Bevor ein Mädchen geboren wird, fragt Gott es, ob es eine schöne Frau, oder ob es Ingenieuse werden will, behaupten die Brasilianer.
Die beiden Damen, die auf seinen Tisch zukamen, liessen Roberto Mandlinger diese Lebensweisheit bezweifeln. Den Gedanken, dass sie vielleicht gar keine Ingenieusen seien, verwarf er augenblicklich. An diesem Abend spendierte sein Brötchengeber ein Dinner für seine, aus aller Welt angereisten, Experten der IT-Technik. Die Frauen grüssten mit einem kaum wahrnehmbaren Kopfnicken, setzten sich und würdigten ihn keines weiteren Blickes. Das war nicht verwunderlich. Sein Aufzug war anstössig in dem gediegenen Speisesaal des Hotels. Hier sass er, angetan mit einem T-shirt, Levis, und weissen Basketballstiefeln. Aus diesem Grund sass er auch allein am Tisch. Die anderen Tische waren voll besetzt von Krawattenträgern und Frauen in Kostümen oder Hosenanzügen. Offensichtlich betrachtete man ihn als einen eitrigen Fremdkörper in dieser erlauchten Anhäufung technischen Know-hows. Möglicherweise hielt man ihn für einen dreisten Touristen, der sich ein kostenloses Mahl zukommen liess.
Es tut nichts zur Sache, ob es die Schuld von SAS war, oder seine eigene, weil er gerade noch im letzten Moment eingecheckt hatte. Auf jeden Fall war Roberto Mandlingers Koffer nicht mit ihm in Arlanda gelandet. SAS hatte versicherte, dass dieser spätestens am kommenden Morgen im Hotel sein würde, aber das löste sein Problem nicht. Zwar fand auch er, dass seine Kleidung etwas ungeeignet für ein Dinner war, aber er war keinesfalls bereit aus diesem Grund auf das Essen zu verzichten und sich trauernd auf sein Zimmer zurückzuziehen.
Ausser den beiden Damen setzte sich niemand an denselben Tisch mit ihm. Die beiden unterhielten sich keineswegs leise in englischer Sprache. Nach einer Analyse ihrer Aussprache kam Roberto zu dem Schluss, dass die Blonde Holländerin sein musste, während die andere zweifelslos aus dem Süden der USA stammte. Ihr Gespräch informierte ihn über den neuesten globalen Büroklatsch, die letzten Fehltritte technischer, sowie sexueller Natur einiger Kollegen und darüber, dass die Holländerin morgen Geburtstag hätte.
Wie schon angedeutet, die brasilianische Maxime über das Ausehen von Ingenieusen traf nur eingeschränkt zu. Beide Frauen waren sehr gut gebaut und das Gesicht der Amerikanerin war keinesfalls abstossend. Nach ein paar Gläsern Rum würde man es gewiss hübsch finden. Die kürzeste Beschreibung für die Holländerin, wäre vielleicht Sexbombe gewesen. Obgleich sie ihre körperlichen Attribute mittels eines strengen Kostüms zu verbergen suchte, verursachte ihr Aussehen eine ungewollte Reaktion bei Robertos Metabolismus. Natürlich hätte er die frostige Atmosphäre auflockern können. Eine kurze Vorstellung hätte genügt und sie hätten alle drei über sein Missgeschick gelacht. Aber Roberto war hochmütig auf seine Art und vertrug Menschen, die Wert auf Protokoll und Aeusserlichkeiten legen nicht besonders. Er ass schneller als gewohnt, verabschiedete sich mit einem gemurmelten “Good night”, ging zur Bar und bestellte sich ein Heineken, nicht der Holländerin zu Ehren.
Gerade als er sich zu langweilen begann, hörte er spanische Wortfetzen, unverkennbar aus mexikanischem Mund. Und schon trudelten sie in die Bar, eine Horde mexikanischer Kollegen, die zu spät zum Dinner gekommen waren und sich in der Bar dafür entschädigen wollten.
”Sieh mal einer an! Wer ist denn das? Das ist doch nicht zu glauben! Roberto, der König der Karibik - und direkt von der Playa!. Du hast es wohl nicht für nötig gehalten die Klamotten zu wechseln”, frozelten sie.
“Du bist hier in einem Hotel in Schweden und nicht in einem Strandhotel auf Margarita”.
“Tequila, für alle!”
Umarmungen, fragen nach der Familie, dem Wohlbefinden der Geliebten, des Opas und des Haushundes. In dieser Reihenfolge.
