jackie Kennendy sagte, sie erlebt gerade ihre glücklichste Zeit und weiß es nicht (oder so ähnlich). So was dengelt in meinem Kopf herum, was macht es mit einem Leben, wenn man seine glücklichste Zeit hinter sich zu haben glaubt, oder welche Fachleute sind wir selbst für unser Leben, was können wir wissen über das Potential zum Glück, das wir haben und sind wir wirklich in der Lage, es zu erkennen, wenn es da ist?
Subjektiv betrachtet halte ich diese Zeiten für außerordentlich schwierig und belastet - vielleicht, weil sich die Welt weiterdreht und meine Werte Gültigkeit verloren haben? - aber objektiv betrachtet gibt es keine nicht-herausfordernden Zeiten. Ich kannte vor ca. dreißig Jahren einmal einen Mann, der sich für nichts begeistern konnte, nichts hervorbringen oder unterstützen wollte, weil die Zeiten so schwierig seien. An der Stelle ist für mich die Grenze zu einer pathologischen Haltung überschritten, wenn man vom Innen her dem Außen nichts mehr entgegen zu setzen hat - oder zu haben glaubt. Denn was wir auf jeden Fall haben - und zu allen Zeiten - ist die Verantwortung für uns selbst, für das kleine Lebensschiffchen, das mit seiner überkommenen Ausstattung so gut es kann die Wellen für seinen Weg beherrschen und den Stürmen trotzen muss.
Wir sollten nicht zulassen, dass die 'Zeiten' unser Glückspotential einschränken. Wir haben nur das eine Leben. Wir müssen nicht gleich 'die Welt' retten wollen, unseren Tag damit verbringen, die Armen und Beladenen zu bedauern; aus meiner Erfahrung heraus genügt es schon, wissentlich niemandem schaden zu wollen, um ein Beispiel für einen anständigen Menschen abzugeben.
Nun habt Ihr mir noch mehr Gedanken entlockt

Sehr fruchtbar, diese Unterhaltungen! Danke dafür!
Liebe Grüße
Petra