Helen und Claude (aus "die Jacques Beauvais- Stories")

UlrichKoep

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Claude Debulieu zog vor noch nicht allzu langer Zeit von Liege in die Gegend. Er mietete eine Wohnung oberhalb eines Cafès in der Rue des acres und schrieb Geschichten. In der Gegend wohnten viele Studenten, weshalb das Wohnen dort nicht teuer war. Claude war ein ganz guter Schreiber und hoffte darauf, hier mit seinen Geschichten Geld verdienen zu können. Für einen Schreiber war er kräftig gebaut mit groben rauen Händen und einer kräftigen Figur. Als ihm das Geld ausging, arbeitete er eine Zeit lang bei Seventies in der Warenausgabe, um sich das Nötigste zu kaufen, aber abends, nach der Arbeit, schrieb er weiter.

Wenn er nicht gerade schrieb und auch sonst nichts zu tun hatte, ging er ins Café unter seiner Wohnung, um etwas zu essen. Und weil dort Helen bediente, die die hübscheste Kellnerin war, die Claude je gesehen hatte. Sie arbeitete schon lange im Café und sie war ihm sofort aufgefallen. Ihm gefielen ihre Art und ihre Figur und das sie immer fröhlich war. Claude war nicht immer fröhlich.

Helen fiel Claude auch sofort auf. Er war einer der jüngsten, die öfter ins Café kamen und war immer sportlich angezogen. Nicht so, wie die anderen seines Alters im Viertel. Sie konnte an der Art wie er sich bewegte, sehen, dass er sportlich war und sie mochte die Art, wie er ging. Sie mochte die Art, wie er etwas bestellte und mochte es, wenn er einen Witz machte und das er nicht so spießig aussah, wie die anderen Jungen in der Gegend. Eines Tages wachte sie auf und stellte fest, dass sie ihn vielleicht etwas mehr mochte, als es gut für eine Kellnerin war und das gab ihr ein ungutes Gefühl.

Das Vierteil, in dem Claude wohnte, war erst vor kurzem eingemeindet worden und die meisten Bewohner nahmen sich noch als Bewohner einer eigenständigen Stadt wahr. Für sich genommen war das Viertel eher klein. Es gab mehrere Hauptstraßen mit einigen Läden, Bäckereien und zwei Gaststätten. Eine am Anfang und eine am Ortsausgang. Es gab einen Supermarkt, der den Namen nur deshalb hatte, weil Supermärkte im Allgemeinen eben so heißen und nicht, weil er so besonders groß war. Die Post, die im ältesten Haus residierte, eine alte Polizeiwache, in der LeGrand, der älteste Polizist der ganzen Stadt thronte und mehrere kleine Straßen, in denen sich kleine unscheinbare Wohnhäuser befanden.

Die Häuser waren aus den fünfziger Jahren und sollten, als das Viertel noch eigenständig und die Provinzregierung noch große Pläne hatte, zu einer großen Stadt ausgebaut werden. Dann aber wurde das Vorhaben nicht weiter verfolgt und die Wege und Straßen rund um die Häuser blieben lehmig und verfielen zusehends. Ein Stück eine der Hauptstraßen hinauf war eine Glasfabrik und die Straße dahinter führte zu einem sich überlassenen Waldgebiet, dem Grafenwald, in dem sich Liebespaare trafen, sobald es dunkel wurde.

Vom hinteren Fenster des Cafès konnte man über die Fabrik hinweg bis zum Wald sehen. Bei schönem Wetter war es dort sehr angenehm, das helle Grün des Waldes und die Ruhe und die angenehme Kühle der Bäume zu genießen, die sich oft in einem leichten Wind wogen und ein schönes Gefühl erzeugten. Helen konnte aus der Küche des Cafès die beruhigende Stille hören, die ihr immer dann fehlten, wenn sie wieder im Café bediente und eine Zeit lang nicht auf die Geräusche achten konnte.