Die Bar begann sich zu füllen. Kollegen aus aller Welt gesellten sich zu ihnen. Andy Villareal aus San Diego brachte seine Gitarre und sang Country und Rancheras bunt gemischt mit der Natürlichkeit eines in zwei Kulturen aufgewachsenen Kaliforniers. Die Gruppe wurde zum Mittelpunkt der Bar. Die Spanier brachten Orujo aus ihrem privaten Vorrat. Die Mexikaner wollten sich nicht lumpen lassen und spendierten Tequila. Auch Robertos Tischdamen näherten sich. Andy sang “Big bad John”. Die Amerikanerin klatschte laut Beifall und umarmte Andy, der sehr erfreut über ihr Auftauchen zu sein schien. Anscheinend waren sie alte Bekannte. Sie sprachen ein paar Worte, dann nahm Andy seine Gitarre und die Amerikanerin sang “Blue Moon of Kentucky “. Augenblicklich verliebte sich Roberto in ihre Stimme und beschloss sich von seiner besseren Seite zu zeigen. Er sah auf die Uhr. Es war elf Minuten nach Mitternacht, das heisst, der nächste Tag war bereits angebrochen. Er brachte es fertig auf einen Barhocher zu klettern, schlug mit der Bierflasche an sein Glas, ohne es zu brechen und rief:
“Listen up! Wir haben ein Geburtstagskind unter uns!”
Behänd sprang er vom Hocker, ging auf die überraschte Holländerin zu und hob ihre Hand wie ein Ringrichter, der den Sieger eines Boxkampfes verkündet. Frenetischer Beifall. Andy spielte ·Happy Birthday” und “Estas son las mañanitas”, Alle sangen mit, ausser Roberto. Er wollte die Ständchen nicht verpatzen und schlich sich aus dem Kreis der Sänger. Da bemerkte er die junge Frau, die allein an einem Tischchen sass. Entschlossen ging er auf sie zu .
“Singst du auch so schlecht, wie ich?”, fragte er.
Sie lächelte.
“Schlecht singe ich nicht, aber ich warte auf einen Anruf von zuhause.”
In diesem Augenblick zirpte ihr Handy. Sie antwortete in einer ihm unbekannten Sprache.
Am nächsten Morgen kam Roberto kurz vor Beginn des Seminars in den Saal, ein bisschen verkleidet in seinem mittlerweile angekommenen Anzug. Momente später erschien die junge Frau. Sie sah sich einen Augenblick um, bemerkte Roberto, kam auf seine Sitzreihe zu und setzte sich neben ihn.
“Guten Morgen, Ich heisse Nkosazana”, sagte sie halblaut. Roberto reichte ihr die Hand. Ein Funken statischer Elektrizität sprang von ihren Fingerspitzen, liess beide zusammenzucken, bevor sich ihre Hande berührten.
Die beiden Damen, die auf seinen Tisch zukamen, liessen Roberto Mandlinger diese Lebensweisheit bezweifeln. Den Gedanken, dass sie vielleicht gar keine Ingenieusen seien, verwarf er augenblicklich. An diesem Abend spendierte sein Brötchengeber ein Dinner für seine, aus aller Welt angereisten, Experten der IT-Technik. Die Frauen grüssten mit einem kaum wahrnehmbaren Kopfnicken, setzten sich und würdigten ihn keines weiteren Blickes. Das war nicht verwunderlich. Sein Aufzug war anstössig in dem gediegenen Speisesaal des Hotels. Hier sass er, angetan mit einem T-shirt, Levis, und weissen Basketballstiefeln. Aus diesem Grund sass er auch allein am Tisch. Die anderen Tische waren voll besetzt von Krawattenträgern und Frauen in Kostümen oder Hosenanzügen. Offensichtlich betrachtete man ihn als einen eitrigen Fremdkörper in dieser erlauchten Anhäufung technischen Know-hows. Möglicherweise hielt man ihn für einen dreisten Touristen, der sich ein kostenloses Mahl zukommen liess.
Es tut nichts zur Sache, ob es die Schuld von SAS war, oder seine eigene, weil er gerade noch im letzten Moment eingecheckt hatte. Auf jeden Fall war Roberto Mandlingers Koffer nicht mit ihm in Arlanda gelandet. SAS hatte versicherte, dass dieser spätestens am kommenden Morgen im Hotel sein würde, aber das löste sein Problem nicht. Zwar fand auch er, dass seine Kleidung etwas ungeeignet für ein Dinner war, aber er war keinesfalls bereit aus diesem Grund auf das Essen zu verzichten und sich trauernd auf sein Zimmer zurückzuziehen.
Ausser den beiden Damen setzte sich niemand an denselben Tisch mit ihm. Die beiden unterhielten sich keineswegs leise in englischer Sprache. Nach einer Analyse ihrer Aussprache kam Roberto zu dem Schluss, dass die Blonde Holländerin sein musste, während die andere zweifelslos aus dem Süden der USA stammte. Ihr Gespräch informierte ihn über den neuesten globalen Büroklatsch, die letzten Fehltritte technischer, sowie sexueller Natur einiger Kollegen und darüber, dass die Holländerin morgen Geburtstag hätte.
