Kapitel 8 Partner

„Ich weiß nicht, was er wollte.“, beginnt Gabrialla, dankbar für das neue Thema, zu erzählen. „Er hat wenig gesprochen, wollte im Grunde nur wissen, warum wir noch außerhalb der inneren Gebäude sind.“ Merkwürdig, überlegt sie, was kümmert es ihn? Wenn wir nach der Sperrstunde draußen sind, brauchen sie nicht auf die Ernte zu warten um uns zu Holen. Für ihn wären wir eine gute Mahlzeit gewesen. Warum hat er uns zurückgetrieben? Niemals würde sie diese Fragen laut aussprechen. Jeder kennt das Risiko und doch, direkt darüber sprechen, will keiner. Was mich jedoch ungemein mehr interessiert, ist, warum fühlte ich mich so von ihm angezogen? Ich weiß noch, dass mich Gideon zurückgezogen hat, als ich auf ihn zugegangen bin. Doch, warum ich das gemacht habe, kann ich mir einfach nicht erklären.
„Was den?“, erwidert sie, als sie bemerkt, dass die anderen sie immer noch ansehen. Habe ich laut gesprochen?
„Du bist einem Wächter gegenüber gestanden, Gabrialla. Nicht einem von uns. Wie kannst du nur so ruhig sein?“, möchte Sven erfahren.
„Das würde mich auch interessieren,“ greift Marie auf. „So kalt kannst du nicht sein, dass es nicht an dich geht, wenn du einen Wächter gegenüber stehst.“
Nein, tut es auch nicht. Doch, es war ganz anders, als du dir das ausmalst. Anders, als ihr alle es erwartet. Doch, das werdet ihr nicht verstehen., ermahnt sie sich. Noch einen Streit will ich heute nicht beginnen.
„Natürlich hat es mich berührt,“ versucht sie, möglichst entrüstet, zuzustimmen. „Ich war wie erstarrt. Als Erstes sind mir die Regeln in den Sinn gekommen:

VERMEIDET ES, EINEN WÄCHTER ANZUSCHAUEN.

MACHT KEINEN WÄCHTER AUF EUCH AUFMERKSAM, SO GROSS KANN EURE NOT NICHT SEIN.

SPRECHT KEINEN WÄCHTER AN, ER WIRD EUCH NICHT ANTWORTEN, DENN ER SIEHT EUCH NICHT ALS WÜRDIG AN.

VERÄRGERT KEINEN WÄCHTER, ER IST IMMER STÄRKER.

BEGEGNET IHR EINEM WÄCHTER, VERSUCHT EUCH LANGSAM VON IHM WEG ZU BEWEGEN, OHNE ZU FLÜCHTEN.

SOLLTET IHR, MIT EINEM WÄCHTER IN EINEM GESCHLOSSENEN RAUM GERATEN, FLEHT UND VERSUCHT ZU FLÜCHTEN!

WÄCHTER, SIND BESTIEN IN MENSCHENGESTALT UND DEM MENSCHEN ÜBERLEGEN. BEHANDELT SIE AUCH SO.“ Eilig durchsucht sie ihr Gedächtnis. Versucht, sich zu erinnern, wie Gideon reagiert hat, doch etwas anderes drängt sich empor. Dunkle Schlingen legen sich um ihr Herz. Schwaden aus zähflüssiger Dunkelheit steigen aus dem Tiefen ihres selbst empor und eine Stimme flüstert: Diese Regeln sind nichtig. Regeln der Menschen, nicht die deinen. Menschen sind schwach. Sieh sie dir an. Wie sie bei der Geschichte zittern. Du wusstest, dass er dir nichts tun würde.
Wusste ich das?
Ja. Denn er ist nur ein Diener.
Ein Diener der Herrscher. Er führt deren Befehle aus.
Doch, er ist schwach. Wir sind stärker. Spürst du es nicht? Merkst du nicht, wie sie vor dir zittern? Wie anders du bist?

