Kapitel 3 – Der Morgen danach
Als Günter am nächsten Morgen aufwachte, fühlte er sich schwer und abgespannt. Er hatte einen sehr unruhigen Schlaf gehabt und lauter wirres Zeug geträumt, an das er sich aber nicht mehr so recht erinnern konnte. Er schaute auf die Uhr, es war fast halb zehn. So lange hatte er schon seit ewigen Zeiten nicht mehr geschlafen. Gewöhnlicherweise stand er morgens um halb acht auf, zusammen mit seiner Frau. – Wo war sie eigentlich? Ihr Bett war leer! Wird wohl schon in der Küche sein und das Frühstück zubereiten. Dann hörte er seine Frau aus der Küche rufen: "Bist du schon wach, Schatz? Zieh dich an und komm frühstücken. Der Kaffee ist auch schon fertig. Hab extra auf dich gewartet. Ich war beim Bäcker und habe Brötchen geholt. Deine Zeitung habe ich auch mitgebracht. Ich habe dich heute morgen nicht wecken wollen und weiter schlafen lassen. Du hast eine ziemlich unruhige Nacht hinter dir, hast dich im Bett hin und her gewälzt. Du musst einen schlimmen Traum gehabt haben. Man könnte meinen, dich habe irgendetwas im Schlaf verfolgt."
Er hatte aber auch ein wirres Zeug geträumt.
"Ich komme gleich", rief er zurück, suchte seine Sachen zusammen, nahm ein sauberes Paar Socken aus dem Schrank, zog sich an und ging in die Küche.
So langsam wurde er wach. Er gähnte noch einmal kurz und setzte sich dann zu seiner Frau an den Tisch. Sie frühstückten recht lange, länger als sonst. Es gab ja schließlich nicht jeden Tag frische Brötchen. Und dieser Kaffee, den seine Frau aufgebrüht hatte, der schmeckte einfach herrlich. Normalerweise kochte er morgens den Kaffee, da seine Frau wesentlich länger für ihre Morgentoilette brauchte, als er für seine. Nur gelang ihm der Kaffee meistens nicht so gut, so dass er sich im Dorf noch eine Tasse Kaffee extra gönnte, wenn er nach dem Frühstück seine Zeitung holte. Nach dem zweiten Brötchen und der dritten Tasse Kaffee legte er seine Zeitung aus der Hand und ging ins Badezimmer, um sich frisch zu machen. Seine Frau räumte so langsam den Frühstückstisch ab und begann mit den Vorbereitungen für das Mittagessen. Es war ja schließlich schon fast elf Uhr geworden.
Als Günter zurück in die Küche kam, sagte seine Frau zu ihm: "Auf dem Tisch liegt das Kartoffelgeld für dich. Und trödle nicht so lange in der Stadt rum, es ist schon kurz nach elf und Punkt ein Uhr steht das Essen auf dem Tisch. Also komm nicht zu spät! Ein Plattfuß gilt auch nicht als Ausrede!"
Er wurde leicht rot und schämte sich ein wenig, denn die Sache mit dem Plattfuß, das war so eine Geschichte. Da hatte ihn seine Frau damals voll erwischt, als er behauptete, er habe einen Plattfuß am Fahrrad gehabt und deshalb die ganze Strecke bis nach Hause schieben müssen und deshalb sei er zu spät zum Essen gekommen. Das Dumme an der Geschichte war nur, dass seine Frau ihn vom Fenster aus beobachtet hatte, als er kurz vor der Haustür vom Fahrrad abgestiegen war und die Luft aus dem Hinterradreifen gelassen hatte. – Zur Strafe bekam er eine Woche lang kein Taschengeld.
