Kaleb befand sich auf den Weg in die Anbaugebiete von Genim. Laut dem Hinweis auf seinem Zettel hatten sich in letzter Zeit viele Pflanzen zu unglaublichen Formen entwickelt. Im Gegensatz zu Fanja, wohin Elonore geritten war, befanden sich hier vor allem Getreide und Tierfarmen. In Fanja war der Obstanbau vorherrschend. Die Pflanzen hätten immer merkwürdiges Aussehen, manche wären mutiert und einmal hatte sich sogar eine in ein Monster verwandelt.
Diese Geschichten konnten einfach nur in Zusammenhang mit seiner Suche sein. Kaleb besah sich seinen Weg. Er führte an einem kleinen Wald vorbei. Das Rauschen der Blätter und die Farben der Blumen erzeugten eine wunderbar friedliche Atmosphäre. Kaleb verlor wenigstens etwas von der Anspannung, welche ihn bisher die ganze Zeit erfasst hatte. Man konnte sich hier durchaus wohl fühlen.
Aber so sehr es einen auch beruhigte, so froh er auch war, dass Chander immer an seiner Seite sein würde, seine Schwester fehlte ihm doch sehr. Er hätte nie gedacht, wie schrecklich die Einsamkeit sein kann. Man glaubte nichts mehr zu haben, man fühlte eine unglaubliche Leere in sich, daran konnte jeder Blick auf seine Puzzle-Hälfte, zu dem er von seinen Gedanken an Elonore gezwungen wurde, nichts ändern. Auch, wenn es jedes mal ein Lächeln auf seine Lippen zauberte und er es kurz vergaß, es war eben schwer. Kaleb glaubte schon es wäre beinahe unmöglich.
Er sah sich um und betrachtete den Wald links, und die angrenzende Wiese rechts von ihm. „Daran sieht man wieder, was für Schönheiten alleine die Natur erschaffen kann, und niemals vom Menschen!“ waren seine faszinierten Gedanken bei diesem Anblick. Man musste einfach der Natur und dem Herren dafür danken, all diese Dinge sehen zu können. Von einem wunderbarem Gefühl der Ruhe und Gelassenheit durchströmt wollte er diese Momente kurz genießen, ehe er sich wieder voll und ganz seiner Aufgabe widmete und wieder wachsam und entschlossen seinen Weg auf Chander fortsetzte. Er klopfte kurz an den Kopf des Einhorn-Hengstes: „Danke Chander, dass du immer bei mir warst und immer mit mir gehen wirst!“ Chander wieherte kurz. Kaleb war der ganzen Welt für den einen Moment dankbar, vor zwölf Jahren, als er Chander fand zusammen mit seiner Schwester Eos. Die Erinnerung daran ließ ihn etwas strahlen, aber nur für Sekunden, dann war sein Kopf wieder bei seiner Aufgabe.
Auf ein mal hörte Kaleb eine Melodie. Die Melodie einer Flöte, sie musste aus der Nähe kommen. Aber er war nicht in der Lage irgendwelche Gedanken zu fassen. Der Grund? Diese Melodie, diese Musik war das schönste und Atem beraubendste, was der Prinz je gehört hatte. Man hatte das Gefühl mit jedem Ton der Flöte dem Himmel näher zu kommen. Kaleb hielt an und genoss erstmal die Musik.
Sein Körper wurde in jeder Faser von den wohl klingenden Geräuschen durchströmt. Es war wie, als ob er in einem Fluss treibt mit Wasser, welches ihm Kraft gab, als ob man jenen Fluss in der Wüste gefunden hat nach tagelangem Marsch. Kaleb war sich sicher, so was hat was bedeutendes.
Nun kam aber die Neugier in ihm auf und er beschloss nun der Flöten-Melodie zu folgen. Wer konnte nur so etwas zu Stande bringen? Welche Person hatte nur die Möglichkeit, eine Melodie zu spielen, welche alleine,ohne jede Kerze oder Fackel Dunkelheit durchdrang? Es könnte ein Engel sein, vielleicht auch ein Vogel, dessen Gesang nur so wie eine Flöte klang. Oder es würde ihnen wieder ein Wesen begegnen, dass selten war, vielleicht auch gar nicht bekannt ist. Was auch immer es ist, er wollte es einfach herausfinden.
