kant (philosophisches beiherspiel numero zwei)

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G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
der drei philosophischen beiherspiele
numero zwei



[ 4]kant


einbildung vorstellungs raum ist das innere
[ 4]anschauen von phantasien
zeiten brüche zeigen sie dir als
[ 4]musik melodie harmonien

hörst du die sprung intervalle und siehst du
[ 4]als farben die radiostrahlen
schwingungen metrik impulse-bronn sann seine
[ 4]simsala bimmer zu zahlen

sind gleich dem nimmer zum dulce-don dann deine
[ 4]dimmer-dumm schimmernden glimmer
singst du die welt ist ein liedel-lied-triller
[ 4]gefühl-gefüllt zeitraum gezimmer

purpur schließt sich den regenbogen
[ 4]im kreis zur oktave der wellen
doppelter schwingung impulse-bronn sann seine
[ 4]simsala binschallah schellen
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo mondnein
Entschuldige die dumme Frage, aber ist die
Anspielung auf Melodie und Klang nicht eher eine
Schopenhauersche Auffassung?

Der ja bekanntlich gerade in der Musik das wahre
und reine Empfinden der "Weltseele" gesehen hat?

Oder bin ich bloß zu blöde zu verstehen?

Ansonsten, wie gewohnt, ein tolles Gedicht.

L.G
Patrick
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
der Geist des Pythagoras in den "reinen Anschauungsformen"

Während im "Hegel"-Lied das Bei-her-Spiel die Auflösung aller Materien in reinen Geist in der Spur der "unmittelbaren Vermittlung sich vermittelnder Unmittelbarkeit" verlief - entsprechend der Phänomenologie des Geistes und der Wissenschaft der Logik -
wird in diesem "Kant"-Lied ein Grundgedanke der Kritik der reinen Vernunft bei-her-gespielt: Die puren Raum- und Zeit-Strukturen (Geometrie und Arithmetik) machen allein die Welt verständlich, da sie reine Bewußtseins-Strukturen sind, Fleisch von unserem Fleisch, passend zur szientistischen Reduktion aller Sinneswahrnehmungen auf geometrisch und arithmetisch formalisierte Gesetzmäßigkeiten. Die sinnlichen Inputs, die in diesen Zahlengittern analysiert und verdaut werden, sind zauberhafte Resträtsel (simsala bimmer), das "Ding an sich" unzugänglich. Aber immerhin bedeutet die bloß-zeitliche Rhythmik - pythagoreisch verstanden - Intervall-Ordnung der Schwingungen, also: Musik. Das war dem Philosophen des Transzendentalen Idealismus nicht bewußt, hat aber einen holistischen ästhetischen Reiz, bei-her-spielend ...
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Die Welt als Vorstellung

Herrlich, lieber Patrick, wie Du fragst, während ich noch meinen Selbst-Kommentar verfaßte, und sehr gut gefragt!

Schopenhauer, dessen Philosophie eine Wirkung in die Musikwelt hinein gehabt hat, wie sonst keiner (nicht einmal Pythagoras), da sich ja das ganze Werk Richard Wagners auf ihn gründet (man höre die Auflösung bzw. Verwandlung Isoldes in reine Musik am Ende des Tristan) - dieser Schopenhauer bekennt sich als so extremen, absoluten Kantianer, daß 1. (laut Vorwort) keinem seiner Leser "erlaubt" war, sein Hauptwerk zu lesen, es sei denn, er hätte zuerst Kants drei Kritiken gelesen, und 2. der Titel jenes Hauptwerks in kürzester Form Kants Transzendentalen Idealismus zusammenfaßte: "Die Welt als Wille" - der Wille ist das einzige "Ding an sich", das Kant hat gelten lassen, allerdings nicht für die Erkenntnis, sondern für die Selbstgesetzgebung des Handelns; "Wille" ist deshalb die Grundsubstanz der Welt, so interpretiert Schopenhauer "seinen" Kant; und so heißt Schopenhauers Werk weiter "(Die Welt als Wille) und Vorstellung": Die Welt als Vorstellung ist die Welt der Erkenntnistheorie, der Kritik der reinen Vernunft, wie die Welt als Wille die der praktischen Philosophie ist.
Allerdings ist dieser "Wille" bei Schopenhauer ein wildes, sich selbst blindes Gewoge, purer Wahnsinn, während Kant darunter das heilig-nüchterne Selbstverhältnis der Vernunft versteht.

Mein Lied hier bezieht sich nicht so sehr auf diese "Willens"-Diskussion, als vielmehr auf die Transzendentale Ästhetik und den "Schematismus der reinen Verstandesbegriffe" in der Kritik der reinen Vernunft.
 



 
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