Wie schon angedeutet, die brasilianische Maxime über das Ausehen von Ingenieusen traf nur eingeschränkt zu. Beide Frauen waren sehr gut gebaut und das Gesicht der Amerikanerin war keinesfalls abstossend. Nach ein paar Gläsern Rum würde man es gewiss hübsch finden. Die kürzeste Beschreibung für die Holländerin, wäre vielleicht Sexbombe gewesen. Obgleich sie ihre körperlichen Attribute mittels eines strengen Kostüms zu verbergen suchte, verursachte ihr Aussehen eine ungewollte Reaktion bei Robertos Metabolismus. Natürlich hätte er die frostige Atmosphäre auflockern können. Eine kurze Vorstellung hätte genügt und sie hätten alle drei über sein Missgeschick gelacht. Aber Roberto war hochmütig auf seine Art und vertrug Menschen, die Wert auf Protokoll und Aeusserlichkeiten legen nicht besonders. Er ass schneller als gewohnt, verabschiedete sich mit einem gemurmelten “Good night”, ging zur Bar und bestellte sich ein Heineken, nicht der Holländerin zu Ehren.
Gerade als er sich zu langweilen begann, hörte er spanische Wortfetzen, unverkennbar aus mexikanischem Mund. Und schon trudelten sie in die Bar, eine Horde mexikanischer Kollegen, die zu spät zum Dinner gekommen waren und sich in der Bar dafür entschädigen wollten.
”Sieh mal einer an! Wer ist denn das? Das ist doch nicht zu glauben! Roberto, der König der Karibik - und direkt von der Playa!. Du hast es wohl nicht für nötig gehalten die Klamotten zu wechseln”, frozelten sie.
“Du bist hier in einem Hotel in Schweden und nicht in einem Strandhotel auf Margarita”.
“Tequila, für alle!”
Umarmungen, fragen nach der Familie, dem Wohlbefinden der Geliebten, des Opas und des Haushundes. In dieser Reihenfolge.
Die Bar begann sich zu füllen. Kollegen aus aller Welt gesellten sich zu ihnen. Andy Villareal aus San Diego brachte seine Gitarre und sang Country und Rancheras bunt gemischt mit der Natürlichkeit eines in zwei Kulturen aufgewachsenen Kaliforniers. Die Gruppe wurde zum Mittelpunkt der Bar. Die Spanier brachten Orujo aus ihrem privaten Vorrat. Die Mexikaner wollten sich nicht lumpen lassen und spendierten Tequila. Auch Robertos Tischdamen näherten sich. Andy sang “Big bad John”. Die Amerikanerin klatschte laut Beifall und umarmte Andy, der sehr erfreut über ihr Auftauchen zu sein schien. Anscheinend waren sie alte Bekannte. Sie sprachen ein paar Worte, dann nahm Andy seine Gitarre und die Amerikanerin sang “Blue Moon of Kentucky “. Augenblicklich verliebte sich Roberto in ihre Stimme und beschloss sich von seiner besseren Seite zu zeigen. Er sah auf die Uhr. Es war elf Minuten nach Mitternacht, das heisst, der nächste Tag war bereits angebrochen. Er brachte es fertig auf einen Barhocher zu klettern, schlug mit der Bierflasche an sein Glas, ohne es zu brechen und rief:
“Listen up! Wir haben ein Geburtstagskind unter uns!”
Behänd sprang er vom Hocker, ging auf die überraschte Holländerin zu und hob ihre Hand wie ein Ringrichter, der den Sieger eines Boxkampfes verkündet. Frenetischer Beifall. Andy spielte ·Happy Birthday” und “Estas son las mañanitas”, Alle sangen mit, ausser Roberto. Er wollte die Ständchen nicht verpatzen und schlich sich aus dem Kreis der Sänger. Da bemerkte er die junge Frau, die allein an einem Tischchen sass. Entschlossen ging er auf sie zu .
“Singst du auch so schlecht, wie ich?”, fragte er.
Sie lächelte.
“Schlecht singe ich nicht, aber ich warte auf einen Anruf von zuhause.”
In diesem Augenblick zirpte ihr Handy. Sie antwortete in einer ihm unbekannten Sprache.
Am nächsten Morgen kam Roberto kurz vor Beginn des Seminars in den Saal, ein bisschen verkleidet in seinem mittlerweile angekommenen Anzug. Momente später erschien die junge Frau. Sie sah sich einen Augenblick um, bemerkte Roberto, kam auf seine Sitzreihe zu und setzte sich neben ihn.
“Guten Morgen, Ich heisse Nkosazana”, sagte sie halblaut. Roberto reichte ihr die Hand. Ein Funken statischer Elektrizität sprang von ihren Fingerspitzen, liess beide zusammenzucken, bevor sich ihre Hande berührten.
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