Anscheinend wollte die Musik, dass ihr Ursprung gefunden wird. Die Töne schienen mit Kaleb und Chander zu sprechen, ihnen den richtigen Weg zu sagen. Die beiden ließen sich in die Musik fallen und wurden praktisch von ihr bewegt. Sie merkten, nun wird sich vieles ändern.
Eine Lichtung kam und Kaleb bemerkte im Schatten eines Ahorns zu erst ein braunes Pferd-und dann daneben, weiterhin die Flöte spielend, ein Mädchen. Er schätzte sie auf etwa 16 Jahre. Ihre braunen Haare gingen ihr bis kurz vor ihren Ellenbogen. Sie trug eine weiße Bluse, dazu einen roten Rock. Ihre Flöte war weiß. Auch wenn sie wie eine Blockflöte aus sah, wusste Kaleb vom ersten Moment an, diese Flöte ist nicht normal, diese Flöte ist einzigartig. Er beobachtete das Mädchen, welches die Augen geschlossen hatte und sich voll ganz dem Spiel ihrer Melodie hingab. Ihre Finger schienen wie Tänzer über das Instrument zu gleiten. Sie hüpften wie ein Tänzer, sie glitten wie ein Tänzer. Jeder wäre wohl fasziniert von dieser Spielweise.
„Ein Mensch kann eigentlich nicht zu so etwas fähig sein, so eine Melodie zu erschaffen und zu spielen.“ flüsterte der Königssohn zu Chander. „Dieses Wesen ist sicher zu höherem bestimmt!“
Selbst die Vögel, welche sich neben ihr niedergelassen hatten, hatten aufgehört zu singen, als wäre eine Schande, etwas unehrenhaftes, etwas unerhörtes, überhaupt diese Musik begleiten zu wollen, als stünde es niemandem zu und wäre es bei der Todesstrafe verboten.
Kaleb erkannte nun, dass die Melodie nun zum Ende kam. So langsam kamen die letzten Motive.
Dann spielte sie den letzten Ton. Dieser ließ den Prinzen nochmal in ein ganz anderes Land eintauchen. Jetzt aber war sie zu Ende. Ganz langsam hob das Mädchen nun ihr Gesicht und gab ihren Blick auf zwei blaue Augen frei. Als sie Kaleb sah, erschrak sie kurz: „Oh, verzeiht, anscheinend hab ich euch gar nicht gesehen. Ich hoffe, ich habe euch nicht gestört.“
Kaleb musste kurz lächeln und gab zurück: „Oh nein, ganz bestimmt nicht, eure Musik kann niemanden stören, sie bringt statt dessen den reinen Frieden in die Herzen aller Wesen von Heminaz.“ Das Mädchen wurde etwas rot, blickte verlegen zu Boden und antwortete: „Danke!“ Kaleb beobachtete das Mädchen und erkannte, wie sehr sie doch durch diese Röte noch anziehender wirkte.
Jetzt sah sie auf das Tier, und erkannte nun, worauf Kaleb ritt: „Ein...braunes...Einhorn...Moment, ich kenne nur....Oh mein Gott!“ Ihr Herz raste und sie schämte sich auf einmal, hatte das Gefühl die Welt in Gefahr gebracht zu haben. Sofort ging sie vom Baumstamm runter, auf dem sie gesessen hatte, ging auf die Knie und sprach „Eure Hoheit, Prinz Kaleb, bitte seid gnädig zu mir, ich habe euch nicht gleich erkannt.“
Kaleb hatte solche Situationen schon öfters erlebt und er war nie froh, wenn jemand sich unterwarf. Jeder Bewohner von Heminaz wurde von ihm als Freund geachtet. Für ihn stand niemand unter ihm. Er stieg von Chander, nahm ihre Hand um ihr auf zu helfen und beruhigte sie: „Bitte, ihr seid nicht meine Sklavin. Ich habe für meine Zukunft für mich den Entschluss gefasst, wenn ich und meine Schwester den Thron erben, für euch zu regieren, nicht über euch. Obgleich ich ehrlich zugeben muss, mir scheint es jeden Tag unmöglich, denn ich habe Zweifel daran dies zu schaffen. Bitte nennt mir euren Namen.“
Das Mädchen sah nun auf und antwortete, immer noch etwas unsicher: „Ähm...man nennt mich bei dem Namen Trescha.“
„Seid mir gegrüßt. Trescha-ein schöner Name.“ Trescha wurde wieder etwas verlegen. Es war schon ein merkwürdiges Gefühl, vom Thronfolger von Heminaz ein solches Kompliment zu bekommen.
