Kapitel 5 Schuld

Oh nein, seufzt Gabrialla, als sie die Haupttreppe verlassen und der Essensraum in ihr Sichtfeld kommt.
„Wir sind zu früh.“, fast Marie in Worte, was jeder sehen kann. Die mittleren Lehrlinge, sind noch nicht durch. Neugierig lässt sie ihren Blick schweifen, reckt den Hals und versucht in den Raum zu sehen. Doch es bleibt ihr verwehrt.
„Als wäre es das erste Mal, das Prüfungen sind.“, beschwert sich Sven.
„Sei nachsichtig. Wir waren genauso.“, ermahnt Michelle, was diesen jedoch nicht besänftigt.
„Das ist es ja. Nichts ändert sich. Immer müssen die Prüflinge auf die kleinen warten, weil die Essenspausen so knapp gelegt wurden. Wo ist die Anpassung? Die Optimierung?“
„Wo ist deine Geduld? Dein Sinn für die Gemeinschaft?“, folgt gleich ihre Gegenfrage und lässt Sven verstummen.
Na ja, zumindest einer, der gelernt hat, dass man nicht versuchen sollte sich mit ihr zu messen, amüsiert sich Gabrialla. Die sich einen Seitenblick auf Juls nicht verkneifen kann.
„Du kommst doch mit zum Schwimmen, oder?“, unterbricht Michelle ihre Gedanken.
„Wie bitte?“
„Der See?“, versucht die Freundin, ihr lächelnd zu helfen. Doch Gabrialla sieht sie weiterhin verwundert an. „Der Tag ist zu schön, um nicht am See verbracht zu werden. Wir wollen hingehen. Du kommst doch auch mit, oder?“
Oh, der See.Der Garten! Gabrialla will verneinen, doch die Worte bleiben unausgesprochen, als sie im Gesicht ihrer Freundin liest. Es geht nicht. Ich kann sie nicht alleine lassen. Nicht jetzt, wo sie angespannt auf die Ergebnisse wartet. Was wäre ich für eine Freundin? Ich werde noch mein Leben lang im Garten sein können. Das war es dann mit meinem Plan, seufzt sie.
„Gabrialla?“, drängt Michelle, „Ein letztes Mal, gemeinsam, als Lehrlinge. Das kann unser letzter gemeinsamer Ausflug sein!“
„Also, ich komm auf jeden Fall mit.“, bestätigt Marie demonstrativ, als Gabrialla nicht schnell genug antwortet.
„Natürlich,“ willigt sie nun auch ein und Michelles Gesicht beginnt zu strahlen.
„Schön! Ich finde es toll.“
Jetzt aber, beschwert sie sich, mit Blick zum Essensraum, wie lang dauert das den noch? Ich habe Hunger. Gleich beginnt die reguläre Pause. Sollten die Erzieher nicht langsam die letzten aus dem Raum scheuchen? Wie zur Bestätigung lässt ihr Magen ein lautes Knurren erklingen. Was ihr ein süffisantes Lächeln von Juls einbringt. Doch, zu ihrer Erleichterung belässt er es bei diesem. Michelle aber nicht.
„Trink was, Gabrialla,“ ermuntert sie die Freundin, „das hilft dir.“ Als diese ihren leeren Behälter schwenkt, erntet sie verwunderte Blicke. „Schon leer?“
„Gabrialla!“, stimmt Marie tadelnd ein.
„Ich sag doch, sie ist nie satt!“, bestätigt Juls seine Aussage von heute früh. Den tadelnden Blick, den Michelle in daraufhin zu wirft, kommentiert er mit einem Schulterzucken.
„Was den?“, verteidigt sich Gabrialla, „die Lehrerin sagte, wir sollen trinken. Das ist doch auch kein Essen, nichts was uns dick macht, sondern ...“ Michelles Hand, die sich besänftigend auf ihre legt, lässt das Gestammel verstummen und sie betrübt zu Boden blicken.
„Gabrialla hat recht. Das Trinken ist nur ein Zusatz, damit wir gesund bleiben. Dennoch,“ wendet sie sich, um einiges Leiser an ihre Freundin, „Ich mache mir Sorgen um dich. Du hast die letzten Tage immer weniger gegessen.“
Betroffen zuckt sie zurück. „Ich dachte nicht, das es auffällt.“, gesteht sie beschämt den Blick zum Boden richtend.
„Wie lange kennen wir uns schon? Wir sitzen jeden Tag zusammen, Gabrialla. Meinst du wirklich, es wäre mir verborgen geblieben? So wie Juls?“, dieser Seitenhieb auf den Freund ist nicht gerne gesehen. Doch entringt er Gabrialla ein Grinsen.
„Es tut mir leid“, versucht sie, ihre Isolierung zu entschuldigen. Doch Michelle ist noch nicht fertig.
„Was ist los?“, drängt diese sie. „Willst du es mir nicht sagen?“
Es dauert mehrere Herzschläge, während denen sich die anderen Freunde, zurückhaltend von ihnen abwenden und Gabrialla sich unter Michelles besorgtem Blick windet.
Doch dann ergibt sie sich und gesteht flüsternd: „Ich finde, das Essen wird immer wiederlicher.“ Sie erwartet, dass die Freundin etwas erwidert. Doch schweigt diese. Also sieht sie sich gezwungen fortzufahren: „Die Früchte und Wurzeln,“ klagt sie, „schmecken immer mehr nach der Erde, in der sie wachsen, als nach richtigem Essen. Ich kann das nicht mehr essen!“ Betrübt blickt sie in das Gesicht ihrer Freundin. Doch, statt Tadel oder Unverständnis, erkennt sie nur Freundlichkeit.
„Das ist alles? Das soll nicht das Problem sein, Gabrialla.“, erwidert diese, sie lächelnd anstupsend.
Bevor die verdutzte Gabrialla etwas erwidern kann, werden sie von der Gruppe vorwärts geschoben. Wie so oft ist sie gerührt von der unerwarteten Freundlichkeit Michelles.
Sie würde gerne etwas erwidern. Ihrer Freundin dafür danken, das sie sich nicht lustig über sie macht. Doch der Strom treibt sie weiter voran.