Nein!, blinzelnd kämpft sie sich empor. Streift die Dunkelheit von ihren Gedanken und sucht ihre Freunde. Ich bin wie sie. Hier gehöre ich hin. Etwas legt sich um ihre Schulter und zieht sie vollständig aus den Schlingen des Dunklen.
„Ich wusste nicht, dass es dich so sehr mitgenommen hat.“, vernimmt sie Michelles Stimme neben sich. Es ist ihre Hand, die sie auf ihrer rechten Schulter und ihren rechten Arm spürt. Sie ist es, die ihren Kopf auf ihre linke Schulter gelegt hat und die sie an sich drückt. „Ich habe dich nicht verstanden. Damals wirktest du nicht, als würde es dich so berühren. Es tut mir leid.“ Der sanfte Druck ihres Kopfes verschwindet.
Was tut dir leid? Du hast den Wächter doch nicht geschickt. Warum sollte dir etwas bei dieser Begegnung leid tun?
„Ich bin deine Freundin, ich hätte es merken müssen.“
„Nein.“, ruft sie, als sie sich zu ihrer Freundin herum dreht. Stockt, schließt ihre Augen und versucht sich zu beruhigen. „Du hast keine Schuld, Michelle! Du kennst mich doch, mich kann man nicht lesen. Und,“ ergänzt sie, als die Freundinn, zum Widerspruch ansetzen will, „ich habe auch nicht gedacht, dass es mich so berührt.“ Schuldbewusst schiebt sie das schlechte Gewissen beiseite. Es ist besser, sie weiß es nicht genauer, bestärkt sie sich.
„Und? Wie bist du entkommen?“
„Er hat uns gehen lassen.“ Ihre Worte scheinen Michelle nicht zu befriedigen, den diese sieht sie seltsam an.
„Wie? Einfach gehen lassen?“
„Vielleicht ist einfach ein falsches Wort dafür,“ schränkt sie schnell ein. „Gideon,“ erinnert sie sich, „war wohl der Ausschlag. Er hat mit dem Wächter geredet. Ihn gebeten uns gehen zu lassen.“ Deutlich ist zu hören, wie Marie in Juls Armen angerührt seufzt. „Er hat mich zurückgeschoben und darum gefleht uns gehen zu lassen. Dann hat der Wächter uns fortgeschickt. Wir haben uns einfach nur schnell umgedreht und sind gelaufen. Also, wirklich gelaufen, so wie im Körpertraining.“
„Da kannst du nur froh sein, dass die Wacher dich nicht gesehen haben.“, trumpft Juls. „Die hätten dich nicht weit kommen lassen.“
„Die sind doch schon alle in ihren Räumen gewesen“, erwidert sie unbedacht, als sie sich in seine Richtung dreht. Nicht gut. Die Andeutung eines schadenfrohen Grinsens bildet sich auf Juls Gesicht, als Gabrialla das erkennt.
„Gabrialla.“, ertönt es auch schon um sie herum und lässt sie in sich schrumpfen.
Jetzt nur nichts sagen. Das wird nur schlimmer, Gabrialla. Auch, dass uns der Wächter verfolgt hat und ich ihn danach, als ich schon in der Kuppel war, an der Grenze gesehen habe, sollte ich lieber nicht sagen.
„Du nimmst das zu sorglos. Die Wacher haben besondere Rechte. Sie sind auch kurz nach der Sperrzeit noch sicher. Du nicht. Wenn dich einer von ihnen gesehen hätte, wärst du nicht mehr rechtzeitig angekommen.“
„Stell dir nur vor, du hättest draußen bleiben müssen!“, wimmert Marie und drängt sich näher an Juls.
Uns wäre nichts geschehen. Draußen sind wir frei. Drinnen ist es, was uns ängstigt. Hört sie in sich, wie zur Bestätigung ihrer Gefühle, flüstern.
„Wie schrecklich.“, bestätigen auch Gino und Sven eilig Maries Befürchtung.
„Das war ein wirklich seltsamer Abend für dich.“, tröstlich streicht Michelles Hand über ihre Schulter.
Gabrialla jedoch drängt es, sich zu lösen, die Freunde wissen zu lassen, dass es überhaupt nicht so schlimm war. Das es vielmehr seltsam aufbauend, als ängstlich war. Das sie sich eine weitere Begegnung mit einem Wächter herbei sehnt. Nur mit Mühe hält sie sich zurück. Schiebt den Drang weg von sich und schließt erschöpft die Augen.
Erst, als sich alle wider beruhigt und anderen Themen zugewandt haben, löst sie sich von der Gruppe und macht sich auf den Weg zum Wasser.
Die Glocke hat schon längst und mehrfach geläutet, weswegen keiner versucht sie aufzuhalten.
Noch zwei Mal kann sie schwimmen gehen und dem Geplapper der Freunde entgehen, bevor sie sich auf dem Weg zum Abendessen machen.

Noch bevor sie im Essensraum angekommen sind, knurrt ihr Magen hörbar. Wahllos stapelt sie Essen auf ihr Tablett, bis Michelle sie abhält. Stattdessen beginnt diese selber Gabriallas Tablett zu befüllen.
Fleisch!, giert es in ihr.
Das kann ich nicht zulassen. Ich muss unbedingt etwas dagegen unternehmen. Wie soll ich es ihnen je Danken?
Unser Recht. Sie stockt und dann ist es für Einwände zu spät. Die Lehrlinge der älteren Gruppe schieben sie weiter. Schweigend folgt sie Michelle zum Tisch.
Gerne würde sie etwas sagen. Beteuern, dass dies nicht notwendig ist.
Unser Recht!
Als Michelle das erste Stück von ihrem Fleisch auf ihr Tablett legt, gelingt es ihr noch, die Hand zu heben. Doch der Widerstand ist nicht echt, hält der sachten Berührung Michelles nicht stand.

Nach dem Abendessen widerstrebt es ihr, den Freunden erneut zum See zu folgen.
Die mittleren Lehrlinge werden schon dort sein. Es wird überfüllt sein. Haben wir vorhin schon schwer einen angenehmen Platz gefunden, werden wir das nun auf keinen Fall.
Doch, ihr Schuldgefühl ist zu groß und so folgt sie ergeben.