Dann aber wollte sie wissen: „Eure Hoheit, was macht ihr hier?“
Kaleb hatte schnell Vertrauen zu ihr gefunden und antwortete: „Ich suche nach etwas legendärem, dem Medaillon der Sterne. Ich vermute, dass sich hier in der Gegend eine Hälfte befindet. Habt ihr vielleicht etwas merkwürdiges bemerkt?“
Trescha musste verneinen: „Es tut mir Leid, aber ich habe hier gar nichts gefunden oder gesehen, was euch helfen könnte, allerdings bin ich auch gerade erst hier angekommen.“
Kaleb gefiel irgendwie alles an dem Mädchen. Ihre Musik hatte ihn verzaubert, auch war ihr Aussehen eines, das gefiel, und schließlich wäre er ja sowieso alleine auf seiner Suche bis er Elonore wieder trifft, weshalb er sie sehr gerne an seiner Seite hätte. „Wollt ihr mich auf meiner Suche begleiten?“
Trescha war ganz bestimmt nicht abgeneigt. Kaleb erschien ihr sehr freundlich. Nicht zu vergessen, dass sie nun schon viele Jahre keine Begleitung hatte. „Ja, sehr gerne.“ Der Prinz half der Musikerin auf, dann stieg Trescha auf ihr Pferd und Kaleb auf´Chander.
So ritten sie dann einige Zeit nebeneinander. Kaleb fiel aber auf ein mal ein, warum er das Medaillon suchte, und ihn packte ein schlechtes Gewissen: „Ich muss euch was sagen, ich suche das Medaillon nicht aus Spaß, sondern weil es um das Schicksal von Heminaz geht.“ Kaleb erzählte Trescha nun den Grund für die Suche.
Nachdem er geendigt hatte, sagte er noch: „Es ist also sehr gefährlich. Wenn ihr also nicht wollt, geht besser wieder auf eigene Reisen.“ Trescha musste kurz schlucken, und ihr Kopf schien zu sagen: „Flieh!“ Aber etwas in ihrem Herzen stellte sich dagegen und sagte ihm: „Geh mit! Oder du bereust es den Rest deines Lebens. Hier ist dein größte Möglichkeit.“
Also antwortete sie: „Ich werde euch helfen. Ich lebe schließlich auch hier in Heminaz, mir bedeutet unser Reich ebenso viel wie euch.“ Kaleb wollte sich nicht eingestehen, dass eine Freude in ihm war, als er das vernahm, größer als sein schlechtes Gewissen, weil Trescha ohne Zweifel in Gefahr geriet.
„Es gibt noch eine andere Hälfte, nach dieser sucht Elonore. Sie ist sehr stark, ich bin mir sicher, sie wird es schaffen, wir wollen an den Minen von Tepetl das Medaillon zusammen führen-ebenso wie dieses Puzzle, dass wir einstmals zusammen gesetzt haben.“ Bei diesen Worten nahm er seine Puzzle-Hälfte her raus und betrachtete sie.
Trescha sah dies und erlag einer kleinen Trübung in ihrem Seelenleben. „Also...Elonore scheint euch ja sehr wichtig zu sein.“
„Selbstverständlich, sie ist ja schließlich meine Schwester.“
„Oh!“ entfuhr es der Musikerin kurz, ehe es ihr wieder einfiel: Prinzessin Elonore. „Ja, natürlich, hab ich das doch tatsächlich vergessen. Oh je, jetzt sehe ich aber nicht so gut aus.“ Trescha lief jetzt knallrot an. Sie schämte sich nun dafür. Wie konnte man aber auch vergessen wer die Prinzessin ist.
