Gute Tage

4,40 Stern(e) 8 Bewertungen

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Manchmal küsse ich sie zum Abschied bei unseren monatlichen Treffen.
Aber wenigstens ihre Hand halte ich die ganze Zeit und wir erzählen uns, was in den vergangenen Wochen passierte. Ich richte Grüße aus von den Freunden, auch von denen, die schon lange schweigen.
Vollmilchschokolade mit ganzen Nüssen bringe ich immer mit. Die mag sie am liebsten.
Ja, manchmal küsse ich sie zum Abschied.
An den guten Tagen, wenn der Wärter lächelt und so tut, als sähe er es nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:

Tula

Mitglied
Moin Manfred
Ich dachte zunächst an bereits alte Menschen, die sich da einmal pro Woche treffen. In diesem Fall muss es sich jedenfalls um einen sehr langen Aufenthalt handeln.

LG
Tula
 
Derart extreme Verdichtung erregt leicht meine Bewunderung, Manfred. Nur sieben Sätze, anhand deren sich erschließt, womit auch sieben Seiten gefüllt werden könnten. Die Wirkung beruht hier wohl gerade auf der Verkürzung und besteht zum Teil darin, dass man über das Ungesagte zu grübeln beginnt: Wie alt mag die Besuchte sein, in welcher Art Anstalt ist beim Besuch ein Wärter zugegen, welche Motive kann es für das Verstummen alter Freunde geben?

Freundlichen Gruß
Arno Abendschön
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
@Tula
Ich habe das Alter der Protagonisten hier bewusst offen gehalten.

@Arno Abendschön
Dein Kommentar freut mich besonders. Anscheinend ist die Verdichtung gelungen. Ich möchte in meinen Texten und Gedichten dem Leser nicht meine Intention aufzwingen und nehme selbst auch gerne andere Lesarten an. Das ist auch für mich spannend.

@Ji Rina
Es ist keine Jugenderinnerung. Ich habe diese Szene in einem Film gesehen und sie ist mir nachhaltig in Erinnerung geblieben. Im Film war es der Besuch in einem Gefängnis.

Euch alle vielen Dank für die Kommentare und Wertungen.

Liebe Grüße
Manfred
 
G

Gelöschtes Mitglied 14616

Gast
Hallo Manfred,

ein sehr schönes Stück Kurzprosa. Arno hat ja schon erwähnt, dass der Text gekonnt und wirkungsvoll verdichtet ist. In der Tat hat man nach dem Lesen das Gefühl, eine längere Geschichte gelesen zu haben.

Wie Tula dachte ich auch an einen Besuch bei einem alten Menschen, umso mehr hat mich das Ende überrascht. Positiv übrigens, denn so rührend ein Besuch eines alten Menschen ist, als Story wäre es hier eher beliebig gewesen. Und mit dem überraschenden Ende wirkt der Text noch nach: Man beginnt darüber nachzudenken, wie lange die andere Peron schon sitzt, warum etc. Ein gelungener Nachhall!

LG
Cellist
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Cellist,

ich war mir erst unsicher, ob ich nicht zu sehr verdichtet habe.
Aber anscheinend hat es funktioniert, das freut mich.

Danke und liebe Grüße
Manfred
 

Kaetzchen

Mitglied
Hallo Manfred
Mir gefällt diese gelungene Kurzprosa. Der Schluß kam für mich überraschend und warf meine eigentlichen Vorstellungen um. Grade das fand ich toll. Gern gelesen.

Liebe Grüße
Kaetzchen
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Kaetzchen,

schön, dass du wieder auf der Lupe vorbeischaust.

Danke für deinen Kommentar und die Wertung.

Liebe Grüße
Manfred
 



 
Oben Unten