Katzenkampf

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Chandrian

Mitglied
wartend in wuchernden schatten –:
fünf meter entfernt voneinander
horizontal oben unten überall augen; nachbarn eigentlich
nur weil sie nicht denselben napf teilen
jemand muss am stärksten sein sozusagen
am besten sein sozusagen liegt eine spannung in der luft
in der kalten in der dunklen luft in der stillen

sodass ein nichtslaut reicht, um zu stören
bernstein auf jadegrün so stechend so
äonenkalkuliert so
behauptend im nichts im garten

sodass ein kleiner fehltritt
einem gezeitenbeben gleicht

das gleichgewicht bestimmt ungleichgewicht
angriff: fchhhhhzzzz grw w w w mioauuuu peng aa a a aaarghh hh h hhh
mweowww w ww w w w…. .. ……
RUHE IHR DRECKSVIECHER!!!!

und alles nur ein machtspiel
nacht für nacht –:
mit nachspiel
 

revilo

Mitglied
Witzig .. erinnert mich daran, wie weiland mein Kater Fritz nachts seine Kontrahenten vermöbelt hat ..
 

sufnus

Mitglied
Hey Chandrian!

Ich finde, um es etwas doppeltgemoppelt auszudrücken, dass Du hier ein ganz ausgezeichnetes Thema zum Thema gemacht hast.
Es ist bereits aus sich heraus originell und bietet sich wirklich hervorragend dafür an, lautmalerische Aspekte zu integrieren.

Darum geht es ja auch in Lyrik ganz wesentlich: Sprachliche Grenzen zu erweitern. In einem schönen Aufsatz des Germanisten Peter von Matt macht der einen originellen Punkt daraus, dass der Schrei als archaisches Phänomen der Kommunikation sich einer sprachlichen Zugänglichkeit entzieht (ich habe mich auf diesen Gedanken hier an anderer Stelle schonmal bezogen). Dies gilt natürlich auch für die entsprechenden lautlichen Äußerungen anderer Mitgeschöpfe.

Hier ist der sprachliche Zugangsweg der Beschreibung eines Schreis ("das schrille Gekreische der beiden Katzen drang selbst durch das geschlossene Fenster und riss mich abrupt aus dem Schlaf") unbefriedigend limitiert. Schwieriger umzusetzen, aber irgendwie ergiebiger ist ein onomatopoetisches Verfahren, das Du hier ganz wunderbar zur Anwendung bringst.

An zwei Stellen fällst Du dabei aus dem Bezugsrahmen (so will mir scheinen): Bei dem Wutausbruch (wieder ein Schrei - diesmal ein artikulierter) des unfreiwilligen Ohrenzeugen und bei der Pointe mit dem Nachspiel. Ich bin mir im ersten Fall etwas unsicher, ob ich das mag oder nicht so goutiere, einerseits wirkt das Drecksviecher-Geschrei für mich etwas ins Humoristische zielend und mindert so für mich ein bisschen die Qualitäten der Katzenkampfschilderung, andererseits ist die Störung der Störung ein interessanter Spiegelkabinett-Effekt, vielleicht müsste es einfach nur um ein Weniges, nur einen Halbsatz ausgebaut werden? Bin etwas unsicher hier.

Demgegenüber kommt mir die Nachspielpointe wirklich ein bisschen zu "lustig" rüber; während ich bei dem Humor-Element des Ruhestörungsschreis eine gewisse Doppelbödigkeit empfinde, die ich spannend finde, ist die Anspielung auf Katzennachwuchs für mich persönlich ein bisschen zu eindimensional und hängt als humoristischer Abschluss des Gedichts irgendwie etwas in der Luft. Ich muss an das wunderbare Gedicht von Storm denken ("Von Katzen" - allein der Titel, der klingt wie ein philosophischer Essay, ist genial gewählt) - hier wird die Nachwuchsproblematik großartig durchdekliniert und das Gedicht sollte nicht nur im Deutschunterricht sondern auch in Mathematik, wenn das Einmaleins behandelt wird, durchgenommen werden (und dann später nochmal, wenn unterschiedliche Wachstumskinetiken veranschaulicht werden sollen). Aber... ich weiche mal wieder ab...