Wie immer schon greift sie nach einem Tablett und legt es auf die Theke. Dann stutzt sie.
Wäh, wenn ich das nur sehe, wird mir wider übel. Doch die Masse drängt nach.
„Na los, wir haben alle Hunger.“, raunt es hinter ihr und sie wird weiter geschoben.
Michelle, die in der Schlange vor ihr ist, stapelt sich einige Früchte auf das Tablett, als Gabrialla zu ihr aufschließt. Sie ist unentschlossen, was sie essen will. Eines weiß sie jedoch: Von den Früchten bekomme ich heute nichts runter. Sie sind so süß, dass sie mir im Munde kleben bleiben. So wartet sie geduldig, bis Michelle fertig ist. Als diese jedoch nicht zu den anderen aufschließt, sondern nur einen Schritt weiter geht, sieht Gabrialla sie verwundert an.
Ohne sie zu beachten, auch ohne sie zu fragen, beginnt sie ebenfalls auf Gabriallas Tablett diverse Früchte zu stapeln.
„Michelle, ich weiß nicht ...“, versucht sie zu widersprechen.
Michelles: „Lass mich nur machen Gabrialla.“, lässt sie aber verstummen. Zweifelnd beobachtet sie, wie an den anderen Station Blätter, Wurzeln und Blüten ihren Platz finden.
Was soll ich damit? Gut, die Wurzeln kann ich vielleicht essen. Die Blüten bekomme ich möglicherweise auch noch runter, aber das andere? Alleine der Gedanke, das zu Essen, lässt ihren Bauch schmerzhaft und laut protestieren. Einfach nur widerlich.
Michelle wird sich nicht beirren lassen. Das erkennt sie sofort und Gabrialla hat nicht vor sich der Freundin hier zu wiedersetzen.
Bereitwillig, ihrer Freundin vertrauend und doch zweifelnd, folgt sie ihr also.
Am Tisch angekommen blickt sie schweigend die zwei, viel zu kleinen Stücke Fleisch an, die ihren Appetit anheizen.
Nicht genug!, hört sie es wispern und kann nur zustimmen.
Ich brauche noch etwas zum Trinken. Ob ich mich gleich anstellen soll? Sehnsuchtsvoll blickt sie zu der Getränkeausgabe. Nein, seufzt sie, erst muss ich etwas Essen. Erst dann bekommen wir etwas.
Ihr Magen grollt drohend, als sie frustriert nach einer der Früchte greift. Ich muss erst etwas anderes essen, seufzt sie. Wenn ich zuerst das Fleisch esse, habe ich den ganzen Tag den widerlichen Dreckgeschmack im Mund.
Als sie den ersten Bissen nimmt, breitet sich, wie befürchtet, die süße Flüssigkeit in ihrem Mund aus. Gabrialla versucht zu schlucken, doch die Frucht will nicht hinab gleiten. Sie kaut weiter, in der Hoffnung, kleinere Stücke würden eher hinab gleiten. Doch, die süße Flüssigkeit breitet sich weiter aus, scheint ihren Mund einzunehmen und vermischt sich mit der Galle, die ihr Magen schickt. Würgend, gegen den Drang ihres Körpers, schafft sie es, den Bissen zu Schlucken. Eilig greift sie nach ihrem Becher und spült den Rest hinunter. Aber, das Wasser kann den Geschmack nicht vollständig mit sich nehmen.
Ich kann das nicht mehr essen, gesteht sie sich ein. Ihr Magen grummelt unbefriedigt. Nein! Das ist zu widerlich. Wie, um dem Gedanken zu zustimmen, lässt ein Zittern ihre Muskeln zucken und ihren Körper schaudern.
Gierig greift sie nach dem Fleisch.
Sobald das erste Stück auf ihrer Zunge landet, durchläuft ein Kribbeln diese. Wohlig wandert es die Nerven entlang, über ihre Arme, in ihren Kopf und zu ihrem Magen. Als dieser ein zustimmendes Geräusch von sich gibt, zuckt Gabrialla nervös zusammen. In der Erwartung, dass Juls sich erneut darüber lustig macht, hebt sie ihren Blick. Doch nicht sie, sondern Michelle zieht die Blicke auf sich und erwidert diese erhobenen Hauptes.