„Was habt ihr denn geglaubt, wer sie ist?“
„Nun ja...also...“ Jetzt wünschte sie sich gerade zu im Boden zu versinken nach dieser Frage des Thronfolgers. „also ich dachte zuerst, dass..nun...“
Kaleb verstand jetzt und musste lachen: „Oh nein, nein, da gab es noch niemanden für mich.“ Für die Musikerin war dies Feststellung aber noch etwas anderes als peinlich, sie war auch irgendwie schön. Weshalb? Nun, ihr war es nicht erklärlich.
Kaleb unterhielt sich weiter etwas mit ihr: „Wie lebt ihr eigentlich? Wo sind eure Eltern?“
„Meine Mutter starb bei meiner Geburt. Meinen Vater verlor ich bei einem Überfall durch Räuber vor zwei Jahren. Die Flöte war das einzige was mir blieb, zusammen mit meinem Pferd.“
Kaleb schämte sich jetzt. „Verzeiht, das habe ich nicht gewusst.“
Sie widersprach: „Ist schon in Ordnung, ihr könnt nichts dafür.“
„Wie habt ihr dann überlebt?“
Trescha fuhr nun also fort mit ihrer Geschichte: „Ich bin durch das Land gereist, stets ohne Ziel, habe Flöte gespielt. Meist für ein paar Münzen auf Festen und Marktplätzen. Manchmal hat auch ein Wirt mich darum gebeten, bei ihm zu spielen, und bekomme dafür eine Mahlzeit und darf auch eine Nacht bei ihm übernachten. Öfters kommt mir Hass und Ausgrenzung entgegen. Ich glaube, seit dem Tod meines Vaters weiß ich nicht mehr, was Liebe ist.“
Kaleb kamen, als sie dies sagte, nun Worte in den Sinn. Worte, die ihm sein Vater einst gesagt hatte:
„Glaub ihr es wäre gut zu wissen, was Liebe ist? Denkt ihr, es wäre gut, die genaue Formel zu kennen, wie die Rechenaufgaben?“
Trescha sah verwundert auf: „Wie meint ihr das?“
Für den Prinzen gab es darauf nur eine Antwort: „Mein Vater hat es mir erzählt, und ich habe es ihm immer geglaubt: Er sagte mir, wenn jemand ganz genau erklären könnte, wie die Liebe ist und wie man sie lebt, wäre sie nicht mehr die größte Macht auf Erden. Niemand kann die Liebe erklären. Und darum, so sagte mir mein Vater, ist sie so gewaltig.“
Trescha war verwirrt. Hatte er Recht? Ist es so mit der Liebe? Eigentlich wurde nun in ihr wieder klar, dass es wirklich so war. Sie hatte ja selber immer wieder sich die Frage gestellt, wie die Liebe ist und doch keine Antwort gefunden. Und auch ihr Vater, dem sie selber mal die Frage stellte, hat ihr gesagt: „Oh Trescha, wenn ich dir die Liebe erklären könnte, wäre ich nie einer so wunderbaren Person wie deiner Mutter begegnet und so glücklich mit ihr gewesen.“
Nun, niemand erklärt sie, niemand kann sie einfach so nehmen und geben. Wir erkennen sie, aber mehr auch nicht. Das wurde Trescha bewusst, während sie mit Kaleb immer mehr in die Nähe des Zentrums der merkwürdigen Aktivitäten kamen. Hier hatten sich, so der Hinweis, besonders viele Pflanzen verändert.
Der Unbekannte Ort. Immer noch war er nichts als Dunkelheit. „Schön, mein lieber Prinz. Bist ja ein richtiger Dichter. Nun aber wirst du lernen müssen, dass dein Vater sich irrt: Liebe ist nichts gegen den Hass und die Dunkelheit.“ Die Person, dieser Jemand, hob nun einen Holz-Käfig an mit einem kleinen Wesen, was man nicht erkennen konnte, und gab diesen einem ebenso dunklen Geschöpf: „Sorge dafür dass mein kleines Spielzeug das tut, wofür ich es erschaffen habe. Oder du wirst dir wünschen tot zu sein, weil ich dir die schlimmsten Schmerzen überhaupt zufügen werde. Qualen, schlimmer als alles andere. Also versage besser nicht.“ Der Angesprochene verbeugte sein Haupt und zog sich zurück.
