Wolfgang Urach
Mitglied
Die Grillen setzten erschrocken ihre Nachtmusik aus. Es war stockdunkel, tief mitten in der Nacht. Momo rieb sich die müden Augen.
Da war doch was!
Sie stand auf und trat aus ihrem kleinen Raum. Sie trat in die Mitte des Amphitheaters und lauschte in die Nacht.
Auf dem Waldweg, der durch das Pinienwäldchen zur Stadt führte, entdeckte sie ein Lichtpaar von Autoscheinwerfern. Motorbrummen von mehreren Autos wurde hörbar.
Momo bekam Angst. Sie stieg die Gegenbühne des Amphitheaters hoch, um beobachten zu können, was passieren würde. Unsere Freundin versteckte sich hinter einer steinernen Sitzreihe und konnte jetzt von unten nicht mehr entdeckt werden.
Die Wagenkolonne näherte sich langsam dem Amphitheater. Es waren große Kastenwagen und schwere Limousinen, die Wohnwagen zogen. Sie bildeten einen Kreis im staubig-lehmigen Rund des Amphitheaters und blieben stehen. Männer, Frauen und Kinder steigen aus.
Mehrere Gespräche entfachten sich gleichzeitig. Momo konnte nicht alles verstehen.
„Weiter kommen wir heute nicht.“
„Schaut mal: Lehmburgen.“
„Der Ort ist in Ordnung; hier wird es mittags nicht zu heiß.“
„Giacomo, mach dich nicht dreckig.“
„Also, was ist? Bleiben wir?“
„Hinter dem Amphitheater ist ein kleiner Bach. Das Wasser ist klar und gut.“
„Die Kinder haben die Lehmburgen heute gebaut; der Lehm ist noch feucht.“
„Ich hoffe, die Stadtbewohner machen keinen Ärger.“
„Sascha! Bleib hier! Du kannst noch morgen die Tribüne des Amphitheaters erkundschaften.“
„Holt Holz!“
„Kann jemand die Kanister mit Wasser auffüllen?“
„Die Lehmburg ist wirklich schön, Giacomo.“
„Hast du Zündhölzer?“
Ein dicker Mann zündete ein Streichholz an, und das trockene Holz fing sofort Feuer. Die Ankömmlinge setzten sich auf Steine oder auf den Boden rund um das Feuer. Die blitzenden Fensterscheiben der Autos reflektierten hell die Flammen. Der dicke Mann schob Holz in das Feuer nach. Dein anderer Mann hatte Pinienäste abgebrochen und spitzte die Äste mit einem Taschenmesser an. Zwei Frauen brachten Töpfe. Alle, die Erwachsenen und die Kinder, fingen an, Kartoffeln und Würste aus den Töpfen zu fischen. Sie spießten die Grillsachen auf die geschnitzten Stöcken auf und hielten sie ins Feuer.
Die Kartoffeln schmorten bald in der Glut, und das Fleisch briet schnell. Das Fett tropfte von den Wurstspießen herunter und verbrannte prasselnd in der Glut.
Die Ankömmlinge aßen schnell, so als ob sie den ganzen Tag nichts gegessen hätten. Eine Zeitlang hörte man nichts außer genüssliches Kauen, Schmatzen und Rülpsen.
Momo verhielt sich mucksmäuschenstill. Sie hatte zwar nicht mehr so viel Angst wie vorher, aber etwas verwirrt und wütend war sie schon.
Der dünnere Mann hatte Holz herangeschleppt und unabsichtlich mit dem hinter sich schleifenden Zweigen und Ästen Francos schönen viereckigen Turm zum Einsturz gebracht. Auch Momos und Anns Haus der Prinzessinnen hatte so unter der Hitze des Feuers gelitten, dass eine Ecke ganz abgebrochen war. Und jemand war an einer Stelle durch Paolos Mauer getreten.
Eine junge Frau zog eine Gitarre hervor und fing an, leise Akkorde zu zupfen. Der dicke Mann, der zuvor das Feuer genährt hatte, begann jetzt, tief und feierlich einen Gesang anzuheben. Im Refrain stimmte die helle Stimme der Gitarristin ein.
An einem Baum in dem Park der großen Stadt
Hing unter tausend Blättern ein Blatt.
Sang der Nachtwind in den Bäumen,
Wiegte sich das Blatt in Träumen
Von der weiten herrlichen Welt!
Könnt ich nur einmal wie der Wind fliegen!
Mit den Wolken übers Meer,
Ach mein Leben gäb ich her
Könnt ich fliegen, könnt ich fliegen!