Stimmt, heute ist ja Mittwoch, dachte Günter. Das hätte er beinahe vergessen. Kartoffeltag und Harry Potter Tag zusammen, war sein nächster Gedanke. Er wollte gerade das Geld für die Kartoffeln vom Küchentisch nehmen, als er stutzte. – Zwanzig Euro hatte seine Frau ihm hingelegt. So einen großen Schein hatte er schon lange nicht mehr gesehen. Sie musste sich vertan haben, sonst bekam er immer nur fünf Euro und selbst davon blieb jedes Mal Geld übrig, was sie allerdings nicht wusste, da er seiner Frau gegenüber immer steif und fest behauptete, die Kartoffeln kosteten fünf Euro und für Kartoffeln bekäme man keinen Kassenbon, weil Kartoffeln so etwas wie eine Art lose Ware sein oder so. Seine Frau hatte sich bisher immer mit dieser Antwort zufrieden gegeben, obwohl er den leisen Verdacht hatte, dass sie das nur spielte.
"Zwanzig Euro" – damit wäre es überhaupt kein Problem, ein Harry Potter Buch zu kaufen. Aber wie sollte er nun reagieren? Vielleicht hatte sie ja gar nicht gemerkt, dass sie ihm einen so großen Schein auf den Tisch gelegt hatte. – Sollte er das Geld einfach einstecken, als wäre alles wie immer und abwarten, bis er nach Hause kam und sie eventuell das Restgeld von ihm zurückverlangen würde? Er könnte ja behaupten, es wären nur fünf Euro gewesen oder er wäre unterwegs überfallen worden. Man liest ja immer wieder von solchen Überfällen auf Rentner in der Zeitung. Die kühnsten Phantasien schwirrten plötzlich in seinem Kopf umher, wie er den zwanzig Euro Schein wohl behalten könnte.
Dann kam die Ernüchterung. Er hielt den Schein noch ungläubig und gedankenabwesend in der Hand und wollte ihn gerade in seine Hosentasche stecken, als seine Frau ihn plötzlich auf den Boden der Tatsachen zurückholte. "Günter, Günter… Was ist los mit dir? Träumst du?" – Er schreckte auf und ließ den Geldschein los. Er konnte ihn gerade noch auf halber Höhe, bevor er zur Boden segeln konnte, abfangen. "Nein, nein…" erwiderte er leise.
"Ich habe dir zwanzig Euro auf den Küchentisch gelegt, hab es heute leider nicht kleiner. Der Mann am Kiosk heute morgen konnte nicht wechseln." Plötzlich war Günter wieder hellwach. Dies bedeutete aber, dass seine Frau fünfzehn Euro am Mittag von ihm zurück haben wollte. Sein Gesicht verzog sich und Falten zeichneten sich auf seiner Stirn ab. "Harry Potter ade" grummelte er vor sich hin, als er mit langsamen Schritten und frustriert aus der Küche ging.
Im Flur zog er seinen Mantel an, nahm seinen Regenschirm aus der Ecke und öffnete die Wohnungstür.
"Bin dann weg!" rief er seiner Frau in einem unfreundlichen Tonfall zu und ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen, was einen Höllenlärm im Treppenhaus verursachte. Dies hatte er absichtlich gemacht! Er hob seinen Schirm hoch in die Luft und sprach mit piepsiger Stimme: "Komm, wir gehen Kartoffeln kaufen und du hast ja gehört, wir dürfen nicht zu spät zum Mittagessen kommen." Ab und zu redete Günter mit seinem Schirm, meistens dann, wenn er verärgert war und nicht wusste, wie er sich abreagieren sollte. Genau wie jetzt. Die Sache mit den zwanzig Euro ist aber auch zu blöd gelaufen, dachte er, während er die Treppenstufen hinabstieg. Im Erdgeschoss angekommen, öffnete er den Briefkasten, aber es lag keine Post darin. War ja auch nicht zu erwarten gewesen, denn die Eule würde ja schließlich bei ihm klingeln, so hatte es auf jeden Fall der Reporter von der Zaubererwoche gesagt. Dann schwang er sich auf sein Fahrrad und radelte in Richtung Stadt.