Diese Geschichten konnten einfach nur in Zusammenhang mit seiner Suche sein. Kaleb besah sich seinen Weg. Er führte an einem kleinen Wald vorbei. Das Rauschen der Blätter und die Farben der Blumen erzeugten eine wunderbar friedliche Atmosphäre. Kaleb verlor wenigstens etwas von der Anspannung, welche ihn bisher die ganze Zeit erfasst hatte. Man konnte sich hier durchaus wohl fühlen.
Aber so sehr es einen auch beruhigte, so froh er auch war, dass Chander immer an seiner Seite sein würde, seine Schwester fehlte ihm doch sehr. Er hätte nie gedacht, wie schrecklich die Einsamkeit sein kann. Man glaubte nichts mehr zu haben, man fühlte eine unglaubliche Leere in sich, daran konnte jeder Blick auf seine Puzzle-Hälfte, zu dem er von seinen Gedanken an Elonore gezwungen wurde, nichts ändern. Auch, wenn es jedes mal ein Lächeln auf seine Lippen zauberte und er es kurz vergaß, es war eben schwer. Kaleb glaubte schon es wäre beinahe unmöglich.
Er sah sich um und betrachtete den Wald links, und die angrenzende Wiese rechts von ihm. „Daran sieht man wieder, was für Schönheiten alleine die Natur erschaffen kann, und niemals vom Menschen!“ waren seine faszinierten Gedanken bei diesem Anblick. Man musste einfach der Natur und dem Herren dafür danken, all diese Dinge sehen zu können. Von einem wunderbarem Gefühl der Ruhe und Gelassenheit durchströmt wollte er diese Momente kurz genießen, ehe er sich wieder voll und ganz seiner Aufgabe widmete und wieder wachsam und entschlossen seinen Weg auf Chander fortsetzte. Er klopfte kurz an den Kopf des Einhorn-Hengstes: „Danke Chander, dass du immer bei mir warst und immer mit mir gehen wirst!“ Chander wieherte kurz. Kaleb war der ganzen Welt für den einen Moment dankbar, vor zwölf Jahren, als er Chander fand zusammen mit seiner Schwester Eos. Die Erinnerung daran ließ ihn etwas strahlen, aber nur für Sekunden, dann war sein Kopf wieder bei seiner Aufgabe.
Auf ein mal hörte Kaleb eine Melodie. Die Melodie einer Flöte, sie musste aus der Nähe kommen. Aber er war nicht in der Lage irgendwelche Gedanken zu fassen. Der Grund? Diese Melodie, diese Musik war das schönste und Atem beraubendste, was der Prinz je gehört hatte. Man hatte das Gefühl mit jedem Ton der Flöte dem Himmel näher zu kommen. Kaleb hielt an und genoss erstmal die Musik.
Sein Körper wurde in jeder Faser von den wohl klingenden Geräuschen durchströmt. Es war wie, als ob er in einem Fluss treibt mit Wasser, welches ihm Kraft gab, als ob man jenen Fluss in der Wüste gefunden hat nach tagelangem Marsch. Kaleb war sich sicher, so was hat was bedeutendes.
Nun kam aber die Neugier in ihm auf und er beschloss nun der Flöten-Melodie zu folgen. Wer konnte nur so etwas zu Stande bringen? Welche Person hatte nur die Möglichkeit, eine Melodie zu spielen, welche alleine,ohne jede Kerze oder Fackel Dunkelheit durchdrang? Es könnte ein Engel sein, vielleicht auch ein Vogel, dessen Gesang nur so wie eine Flöte klang. Oder es würde ihnen wieder ein Wesen begegnen, dass selten war, vielleicht auch gar nicht bekannt ist. Was auch immer es ist, er wollte es einfach herausfinden.