Bald kam der Herbst,
Gab dem Blatt sein schönstes Kleid,
Doch es klagte den Wolken sein Leid:
„Bleiben muss ich und verblühen!
Könnt ich mit den Schwänen ziehen,
Dorthin wo der Sommer nie vergeht!“
Da rief der Herbstwind:
„Du sollst fliegen, fliegen!“
Und er riss vom Baum das Blatt,
Trieb es in die große Stadt
Ließ es fliegen, ließ es fliegen!
Kurz war das Glück,
Müde sank das Blatt hinab
Auf die Strasse, sein regennasses Grab.
Schon am Ende seines Lebens
Rief das kleine Blatt vergebens
Zu den stummen Häusern hinauf:
„Könnt ich nur einmal noch im Wind fliegen,
Flög ich hin zu meinem Baum
Und vergessen wär der Traum
Vom Fliegen, vom Fliegen…“
„Wer bist du denn?“, fragte der kleine Junge und starrte Momo an.
Sie erschrak.
Die Echsen, die sich in der Morgensonne auf den dicken gleichmäßigen Steinen des Amphitheaters wärmten, flüchteten in die Ritzen zwischen den Steinen.
Momo blinzelte noch nicht ganz wach mit halb geöffneten Augen den Jungen an und setzte sich auf. Der Arm, auf dem sie eingeschlafen war, war ganz betäubt und kribbelte jetzt schrecklich.
Da erinnerte sie sich, dass der fremde Junge eine Frage gestellt hatte. „Und wer bist du?“, fragte sie zurück.
„Ich heiße Giacomo“, sagte er und verschränkte die Arme, „gehörst du zu den Kindern, die die Lehmburg gebaut haben?“
„Ja“, sagte Momo stolz, „ich bin Momo.“
Da fiel er der gestrige Abend ein. Sie schauten die Steinreihen des Amphitheaters herunter in den Rund, in dem jetzt die Wagen der Ankömmlinge standen. Jetzt erinnerte sie sich genauer: „Aber ihr habt unsere Lehmburg kaputtgemacht.“
„Quatsch“, Giacomo schüttelte mit dem Kopf, „komm mit und schau doch selbst.“
Er stieg hinab ins Amphitheater. Momo dachte nach. Sie wusste nicht, ob sie ihm folgen sollte oder nicht. Schließlich stand sie auf und stapfte hinter Giacomo die hohen Steinstufen herunter.
Unten im großen Theaterrund standen Waschbottiche, in die man Kleidungsstücke in Seifenwasser getunkt hatte. Die beiden Männer hackten und sägten Holzstämme. Man hörte Kinderschreien und Wasserplatschen, vom Bach herkommend.
In der Mitte der Wagen stand eine großartige Lehmburg. Momo war etwas erstaunt, denn es war nicht dieselbe Lehmburg, die sie gestern Abend zurückgelassen hatten.
Der Wachtturm war nicht viereckig, sondern rund, und eine Lehmzierleiste ging spiralförmig vom Boden bis unter sein Kegeldach.
Das Haus der Prinzessinnen hatte jetzt links und rechts je einen Zierturm, dessen jeweiliges Dach eine Königskrone darstellte. Die Mauer war an der Stelle, wo sie einen Fußtritt erhalten hatte, ersetzt worden durch einen Rundbogen, durch die Schlossbesucher in den Schlosshof eintreten konnten.
„Toll!“ sagte Momo voll Anerkennung.
Ein größerer Junge kam in Badehose tropfnass vom Bach her. Giacomo stellte Momo ihn vor, er hieß Sascha und hatte einen Karton mit einigen Playmobilfiguren mitgebracht, die er in die Lehmburg stellen wollte. Die Kinder holten sie nacheinander heraus und bestimmten zusammen, wohin die Figuren kommen sollten.
Die Wachen mit Speeren vor den Königspalast, den Koch in die Küche neben den Herd, einen Wachhund neben dem Haus der Prinzessinnen. Eine Prinzessin mit goldenen Haaren auf einen der Ziertürme unter das Königskronendach. Im Schlosshof bildeten viele Playmobilmänner einen Kreis um den König, der eine Ansprache hielt.
„Wir haben den ganzen Morgen an eurer Burg gebaut, als du noch geschlafen hast.“, erklärte Giacomo Momo pflichtbewusst.
Momo hörte eine Mädchenstimme hinter ihr eine Melodie summen. Sie sah sich um und erkannte das große Mädchen von gestern Abend.
„Na?“, fragte Alexandra und blickte die Kinder lächelnd an.