Hab ich etwas verpasst?, fragt Gabrialla sich verwirrt. Eilig durchstöbert sie ihre Gedanken, doch findet nichts. Ich habe nicht zugehört. Ich war zu sehr mit dem Essen beschäftigt.
Zwei Herzschläge nur. Dann wendet sich Michelle von den Blicken ab, lächelt Gabrialla an und schiebt etwas auf ihr Tablett. Ihre Verblüffung wandelt sich in Beschämung, als Gabrialla merkt, was es ist.
„Michelle, ich ...“
„Alles ist gut, Gabrialla.“, stoppt diese sie erneut und greift nach einigen von Gabriallas Früchten. „Gib mir einfach etwas von denen hier.“ Vor Beschämung errötend beobachtet sie, wie der Berg auf ihrem Tablet langsam seinen Platz mit den Fleischstücken ihrer Freunde tauscht.
Marie lächelt sie an, als sie, im Tausch führ ihre beiden Stücke, ebenfalls einige Früchte von Gabrialla nimmt. Auf Svens Tablett wandern mehrere Stück Wurzeln, Blätter und Blüten, im Tausch gegen seine und Ginos Stücke.
Nur Juls kaut, beflissentlich in eine andere Richtung blickend, weiter an seiner Wurzel.
Doch das ändert sich, nach Michelles mahnendem Räuspern.
Oh, Juls, du versuchst es doch immer wieder, denkt sich Gabrialla, trotz ihrer Scham, belustigt.
Grimmig Michelle anblickend, schiebt er ein Stück auf Maries Tablett, welches sie sogleich weiter auf Gabrialla ihres leitet.
„Danke,“ flüstert sie, als sich Feuchtigkeit in ihren Augen sammelt. „Das ist ...“
„Freundschaft.“, vervollständigt Michelle ihren Satz, als Gabrialla keine Worte einfallen wollen.
Schon meldet sich ihr Magen erneut. Lässt die Stimmung, die Dankbarkeit vergehen, als der Hunger wild in ihr erwacht.
Es gelingt ihr noch, das Lächeln eilig zu erwidern, bevor der Hunger ihre Gedanken vernebelt. Gierig, verspeist sie zwei Stück, nur um ihren Magen so weit zu beruhigen, dass sie es schafft, geregelt weiter zu essen. Mit jedem weiteren Bissen fällt es ihr jedoch schwerer, sich zurückzuhalten. Das Messer und die Gabel, brauchen ihrem Hunger zu lange, um das Fleisch in ihren Mund zu schaffen. Doch die Lehrzeit hindert sie daran ohne sie fortzufahren.
Als sie auch das letzte Stück verspeist hat, lässt sie sich entspannt zurücksinken. Ihr schweifender Blick trift auf den forschenden Maries und den missbilligenden von Juls. Sven, der neben Michelle sitzt, kann sie nicht sehen, doch Ginos Blick, neben Juls, ist neugierig ihm zugewandt. Michelle, mustert sie mit einer seltsamen Mischung aus Besorgnis und einem Lächeln.
„Ich danke euch“, wiederholt sie, in die Runde. „Das hättet ihr nicht machen müssen.“, ergänzt sie, den Regeln ergeben.
„Genau meine Meinung.“, greift Juls auf, „Jeder ist gleich, warum also sollten wir ...“, bevor Maries Ellbogen ihn zum Schweigen bringt. Dennoch lassen sie seine Worte verletzt zurückweichen.
„Ach was.“, entgegnet Michelle, den Einwand überspielend. „Jeder hat einmal Phasen, wo er nur auf das Eine Hunger hat. Denk nur,“, kichert sie belustigt, „als ich mich nur noch von Mikewas ernähren wollte.“ Doch Gabrialla weiß, das dies etwas anderes ist.
Fleisch ist selten. Fleisch ist Zusatz und Genuss. Pflanzen, wie Früchte und Wurzeln sind es, was wir begehren sollen. Ich hingegen ... , klagt sie, ... ich bin seltsam anders. Ich passe hier nicht hinein. Dieser Diskussion müde, erwidert sie Michelles Lächeln voller gespielter Dankbarkeit.
Als das der Freundin schwindet und ihre Augen schmaler werden, wird ihr bewusst, dass ihr die Täuschung nicht gelungen ist.
Kann ich auch gar nichts vor ihr geheim halten? Doch beide schweigen.