Anscheinend wollte die Musik, dass ihr Ursprung gefunden wird. Die Töne schienen mit Kaleb und Chander zu sprechen, ihnen den richtigen Weg zu sagen. Die beiden ließen sich in die Musik fallen und wurden praktisch von ihr bewegt. Sie merkten, nun wird sich vieles ändern.
Eine Lichtung kam und Kaleb bemerkte im Schatten eines Ahorns zu erst ein braunes Pferd-und dann daneben, weiterhin die Flöte spielend, ein Mädchen. Er schätzte sie auf etwa 16 Jahre. Ihre braunen Haare gingen ihr bis kurz vor ihren Ellenbogen. Sie trug eine weiße Bluse, dazu einen roten Rock. Ihre Flöte war weiß. Auch wenn sie wie eine Blockflöte aus sah, wusste Kaleb vom ersten Moment an, diese Flöte ist nicht normal, diese Flöte ist einzigartig. Er beobachtete das Mädchen, welches die Augen geschlossen hatte und sich voll ganz dem Spiel ihrer Melodie hingab. Ihre Finger schienen wie Tänzer über das Instrument zu gleiten. Sie hüpften wie ein Tänzer, sie glitten wie ein Tänzer. Jeder wäre wohl fasziniert von dieser Spielweise.
„Ein Mensch kann eigentlich nicht zu so etwas fähig sein, so eine Melodie zu erschaffen und zu spielen.“ flüsterte der Königssohn zu Chander. „Dieses Wesen ist sicher zu höherem bestimmt!“
Selbst die Vögel, welche sich neben ihr niedergelassen hatten, hatten aufgehört zu singen, als wäre eine Schande, etwas unehrenhaftes, etwas unerhörtes, überhaupt diese Musik begleiten zu wollen, als stünde es niemandem zu und wäre es bei der Todesstrafe verboten.
Kaleb erkannte nun, dass die Melodie nun zum Ende kam. So langsam kamen die letzten Motive.
Dann spielte sie den letzten Ton. Dieser ließ den Prinzen nochmal in ein ganz anderes Land eintauchen. Jetzt aber war sie zu Ende. Ganz langsam hob das Mädchen nun ihr Gesicht und gab ihren Blick auf zwei blaue Augen frei. Als sie Kaleb sah, erschrak sie kurz: „Oh, verzeiht, anscheinend hab ich euch gar nicht gesehen. Ich hoffe, ich habe euch nicht gestört.“
Kaleb musste kurz lächeln und gab zurück: „Oh nein, ganz bestimmt nicht, eure Musik kann niemanden stören, sie bringt statt dessen den reinen Frieden in die Herzen aller Wesen von Heminaz.“ Das Mädchen wurde etwas rot, blickte verlegen zu Boden und antwortete: „Danke!“ Kaleb beobachtete das Mädchen und erkannte, wie sehr sie doch durch diese Röte noch anziehender wirkte.
Jetzt sah sie auf das Tier, und erkannte nun, worauf Kaleb ritt: „Ein...braunes...Einhorn...Moment, ich kenne nur....Oh mein Gott!“ Ihr Herz raste und sie schämte sich auf einmal, hatte das Gefühl die Welt in Gefahr gebracht zu haben. Sofort ging sie vom Baumstamm runter, auf dem sie gesessen hatte, ging auf die Knie und sprach „Eure Hoheit, Prinz Kaleb, bitte seid gnädig zu mir, ich habe euch nicht gleich erkannt.“
Kaleb hatte solche Situationen schon öfters erlebt und er war nie froh, wenn jemand sich unterwarf. Jeder Bewohner von Heminaz wurde von ihm als Freund geachtet. Für ihn stand niemand unter ihm. Er stieg von Chander, nahm ihre Hand um ihr auf zu helfen und beruhigte sie: „Bitte, ihr seid nicht meine Sklavin. Ich habe für meine Zukunft für mich den Entschluss gefasst, wenn ich und meine Schwester den Thron erben, für euch zu regieren, nicht über euch. Obgleich ich ehrlich zugeben muss, mir scheint es jeden Tag unmöglich, denn ich habe Zweifel daran dies zu schaffen. Bitte nennt mir euren Namen.“
Das Mädchen sah nun auf und antwortete, immer noch etwas unsicher: „Ähm...man nennt mich bei dem Namen Trescha.“
„Seid mir gegrüßt. Trescha-ein schöner Name.“ Trescha wurde wieder etwas verlegen. Es war schon ein merkwürdiges Gefühl, vom Thronfolger von Heminaz ein solches Kompliment zu bekommen.
