Großer Freund

molly

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Großer Freund

Azuro, Roto und Gelbert kehrten müde von der Arbeit heim. Sie wuschen sich die Hände und setzten sich an den runden Tisch. „Es duftet herrlich nach frischen Brot und Kartoffelsuppe", sagte Azuro. „Du hast einen Teller zuviel gedeckt", bemerkte Gelbert und runzelte die Stirn. „Nein, wir erwarten Besucht“, antwortete Grünter und stellte die große Suppenschüssel auf den Tisch. „Erzähl, wer kommt“? fragte Roto, doch Grünter lächelte geheimnisvoll und verriet nichts. "Das ist eine Überraschung", versprach er. „Vielleicht ist das schwarze Pfeffermännchen angekommen", meinte Roto. Grünter schüttelte nur den Kopf. „Dürfen wir erst essen, wenn der Besuch da ist?" erkundigte sich das Gelbert besorgt. „Nein, ihr seid sicher sehr hungrig und ich weiß nicht, wann unser Gast eintrifft.

Fangen wir schon einmal an", antwortete Grünter und verteilte die Suppe. Auf einmal krachte es vor der Haustür. Den Pfeffermännchen fiel vor Schreck der Löffel aus der Hand. Gelbert kroch unter den Tisch. Azuro und Roto rückten dicht zusammen. Grünter schaute rasch durchs Schlüsselloch, dann öffnete er die Haustür. Auf der Treppe saß Willibald und keuchte noch vom Rennen.
„Komm herein", forderte ihn Grünter auf. Willibald zog zuerst seine Schuhe aus. Mit schweren Schritten stolperte er ins Häuschen und setzte sich auf den Boden. Er schloss die Augen. Wortlos drückte ihm Grünter ein Glas Milch in die Hand. "Danke", murmelte er und trank die Milch in einem Zug aus.
„Warum lässt du diesen Riesen in unser Häuschen, ich fürchte mich vor ihm, er hat Blut im Gesicht", klagte Gelbert unter dem Tisch.

„Irrtum, das ist Heidelbeersaft", brummte Willibald, nahm sein Taschentuch und fuhr sich über das Gesicht. „Gelbert, du kannst vorkommen, er ist harmlos“, sagte Grünter und du, Willibald musst dich erst waschen.“ Während sich Willibald in die kleine Dusche setzte, erzählte Grünter, wie er den Riesen kennen gelernt hatte. „Wird er nun immer bei uns bleiben?" fragte Azuro.

„Das ist doch unmöglich, für einen Riesen ist in unserer Schlafkammer kein Platz mehr“, sagte Gelbert. Willibald hatte sich gewaschen und setzte sich im Schneidersitz auf den Boden. Er schüttelte den Kopf: „Wenn ich mich gestärkt habe, laufe ich nach Hause.“ Er schob sich zum Tisch, nahm einen frischen Laib Brot und aß ihn auf. Dann hob er mit beiden Händen den Teller hoch und trank die Suppe aus. Roto füllte seinen Teller wieder. Der Riese trank sieben Teller Suppe leer. Die Pfeffermännchen beobachteten ihn genau. Gelbert flüsterte: „ Azuro, so einen gefräßigen Kerl habe ich noch nie gesehen, was der alles in sich hinein stopfen kann.“
Willibald rieb sich zufrieden den Bauch und bedankte sich für das feine Essen. Da fragte Grünter: „Hast du den Räuber Kunibert und seine Kunigunde gefunden?" Betrübt schüttelte Willibald den Kopf und dann erzählte den aufmerksamen Pfeffermännchen, was er im Wald erlebte hatte.
„Die Frau mit den Heidelbeeren war sicher Kunigunde“, rief Roto empört. „Und die Tannenzapfen hat dir der Räuber angeschmissen", meinte Azuro. „Eines Tages fangen wir den Räuber und seine Räuberfrau"" versprach Grünter. „Dann geht es ihnen schlecht“, brummte Gelbert.