„Unser letzter Strandausflug“, seufzt Sven, als er sich auf seine Decke gleiten lässt. Satt und Träge lässt sich Gabrialla neben ihn, auf ihr Tuch gleiten.
„Ja“, stimmt Michelle seufzend zu. Sie hat ihr Tuch neben Gabrialla ausgebreitet, lässt ihren Blick jedoch erst über die Liegefläche gleiten, bevor sie sich ebenfalls darauf legt. „Bekommst du jetzt schon Sehnsucht, Sven?“, neckt sie ihn, greift hinter Gabrialla vorbei und stupst ihn scherzhaft an die Schulter.
„Apropos Sehnsucht“, meldet sich da Marie, neben Michelle, zu Wort. Wie sieht es diesbezüglich bei dir aus?“
Was will sie? Habe ich vor dem Essen nicht deutlich gesagt, dass ich ihn noch nicht wieder gesehen habe? Wo soll ich ihn seit dem gesehen haben? Sie war doch die ganze Zeit bei mir., fragt sie sich nun doch genervt von der Freundin. Sie will schon zu einer dementsprechenden Antwort ansetzen, doch Michelle kommt ihr zuvor.
„Was soll sich an ihrer Situation, seit der Mittenzeit geändert haben, Marie?“
„An der Situation natürlich nichts.“, pflichtet diese bei. „Aber, vielleicht weiß sie mittlerweile, was sie ihm sagen will?“
„Ich weiß immer noch nicht mehr.“, erwidert Gabrialla, nun etwas entspannter. Sie zuckt jedoch, um ihrer Ratlosigkeit Ausdruck zu verleihen, demonstrativ mit den Schultern. „Ich muss erst mit ihm sprechen.“
„Gib es zu, du hast ihn vermisst.“, ist die triumphierende Erwiderung der Freundin. Verwirrt blinzelt Gabrialla sie an.
Wann habe ich das gesagt? Wie kommt sie nun wider darauf?
„Du hast eben sehr enttäuscht ausgesehen. Gib es zu,“ triumphiert sie, „du hast ihn vermisst. Du wärst heute lieber im Garten, um ihn zu suchen. Ach, was sage ich, du wärst am liebsten am nächsten Tag gleich hingeeilt.“
Überwältigt von dieser Aussage, die so offensichtlich ihre Gefühle wiedergibt, mustert sie die Freundin. Was ist jetzt? Seit wann kennt mich Marie so gut?
„Natürlich ist er mir abgegangen.“, stottert sie. „Er ist für mich Teil des Gartens.“ Hilfe suchend, vor der, sich aufgeregt aufsetzenden Marie, sucht sie Michelle. Doch diese sieht ihr nur, ebenfalls neugierig entgegen. Er ist einer meiner Freunde. Ich würde jeden von ihnen sicher genauso vermissen.
„Dann, kann es also sein, dass du dich entschieden hast?“, möchte Sven wissen.
Nun gut, ihn und Marie vielleicht nicht so sehr wie Michelle, beschließt sie, antwortet jedoch: „Naja, stimmt schon, ich habe ihn vermisst. Vielleicht mehr, als es bei einem Freund wäre.“
„Na, was willst du noch mehr?“, versucht Marie sie, mit ihrer Euphorie anzustecken. „Du hast einen Freund mit gleichen Interessen wie du. Du vermisst ihn, wenn er nicht da ist. Er hat dich gefragt, ob du mit ihm in Partnerschaft leben willst. Wovon mehr träumst du noch?“
„Stell dir nur euer Leben vor.“, fällt Juls ein. Gabrialla ist sich sicher, sich den ironischen Unterton nicht einzubilden, als er weiter spricht. „Ihr beide als Ländler. Du könntest jede freie Zeit mit ihm verbringen. Mit ihm und den Gärten. Das ist es doch, was du dir wünschst.“
Sie haben wohl recht., grübelt sie, Juls spöttische Worte ignorierend.
Eine Partnerschaft? Bin ich bereit dafür?, flüstert es. Ich werde erst 18. Meine Berufsvorbereitung liegt noch vor mir. Ich habe noch zwei Sumar. Es kann noch so viel passieren.
Das wären zwei Sumar, in denen ich so frei sein kann, wie nie zuvor und nie wieder danach. Zwei Sumar, in denen mich keine starren Regeln der Lehrlingsanstalt und keine Verpflichtungen binden würden.

Jetzt schon Binden? Meine Freiheit aufgeben, flüstert es.
Würde Gideon mich so vereinnahmen? So einschränken?
Er ist nicht ich. Er ist angepasst.
Richtig, er fügt sich anscheinend gut ein, aber ist er es? Er ist so anders wie die anderen. Er scheint mir mehr zu gleichen, als jemand sonnst. Würde es mir vielleicht sogar guttun, ihn bei mir zu haben? Mich an ihn zu halten?
NEIN! Er hat Angst. Er würde mich binden. Immer wenn ich anders wäre. Immer wenn ich anders handeln wolle. Er ist angepasst.
Aber, er richtet sich nach den Regeln. Er lebt innerhalb ihrer, ohne aufzufallen. Das ist es, was ich immer wollte. Es sind doch jetzt auch nur noch so wenige von ihnen.

DIE NACHT IST GEFÄHRLICH.

NACHTS IST ES AM SICHERSTEN IN EINEM HAUS.
ACHTET DARAUF NOCH VOR DEM DUNKLEN IN EUREN RÄUMEN ZU SEIN.

DIE HOLUNG IST NICHT NUR EIN TAG. DIE HOLUNG IST NUR DIE ERNTE. GEJETTET WIRD IMMER.

ERWACHSENE KÖNNEN ZU JEDER ZEIT GEHOLT WERDEN.

GEBT GEGENSEITIG AUF EUCH ACHT.