Dann aber wollte sie wissen: „Eure Hoheit, was macht ihr hier?“
Kaleb hatte schnell Vertrauen zu ihr gefunden und antwortete: „Ich suche nach etwas legendärem, dem Medaillon der Sterne. Ich vermute, dass sich hier in der Gegend eine Hälfte befindet. Habt ihr vielleicht etwas merkwürdiges bemerkt?“
Trescha musste verneinen: „Es tut mir Leid, aber ich habe hier gar nichts gefunden oder gesehen, was euch helfen könnte, allerdings bin ich auch gerade erst hier angekommen.“
Kaleb gefiel irgendwie alles an dem Mädchen. Ihre Musik hatte ihn verzaubert, auch war ihr Aussehen eines, das gefiel, und schließlich wäre er ja sowieso alleine auf seiner Suche bis er Elonore wieder trifft, weshalb er sie sehr gerne an seiner Seite hätte. „Wollt ihr mich auf meiner Suche begleiten?“
Trescha war ganz bestimmt nicht abgeneigt. Kaleb erschien ihr sehr freundlich. Nicht zu vergessen, dass sie nun schon viele Jahre keine Begleitung hatte. „Ja, sehr gerne.“ Der Prinz half der Musikerin auf, dann stieg Trescha auf ihr Pferd und Kaleb auf´Chander.
So ritten sie dann einige Zeit nebeneinander. Kaleb fiel aber auf ein mal ein, warum er das Medaillon suchte, und ihn packte ein schlechtes Gewissen: „Ich muss euch was sagen, ich suche das Medaillon nicht aus Spaß, sondern weil es um das Schicksal von Heminaz geht.“ Kaleb erzählte Trescha nun den Grund für die Suche.
Nachdem er geendigt hatte, sagte er noch: „Es ist also sehr gefährlich. Wenn ihr also nicht wollt, geht besser wieder auf eigene Reisen.“ Trescha musste kurz schlucken, und ihr Kopf schien zu sagen: „Flieh!“ Aber etwas in ihrem Herzen stellte sich dagegen und sagte ihm: „Geh mit! Oder du bereust es den Rest deines Lebens. Hier ist dein größte Möglichkeit.“
Also antwortete sie: „Ich werde euch helfen. Ich lebe schließlich auch hier in Heminaz, mir bedeutet unser Reich ebenso viel wie euch.“ Kaleb wollte sich nicht eingestehen, dass eine Freude in ihm war, als er das vernahm, größer als sein schlechtes Gewissen, weil Trescha ohne Zweifel in Gefahr geriet.
„Es gibt noch eine andere Hälfte, nach dieser sucht Elonore. Sie ist sehr stark, ich bin mir sicher, sie wird es schaffen, wir wollen an den Minen von Tepetl das Medaillon zusammen führen-ebenso wie dieses Puzzle, dass wir einstmals zusammen gesetzt haben.“ Bei diesen Worten nahm er seine Puzzle-Hälfte her raus und betrachtete sie.
Trescha sah dies und erlag einer kleinen Trübung in ihrem Seelenleben. „Also...Elonore scheint euch ja sehr wichtig zu sein.“
„Selbstverständlich, sie ist ja schließlich meine Schwester.“
„Oh!“ entfuhr es der Musikerin kurz, ehe es ihr wieder einfiel: Prinzessin Elonore. „Ja, natürlich, hab ich das doch tatsächlich vergessen. Oh je, jetzt sehe ich aber nicht so gut aus.“ Trescha lief jetzt knallrot an. Sie schämte sich nun dafür. Wie konnte man aber auch vergessen wer die Prinzessin ist.