„Schade, dass du den Räuber nicht erwischt hast, doch nun erzähle uns einmal von deinem Zuhause", bat Roto. Die anderen Pfeffermännchen nickten zustimmend.
Von mir gibt es nicht viel zu berichten“, lachte Willibald , doch bald kannten sie, Willibalds Leben.
In Schneckenberg, am Waldrand stand sein Haus. Es war aus Holz gebaut und daneben befand sich der große Stall für seinen Esel Felix und die Ziege Felicitas. Wenn Leute in Urlaub fuhren und ihre Tiere nicht mitnehmen konnten, brachten sie diese zu Willibald. Vögel, Hamster, Meerschweinchen, Fische, Hasen, Mäuse, Katzen, Hunde und einmal sogar ein Pferd und ein Schaf waren bei ihm als Gäste. Er versorgte diese Tiere, brachte ihnen Futter und Wasser, redete mit ihnen und streichelte sie, solange die Besitzer verreist waren.
Jeden Frühling ritt er mit Felix in den Schneckenberger Wald. Er holte alle Vogelhäuser und Nistkästen von den Bäumen und säuberte sie. Vom Frühling bis in den späten Herbst arbeitete er in seinem großen Garten, pflanzt Gemüse und Salat. Im Herbst ritt er auf seinem Esel nach Schneckenberg. Dort reinigt er alle Dachrinnen an den Häusern und nur beim Rathaus, bei der Kirche und bei der Schule braucht er dazu eine Leiter. Im Winter aber, wenn es draußen stürmte und schneite, wenn ein kalter Wind um das Haus heulte, saß er an der Töpferscheibe. Er stellt Krüge, Vasen, Teller, Tassen, Eierbecher und Blumenschalen her, die er vor Ostern auf dem Markt verkaufte. Willibald war sehr zufrieden mit seinem ruhigen Leben. Eines Nachts, als er schon im Bett lag, begann die Ziege laut zu meckern, der Esel brüllte und die Tiergäste schrien mit. Willibald stand auf und lief im Nachthemd in den Stall. Die Tiere waren sofort still, als sie seine Stimme erkannten. Er streichelte dem Esel den Rücken und sah dabei aus dem Stallfenster. Da verließ ein Kerl mit einem Schnurbart seinen Garten und trug einen Sack auf dem Rücken. Bald stellte Willibald fest, dass der Räuber alles Gemüse aus seinem Garten genommen und dazu noch einen Trinkbecher gestohlen hatte. Er beschloss, diesen Räuber zu suchen.
Nachdem Willibald seine Geschichte erzählt hatte, sagte er: „Nun muss ich schnell nach Hause, meine Tiere brauchen frisches Wasser und Futter." Willibald erhob sich. „Eigentlich bin ich froh, dass Kunibert bei mir geräubert hat“, sagte er lächelnd.
"Warum das denn?" wollte Gelbert wissen.
"Sonst hätte ich wohl nie meinen Freund Grünter kennen gelernt", antwortete Willibald.
Azuro, Roto und Gelbert schauten sich betroffen an.
„Dürfen wir nicht deine Freunde sein?“ fragte Azuro traurig.
„Wenn ihr wollt, gerne", sagte Willibald und streckte ihnen seine große Hand entgegen. Nun legten alle vier Pfeffermännchen ihre Hand in die riesengroße Pranke von Willibald und der drückte sie kräftig. Er riss die Türe auf, zog seine Schuhe an und stürmte mit großen Schritten davon.
"Komm bald wieder", rief ihm Grünter nach. "Ich bin froh, dass wir einen Riesen Freund haben, auch wenn er den Räuber Kunibert nicht gefangen hat“, fand Roto. Sie setzten sich auf die Bank vor ihrem Häuschen und während sie den Sonnenuntergang beobachteten, erzählte Grünter noch einmal, wie er den Riesen kennen gelernt hatte.
Als sich der Himmel dunkel zeigte und der leichte Nachtwind wehte, gingen sie zurück ins Haus. Azuro verriegelte sorgfältig die Haustür. Sie putzten ihre Zähne und bald lagen sie in ihren Betten und träumten vom freundlichen Riesen Willibald.

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Beeren, die wir gern verzehren,
die mochte Willibald nicht
in seinem Riesengesicht.

Hǝᴉpǝlqǝǝɹǝu
©Monika Rieger
 



 
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