Die gelten nicht für dich., kreischt es als Antwort.
Nein, schreckt sie zurück. Erst jetzt wird sie sich der Dunkelheit, des seltsamen Kribbelns bewusst, dass sie jedes Mal verspürt, wenn sie dieses Schmeicheln vernimmt. Geht weg. Ich will normal sein!
„Gabrialla?“, haucht es neben ihr. Doch sie schreckt auf, als hätte ihr jemand in eisiger Nacht die Decke weggezogen.
Blinzelnd sieht sie sich um.
„Was ist ...?“ Ihr Blick trift Juls, der sie argwöhnisch beobachtet. Gabriallas Kopf zuckt herum. Sucht Michelle. „Was ist passiert?“
„Das fragst du mich? Du bist doch eben still und steif verharrt. Du warst nicht ansprechbar.“
NEIN!, ein Schatten löst sich. Ein Gefühl etwas Vertrautes verloren zu haben, überschwemmt sie. Bedrückt sie und lässt sie innehalten.
Ich habe doch eben nicht geschlafen, ist sie sich sicher. Warum fühle ich mich dann, als wäre ich gerade aufgewacht?
„Gabrialla?“ Erneut schwenkt ihr Blick zur Freundin. Die Besorgnis, die sie darin sieht, lässt sie aufhorchen.
„JA?“ Nicht nur Michelle zuckt bei Gabriallas barschem Ton zurück. Was ist mit mir? Erschrocken streckt sie ihre Hand aus, dreht sich dabei halb herum und stockt, kurz bevor sie Michelle berührt. „Das tut mir leid. Ich weiß nicht, was los ist. Ich war in Gedanken. Es tut mir wirklich leid.“, beteuert sie.
„Das ist unverzeihlich.“, grummelt Juls für jeden hörbar und Gabrialla zuckt erneut zusammen.
„Es ist meine Entscheidung, was ich verzeihe, Juls.“, meldet sich Michelle zu Wort. Doch ihr Blick ist immer noch prüfend, als sie sich wieder Gabrialla nähert.
„Was ist nur mit dir?“ Beschämt wendet Gabrialla ihren Blick ab.
Was soll ich ihr sagen? Was wäre richtig? Soll ich ihr von diesem seltsamen Gefühl erzählen? Soll ich ihr sagen, dass ich in letzter Zeit immer öfter das Gefühl habe eingeschlafen zu sein? Soll ich ihr sagen, dass ich nicht normal bin und unter Beobachtung stehen sollte? Ein Schauer läuft ihren Rücken hinab und lässt ihre Muskeln zucken. Nein. Ich könnte nie dort eingeschlossen leben. Ich muss in den Garten. Ich muss die Freiheit sehen. Sie spüren und erleben. Ich muss mit Gideon zusammen gehen. Wer sonst, außer er und Michelle könnten das verstehen?
„Vielleicht,“ stottert sie unsicher, „vielleicht ist es wirklich so, dass ich Gideon vermisse.“ Ihn und die Freiheit.
„Weißt du, Gabrialla, ich habe nachgedacht.“
Nein, keucht Gabrialla. Ich hätte wissen müssen, dass sie mich besser kennt. Wie konnte ich nur glauben, vor ihr etwas verheimlichen zu können?
„Seit deinem neunten Zyklus bist du, so oft es geht im Garten.“, fährt die Freundin ohne zu Zögern fort. Doch Gabrialla zögert, bevor sie leicht ihren Blick hebt. „Lässt man den Mondlauf, in der dunkelsten Zeit des Zyklus – den du meist unter der Kuppel verbringst – beiseite, bist du immer draußen.“ Erleichtert, da die Freundin augenscheinlich doch nichts bemerkt hat, entspannt sie sich.
Ja. Als hätte es Michelles Worte gebraucht, erwacht Sehnsucht in ihr. Zehrt an ihr und schnürt sich um ihr Inneres.
Freiheit. Haucht etwas in ihr und lässt sie erneut erzittern.
„Jetzt bist du schon seit sechs Nächten und Tagen bei uns.“
Es fühlt sich um so vieles länger an. Und, dass Schlimmste ist, dass immer irgendjemand um mich ist.
Zu lange.
„Bitte, versteh mich richtig. Ich finde diese Zeit wunderbar.“
...
Hasse sie.
„Und auch, wenn ich weiß, ich werde dich vermissen, wünsche ich mir für dich, dass du in die Gärten gehst. Mehr noch, ich freue mich für dich, dass du Morgen wider raus gehen kannst.“ Feuchtigkeit sammelt sich in Gabriallas Augen, als sie ihren Blick vollständig erhebt und der Freundin in die Augen blickt. Freude und Trauer spiegeln sich darin. Zwei Gefühle, die wohl gegensätzlicher nicht sein könnten. Genau wie in Gabrialla.
Ich war böse auf sie und sie ist so verständnissvoll. Wie habe ich das nur verdient? Wie kann ich das jemals gut machen? Ich bin eine schlechte Freundin, weil ich mich nur von hier fortsehne.
Fort, Ja! Weg von hier. Frei sein!
„Gabrialla, Vorsicht, das tut langsam weh.“ Erschrocken lässt sie von der Freundin ab.
Wie bin ich hier hingekommen?
Zerstöre sie, zischt es in ihr und lässt sie erneut zurückschrecken. Doch dieses Mal behält sie die Kontrolle.
„Es tut mir leid. Schon wieder. Ich war nur ...“
„Es ist gut, Gabrialla.“, beschwichtigt die Freundin. „Als wäre ich es nicht gewöhnt. Doch es überrascht mich immer wieder, wie kräftig du bist.“, schmunzelt Michelle. „Es ist, wie Sven gerne sagt: Wenn du und Juls euch messen solltet, ich wüsste nicht, wer gewinnen würde.“
„Als wenn das von Bedeutung wäre.“, scheltet Juls sie. „Jeder ist gleich. Keiner wird besser gestellt, aufgrund seiner körperlichen ...“
„... Merkmale oder seiner Herkunft. Jeder von uns hat seinen Platz in der Gesellschaft.“, unterbricht ihn Michelle, milde lächelnd. „Ich weiß, Juls. Du weißt auch, dass ich damit nur verdeutlichen wollte, wie außergewöhnlich Gabrialla ist.“
Nichts! Nichts weist du von mir! Du bist Nichts.
„Also, jetzt beruhigt euch alle einmal,“ meldet sich Sven zu Wort. „Das ist unser letzter, gemeinsamer Ausflug. Der Tag ist nicht mehr lang. Wollt ihr euch wirklich zanken?“ Sein Blick gleitet von Juls, der zu seiner rechten Seite, gleich neben Marie sitzt, nach links zu Gabrialla und der daneben sitzenden Michelle.
Diese lächelt immer noch milde, wie Gabrialla sieht, als sie beschämt ihren Blick abwendet.
„Finde ich auch. Ich würde lieber mehr über Gideon erfahren.“, erklingt es neben Sven, was Gabrialla ein Stöhnen entringt.
Marie. Irgendwie war es mir schon klar, dass sie noch nicht aufgegeben hat.
 

flammarion

Foren-Redakteur
Korrekturvorschläge:

Kapitel 8 Partner
„Ich weiß nicht, was er wollte. (kein Punkt)“, beginnt Gabrialla, dankbar für das neue Thema, zu erzählen. „Er hat wenig gesprochen, wollte im Grunde nur wissen, warum wir noch außerhalb der inneren Gebäude sind.“ Merkwürdig, überlegt sie, was kümmert es ihn? Wenn wir nach der Sperrstunde draußen sind, brauchen sie nicht auf die Ernte zu warten(Komma) um uns zu Holen (holen). Für ihn wären wir eine gute Mahlzeit gewesen. Warum hat er uns zurückgetrieben? Niemals würde sie diese Fragen laut aussprechen. Jeder kennt das Risiko und doch, direkt darüber sprechen, will keiner. Was mich jedoch ungemein mehr interessiert, ist, warum fühlte ich mich so von ihm angezogen? Ich weiß noch, dass mich Gideon zurückgezogen hat, als ich auf ihn zugegangen bin. Doch,(kein Komma) warum ich das gemacht habe, kann ich mir einfach nicht erklären.
„Was den (denn)?“, erwidert sie, als sie bemerkt, dass die anderen sie immer noch ansehen. Habe ich laut gesprochen?
„Du bist einem Wächter gegenüber gestanden, Gabrialla. Nicht einem von uns. Wie kannst du nur so ruhig sein?“, möchte Sven erfahren.
„Das würde mich auch interessieren, (kein Komma)“(Komma) greift Marie auf. „So kalt kannst du nicht sein, dass es nicht an dich geht, wenn du einen Wächter gegenüber stehst.“
Nein, tut es auch nicht. Doch, es war ganz anders, als du dir das ausmalst. Anders, als ihr alle es erwartet. Doch, (kein Komma) das werdet ihr nicht verstehen(kein Punkt)., ermahnt sie sich. Noch einen Streit will ich heute nicht beginnen.
„Natürlich hat es mich berührt, (kein Komma)“ versucht sie, möglichst entrüstet, zuzustimmen. „Ich war wie erstarrt. Als Erstes (erstes) sind mir die Regeln in den Sinn gekommen:

VERMEIDET ES, EINEN WÄCHTER ANZUSCHAUEN.

MACHT KEINEN WÄCHTER AUF EUCH AUFMERKSAM, SO GROSS KANN EURE NOT NICHT SEIN.

SPRECHT KEINEN WÄCHTER AN, ER WIRD EUCH NICHT ANTWORTEN, DENN ER SIEHT EUCH NICHT ALS WÜRDIG AN. (Er sieht euch als unwürdig an)

VERÄRGERT KEINEN WÄCHTER, ER IST IMMER STÄRKER.

BEGEGNET IHR EINEM WÄCHTER, VERSUCHT EUCH LANGSAM VON IHM WEG ZU BEWEGEN, OHNE ZU FLÜCHTEN.

SOLLTET IHR, (kein Komma) MIT EINEM WÄCHTER IN EINEM GESCHLOSSENEN RAUM GERATEN, FLEHT UND VERSUCHT ZU FLÜCHTEN!

WÄCHTER, (kein Komma) SIND BESTIEN IN MENSCHENGESTALT UND DEM MENSCHEN ÜBERLEGEN. BEHANDELT SIE AUCH SO.“(keine Anführungsstriche) (Absatz)Eilig durchsucht sie ihr Gedächtnis. Versucht, (kein Komma) sich zu erinnern, wie Gideon reagiert hat, doch etwas anderes drängt sich empor. Dunkle Schlingen legen sich um ihr Herz. Schwaden aus zähflüssiger Dunkelheit steigen aus dem (den) Tiefen ihres selbst (Selbst) empor und eine Stimme flüstert: Diese Regeln sind nichtig. Regeln der Menschen, nicht die deinen. Menschen sind schwach. Sieh sie dir an. Wie sie bei der Geschichte zittern. Du wusstest, dass er dir nichts tun würde.
Wusste ich das?
Ja. Denn er ist nur ein Diener.
Ein Diener der Herrscher. Er führt deren Befehle aus.
Doch, (kein Komma) er ist schwach. Wir sind stärker. Spürst du es nicht? Merkst du nicht, wie sie vor dir zittern? Wie anders du bist?
Nein!, (kein Komma) blinzelnd(Blinzelnd) kämpft sie sich empor. Streift die Dunkelheit von ihren Gedanken und sucht ihre Freunde. Ich bin wie sie. Hier gehöre ich hin. Etwas legt sich um ihre Schulter und zieht sie vollständig aus den Schlingen des Dunklen.
„Ich wusste nicht, dass es dich so sehr mitgenommen hat. (kein Punkt)“, vernimmt sie Michelles Stimme neben sich. Es ist ihre Hand, die sie auf ihrer rechten Schulter und ihren (ihrem) rechten Arm spürt. (Sie ist es, die ihren Kopf auf ihre linke Schulter gelegt hat und die sie an sich drückt. Überflüssig) „Ich habe dich nicht verstanden. Damals wirktest du nicht, als würde es dich so berühren. Es tut mir leid.“ Der sanfte Druck ihres Kopfes verschwindet.
Was tut dir leid? Du hast den Wächter doch nicht geschickt. Warum sollte dir etwas bei dieser Begegnung leid tun?
„Ich bin deine Freundin, ich hätte es merken müssen.“
„Nein. (kein Punkt)“, ruft sie, als sie sich zu ihrer Freundin herum dreht. Stockt, schließt ihre Augen und versucht sich zu beruhigen. „Du hast keine Schuld, Michelle! Du kennst mich doch, mich kann man nicht lesen. Und, (kein Komma)“(Komma) ergänzt sie, als die Freundinn (Freundin), (kein Komma) zum Widerspruch ansetzen will, „ich habe auch nicht gedacht, dass es mich so berührt.“ Schuldbewusst schiebt sie das schlechte Gewissen beiseite. Es ist besser, sie weiß es nicht genauer, bestärkt sie sich.
„Und? Wie bist du entkommen?“
„Er hat uns gehen lassen.“ Ihre(Diese) Worte scheinen Michelle nicht zu befriedigen, den (denn) (diese sie) sieht sie seltsam an.
„Wie? Einfach gehen lassen?“
„Vielleicht ist einfach ein falsches Wort dafür, (kein Komma)“(Komma) schränkt sie schnell ein. „Gideon, (kein Komma)“(Komma) erinnert sie sich, „war wohl der Ausschlag. Er hat mit dem Wächter geredet. Ihn gebeten(Komma) uns gehen zu lassen.“ (Absatz) Deutlich ist zu hören, wie Marie in Juls Armen angerührt seufzt. „Er hat mich zurückgeschoben und darum gefleht(Komma) uns gehen zu lassen. Dann hat der Wächter uns fortgeschickt. Wir haben uns einfach nur schnell umgedreht und sind gelaufen. Also, wirklich gelaufen, so wie im Körpertraining.“
„Da kannst du nur froh sein, dass die Wacher dich nicht gesehen haben. (kein Punkt)“, trumpft Juls. „Die hätten dich nicht weit kommen lassen.“
„Die sind doch schon alle in ihren Räumen gewesen“, erwidert sie unbedacht, als sie sich in seine Richtung dreht. Nicht gut. Die Andeutung eines schadenfrohen Grinsens bildet sich auf Juls Gesicht, als Gabrialla das erkennt.
„Gabrialla. (kein Punkt)“, ertönt es auch schon um sie herum und lässt sie in sich schrumpfen.
Jetzt nur nichts sagen. Das wird nur schlimmer, Gabrialla. Auch, dass uns der Wächter verfolgt hat und ich ihn danach, als ich schon in der Kuppel war, an der Grenze gesehen habe, sollte ich lieber nicht sagen.
„Du nimmst das zu sorglos. Die Wacher haben besondere Rechte. Sie sind auch kurz nach der Sperrzeit noch sicher. Du nicht. Wenn dich einer von ihnen gesehen hätte, wärst du nicht mehr rechtzeitig angekommen.“
„Stell dir nur vor, du hättest draußen bleiben müssen!“, wimmert Marie und drängt sich näher an Juls.
Uns wäre nichts geschehen. Draußen sind wir frei. Drinnen ist es, was uns ängstigt. Hört sie in sich, wie zur Bestätigung ihrer Gefühle, flüstern.
„Wie schrecklich. (kein Punkt)“, bestätigen auch Gino und Sven eilig Maries Befürchtung.
„Das war ein wirklich seltsamer Abend für dich. (kein Punkt)“ (besser Punkt und groß weiter), tröstlich streicht Michelles Hand über ihre Schulter.
Gabrialla jedoch drängt es, sich zu lösen, die Freunde wissen zu lassen, dass es überhaupt nicht so schlimm war. Das(Dass) es vielmehr seltsam aufbauend, als ängstlich war. Das(Dass) sie (sich überflüssig) eine weitere Begegnung mit einem Wächter herbei sehnt. Nur mit Mühe hält sie sich zurück. Schiebt den Drang weg von sich und schließt erschöpft die Augen.
Erst, als sich alle wider(wieder) beruhigt und anderen Themen zugewandt haben, löst sie sich von der Gruppe und macht sich auf den Weg zum Wasser.
Die Glocke hat schon längst und mehrfach geläutet, weswegen keiner versucht(Komma) sie aufzuhalten.
Noch zwei Mal kann sie schwimmen gehen und dem Geplapper der Freunde entgehen, (Sie schwimmt noch ein paar Runden und entgeht so dem Geplapper . . . ) bevor sie sich auf dem(den) Weg zum Abendessen machen.

