hexenspruch

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mondnein

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hexenspruch

grüner rosen wirsing-blätter
übernetzen wespen-nester
knisper-worte knusper-wetter
weisz ich belladonna-schwester

weiche luft zerblitzt von fäden
falscher spinner spanner falter
viergeflügelt wirst du jeden
adler übervögeln alter

rocken rollmops voller schuppen
rings beritzt mit fremden zeichen
rollt und fällt die kegel-puppen
schicksals schickse lickt die leichen

musst mit mir die sechzehn zeilen
singen und den sinn erlauschen
dich mit ohres mund am geilen
züngeln meines munds berauschen


 
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wirena

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Hallo mondnein :) wir sollten einen Leselupe-Chor gründen - irgendwie besteht er ja bereits; doch so richtig mit Tonleiter üben und Klavierbegleitung - was meinst Du dazu? - hmmm würde so von wegen Reisekilometer schwierig werden - schade, dass immer wieder kilometer welten trennen -

LG wirena
 

zurabal

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Hallo mondnein,

beim Durchlesen ist mir der erste und der letzte Vers ins Auge gefallen:
„grüner rosen wirsing blätter
zügeln meines munds berauschen“
Was braut sich denn da für ein Gesöff zusammen? Schreck laß´ nach.

Ich persönlich würde übrigens „grüne rosen“ wegen des Geschmacks vorziehen, auch wenn er das nicht mag.

Viele Grüße zurabal
 

mondnein

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wir sollten einen Leselupe-Chor gründen
nette Idee, wirena,

und so konnte ich mir über das Wochenende wieder einmal Gedanken über das Verhältnis von Musik und Wort in meinen Gedichten machen. D.h. ich mache mir seit Jahren Gedanken darum und dazu, und jetzt wieder um so mehr.

Die Grundidee ist dieselbe, wie in dem "daktylischen jetspinett-popsonett" (siehe unter Feste Formen), das mit der Erklärung beginnt, daß eben jenes Sonett auch "ohne musikfüllung fetzen" soll. Es gilt zwar als ausgemacht, daß Gedichte des zweiten oder dritten Rangs sich besser für Vertonungen eignen als die Sprachikonen der großen Klassiker, zumal eine Vertonung nichts zuträgt, wenn in dem Gedicht die innere Musik den Wortklang so bestimmt, daß er den Inhalt trägt. Aber ganz jenseits all solcher Allgemeinurteile (bei denen das Gegenteil immer genauso wahr ist wie die Behauptung) ist es immer die Frage, wie eine Vertonung von Gedichten aussehen kann. Es gilt, aus dem Verzweigungsgewirr der Möglichkeiten den besten Ast auszuwählen, die eine von etwa 200.
Nun bin ich selbst ein Mnsch, der geradezu aus Musik besteht, ich höre innerlich immer Musik, es singt durch meinen Körper, durch die Bewegungen vom Herzschlag und Atmung bis in die Schritte, wenn ich gehe und die Fingerklaviatur, während ich dies hier schreibe. Ich kann endlos auf dem Klavier improvisieren, beschränke mich aber auf Viertelstunden oder ganz kleine Zwischenspiele, Abbreviaturen, ohne irgendetwas festzuhalten, was ohnehin keinen interessiert. Also wäre ich doch der geborene Vertoner meiner Gedichte. Bin ich aber nicht, denn es gibt einfach zu viele Möglichkeiten, die Verse zu singen, angefangen von der Geschwindigkeit, der Wiederholbarkeit, der Dramatik, bis hin zur Strophengestaltung, die den Symmetrien der Verse folgt oder eben auch nicht.

Und wer will das schon hören.

Was braut sich denn da für ein Gesöff zusammen? Schreck laß´ nach.
Grüßdich, zurabal,

Das Gesöff heißt "Vers mit vierfüßigen Trochäen", und es braut sich nicht von selbst, sondern wurde von einem Reimer gefügt, den ich ganz gerne lese, auch wenn ich ihn schon aus einer gewissen Distanz betrachte. Es ist eines der tausend auf Dichtung bezogenen, also selbstreferenziellen, Gedichte, d.h. es beschreibt das Dichten, die Sprachsubstanz der Wort-Lieder. Das Gesöff heißt Sprachmusik, auch "ohne Musikfüllung".

Nun ja, es ist von mir, aber ich habe einen Weg beschritten, der von den "figürlichen" Malereien des Siebensterns und des Achtsterns über Surrealismen und dekonstruktive Wortkonstruktionen zu puren Abstraktionen geführt hat, wie eine Entsprechung zum abstrakten Expressionismus von Pollock oder De Koning.
Da spielen wesentlich abstraktere Beispiele beiher, im Vergleich zu denen jenes Jetspinett und dieser Zauberspruch geradezu betulich erscheinen.

Eigentlich ist der Titel "hexenspruch" zu deutlich, gibt zu viel vor, lenkt die Interpretation weg von der inneren Musikalität der Verse und der Vieldimensionalität der Metaphern, die ein wenig mit Dispararitäten spielen, ein surrealistisch sprudelnder Jazz.

grusz, hansz
 
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wirena

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Nun bin ich selbst ein Mnsch, der geradezu aus Musik besteht
Mensch mondnein :) da ist ein e verlorengegangen - nun, der Ton, die Melodie wird bleiben - kenne ich übrigens auch - und meine Enkelin beginnt zu singen, was sie erlebt und sagen will - so wie ich seinerzeit in der Kindheit. Ganze Geschichten habe ich damals erzählt -
LG wirena
 

zurabal

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Hallo mondnein,

hmm, ja, aber trotzdem würde ich „grüne Rosen“ vorziehen, weil ich glaube, dass es dem vierfüßigen Trochäus und dem Surrealen keinen Abbruch tut, aber die Dissonanz irgendwie frecher rüberkommen ließe, ohne gleich jemanden hard-socked auf die Füße zu latschen. Es wäre dann nicht so krachend abstrakt moduliert. Lachen hat schließlich was Befreiendes.
Ich würde es schon mal lustig finden, Jazz hin oder her. Ich bin aber auch ein Fan vom Gespenst von Canterville, weil das Sprüche klopfen konnte, dass einem die Ohren schlackern.

O.k., o.k., vielleicht ist ja gar kein Dancefloor-Jazz gemeint, obwohl ich aus dem Hexenspruch durchaus auch so was wie einen Wunsch herauslese, wie eigentlich aus jedem mir bekannten Hexenspruch.
Nun ja, irren ist bekanntlich menschlich. Du weißt schließlich was Du reimst. Nix für ungut.

Viele Grüße zurabal
 

mondnein

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das mit der Disko, liebe wirena,

kriege ich nicht mit meinen über vierzig Jahre alten Diskoerfahrungen zusammen. Der Text des Liedes geht eher auf das Netzgewebe des Wirsings aus (eher Markt als Tanzhöhle), die Kugelform ähnelt den Knospenformen der Pfinstrose und des Wespennestes, und mit dem Wortspiel von Nest und Netz landet die Melodie im Selbstzweck eines klangverliebten Sprachengestammels, usw.
 



 
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