Um also die Kurve zu kriegen: Trotz dieser kleinen Unsicherheit und des minimalen Einwandes, mag ich diese Felinade sehr! :)

LG!

S.
 

Chandrian

Mitglied
Demgegenüber kommt mir die Nachspielpointe wirklich ein bisschen zu "lustig" rüber; während ich bei dem Humor-Element des Ruhestörungsschreis eine gewisse Doppelbödigkeit empfinde, die ich spannend finde, ist die Anspielung auf Katzennachwuchs für mich persönlich ein bisschen zu eindimensional und hängt als humoristischer Abschluss des Gedichts irgendwie etwas in der Luft. Ich muss an das wunderbare Gedicht von Storm denken ("Von Katzen" - allein der Titel, der klingt wie ein philosophischer Essay, ist genial gewählt) - hier wird die Nachwuchsproblematik großartig durchdekliniert und das Gedicht sollte nicht nur im Deutschunterricht sondern auch in Mathematik, wenn das Einmaleins behandelt wird, durchgenommen werden (und dann später nochmal, wenn unterschiedliche Wachstumskinetiken veranschaulicht werden sollen). Aber... ich weiche mal wieder ab...
Hallo Sufnus

Vielen Dank, dass du dich so intensiv mit diesem Text auseinandergesetzt hast. Das Nachspiel war allerdings nicht als Anspielung auf Nachwuchs gedacht. Nun scheint mir dies Naheliegend, werde es wohl ändern. Ich hatte zuvor eher an die Tatsache gedacht, dass dieser Machtkampf halt tatsächlich Nacht für Nacht zu hören ist - dementsprechend hat dieser Kampf nicht wirklich einen Zweck. Das Ganze ist aber als Parabel zu verstehen, oder zumindest mit dieser Intention geschrieben worden.
Danke für die geteilten Eindrücke und Beobachtungen.

@Tula, bitte entschuldige die späte Antwort. Tatsächlich habe ich dieses Gedicht auch dank meiner Katze geschrieben, die sich jeden Abend gegen die Kater im Quartier durchsetzt. Sie ist ganz schön hart im nehmen.

LG und danke an alle für die Sterne
Chandrian
 

sufnus

Mitglied
Hey Chandrian!

Dankeschön für die Erläuterungen! Du meintest dann "Nachspiel" im Sinn von "nach dem Spiel ist vor dem Spiel", wolltest also die nächtliche Katzbalgerei damit als Einzelevent in einer allnächtlichen Ereigniskette "markieren"? Ja... das ergibt natürlich voll Sinn...

Auch katzenbiologisch passt das besser, weil die felinen Schäferstündchen zwar akustisch durchaus auch ergiebig sind, aber zumindest sie und er dabei nicht zugleich auch einen Revierkampf austragen - es müsste hier also eine Art Turnier zweier Anwärter geschildert sein und das Nachspiel im Nachwuchssinn ergäbe sich dann eher indirekt.

Ich hatte da auch so ein bisschen Um-die-Ecke-denk-Probleme, aber auf die Idee, dass mit Nachspiel nur die Fortsetzung zu nächsten Nacht gemeint war, bin ich tatsächlich nicht gekommen - bin auch tatsächlich nicht so sicher, dass sich diese Deutung - so sinnig sie auf der inhaltlichen Ebene ist - sprachlich aufdrängt. Andere Meinungen dazu?

LG!
S.
 

Chandrian

Mitglied
Ich hatte da auch so ein bisschen Um-die-Ecke-denk-Probleme, aber auf die Idee, dass mit Nachspiel nur die Fortsetzung zu nächsten Nacht gemeint war, bin ich tatsächlich nicht gekommen - bin auch tatsächlich nicht so sicher, dass sich diese Deutung - so sinnig sie auf der inhaltlichen Ebene ist - sprachlich aufdrängt. Andere Meinungen dazu?
Und um Bemerkungen dieser Art bin ich natürlich extrem froh :)

Danke und Gruss
Chandrian
 



 
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