Noch bevor sie im Essensraum angekommen sind, knurrt ihr Magen hörbar. Wahllos stapelt sie Essen auf ihr Tablett, bis Michelle sie abhält. Stattdessen beginnt diese selber Gabriallas Tablett zu befüllen.
Fleisch!, giert es in ihr.
Das kann ich nicht zulassen. Ich muss unbedingt etwas dagegen unternehmen. Wie soll ich es ihnen je Danken (danken)?
Unser Recht. Sie stockt und dann ist es für Einwände zu spät. Die Lehrlinge der älteren Gruppe schieben sie weiter. Schweigend folgt sie Michelle zum Tisch.
Gerne würde sie etwas sagen. Beteuern, dass dies nicht notwendig ist.
Unser Recht!
Als Michelle das erste Stück von ihrem Fleisch auf ihr Tablett legt, gelingt es ihr noch, die Hand zu heben. Doch der Widerstand ist nicht echt, hält der sachten Berührung Michelles nicht stand.

Nach dem Abendessen widerstrebt es ihr, den Freunden erneut zum See zu folgen.
Die mittleren Lehrlinge werden schon dort sein. Es wird überfüllt sein. Haben wir vorhin schon schwer einen angenehmen Platz gefunden, werden wir das nun auf keinen Fall.
Doch, (kein Komma) ihr Schuldgefühl ist zu groß und so folgt sie ergeben.