Sobald auch die Letzten fertig gegessen und alle mit Trinken versorgt sind, machen sie sich auf den Weg.
Zügig durchschreiten sie den Flur, um in ihre jeweiligen Nachtflure zu gelangen. Eilig durchstöbern die Mädchen ihren Wäscheraum, nach Badeteilen, Tüchern und Decken. Um dann hinter den Vorhängen zu verschwinden und sich umzukleiden. Die ganze Zeit plappert Marie auf Michelle und Gabrialla ein. Zweitere bemüht sich, die Scham noch nicht hinter sich gelassen, zu zuhören und aufmerksam zu sein. Doch ist sie jedes mal froh, wenn Michelle ihr mit einer Erwiderung zuvorkommt.
Wie kann man nur so viel Reden? Ja, es ist toll, dass wir fertig sind. Ja, ich freue mich auch, dass du jetzt endlich mit Juls zusammen ziehen kannst. Doch, das hast du mir alles heute früh schon erzählt. Und, ist sie sich sicher, Michelle sicher auch.
Tatsächlich ist sie froh, wieder mit den Jungs, die schon vor dem Mädchenflur warten, vereint zu sein. Gemeinsam nehmen sie erneut die Haupttreppe nach oben.

Immer wieder begegnen ihnen Lehrlinge der mittleren Gruppen, die gehetzt in den Untergrund eilen.
Gabrialla kann an einigen ihre Kleider Schmutz erkennen und bemerkt belustigt, wie Michelle tadelnd ihren Kopf schüttelt.
Als sie das Ende der Treppe sehen kann, erkennt sie weitere, die das Podest erklimmen, wohl um dort unter dem Baum zu liegen.

Sobald ihre Augen über dem Grund sind, sieht sie wie vereinzelte Lehrlinge in und aus ihrem Lehrflur eilen. In welchem nicht nur ihre Lehrräume liegen, sondern auch die Tür zu ihrem Außenbereich.
Leises Flüstern erfüllt die Kuppel, als die Gruppe oben ankommt.
Ja, so kenne ich das. Stetiges Geflüster. Die Stille heute früh, wird ihr erst jetzt klar, hat sich seltsam angefühlt. Was bin ich aber froh, fügt sie schnell hinzu, dass zumindest die Jüngsten schon wieder Lehrzeit haben. Und, dass ich das bald hinter mir lassen kann! Bei diesem Gedanken breitet sich erneut dieses seltsame, leichte Gefühl in ihr aus. Frei!

Vor fünf Strichen, als sie zu ihren Prüfungen vorbei geeilt sind, war das Tor verschlossen. Jetzt, sind beide Seiten geöffnet. Geben den Blick frei auf den Weg, zum Zentrum der inneren Gebäude. Der großen Grünfläche, welche hinter den Bäumen liegt.
Aufmerksam beobachten die beiden Erzieher, die neben dem Tor stehen, jeden entgegenkommenden. Kein Lehrling, außer den Prüflingen, darf es jetzt durchschreiten. Den nur sie haben für heute frei.
 

flammarion

Foren-Redakteur
Korrekturvorschläge:

Kapitel 5 Schuld
Oh nein, seufzt Gabrialla, als sie die Haupttreppe verlassen und der Essensraum in ihr Sichtfeld kommt.
„Wir sind zu früh.(kein Punkt)“, fast(fasst) Marie in Worte, was jeder sehen kann. Die mittleren Lehrlinge,(kein Komma) sind noch nicht durch. Neugierig lässt sie ihren Blick schweifen, reckt den Hals und versucht in den Raum zu sehen. Doch es bleibt ihr verwehrt.
„Als wäre es das erste Mal, das(dass) Prüfungen sind.(kein Punkt)“, beschwert sich Sven.
„Sei nachsichtig. Wir waren genauso.(kein Punkt)“, ermahnt Michelle, was diesen(ihn) jedoch nicht besänftigt.
„Das ist es ja. Nichts ändert sich. Immer müssen die Prüflinge auf die kleinen warten, weil die Essenspausen so knapp gelegt wurden. Wo ist die Anpassung? Die Optimierung?“
„Wo ist deine Geduld? Dein Sinn für die Gemeinschaft?“, folgt gleich ihre Gegenfrage und lässt Sven verstummen.
Na ja, zumindest einer, der gelernt hat, dass man nicht versuchen sollte(Komma) sich mit ihr zu messen, amüsiert sich Gabrialla.(besser Komma und klein weiter) Die sich einen Seitenblick auf Juls nicht verkneifen kann.
„Du kommst doch mit zum Schwimmen, oder?“, unterbricht Michelle ihre Gedanken.
„Wie bitte?“
„Der See?“, versucht die Freundin, ihr lächelnd zu helfen. Doch Gabrialla sieht sie weiterhin verwundert an. „Der Tag ist zu schön, um nicht am See verbracht zu werden. Wir wollen hingehen. Du kommst doch auch mit, oder?“
Oh, der See.(Leerfeld)Der Garten! Gabrialla will verneinen, doch die Worte bleiben unausgesprochen, als sie im Gesicht ihrer Freundin liest. Es geht nicht. Ich kann sie nicht alleine lassen. Nicht jetzt, wo sie angespannt auf die Ergebnisse wartet. Was wäre ich für eine Freundin? Ich werde noch mein Leben lang im Garten sein können. Das war es dann mit meinem Plan, seufzt sie.
„Gabrialla?“, drängt Michelle, „Ein letztes Mal, gemeinsam, als Lehrlinge. Das kann(könnte) unser letzter gemeinsamer Ausflug sein!“
„Also, ich komm auf jeden Fall mit.(kein Punkt)“, bestätigt Marie demonstrativ, als Gabrialla nicht schnell genug antwortet.
„Natürlich,(kein Komma)“(Komma) willigt sie nun auch ein und Michelles Gesicht beginnt zu strahlen.
„Schön! Ich finde es toll.“
Jetzt aber, beschwert sie sich, mit Blick zum Essensraum, wie lang dauert das den(denn) noch? Ich habe Hunger. Gleich beginnt die reguläre Pause. Sollten die Erzieher nicht langsam die letzten aus dem Raum scheuchen? Wie zur Bestätigung lässt ihr Magen ein lautes Knurren erklingen. Was ihr ein süffisantes Lächeln von Juls einbringt. Doch,(kein Komma) zu ihrer Erleichterung belässt er es bei diesem. Michelle aber nicht.
„Trink was, Gabrialla,(kein Komma)“(Komma) ermuntert sie die Freundin, „das hilft dir.“ Als diese ihren leeren Behälter schwenkt, erntet sie verwunderte Blicke. „Schon leer?“
„Gabrialla!“, stimmt Marie tadelnd ein.
„Ich sag doch, sie ist nie satt!“, bestätigt Juls seine Aussage von heute früh. Den tadelnden Blick, den Michelle in(ihm) daraufhin zu wirft, kommentiert er mit einem Schulterzucken.
„Was den(denn)?“, verteidigt sich Gabrialla, „die Lehrerin sagte, wir sollen trinken. Das ist doch auch kein Essen, nichts(Komma) was uns dick macht, sondern ...“ Michelles Hand, die sich besänftigend auf ihre legt, lässt das Gestammel verstummen und sie betrübt zu Boden blicken.
„Gabrialla hat recht(Recht). Das Trinken ist nur ein Zusatz, damit wir gesund bleiben. Dennoch,(kein Komma)“(Komma) wendet sie sich,(kein Komma) um einiges Leiser(leiser) an ihre Freundin, „Ich(ich) mache mir Sorgen um dich. Du hast die letzten Tage immer weniger gegessen.“
Betroffen zuckt sie zurück. „Ich dachte nicht, das(dass) es auffällt.(kein Punkt)“, gesteht sie(Komma) beschämt den Blick zum(zu) Boden richtend.
„Wie lange kennen wir uns schon? Wir sitzen jeden Tag zusammen, Gabrialla. Meinst du wirklich, es wäre mir verborgen geblieben? So wie Juls?“,(kein Komma und groß weiter) dieser Seitenhieb auf den Freund ist nicht gerne gesehen. Doch entringt er Gabrialla ein Grinsen.
„Es tut mir leid“, versucht sie, ihre Isolierung zu entschuldigen. Doch Michelle ist noch nicht fertig.
„Was ist los?“, drängt (diese überflüssig)sie. „Willst du es mir nicht sagen?“
Es dauert mehrere Herzschläge, während denen sich die anderen Freunde,(kein Komma) zurückhaltend von ihnen abwenden und Gabrialla sich unter Michelles besorgtem Blick windet.
Doch dann ergibt sie sich und gesteht flüsternd: „Ich finde, das Essen wird immer wiederlicher(widerlicher).“ Sie erwartet, dass die Freundin etwas erwidert (Sie wartet auf die Antwort der Freundin, doch . . .). Doch schweigt diese. Also sieht sie sich gezwungen(Komma) fortzufahren: „Die Früchte und Wurzeln,(kein Komma)“(Komma) klagt sie, „schmecken immer mehr nach der Erde, in der sie wachsen, als nach richtigem Essen. Ich kann das nicht mehr essen!“ Betrübt blickt sie in das Gesicht ihrer Freundin. Doch, statt Tadel oder Unverständnis, erkennt sie nur Freundlichkeit.
„Das ist alles? Das soll nicht das Problem sein, Gabrialla.(kein Punkt)“, erwidert diese, sie lächelnd anstupsend.
Bevor die verdutzte Gabrialla etwas erwidern kann, werden sie von der Gruppe vorwärts geschoben. Wie so oft ist sie gerührt von der unerwarteten Freundlichkeit Michelles.
Sie würde gerne etwas erwidern. Ihrer Freundin dafür danken, das(dass) sie sich nicht lustig über sie macht. Doch der Strom treibt sie weiter voran.