Sie dachte mehr als den halben Tag an Claude. Aber er schien sich nicht für sie zu interessieren. Es saß im Café und schrieb Geschichte in ein Schreibheft oder er las in Büchern, die er mitbrachte oder in Zeitungen. Oder er setzte sich an eines der Fenster und schaute stundenlang hinaus.
Sie wusste nie, ob sie ihn ansprechen sollte, außer wenn es um eine Bestellung ging. Sonst hatte sie Angst, dass er sie nicht beachten könnte.
Claude war eigentlich immer im Café. Sie hätte ihm gerne eine Tasse Kaffee spendiert und ihn gefragt, ob er ihr erzählen wollte, was für Geschichten er gerade schrieb. Aber sie traute sich einfach nicht.

Dann war Claude einige Zeit nicht im Café und auch nicht in der Wohnung und Helen dachte die ganze Zeit nur an ihn. Sie wusste nicht warum er nicht mehr kam. Sie konnte nicht mehr richtig schlafen, weil sie an ihn dachte, aber es gefiel ihr auch, an ihn zu denken. Als ihr ein Gast dann erzählte, dass Claude mit einem Freund eine kurze Zeit in der Toskana zur Trüffelsaison war und er in den nächsten Tagen zurückkommen würde, ging es ihr auf der Stelle besser. Sie hüpfte durch das Café und brachte vor lauter Aufregung sogar einige Bestellungen durcheinander. Sie freute sich schon darauf, wenn Claude zurückkommen würde.

Als sie sein Auto dann wieder vor dem Haus parken sah, wusste sie, dass es soweit war. Ihr war ziemlich unwohl zu Mute und sie war sehr nervös, aber sie nahm sich vor, Claude anzusprechen, damit er irgendwie mehr Notiz von ihr nehmen würde. Sie konnte es kaum abwarten, endlich mit ihm sprechen zu können.

Aber als er dann an einem Abend, plötzlich, als Helen aus der Küche kam, wieder im Café saß, wusste sie nicht, was sie sagen sollte. Helen hatte sich keine Gedanken darum gemacht, was geschehen würde, wenn Claude wieder da sein würde und so geschah nichts. Nichts. Außer, dass Claude sie mit einem breiten Grinsen und einem neu gewachsenen Vollbart begrüßte. Ein dunkelblonder Mann mit schwarzer Nickelbrille stand neben ihm.

„Hallo Helen“, sagte Claude.
„Du hast dir einen Bart stehen lassen“, sagte Helen.
„Stimmt, gefällt er dir. Bin ’ne richtige Schönheit geworden, was?“
Helen wusste nicht, was sie sagen sollte. Eigentlich mochte sie keine Bärte.
„Paul hat gesagt, dass du in Italien warst“.
„Ja, in den Marken“. Er stellte seinen Nebenmann als Jacques Beauvais vor.
„Jacques und ich haben Trüffel gesucht in der Nähe von Monte San Vito“.
Ein anderer Gast rief Helen, um noch etwas zu bestellen. Etwas verlegen drehte sie sich zu ihm um und nahm seine Bestellung auf.
Jacques und Claude drehten sich um und setzten sich auf ihre Stühle. Sie tranken weiter und erzählten sich lautstark Geschichten über ihre Erlebnisse.
„Auf Italien“, sagte Jacques.
„Ja, auf den heiligen Vitus und die Italienerinnen“.
„Auf alles, was wir nicht gefunden haben“.
„Italien ist sowieso das beste Land der Welt“.
„Mit dem besten Roten“.
„Ne, der kommt aus Lonquedoc.“
„Auf alles, was Rot ist“.

