Gute Betäubung

GerRey

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Am Mittwoch war ich auf der Zahnambulanz. Nicht wegen Schmerzen oder so. Ich war einfach während der Corona-Zeit bei keinem Zahnarzt gewesen, und da mir die frei niedergelassenen Zahnärzte auf den Nerv gehen (ich will nicht, dass sich die mit meinem Geld ihre Yachten am Mittelmeer finanzieren), ging ich eine Woche zuvor zur Untersuchung in die Ambulanz, worauf ich für Mittwoch einen Termin zum Ziehen eines Zahnes bekam. Der Arzt gab mir ein Betäubungsmittel - und nach etwa einer halben Stunde, die ich draußen vor dem Behandlungszimmer abzuwarten hatte, war ich fällig. Der kaputte Zahn saß oben rechts. Also beförderte er mich auf dem Stuhl in eine starke, schräge Kopflage, sodass ich beinahe zu rutschen begann.
Dort läuft ein Haufen weibliches Personal herum - alle in weiß gekleidet und alle, die ich gesehen hatte - seltsamerweise, aber augenfällig, mit einem breiten Hintern. Eine dieser Helferinnen - ich konnte von meiner Position aus ihr Gesicht nicht sehen, weil es hinter der Maske verborgen lag, lediglich hüftlanges schwarzes Haar - hielt mir das Sauggerät in den Mund, während der Zahnarzt an dem Zahn hantierte.
“Jetzt entsteht gleich Druck auf den Zahn”, sagte der Zahnarzt. Gegen den Druck könne er nichts machen; das Betäubungsmittel wirke nur gegen Stechen; “geben Sie Bescheid, wenn es sticht”.
Ich hatte aber nur mit halbem Ohr zugehört, weil meine Aufmerksamkeit abgelenkt war. Also grunzte ich eine Antwort, da ich ja den Mund weit geöffnet hatte und das Lipperl sich bamstig anfühlte, als hätte ich mit dem Weltmeister im Schwergewicht ein Ründchen im Ring gedreht.
Von dem weiblichen Körper zu meiner Linken ging eine Wärme aus, die mich irritierte. “Den Kopf zu mir drehen”, musste mich der Arzt, der auf der anderen Seite des Stuhls stand, ein paarmal zurechtweisen.
Dann bildete ich mir sogar ein, ihr Geschlecht riechen zu können! Das verwirrte mich derart, dass ich das Folgende gar nicht einmal so richtig mitbekam.
Der Zahn brach ab. Scheinbar an einer ungünstigen Stelle. Der Zahnarzt griff zu einer Reihe von Hebe- und Kneif-Werkzeugen - ohne Erfolg! Also kam der Griff in seine Bohrer-Kollektion. Ein herrlich surrendes Geräusch zu dem Aphrodisiakum, das mich mehr zu benebeln schien als die örtliche Betäubung.
Das Röcheln des Ab-saugers nahm längst nicht mehr nur Speichel auf; ich begann vom Zahn her wie ein Schlachtschwein zu bluten. Nachdem er endlich draußen war, musste der Zahnarzt die Stelle nähen. Er gab mir eine Art Wattebausch auf das wunde Loch und sagte: “Fest zubeißen! Nach einer halben Stunde können Sie das Teil ausspucken.”
Damit war ich entlassen.
Die Zahnarzthelferin war schon verschwunden, während mich der Zahnarzt am Stuhl wieder in Sitzposition zurück pumpte. Als wäre sie nie dagewesen.
Die Betäubung hatte gut gewirkt.
 



 
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