Wie immer schon greift sie nach einem Tablett und legt es auf die Theke. Dann stutzt sie.
Wäh, wenn ich das nur sehe, wird mir wider(wieder) übel. Doch die Masse drängt nach.
„Na los, wir haben alle Hunger.(kein Punkt)“, raunt es hinter ihr und sie wird weiter geschoben.
Michelle, die in der Schlange vor ihr ist, stapelt sich einige Früchte auf das Tablett, als Gabrialla zu ihr aufschließt. Sie ist unentschlossen, was sie essen will. Eines weiß sie jedoch: Von den Früchten bekomme ich heute nichts runter. Sie sind so süß, dass sie mir im Munde kleben bleiben. So wartet sie geduldig, bis Michelle fertig ist. Als diese jedoch nicht zu den anderen aufschließt, sondern nur einen Schritt weiter geht, sieht Gabrialla sie verwundert an.
Ohne sie zu beachten, auch ohne sie zu fragen, beginnt sie ebenfalls auf Gabriallas Tablett diverse Früchte zu stapeln.
„Michelle, ich weiß nicht ...“, versucht sie zu widersprechen.
Michelles: „Lass mich nur machen Gabrialla.(kein Punkt)“, lässt sie aber verstummen. Zweifelnd beobachtet sie, wie an den(der) anderen Station Blätter, Wurzeln und Blüten ihren Platz finden.
Was soll ich damit? Gut, die Wurzeln kann ich vielleicht essen. Die Blüten bekomme ich möglicherweise auch noch runter, aber das andere? Alleine der Gedanke, das zu Essen, lässt ihren Bauch schmerzhaft und laut protestieren. Einfach nur widerlich.
Michelle wird sich nicht beirren lassen. Das erkennt sie sofort und Gabrialla hat nicht vor(Komma) sich der Freundin hier zu wiedersetzen(widersetzen).
Bereitwillig,(kein Komma) ihrer Freundin vertrauend und doch zweifelnd, folgt sie ihr also.
Am Tisch angekommen blickt sie schweigend die zwei,(kein Komma) viel zu kleinen Stücke Fleisch an, die ihren Appetit anheizen.
Nicht genug!, hört sie es wispern und kann nur zustimmen.
Ich brauche noch etwas zum Trinken. Ob ich mich gleich anstellen soll? Sehnsuchtsvoll blickt sie zu der Getränkeausgabe. Nein, seufzt sie, erst muss ich etwas Essen(essen). Erst dann bekommen wir etwas.
Ihr Magen grollt drohend, als sie frustriert nach einer der Früchte greift. Ich muss erst etwas anderes essen, seufzt sie. Wenn ich zuerst das Fleisch esse, habe ich den ganzen Tag den widerlichen Dreckgeschmack im Mund.
Als sie den ersten Bissen nimmt, breitet sich,(kein Komma) wie befürchtet, die süße Flüssigkeit in ihrem Mund aus. Gabrialla versucht zu schlucken, doch die Frucht will nicht hinab gleiten. Sie kaut weiter, in der Hoffnung, kleinere Stücke würden eher hinab gleiten. Doch,(kein Komma) die süße Flüssigkeit breitet sich weiter aus, scheint ihren Mund einzunehmen und vermischt sich mit der Galle, die ihr Magen schickt. Würgend, gegen den Drang ihres Körpers, schafft sie es, den Bissen zu Schlucken(schlucken). Eilig greift sie nach ihrem Becher und spült den Rest hinunter. Aber,(kein Komma) das Wasser kann den Geschmack nicht vollständig mit sich nehmen.
Ich kann das nicht mehr essen, gesteht sie sich ein. Ihr Magen grummelt unbefriedigt. Nein! Das ist zu widerlich. Wie,(kein Komma) um dem Gedanken zu zustimmen, lässt ein Zittern ihre Muskeln zucken und ihren Körper schaudern.
Gierig greift sie nach dem Fleisch.
Sobald das erste Stück auf ihrer Zunge landet, durchläuft ein Kribbeln diese(Ihre Zunge beginnt zu kribbeln, sobald sie das Fleisch berührt). Wohlig wandert (es der Reiz) die Nerven entlang, über ihre Arme, in ihren Kopf und zu ihrem Magen. Als dieser ein zustimmendes Geräusch von sich gibt, zuckt Gabrialla nervös zusammen. In der Erwartung, dass Juls sich erneut darüber lustig macht, hebt sie ihren Blick. Doch nicht sie, sondern Michelle zieht die Blicke auf sich und erwidert diese erhobenen Hauptes.