Claude fühlte sich gut nach der schönen Zeit in Italien. Er liebte es am frühen Morgen auf dem Land in der Erde zu graben und danach den Geruch des feuchten kühlen Bodens an seinen Händen zu haben. Aber er war auch froh, wieder zurück in der Gegend zu sein und mit Blick auf die Bäume, die ihn ein bisschen an die Toskana erinnerten, in seinem Café zu sitzen. Er freute sich auf sein Zimmer und seine Sachen und seine Geschichten, die er unbedingt weiterschreiben wollte, um vielleicht doch eines Tages ein Buch veröffentlichen und berühmt werden zu können.
Claude und Jacques fühlten sich gut an diesem Abend, so weit Helen das sehen konnte. Sie tranken eine Menge, prosteten sich zu und erzählten sich von Italien. Sie waren ausgelassen und unterhielten das halbe Café. Helen räumte ab, als sie fertig waren und versuchte mit Claude Blickkontakt aufzunehmen, was ihr aber nicht gelang.

Dann leerte sich das Café langsam und immer mehr Gäste gingen. Soweit, bis Jacques plötzlich das Geld auf den Tisch legte. Er verabschiedete sich von Claude und ging ebenfalls. Helen saß hinter der Theke und tat so, als ob sie sich mit der Kassenabrechnung beschäftigte und dachte an Claude. Sie wollte ihn nicht ansprechen oder das Geld vom Tisch nehmen, weil sie sich nicht sicher war, was Claude machen würde.

Wenn sie ihn jetzt so aus den Augenwinkeln sah, so allein im Café, sah sie, dass er in einem Notizbuch schrieb. Der Schriftsteller, dachte Helen, vielleicht nimmt von hier aus seine Karriere ihren Ursprung und vielleicht schreibt er ja auch eines Tages über mich. Sie wollte ihn noch möglichst so an seinem Platz sitzen sehen, wie er da saß und in seinem Notizbuch schrieb. Sie hätte ihm stundenlang so dasitzen sehen können. Sie dachte intensiv an ihn.

Dann stand Claude auf, klappte sein Notizbuch zusammen und kam auf sie zu. Ihr Herz begann schneller zu schlagen. Plötzlich, ohne ein weiteres Wort zu sagen, nahm er Helen und zog sie an sich. Dann nahm er eine Hand und umfasste ihre Brust. Sie fühlte sich warm und weich und trotzdem prall an. Ihre Brust richtete sich auf.
Helen erschreckte sich und hielt sich ganz steif vor lauter Unsicherheit. Niemand hatte sich ihr bisher auf diese Weise genähert. Sie wusste nicht, was sie machen sollte. Dann zog Claude sie in eine Ecke und küsste sie.

Es war ein starkes unerwartetes durchdringendes Gefühl, das sich Helen bemächtigte. Es war so stark, dass sie dachte, dass sie es nicht aushalten könnte. Sie fühlte Claude direkt an sich.
Endlich, dachte sie, endlich ist er da. Sie spürte, wie seine Zunge in sie eindrang und sie wusste nicht, was sie dagegen unternehmen sollte. Also, tat sie nichts, außer, es geschehen zu lassen.
Claude begann ihre Bluse aufzuknöpfen, was ihre Unsicherheit noch steigerte. Dann lief seine Hand an ihrem Körper entlang. Claudes Hand schlüpfte in ihre Bluse und die andere in ihrem Schoß. Helen hatte Angst. Nein, Claude, das nicht, bitte, nicht. Mach das nicht. Sie versuchte, Claude von ihrem Schoß wegzuziehen. Nicht!

Die Küchentheke drückte hart auf ihren Rücken. Claude ließ seine Hand weiter über ihre Brüste gleiten und begann ihre Bluse auszuziehen. Helene hatte Angst, war aber auch bereit, es geschehen zu lassen. Nur nicht so schnell. Nur nicht so schnell. Claude öffnete ihre Schürze und schob ihr den Rock hoch, wollte sie an sich drücken, um in sie einzudringen.

Nein nicht, nicht hier und nicht so schnell. Komm, wir müssen es tun. Ich weiß, dass du es auch willst. Er zog ihr das Höschen herunter. Er küsste sie auf den Hals. Dann tat es Helen weh und sie zuckte zusammen. Claude drückte sich an Helen ganz nah und sein Atem wurde unruhig, ehe seine Bewegungen dann, nach einer endlosen Weile, so schien es Helen, ruhiger wurden. Dann wurde er ganz ruhig und Helen tat es nicht mehr so weh.