Giacomo stellte Momo seiner Schwester vor, die in der Nacht Gitarre gespielt hatte. Momo wollte sie fragen, ob sie noch mal das Lied von gestern hören könnte, aber Alexandra ging schon weiter.
Als am Nachmittag Paolo, Ann und Franco durch den Waldweg kamen, staunten sie nicht schlecht.
Momo hatte mit Giacomo und Sascha an der Burg weitergebaut. Sie besaß jetzt einen Burgteich, der durch einen kleinen Kanal gespeist wurde. Sascha hatte den ganzen Morgen einen Graben vom Bach hinterm Amphitheater zur Mitte des Amphitheaters ausgehoben. Die Eltern hatten sich beschwert, dass das wohl großer Unfug wäre, aber die Kinder hatten einfach weitergebaut. Man könnte auch Limonade in den Teich einfüllen, schlug Paolo vor. Aber „niemals zuviel“, wie Momo sofort einwandte.
Es gab Pferdestelle für Pferde, Esel und Kühe, weil Giacomo es ungerecht fand, dass bei schlechtem Wetter die Pferde in einen trockenen Stall dürfen, während viele Kühe auf der Weide bleiben müssen.
Momo hatte angefangen einen Blumengarten anzulegen, aber außer Gänseblümchen, Klatschmohn und Löwenzahn waren noch keine anderen Blumen drin.
Es wurde ein toller Nachmittag.
Saschas Mutter brachte den Kindern kalten Tee und ein paar selbst gemachte Plätzchen.
Sascha erklärte seinen neuen Freunden, Plätzchen kauend , dass seine Familie und die von Giacomo fahrendes Volk wären, das heißt, immer unterwegs wären. Giacomo nickte und sah dabei gar nicht so glücklich aus.
Die Stadtkinder konnten sich das nur schwer vorstellen.
„Und wo geht ihr in die Schule?“ wollte Ann wissen.
„Ach, das ist doof, mal hier, mal dort, immer neue Leute, und wenn wir mal nette Klassenkameraden gefunden haben, beschließen unsere Eltern, weiterzuziehen“, erzählte Giacomo.
„Und fahrt ihr von hier wieder weg?“, fragte Momo besorgt, denn sie hatte Giacomo und Sascha schon ein wenig gern gewonnen.
„Wohl im September“, meinte Sascha, und Giacomo biss sich auf die Lippen.
Da war doch was!
Sie stand auf und trat aus ihrem kleinen Raum. Sie trat in die Mitte des Amphitheaters und lauschte in die Nacht.
Auf dem Waldweg, der durch das Pinienwäldchen zur Stadt führte, entdeckte sie ein Lichtpaar von Autoscheinwerfern. Motorbrummen von mehreren Autos wurde hörbar.
Momo bekam Angst. Sie stieg die Gegenbühne des Amphitheaters hoch, um beobachten zu können, was passieren würde. Unsere Freundin versteckte sich hinter einer steinernen Sitzreihe und konnte jetzt von unten nicht mehr entdeckt werden.
Die Wagenkolonne näherte sich langsam dem Amphitheater. Es waren große Kastenwagen und schwere Limousinen, die Wohnwagen zogen. Sie bildeten einen Kreis im staubig-lehmigen Rund des Amphitheaters und blieben stehen. Männer, Frauen und Kinder steigen aus.
Mehrere Gespräche entfachten sich gleichzeitig. Momo konnte nicht alles verstehen.
„Weiter kommen wir heute nicht.“
„Schaut mal: Lehmburgen.“
„Der Ort ist in Ordnung; hier wird es mittags nicht zu heiß.“
„Giacomo, mach dich nicht dreckig.“
„Also, was ist? Bleiben wir?“
„Hinter dem Amphitheater ist ein kleiner Bach. Das Wasser ist klar und gut.“
„Die Kinder haben die Lehmburgen heute gebaut; der Lehm ist noch feucht.“
„Ich hoffe, die Stadtbewohner machen keinen Ärger.“
„Sascha! Bleib hier! Du kannst noch morgen die Tribüne des Amphitheaters erkundschaften.“
„Holt Holz!“
„Kann jemand die Kanister mit Wasser auffüllen?“
„Die Lehmburg ist wirklich schön, Giacomo.“
„Hast du Zündhölzer?“
Ein dicker Mann zündete ein Streichholz an, und das trockene Holz fing sofort Feuer. Die Ankömmlinge setzten sich auf Steine oder auf den Boden rund um das Feuer. Die blitzenden Fensterscheiben der Autos reflektierten hell die Flammen. Der dicke Mann schob Holz in das Feuer nach. Dein anderer Mann hatte Pinienäste abgebrochen und spitzte die Äste mit einem Taschenmesser an. Zwei Frauen brachten Töpfe. Alle, die Erwachsenen und die Kinder, fingen an, Kartoffeln und Würste aus den Töpfen zu fischen. Sie spießten die Grillsachen auf die geschnitzten Stöcken auf und hielten sie ins Feuer.