Hab ich etwas verpasst?, fragt Gabrialla sich verwirrt. Eilig durchstöbert sie ihre Gedanken, doch findet nichts. Ich habe nicht zugehört. Ich war zu sehr mit dem Essen beschäftigt.
Zwei Herzschläge nur. Dann wendet sich Michelle von den Blicken ab, lächelt Gabrialla an und schiebt etwas auf ihr Tablett. Ihre Verblüffung wandelt sich in Beschämung, als Gabrialla merkt, was es ist.
„Michelle, ich ...“
„Alles ist gut, Gabrialla.(kein Punkt)“, stoppt diese sie erneut und greift nach einigen von Gabriallas Früchten. „Gib mir einfach etwas von denen hier.“ Vor Beschämung errötend beobachtet sie, wie der Berg auf ihrem Tablet(Tablett) langsam seinen Platz mit den Fleischstücken ihrer Freunde tauscht.
Marie lächelt sie an, als sie, im Tausch führ(für) ihre beiden Stücke,(kein Komma) ebenfalls einige Früchte von Gabrialla nimmt. Auf Svens Tablett wandern mehrere Stück Wurzeln, Blätter und Blüten, im Tausch gegen seine und Ginos Stücke.
Nur Juls kaut, beflissentlich in eine andere Richtung blickend, weiter an seiner Wurzel.
Doch das ändert sich, nach Michelles mahnendem Räuspern.
Oh, Juls, du versuchst es doch immer wieder, denkt sich Gabrialla, trotz ihrer Scham, belustigt.
Grimmig Michelle anblickend, schiebt er ein Stück auf Maries Tablett, welches sie sogleich weiter auf Gabrialla ihres leitet.
„Danke,(kein Komma)“(Komma) flüstert sie, als sich Feuchtigkeit in ihren Augen sammelt. „Das ist ...“
„Freundschaft.(kein Punkt)“, vervollständigt Michelle (ihren den) Satz, als Gabrialla keine Worte einfallen wollen.
Schon meldet sich ihr Magen erneut. Lässt die Stimmung, die Dankbarkeit vergehen, als der Hunger wild in ihr erwacht.
Es gelingt ihr noch, das Lächeln eilig zu erwidern, bevor der Hunger ihre Gedanken vernebelt. Gierig,(kein Komma) verspeist sie zwei Stück, nur um ihren Magen so weit zu beruhigen, dass sie es schafft, geregelt weiter zu essen. Mit jedem weiteren Bissen fällt es ihr jedoch schwerer, sich zurückzuhalten. Das Messer und die Gabel,(kein Komma) brauchen ihrem Hunger zu lange, um das Fleisch in ihren Mund zu schaffen. Doch die Lehrzeit hindert sie daran(Komma) ohne sie fortzufahren.
Als sie auch das letzte Stück verspeist hat, lässt sie sich entspannt zurücksinken. Ihr schweifender Blick trift(trifft) auf den forschenden Maries und den missbilligenden von Juls. Sven, der neben Michelle sitzt, kann sie nicht sehen, doch Ginos Blick, neben Juls, ist neugierig ihm zugewandt. Michelle,(kein Komma) mustert sie mit einer seltsamen Mischung aus Besorgnis und einem Lächeln.
„Ich danke euch“, wiederholt sie, in die Runde. „Das hättet ihr nicht machen müssen.(kein Komma)“, ergänzt sie, den Regeln ergeben.
„Genau meine Meinung.(kein Komma)“, greift Juls auf, „Jeder ist gleich, warum also sollten wir ...“, bevor Maries Ellbogen ihn zum Schweigen bringt. Dennoch lassen sie seine Worte verletzt zurückweichen.
„Ach was.(kein Punkt)“, entgegnet Michelle, den Einwand überspielend. „Jeder hat einmal Phasen, wo er nur auf das Eine Hunger hat. Denk nur,(kein Komma)“, kichert sie belustigt, „als ich mich nur noch von Mikewas ernähren wollte.“ Doch Gabrialla weiß, das(dass) dies etwas anderes ist.
Fleisch ist selten. Fleisch ist Zusatz und Genuss. Pflanzen, wie Früchte und Wurzeln sind es, was wir begehren sollen. Ich hingegen ... , klagt sie, ... ich bin seltsam anders. Ich passe hier nicht hinein. Dieser Diskussion müde, erwidert sie Michelles Lächeln voller gespielter Dankbarkeit.
Als das der Freundin schwindet und ihre Augen schmaler werden, wird ihr bewusst, dass ihr die Täuschung nicht gelungen ist.
Kann ich auch gar nichts vor ihr geheim halten? Doch beide schweigen.