Sein schwitziger Körper lag an ihrem und Claude keuchte. Helen drückte ihn von sich weg. Die Theke drückte immer noch unangenehm in ihre Lenden und sie stand völlig verkrampft da. Sie drückte Claude von sich. Und zupfte ihre Bluse und Ihren Rock wieder zurecht. Claude zog seine Hose hoch und schloss den Reißverschluss. Er versuchte sie an sich zu drücken. Wie Verliebte es tun würden, nachdem sie sich geliebt hatten. Doch Helen war nicht mehr verliebt. Im Gegenteil.

Ihr war kalt und elendig zumute.
Was hast du nur gemacht? Was hast du nur gemacht? Du hättest es doch haben können, wenn du nur gewartet hättest. Ihr Schoss brannte.
„Geht jetzt und ich möchte nichts mehr sagen“, sagte sie zu Claude und hielt die Ladentür offen. Weil er nicht wusste, was er sagen sollte, ging Claude ohne ein Wort zu sagen.

Als er gegangen war, drehte sie das Schild mit dem Aufdruck „conclu à cause de la maladie“ in die Tür und verschloss das Café.
Zwei junge Männer gingen lautstark lachend am Café vorbei. Dann begann Helen zu weinen.
 
Hallo UlrichKoep,

ich finde, die Geschichte und dein Erzählstil hat durchaus Potenzial, müsste aber noch gründlich poliert und geschliffen werden :).
Zunächst einmal könnte man Überflüssiges weglassen, z. B. das hier, denn für die Geschichte spielt es gar keine Rolle:

Das Vierteil, in dem Claude wohnte, war erst vor kurzem eingemeindet worden und die meisten Bewohner nahmen sich noch als Bewohner einer eigenständigen Stadt wahr. Für sich genommen war das Viertel eher klein. Es gab mehrere Hauptstraßen mit einigen Läden, Bäckereien und zwei Gaststätten. Eine am Anfang und eine am Ortsausgang. Es gab einen Supermarkt, der den Namen nur deshalb hatte, weil Supermärkte im Allgemeinen eben so heißen und nicht, weil er so besonders groß war. Die Post, die im ältesten Haus residierte, eine alte Polizeiwache, in der LeGrand, der älteste Polizist der ganzen Stadt thronte und mehrere kleine Straßen, in denen sich kleine unscheinbare Wohnhäuser befanden.

Die Häuser waren aus den fünfziger Jahren und sollten, als das Viertel noch eigenständig und die Provinzregierung noch große Pläne hatte, zu einer großen Stadt ausgebaut werden. Dann aber wurde das Vorhaben nicht weiter verfolgt und die Wege und Straßen rund um die Häuser blieben lehmig und verfielen zusehends. Ein Stück eine der Hauptstraßen hinauf war eine Glasfabrik und die Straße dahinter führte zu einem sich überlassenen Waldgebiet, dem Grafenwald, in dem sich Liebespaare trafen, sobald es dunkel wurde.
Die andere Sache ist der nicht ganz so geglückte Perspektivwechsel. Wenn du abwechselnd aus Helens und Claudes Sicht erzählen willst, könnte das etwas durchstruktrierter sein.

Auch an den Formulierungen könnte man noch feilen. Keine Füllwörter wie "dann" verwenden, das Wort kommt in der Geschichte sehr oft vor.

Schöne Grüße
SilberneDelfine
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Wieso stellst du einen Text ein, der schon veröffentlicht ist? Jetzt ist es etwas zu spät für Textarbeit daran.
 

UlrichKoep

Mitglied
Hallo Jon,
ja, stimmt leider - ich bin leider etwas spät auf die Idee gekommen, hier mal etwas einzustellen...
Mir ging es aber darum, trotzdem mal einige Meinungen zu hören..., denn man lernt ja nie aus...

Danke dafür
Uli
 



 
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