wir sollten einen Leselupe-Chor gründen
nette Idee, wirena,
und so konnte ich mir über das Wochenende wieder einmal Gedanken über das Verhältnis von Musik und Wort in meinen Gedichten machen. D.h. ich mache mir seit Jahren Gedanken darum und dazu, und jetzt wieder um so mehr.
Die Grundidee ist dieselbe, wie in dem "daktylischen jetspinett-popsonett" (siehe unter Feste Formen), das mit der Erklärung beginnt, daß eben jenes Sonett auch "ohne musikfüllung fetzen" soll. Es gilt zwar als ausgemacht, daß Gedichte des zweiten oder dritten Rangs sich besser für Vertonungen eignen als die Sprachikonen der großen Klassiker, zumal eine Vertonung nichts zuträgt, wenn in dem Gedicht die innere Musik den Wortklang so bestimmt, daß er den Inhalt trägt. Aber ganz jenseits all solcher Allgemeinurteile (bei denen das Gegenteil immer genauso wahr ist wie die Behauptung) ist es immer die Frage, wie eine Vertonung von Gedichten aussehen kann. Es gilt, aus dem Verzweigungsgewirr der Möglichkeiten den besten Ast auszuwählen, die eine von etwa 200.
Nun bin ich selbst ein Mnsch, der geradezu aus Musik besteht, ich höre innerlich immer Musik, es singt durch meinen Körper, durch die Bewegungen vom Herzschlag und Atmung bis in die Schritte, wenn ich gehe und die Fingerklaviatur, während ich dies hier schreibe. Ich kann endlos auf dem Klavier improvisieren, beschränke mich aber auf Viertelstunden oder ganz kleine Zwischenspiele, Abbreviaturen, ohne irgendetwas festzuhalten, was ohnehin keinen interessiert. Also wäre ich doch der geborene Vertoner meiner Gedichte. Bin ich aber nicht, denn es gibt einfach zu viele Möglichkeiten, die Verse zu singen, angefangen von der Geschwindigkeit, der Wiederholbarkeit, der Dramatik, bis hin zur Strophengestaltung, die den Symmetrien der Verse folgt oder eben auch nicht.
Und wer will das schon hören.
Was braut sich denn da für ein Gesöff zusammen? Schreck laß´ nach.
Grüßdich, zurabal,
Das Gesöff heißt "Vers mit vierfüßigen Trochäen", und es braut sich nicht von selbst, sondern wurde von einem Reimer gefügt, den ich ganz gerne lese, auch wenn ich ihn schon aus einer gewissen Distanz betrachte. Es ist eines der tausend auf Dichtung bezogenen, also selbstreferenziellen, Gedichte, d.h. es beschreibt das Dichten, die Sprachsubstanz der Wort-Lieder. Das Gesöff heißt Sprachmusik, auch "ohne Musikfüllung".
Nun ja, es ist von mir, aber ich habe einen Weg beschritten, der von den "figürlichen" Malereien des Siebensterns und des Achtsterns über Surrealismen und dekonstruktive Wortkonstruktionen zu puren Abstraktionen geführt hat, wie eine Entsprechung zum abstrakten Expressionismus von Pollock oder De Koning.
Da spielen wesentlich abstraktere Beispiele beiher, im Vergleich zu denen jenes Jetspinett und dieser Zauberspruch geradezu betulich erscheinen.
Eigentlich ist der Titel "hexenspruch" zu deutlich, gibt zu viel vor, lenkt die Interpretation weg von der inneren Musikalität der Verse und der Vieldimensionalität der Metaphern, die ein wenig mit Dispararitäten spielen, ein surrealistisch sprudelnder Jazz.
grusz, hansz