Köln Gartenstadt-Nord

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  • Ersteller Gelöschtes Mitglied 15780
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G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Wenn ich in der Straßenbahn sitze
hinter einem Rückenfragment
Kleidmuster verklingen konkret
Die Verzierung ist der Gegenstand

Wenn ich aus der Haustür trete
ist diesmal alles fremd bis ich in
die Rasenlandschaft spucke
Dich kenn ich doch

Kuschelnester habe ich in meiner Haut
warme Verstecke für wohliges
Behagen voll Sätte aber
das betäubt mich so und das alles

schlägt mich nieder in den Schlaf
den Straßenreiniger der mich wegfegt
Über den Vergessens-
knick mache ich alles neu
 
D

Dnreb

Gast
...

In der Gartenstadt Nord bin ich aufgewachsen. In einem dieser Reihenhäuser, Baujahr 1958, habe ich mit Eltern und Geschwistern gelebt. In den Wohnblöcken der neuen Heimat, die grauten zwischen Betonstraße und Blinddärmen mit Reihenhäusern, wohnten viele meiner Schulfreunde. Ab 1983 hat diese Welt der Halbstädter oder Halbländler stets mein "Rückenfragment" zu Gesicht bekommen.
 
Hallo Mondnein,
auch ich kenne die Gartenstadt Nord in Köln und kann mich mithilfe Deines Gedichts noch einmal gut dort hineinversetzen.
Auch, wenn ich dort nie gewohnt habe... mir gefällt Dein Gedicht.
Herzliche Grüße
Karl
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Lieber Bernd, lieber Karl -
ich staune, ich schmunzle, ich staune,
grusz, hansz (inzwischen am anderen Weltende, in Görlitz)
 
O

orlando

Gast
Hallo mondja,
ich finde, deine Quarantäne hat nun lange genug gedauert! ;)

Dein Gedicht gefällt mir gut, wie auch viele andere Texte von dir. Kritisch sehe ich lediglich:
Kleidmuster verklingen konkret
Die Verzierung ist der Gegenstand
Das ist mir zu abgehoben (verklingen? Gegenstand?) und passt m. E. deshalb nicht so gut zum Rest des Gedichts.
Alles andere finde ich super! Vielleicht kannst du dich diesmal entschließen, ohne Groll eine kleine Änderung anzubringen? Oder wenigstens über eine Optimierung nachdenken?
Das wäre schön.

Herzliche Grüße
orlando
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Liebe Orlando! Ich bringe ohne Groll, aber heiter entschlossen, keine Änderung an. Der Vers bringt eine verknappte Synästhesie, lautmalerisch-selbstabbildend, ironisch verquer, denn bloße Muster (Textilien-design, Tapeten) sind per se abstrakt; "konkret" sind sie nur, wenn sie wie "musique concrete" oder "konkrete Poesie" für sich selbst stehen: "Die Verzierung ist der Gegenstand". Kleine Zweiverse-Diskussion über die Ästhetik des Ornaments. Der Moderne in Kunst und Dichtung, vor allem der abstrahierenden, sind Ornamente abgrundtief verhaßt, unüberbrückbar. Vor vierzig Jahren wollte mich Sheila Volk (rip) damit provozieren (oder beleidigen), daß sie meine abstrakten Federzeichnungen als ornamental abtat. Heute reizt mich so ein Spiel zwischen Gefetze (abstrakt) und Wiederholungsvariation (Teppich) eher.
In der Tat, "abgehoben": enthält ja eben diese Ästhetik-Diskussion.
 



 
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