„Was habt ihr denn geglaubt, wer sie ist?“
„Nun ja...also...“ Jetzt wünschte sie sich gerade zu im Boden zu versinken nach dieser Frage des Thronfolgers. „also ich dachte zuerst, dass..nun...“
Kaleb verstand jetzt und musste lachen: „Oh nein, nein, da gab es noch niemanden für mich.“ Für die Musikerin war dies Feststellung aber noch etwas anderes als peinlich, sie war auch irgendwie schön. Weshalb? Nun, ihr war es nicht erklärlich.
Kaleb unterhielt sich weiter etwas mit ihr: „Wie lebt ihr eigentlich? Wo sind eure Eltern?“
„Meine Mutter starb bei meiner Geburt. Meinen Vater verlor ich bei einem Überfall durch Räuber vor zwei Jahren. Die Flöte war das einzige was mir blieb, zusammen mit meinem Pferd.“
Kaleb schämte sich jetzt. „Verzeiht, das habe ich nicht gewusst.“
Sie widersprach: „Ist schon in Ordnung, ihr könnt nichts dafür.“
„Wie habt ihr dann überlebt?“
Trescha fuhr nun also fort mit ihrer Geschichte: „Ich bin durch das Land gereist, stets ohne Ziel, habe Flöte gespielt. Meist für ein paar Münzen auf Festen und Marktplätzen. Manchmal hat auch ein Wirt mich darum gebeten, bei ihm zu spielen, und bekomme dafür eine Mahlzeit und darf auch eine Nacht bei ihm übernachten. Öfters kommt mir Hass und Ausgrenzung entgegen. Ich glaube, seit dem Tod meines Vaters weiß ich nicht mehr, was Liebe ist.“
Kaleb kamen, als sie dies sagte, nun Worte in den Sinn. Worte, die ihm sein Vater einst gesagt hatte:
„Glaub ihr es wäre gut zu wissen, was Liebe ist? Denkt ihr, es wäre gut, die genaue Formel zu kennen, wie die Rechenaufgaben?“
Trescha sah verwundert auf: „Wie meint ihr das?“
Für den Prinzen gab es darauf nur eine Antwort: „Mein Vater hat es mir erzählt, und ich habe es ihm immer geglaubt: Er sagte mir, wenn jemand ganz genau erklären könnte, wie die Liebe ist und wie man sie lebt, wäre sie nicht mehr die größte Macht auf Erden. Niemand kann die Liebe erklären. Und darum, so sagte mir mein Vater, ist sie so gewaltig.“
Trescha war verwirrt. Hatte er Recht? Ist es so mit der Liebe? Eigentlich wurde nun in ihr wieder klar, dass es wirklich so war. Sie hatte ja selber immer wieder sich die Frage gestellt, wie die Liebe ist und doch keine Antwort gefunden. Und auch ihr Vater, dem sie selber mal die Frage stellte, hat ihr gesagt: „Oh Trescha, wenn ich dir die Liebe erklären könnte, wäre ich nie einer so wunderbaren Person wie deiner Mutter begegnet und so glücklich mit ihr gewesen.“
Nun, niemand erklärt sie, niemand kann sie einfach so nehmen und geben. Wir erkennen sie, aber mehr auch nicht. Das wurde Trescha bewusst, während sie mit Kaleb immer mehr in die Nähe des Zentrums der merkwürdigen Aktivitäten kamen. Hier hatten sich, so der Hinweis, besonders viele Pflanzen verändert.
Der Unbekannte Ort. Immer noch war er nichts als Dunkelheit. „Schön, mein lieber Prinz. Bist ja ein richtiger Dichter. Nun aber wirst du lernen müssen, dass dein Vater sich irrt: Liebe ist nichts gegen den Hass und die Dunkelheit.“ Die Person, dieser Jemand, hob nun einen Holz-Käfig an mit einem kleinen Wesen, was man nicht erkennen konnte, und gab diesen einem ebenso dunklen Geschöpf: „Sorge dafür dass mein kleines Spielzeug das tut, wofür ich es erschaffen habe. Oder du wirst dir wünschen tot zu sein, weil ich dir die schlimmsten Schmerzen überhaupt zufügen werde. Qualen, schlimmer als alles andere. Also versage besser nicht.“ Der Angesprochene verbeugte sein Haupt und zog sich zurück.