Die Kartoffeln schmorten bald in der Glut, und das Fleisch briet schnell. Das Fett tropfte von den Wurstspießen herunter und verbrannte prasselnd in der Glut.
Die Ankömmlinge aßen schnell, so als ob sie den ganzen Tag nichts gegessen hätten. Eine Zeitlang hörte man nichts außer genüssliches Kauen, Schmatzen und Rülpsen.
Momo verhielt sich mucksmäuschenstill. Sie hatte zwar nicht mehr so viel Angst wie vorher, aber etwas verwirrt und wütend war sie schon.
Der dünnere Mann hatte Holz herangeschleppt und unabsichtlich mit dem hinter sich schleifenden Zweigen und Ästen Francos schönen viereckigen Turm zum Einsturz gebracht. Auch Momos und Anns Haus der Prinzessinnen hatte so unter der Hitze des Feuers gelitten, dass eine Ecke ganz abgebrochen war. Und jemand war an einer Stelle durch Paolos Mauer getreten.
Eine junge Frau zog eine Gitarre hervor und fing an, leise Akkorde zu zupfen. Der dicke Mann, der zuvor das Feuer genährt hatte, begann jetzt, tief und feierlich einen Gesang anzuheben. Im Refrain stimmte die helle Stimme der Gitarristin ein.
An einem Baum in dem Park der großen Stadt
Hing unter tausend Blättern ein Blatt.
Sang der Nachtwind in den Bäumen,
Wiegte sich das Blatt in Träumen
Von der weiten herrlichen Welt!
Könnt ich nur einmal wie der Wind fliegen!
Mit den Wolken übers Meer,
Ach mein Leben gäb ich her
Könnt ich fliegen, könnt ich fliegen!
Bald kam der Herbst,
Gab dem Blatt sein schönstes Kleid,
Doch es klagte den Wolken sein Leid:
„Bleiben muss ich und verblühen!
Könnt ich mit den Schwänen ziehen,
Dorthin wo der Sommer nie vergeht!“
Da rief der Herbstwind:
„Du sollst fliegen, fliegen!“
Und er riss vom Baum das Blatt,
Trieb es in die große Stadt
Ließ es fliegen, ließ es fliegen!
Kurz war das Glück,
Müde sank das Blatt hinab
Auf die Strasse, sein regennasses Grab.
Schon am Ende seines Lebens
Rief das kleine Blatt vergebens
Zu den stummen Häusern hinauf:
„Könnt ich nur einmal noch im Wind fliegen,
Flög ich hin zu meinem Baum
Und vergessen wär der Traum
Vom Fliegen, vom Fliegen…“
„Wer bist du denn?“, fragte der kleine Junge und starrte Momo an.
Sie erschrak.
Die Echsen, die sich in der Morgensonne auf den dicken gleichmäßigen Steinen des Amphitheaters wärmten, flüchteten in die Ritzen zwischen den Steinen.
Momo blinzelte noch nicht ganz wach mit halb geöffneten Augen den Jungen an und setzte sich auf. Der Arm, auf dem sie eingeschlafen war, war ganz betäubt und kribbelte jetzt schrecklich.
Da erinnerte sie sich, dass der fremde Junge eine Frage gestellt hatte. „Und wer bist du?“, fragte sie zurück.
„Ich heiße Giacomo“, sagte er und verschränkte die Arme, „gehörst du zu den Kindern, die die Lehmburg gebaut haben?“
„Ja“, sagte Momo stolz, „ich bin Momo.“
Da fiel er der gestrige Abend ein. Sie schauten die Steinreihen des Amphitheaters herunter in den Rund, in dem jetzt die Wagen der Ankömmlinge standen. Jetzt erinnerte sie sich genauer: „Aber ihr habt unsere Lehmburg kaputtgemacht.“
„Quatsch“, Giacomo schüttelte mit dem Kopf, „komm mit und schau doch selbst.“
Er stieg hinab ins Amphitheater. Momo dachte nach. Sie wusste nicht, ob sie ihm folgen sollte oder nicht. Schließlich stand sie auf und stapfte hinter Giacomo die hohen Steinstufen herunter.