Als Günter am nächsten Morgen aufwachte, fühlte er sich schwer und abgespannt. Er hatte einen sehr unruhigen Schlaf gehabt und lauter wirres Zeug geträumt, an das er sich aber nicht mehr so recht erinnern konnte. Er schaute auf die Uhr, es war fast halb zehn. So lange hatte er schon seit ewigen Zeiten nicht mehr geschlafen. Gewöhnlicherweise stand er morgens um halb acht auf, zusammen mit seiner Frau. – Wo war sie eigentlich? Ihr Bett war leer! Wird wohl schon in der Küche sein und das Frühstück zubereiten. Dann hörte er seine Frau aus der Küche rufen: "Bist du schon wach, Schatz? Zieh dich an und komm frühstücken. Der Kaffee ist auch schon fertig. Hab extra auf dich gewartet. Ich war beim Bäcker und habe Brötchen geholt. Deine Zeitung habe ich auch mitgebracht. Ich habe dich heute morgen nicht wecken wollen und weiter schlafen lassen. Du hast eine ziemlich unruhige Nacht hinter dir, hast dich im Bett hin und her gewälzt. Du musst einen schlimmen Traum gehabt haben. Man könnte meinen, dich habe irgendetwas im Schlaf verfolgt."
Er hatte aber auch ein wirres Zeug geträumt.
"Ich komme gleich", rief er zurück, suchte seine Sachen zusammen, nahm ein sauberes Paar Socken aus dem Schrank, zog sich an und ging in die Küche.
So langsam wurde er wach. Er gähnte noch einmal kurz und setzte sich dann zu seiner Frau an den Tisch. Sie frühstückten recht lange, länger als sonst. Es gab ja schließlich nicht jeden Tag frische Brötchen. Und dieser Kaffee, den seine Frau aufgebrüht hatte, der schmeckte einfach herrlich. Normalerweise kochte er morgens den Kaffee, da seine Frau wesentlich länger für ihre Morgentoilette brauchte, als er für seine. Nur gelang ihm der Kaffee meistens nicht so gut, so dass er sich im Dorf noch eine Tasse Kaffee extra gönnte, wenn er nach dem Frühstück seine Zeitung holte. Nach dem zweiten Brötchen und der dritten Tasse Kaffee legte er seine Zeitung aus der Hand und ging ins Badezimmer, um sich frisch zu machen. Seine Frau räumte so langsam den Frühstückstisch ab und begann mit den Vorbereitungen für das Mittagessen. Es war ja schließlich schon fast elf Uhr geworden.
Als Günter zurück in die Küche kam, sagte seine Frau zu ihm: "Auf dem Tisch liegt das Kartoffelgeld für dich. Und trödle nicht so lange in der Stadt rum, es ist schon kurz nach elf und Punkt ein Uhr steht das Essen auf dem Tisch. Also komm nicht zu spät! Ein Plattfuß gilt auch nicht als Ausrede!"
Er wurde leicht rot und schämte sich ein wenig, denn die Sache mit dem Plattfuß, das war so eine Geschichte. Da hatte ihn seine Frau damals voll erwischt, als er behauptete, er habe einen Plattfuß am Fahrrad gehabt und deshalb die ganze Strecke bis nach Hause schieben müssen und deshalb sei er zu spät zum Essen gekommen. Das Dumme an der Geschichte war nur, dass seine Frau ihn vom Fenster aus beobachtet hatte, als er kurz vor der Haustür vom Fahrrad abgestiegen war und die Luft aus dem Hinterradreifen gelassen hatte. – Zur Strafe bekam er eine Woche lang kein Taschengeld.