Sobald auch die Letzten fertig gegessen und alle mit Trinken versorgt sind, machen sie sich auf den Weg.
Zügig durchschreiten sie den Flur, um in ihre jeweiligen Nachtflure zu gelangen. Eilig durchstöbern die Mädchen ihren Wäscheraum,(kein Komma) nach Badeteilen, Tüchern und Decken. Um dann hinter den Vorhängen zu verschwinden und sich umzukleiden. Die ganze Zeit plappert Marie auf Michelle und Gabrialla ein. Zweitere bemüht sich, die Scham noch nicht hinter sich gelassen, zu zuhören und aufmerksam zu sein. Doch ist sie jedes mal froh, wenn Michelle ihr mit einer Erwiderung zuvorkommt.
Wie kann man nur so viel Reden(reden)? Ja, es ist toll, dass wir fertig sind. Ja, ich freue mich auch, dass du jetzt endlich mit Juls zusammen ziehen kannst. Doch, das hast du mir alles heute früh schon erzählt. Und, ist sie sich sicher, Michelle sicher auch.
Tatsächlich ist sie froh, wieder mit den Jungs, die schon vor dem Mädchenflur warten, vereint zu sein. Gemeinsam nehmen sie erneut die Haupttreppe nach oben.

Immer wieder begegnen ihnen Lehrlinge der mittleren Gruppen, die gehetzt in den Untergrund eilen.
Gabrialla kann an einigen ihre(ihrer) Kleider Schmutz erkennen und bemerkt belustigt, wie Michelle tadelnd (ihren den) Kopf schüttelt.
Als sie das Ende der Treppe sehen kann, erkennt sie weitere, die das Podest erklimmen, wohl um dort unter dem Baum zu liegen.

Sobald ihre Augen über dem Grund sind, sieht sie(Komma) wie vereinzelte Lehrlinge in und aus ihrem Lehrflur eilen.(kein Punkt sondern Komma und klein weiter) In welchem nicht nur ihre Lehrräume liegen, sondern auch die Tür zu ihrem Außenbereich.
Leises Flüstern erfüllt die Kuppel, als die Gruppe oben ankommt.
Ja, so kenne ich das. Stetiges Geflüster. Die Stille heute früh, wird ihr erst jetzt klar, hat sich seltsam angefühlt. Was bin ich aber froh, fügt sie schnell hinzu, dass zumindest die Jüngsten schon wieder Lehrzeit haben. Und, dass ich das bald hinter mir lassen kann! Bei diesem Gedanken breitet sich erneut dieses seltsame, leichte Gefühl in ihr aus. Frei!

Vor fünf Strichen, als sie zu ihren Prüfungen vorbei geeilt sind, war das Tor verschlossen. Jetzt, sind beide Seiten geöffnet. Geben den Blick frei auf den Weg, zum Zentrum der inneren Gebäude. Der großen Grünfläche, welche hinter den Bäumen liegt.
Aufmerksam beobachten die beiden Erzieher, die neben dem Tor stehen, jeden entgegenkommenden. Kein Lehrling, außer den Prüflingen, darf es jetzt durchschreiten. Den (Denn) nur sie haben für heute frei.


lg
 



 
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