„Unser letzter Strandausflug“, seufzt Sven, als er sich auf seine Decke gleiten lässt. Satt und Träge (träge) lässt sich Gabrialla neben ihn, (kein Komma) auf ihr Tuch gleiten.
„Ja“, stimmt Michelle seufzend zu. Sie hat ihr Tuch neben Gabrialla ausgebreitet, lässt ihren Blick jedoch erst über die Liegefläche gleiten, bevor sie sich ebenfalls darauf legt. „Bekommst du jetzt schon Sehnsucht, Sven?“, neckt sie ihn, greift hinter Gabrialla vorbei und stupst ihn scherzhaft an die Schulter.
„Apropos Sehnsucht“, meldet sich da Marie, neben Michelle, zu Wort. (Anführungszeichen)Wie sieht es diesbezüglich bei dir aus?“
Was will sie? Habe ich vor dem Essen nicht deutlich gesagt, dass ich ihn noch nicht wieder gesehen habe? Wo soll ich ihn seit dem gesehen haben? Sie war doch die ganze Zeit bei mir.(kein Punkt), fragt sie sich nun doch genervt von der Freundin. Sie will schon zu einer dementsprechenden Antwort ansetzen, doch Michelle kommt ihr zuvor.
„Was soll sich an ihrer Situation, (kein Komma) seit der Mittenzeit geändert haben, Marie?“
„An der Situation natürlich nichts. (kein Punkt)“, pflichtet diese bei. „Aber, vielleicht weiß sie mittlerweile, was sie ihm sagen will?“
„Ich weiß immer noch nicht mehr.(kein Punkt)“, erwidert Gabrialla, (kein Komma) nun etwas entspannter. Sie zuckt jedoch, um ihrer Ratlosigkeit Ausdruck zu verleihen, demonstrativ (mit den die) Schultern. „Ich muss erst mit ihm sprechen.“
„Gib es zu, du hast ihn vermisst. (kein Punkt)“, ist die triumphierende Erwiderung der Freundin. Verwirrt blinzelt Gabrialla sie an.
Wann habe ich das gesagt? Wie kommt sie nun wider darauf?
„Du hast eben sehr enttäuscht ausgesehen. Gib es zu, (kein Komma)“ triumphiert sie, „du hast ihn vermisst. Du wärst heute lieber im Garten, um ihn zu suchen. Ach, was sage ich, du wärst am liebsten am nächsten Tag gleich hingeeilt.“
Überwältigt von dieser Aussage, die so offensichtlich ihre Gefühle wiedergibt, mustert sie die Freundin. Was ist jetzt? Seit wann kennt mich Marie so gut?
„Natürlich ist er mir abgegangen. (kein Punkt)“, stottert sie. „Er ist für mich Teil des Gartens.“ Hilfe suchend, (kein Komma) vor der, (kein Komma) sich aufgeregt aufsetzenden Marie, sucht sie Michelle. Doch diese sieht ihr nur, (kein Komma) ebenfalls neugierig entgegen. Er ist einer meiner Freunde. Ich würde jeden von ihnen sicher genauso vermissen.
„Dann, (kein Komma) kann es also sein, dass du dich entschieden hast?“, möchte Sven wissen.
Nun gut, ihn und Marie vielleicht nicht so sehr wie Michelle, beschließt sie, antwortet jedoch: „Na(getrennt)ja, stimmt schon, ich habe ihn vermisst. Vielleicht mehr, als es bei einem Freund wäre.“
„Na, was willst du noch mehr?“, versucht Marie sie, (kein Komma) mit ihrer Euphorie anzustecken. „Du hast einen Freund mit gleichen Interessen wie du. Du vermisst ihn, wenn er nicht da ist. Er hat dich gefragt, ob du mit ihm in Partnerschaft leben willst. Wovon mehr träumst du noch?“
„Stell dir nur euer Leben vor. (kein Punkt)“, fällt Juls ein. Gabrialla ist sich sicher, sich den ironischen Unterton nicht einzubilden, als er weiter spricht. „Ihr beide als Ländler. Du könntest jede freie Zeit mit ihm verbringen. Mit ihm und den Gärten. Das ist es doch, was du dir wünschst.“
Sie haben wohl recht (Recht). (kein Punkt), grübelt sie, Juls spöttische Worte ignorierend.
Eine Partnerschaft? Bin ich bereit dafür?, flüstert es. Ich werde erst 18. Meine Berufsvorbereitung liegt noch vor mir. Ich habe noch zwei Sumar. Es kann noch so viel passieren.
Das wären zwei Sumar, in denen ich so frei sein kann, wie nie zuvor und nie wieder danach. Zwei Sumar, in denen mich keine starren Regeln der Lehrlingsanstalt und keine Verpflichtungen binden würden.
Jetzt schon Binden (binden)? Meine Freiheit aufgeben, flüstert es.
Würde Gideon mich so vereinnahmen? So einschränken?
Er ist nicht ich. Er ist angepasst.
Richtig, er fügt sich anscheinend gut ein, aber ist er es? Er ist so anders wie (als) die anderen. Er scheint mir mehr zu gleichen, als jemand sonnst. Würde es mir vielleicht sogar gut(getrennt)tun, ihn bei mir zu haben? Mich an ihn zu halten?
NEIN! Er hat Angst. Er würde mich binden. Immer wenn ich anders wäre. Immer wenn ich anders handeln wolle (will). Er ist angepasst.
Aber, (kein Komma) er richtet sich nach den Regeln. Er lebt innerhalb ihrer, ohne aufzufallen. Das ist es, was ich immer wollte. Es sind doch jetzt auch nur noch so wenige von ihnen.

DIE NACHT IST GEFÄHRLICH.

NACHTS IST ES AM SICHERSTEN IN EINEM HAUS.
ACHTET DARAUF(Komma) NOCH VOR DEM (DUNKLEN welcher Dunkler? Oder meinst du Dunkelheit, Dunkeln?) IN EUREN RÄUMEN ZU SEIN.

DIE HOLUNG IST NICHT NUR EIN TAG. DIE HOLUNG IST NUR DIE ERNTE. GEJETTET (was ist gejettet? Oder meinst du gejätet?) WIRD IMMER.

ERWACHSENE KÖNNEN ZU JEDER ZEIT GEHOLT WERDEN.

GEBT GEGENSEITIG AUF EUCH ACHT.