Unten im großen Theaterrund standen Waschbottiche, in die man Kleidungsstücke in Seifenwasser getunkt hatte. Die beiden Männer hackten und sägten Holzstämme. Man hörte Kinderschreien und Wasserplatschen, vom Bach herkommend.
In der Mitte der Wagen stand eine großartige Lehmburg. Momo war etwas erstaunt, denn es war nicht dieselbe Lehmburg, die sie gestern Abend zurückgelassen hatten.
Der Wachtturm war nicht viereckig, sondern rund, und eine Lehmzierleiste ging spiralförmig vom Boden bis unter sein Kegeldach.
Das Haus der Prinzessinnen hatte jetzt links und rechts je einen Zierturm, dessen jeweiliges Dach eine Königskrone darstellte. Die Mauer war an der Stelle, wo sie einen Fußtritt erhalten hatte, ersetzt worden durch einen Rundbogen, durch die Schlossbesucher in den Schlosshof eintreten konnten.
„Toll!“ sagte Momo voll Anerkennung.
Ein größerer Junge kam in Badehose tropfnass vom Bach her. Giacomo stellte Momo ihn vor, er hieß Sascha und hatte einen Karton mit einigen Playmobilfiguren mitgebracht, die er in die Lehmburg stellen wollte. Die Kinder holten sie nacheinander heraus und bestimmten zusammen, wohin die Figuren kommen sollten.
Die Wachen mit Speeren vor den Königspalast, den Koch in die Küche neben den Herd, einen Wachhund neben dem Haus der Prinzessinnen. Eine Prinzessin mit goldenen Haaren auf einen der Ziertürme unter das Königskronendach. Im Schlosshof bildeten viele Playmobilmänner einen Kreis um den König, der eine Ansprache hielt.
„Wir haben den ganzen Morgen an eurer Burg gebaut, als du noch geschlafen hast.“, erklärte Giacomo Momo pflichtbewusst.
Momo hörte eine Mädchenstimme hinter ihr eine Melodie summen. Sie sah sich um und erkannte das große Mädchen von gestern Abend.
„Na?“, fragte Alexandra und blickte die Kinder lächelnd an.
Giacomo stellte Momo seiner Schwester vor, die in der Nacht Gitarre gespielt hatte. Momo wollte sie fragen, ob sie noch mal das Lied von gestern hören könnte, aber Alexandra ging schon weiter.
Als am Nachmittag Paolo, Ann und Franco durch den Waldweg kamen, staunten sie nicht schlecht.
Momo hatte mit Giacomo und Sascha an der Burg weitergebaut. Sie besaß jetzt einen Burgteich, der durch einen kleinen Kanal gespeist wurde. Sascha hatte den ganzen Morgen einen Graben vom Bach hinterm Amphitheater zur Mitte des Amphitheaters ausgehoben. Die Eltern hatten sich beschwert, dass das wohl großer Unfug wäre, aber die Kinder hatten einfach weitergebaut. Man könnte auch Limonade in den Teich einfüllen, schlug Paolo vor. Aber „niemals zuviel“, wie Momo sofort einwandte.
Es gab Pferdestelle für Pferde, Esel und Kühe, weil Giacomo es ungerecht fand, dass bei schlechtem Wetter die Pferde in einen trockenen Stall dürfen, während viele Kühe auf der Weide bleiben müssen.
Momo hatte angefangen einen Blumengarten anzulegen, aber außer Gänseblümchen, Klatschmohn und Löwenzahn waren noch keine anderen Blumen drin.
Es wurde ein toller Nachmittag.
Saschas Mutter brachte den Kindern kalten Tee und ein paar selbst gemachte Plätzchen.
Sascha erklärte seinen neuen Freunden, Plätzchen kauend , dass seine Familie und die von Giacomo fahrendes Volk wären, das heißt, immer unterwegs wären. Giacomo nickte und sah dabei gar nicht so glücklich aus.
Die Stadtkinder konnten sich das nur schwer vorstellen.
„Und wo geht ihr in die Schule?“ wollte Ann wissen.
„Ach, das ist doof, mal hier, mal dort, immer neue Leute, und wenn wir mal nette Klassenkameraden gefunden haben, beschließen unsere Eltern, weiterzuziehen“, erzählte Giacomo.
„Und fahrt ihr von hier wieder weg?“, fragte Momo besorgt, denn sie hatte Giacomo und Sascha schon ein wenig gern gewonnen.
„Wohl im September“, meinte Sascha, und Giacomo biss sich auf die Lippen.