Stimmt, heute ist ja Mittwoch, dachte Günter. Das hätte er beinahe vergessen. Kartoffeltag und Harry Potter Tag zusammen, war sein nächster Gedanke. Er wollte gerade das Geld für die Kartoffeln vom Küchentisch nehmen, als er stutzte. – Zwanzig Euro hatte seine Frau ihm hingelegt. So einen großen Schein hatte er schon lange nicht mehr gesehen. Sie musste sich vertan haben, sonst bekam er immer nur fünf Euro und selbst davon blieb jedes Mal Geld übrig, was sie allerdings nicht wusste, da er seiner Frau gegenüber immer steif und fest behauptete, die Kartoffeln kosteten fünf Euro und für Kartoffeln bekäme man keinen Kassenbon, weil Kartoffeln so etwas wie eine Art lose Ware sein oder so. Seine Frau hatte sich bisher immer mit dieser Antwort zufrieden gegeben, obwohl er den leisen Verdacht hatte, dass sie das nur spielte.
"Zwanzig Euro" – damit wäre es überhaupt kein Problem, ein Harry Potter Buch zu kaufen. Aber wie sollte er nun reagieren? Vielleicht hatte sie ja gar nicht gemerkt, dass sie ihm einen so großen Schein auf den Tisch gelegt hatte. – Sollte er das Geld einfach einstecken, als wäre alles wie immer und abwarten, bis er nach Hause kam und sie eventuell das Restgeld von ihm zurückverlangen würde? Er könnte ja behaupten, es wären nur fünf Euro gewesen oder er wäre unterwegs überfallen worden. Man liest ja immer wieder von solchen Überfällen auf Rentner in der Zeitung. Die kühnsten Phantasien schwirrten plötzlich in seinem Kopf umher, wie er den zwanzig Euro Schein wohl behalten könnte.
Dann kam die Ernüchterung. Er hielt den Schein noch ungläubig und gedankenabwesend in der Hand und wollte ihn gerade in seine Hosentasche stecken, als seine Frau ihn plötzlich auf den Boden der Tatsachen zurückholte. "Günter, Günter… Was ist los mit dir? Träumst du?" – Er schreckte auf und ließ den Geldschein los. Er konnte ihn gerade noch auf halber Höhe, bevor er zur Boden segeln konnte, abfangen. "Nein, nein…" erwiderte er leise.
"Ich habe dir zwanzig Euro auf den Küchentisch gelegt, hab es heute leider nicht kleiner. Der Mann am Kiosk heute morgen konnte nicht wechseln." Plötzlich war Günter wieder hellwach. Dies bedeutete aber, dass seine Frau fünfzehn Euro am Mittag von ihm zurück haben wollte. Sein Gesicht verzog sich und Falten zeichneten sich auf seiner Stirn ab. "Harry Potter ade" grummelte er vor sich hin, als er mit langsamen Schritten und frustriert aus der Küche ging.
Im Flur zog er seinen Mantel an, nahm seinen Regenschirm aus der Ecke und öffnete die Wohnungstür.
"Bin dann weg!" rief er seiner Frau in einem unfreundlichen Tonfall zu und ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen, was einen Höllenlärm im Treppenhaus verursachte. Dies hatte er absichtlich gemacht! Er hob seinen Schirm hoch in die Luft und sprach mit piepsiger Stimme: "Komm, wir gehen Kartoffeln kaufen und du hast ja gehört, wir dürfen nicht zu spät zum Mittagessen kommen." Ab und zu redete Günter mit seinem Schirm, meistens dann, wenn er verärgert war und nicht wusste, wie er sich abreagieren sollte. Genau wie jetzt. Die Sache mit den zwanzig Euro ist aber auch zu blöd gelaufen, dachte er, während er die Treppenstufen hinabstieg. Im Erdgeschoss angekommen, öffnete er den Briefkasten, aber es lag keine Post darin. War ja auch nicht zu erwarten gewesen, denn die Eule würde ja schließlich bei ihm klingeln, so hatte es auf jeden Fall der Reporter von der Zaubererwoche gesagt. Dann schwang er sich auf sein Fahrrad und radelte in Richtung Stadt.