Die gelten nicht für dich.(kein Punkt), kreischt es als Antwort.
Nein, schreckt sie zurück. Erst jetzt wird sie sich der Dunkelheit, des seltsamen Kribbelns bewusst, dass (das) sie jedes Mal verspürt, wenn sie dieses Schmeicheln vernimmt. Geht weg. Ich will normal sein!
„Gabrialla?“, haucht es neben ihr. Doch sie schreckt auf, als hätte ihr jemand in eisiger Nacht die Decke weggezogen.
Blinzelnd sieht sie sich um.
„Was ist ...?“ Ihr Blick trift Juls, der sie argwöhnisch beobachtet. Gabriallas Kopf zuckt herum. Sucht Michelle. „Was ist passiert?“
„Das fragst du mich? Du bist doch eben still und steif verharrt. Du warst nicht ansprechbar.“
NEIN!, (kein Komma) ein(Ein) Schatten löst sich. Ein Gefühl(Komma) etwas Vertrautes verloren zu haben, überschwemmt sie. Bedrückt sie und lässt sie innehalten.
Ich habe doch eben nicht geschlafen, ist sie sich sicher. Warum fühle ich mich dann, als wäre ich gerade aufgewacht?
„Gabrialla?“ Erneut schwenkt ihr Blick zur Freundin. Die Besorgnis, die sie darin sieht, lässt sie aufhorchen.
„JA?“ Nicht nur Michelle zuckt bei Gabriallas barschem Ton zurück. Was ist mit mir? Erschrocken streckt sie ihre Hand aus, dreht sich dabei halb herum und stockt, kurz bevor sie Michelle berührt. „Das tut mir leid. Ich weiß nicht, was los ist. Ich war in Gedanken. Es tut mir wirklich leid. (kein Punkt)“, beteuert sie.
„Das ist unverzeihlich(kein Punkt).“, grummelt Juls für jeden hörbar und Gabrialla zuckt erneut zusammen.
„Es ist meine Entscheidung, was ich verzeihe, Juls. (kein Punkt)“, meldet sich Michelle zu Wort. Doch ihr Blick ist immer noch prüfend, als sie sich wieder Gabrialla nähert.
„Was ist nur mit dir?“ Beschämt wendet Gabrialla ihren Blick ab.
Was soll ich ihr sagen? Was wäre richtig? Soll ich ihr von diesem seltsamen Gefühl erzählen? Soll ich ihr sagen, dass ich in letzter Zeit immer öfter das Gefühl habe(Komma) eingeschlafen zu sein? Soll ich ihr sagen, dass ich nicht normal bin und unter Beobachtung stehen sollte? Ein Schauer läuft ihren Rücken hinab und lässt ihre Muskeln zucken. Nein. Ich könnte nie dort eingeschlossen leben. Ich muss in den Garten. Ich muss die Freiheit sehen. Sie spüren und erleben. Ich muss mit Gideon zusammen gehen. Wer sonst, außer er und Michelle könnten das verstehen?
„Vielleicht, (kein Komma)“(Komma) stottert sie unsicher, „vielleicht ist es wirklich so, dass ich Gideon vermisse.“ Ihn und die Freiheit.
„Weißt du, Gabrialla, ich habe nachgedacht.“
Nein, keucht Gabrialla. Ich hätte wissen müssen, dass sie mich besser kennt. Wie konnte ich nur glauben, vor ihr etwas verheimlichen zu können?
„Seit deinem neunten Zyklus bist du, so oft es geht(Komma) im Garten. (kein Punkt)“, fährt die Freundin ohne zu Zögern fort. Doch Gabrialla zögert, bevor sie leicht ihren Blick hebt. „Lässt man den Mondlauf, (kein Komma) in der dunkelsten Zeit des Zyklus – den du meist unter der Kuppel verbringst – beiseite, bist du immer draußen.“ Erleichtert, da die Freundin augenscheinlich doch nichts bemerkt hat, entspannt sie sich.
Ja. Als hätte es Michelles Worte gebraucht, erwacht Sehnsucht in ihr. Zehrt an ihr und schnürt sich um ihr Inneres.
Freiheit.(Komma und klein weiter) Haucht etwas in ihr und lässt sie erneut erzittern.
„Jetzt bist du schon seit sechs Nächten und Tagen bei uns.“
Es fühlt sich um so vieles länger an. Und(kein Komma), dass (das) Schlimmste ist, dass immer irgendjemand um mich ist.
Zu lange.
„Bitte, versteh mich richtig. Ich finde diese Zeit wunderbar.“
...
Hasse sie.
„Und auch, wenn ich weiß, ich werde dich vermissen, wünsche ich mir für dich, dass du in die Gärten gehst. Mehr noch, ich freue mich für dich, dass du Morgen wider (morgen wieder) raus gehen kannst.“ Feuchtigkeit sammelt sich in Gabriallas Augen, als sie ihren Blick vollständig erhebt und der Freundin in die Augen blickt. Freude und Trauer spiegeln sich darin. Zwei Gefühle, die wohl gegensätzlicher nicht sein könnten. Genau wie in Gabrialla.
Ich war böse auf sie und sie ist so verständnissvoll (verständnisvoll). Wie habe ich das nur verdient? Wie kann ich das jemals gut machen? Ich bin eine schlechte Freundin, weil ich mich nur von hier fortsehne.
Fort, Ja! Weg von hier. Frei sein!
„Gabrialla, Vorsicht, das tut langsam weh.“ Erschrocken lässt sie von der Freundin ab.
Wie bin ich hier hingekommen?
Zerstöre sie, zischt es in ihr und lässt sie erneut zurückschrecken. Doch dieses Mal behält sie die Kontrolle.
„Es tut mir leid. Schon wieder. Ich war nur ...“
„Es ist gut, Gabrialla. (kein Punkt)“, beschwichtigt die Freundin. „Als wäre ich es nicht gewöhnt. Doch es überrascht mich immer wieder, wie kräftig du bist. (kein Punkt)“, schmunzelt Michelle. „Es ist, wie Sven gerne sagt: Wenn du und Juls euch messen solltet, ich wüsste nicht, wer gewinnen würde.“
„Als wenn das von Bedeutung wäre. (kein Punkt)“, scheltet Juls sie. „Jeder ist gleich. Keiner wird besser gestellt, aufgrund seiner körperlichen ...“
„... Merkmale oder seiner Herkunft. Jeder von uns hat seinen Platz in der Gesellschaft. (kein Punkt)“, unterbricht ihn Michelle, milde lächelnd. „Ich weiß, Juls. Du weißt auch, dass ich damit nur verdeutlichen wollte, wie außergewöhnlich Gabrialla ist.“
Nichts! Nichts weist(weißt) du von mir! Du bist Nichts.
„Also, jetzt beruhigt euch alle einmal, (kein Komma)“(Komma) meldet sich Sven zu Wort. „Das ist unser letzter, (kein Komma)gemeinsamer Ausflug. Der Tag ist nicht mehr lang. Wollt ihr euch wirklich zanken?“ Sein Blick gleitet von Juls, der zu seiner rechten Seite, (kein Komma) gleich neben Marie sitzt, nach links zu Gabrialla und der daneben sitzenden Michelle.
Diese lächelt immer noch milde, wie Gabrialla sieht, als sie beschämt ihren Blick abwendet.
„Finde ich auch. Ich würde lieber mehr über Gideon erfahren. (kein Punkt)“, erklingt es neben Sven, was Gabrialla ein Stöhnen entringt.
Marie. Irgendwie war es mir schon klar, dass sie noch nicht aufgegeben hat.

sorry, war fest überzeugt, dass ich das schon gesendet hatte . . .
aber auf kapitel 10 musste noch n bisken warten.
lg
 



 
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