KONTAKTE - Fünfzig

Aufschreiber

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zrrgll war hochkonzentriert. Die Umgebung war ihm fremd, was eine ungeahnte Erleichterung schuf, als Nadine, das irdische Weibchen, durch die Öffnung trat, die sich eben in der gegenüberliegenden Wand geöffnet hatte.
Sie näherte sich dem Tisch, auf dem das Wesen lag und begann, es zu kraulen. Unwillkürlich begann zrrgll, zu schnurren. Ohne diese angenehme Tätigkeit zu unterbrechen, schaltete Nadine ein Anzeigegerät ein, auf dem, vor dunkelblauem Hintergrund, eine Anzahl dieser seltsamen menschlichen Symbole erschienen.
Die Menschenfrau deutete auf die Zeichen und begann, Laute zu formen: "L.e.h.r.s.i.m.u.l.a.t"
Sie führte ihren Finger um den Rand des Bildes herum und sagte: "Display. Monitor. Anzeige".
zrrgll begriff. Das Ding, auf dem die Symbole erschienen waren, wurde mit einem der drei genannten Lautgebilde bezeichnet. Die Symbole ergaben den Klang, den Nadine ausgesprochen hatte.

Die Anzeige leerte sich. Für einen Moment leuchtete nur das Blau, dann bildeten sich neue Symbole. Nadine zeigte und las: "Display. Monitor. Anzeige". Die Symbole rutschten zur Seite und machten so Platz für Bilder von verschiedenen optischen Ausgabegeräten. Nadine wiederholte die Namen.
Das war angenehm und einfach. zrrgll suchte sich eine noch bequemere Position, in der Nadine besser kraulen konnte, ohne dass es den Blick vom ... Monitor wenden musste.

Neue Bilder, andere Symbole erschienen. Nadine sprach, zrrgll lernte. Langsam erhöhte sich die Geschwindigkeit der Darstellung. Das Katzenwesen hatte damit kein Problem. Es hätte noch schnelleren Fortschritt ertragen können und wünschte sich diesen auch.
Als hätte Nadine seine Gedanken gelesen, beschleunigte sich der ganze Vorgang mehr und mehr, bis er so rasant ablief, dass ein Beobachter kaum noch in der Lage gewesen wäre, einzelne Darstellungen zu erkennen. Auch die Wörter verschmolzen zu einem eigenartigen Quäken, dem nur noch die schnurrende Katze zu folgen vermochte.

* * *

Nadine lag im Illusor und zuckte am ganzen Körper. Ihre Wahrnehmung war eine völlig andere. Sie kraulte das Katzenwesen, das sich auf dem Arbeitstisch ausstreckte. Auf dem Monitor wallten Farbkleckse. Sie hatte keine blasse Ahnung davon, was diese abstrakte Wolke darstellen sollte. Gleichzeitig jedoch bewegte sich ihr Mund und stieß eine Art wildes Röhren hervor.
So seltsam das Ganze schien, fühlte sie sich nicht beängstigt, sondern eine leise Freude erfüllte sie. Gleichzeitig bemerkte sie - beinahe unterbewusst, dass der Prozess sie auch stresste. Es war ein Mix aus Glücksgefühl und höchster mentaler Anspannung.

* * *

Der Kontrollrechner gab ein Klingeln von sich. Das Experiment war beendet. Der Illusor schaltete ab und öffnete sich langsam. Die darin liegende Frau schlug die Augen auf. Sie zuckten noch heftig hin und her, was sie daran hinderte, den Blick auf einen bestimmten Punkt zu richten.
Mit einem leisen Stöhnen schloss sie die Lider noch einmal und lag still in der bequem gepolsterten Koje. Langsam ebbten auch die Spasmen ab, die die Gliedmaßen bewegt hatten.
Jenny und die Telonische Bordärztin traten an die Maschine heran.
"Nadine?", fragte die junge Frau.
Die Telona hantierte mit verschiedenen kleinen Geräten, analysierte die körperlichen und mentalen Parameter ihrer menschlichen Patientin.
Endlich hatte sich Nadines Zustand stabilisiert und sie schlug erneut die Augen auf.
"Verrückt." Das war das Erste, was sie von sich gab.
Mit Unterstützung durch die beiden Betreuer erhob sie sich und stieg aus der Maschine. Nun brauchte sie noch einmal einen Augenblick, um ihre Beine wieder zu beherrschen. Dann tat sie ein paar langsame Schritte, bis zu einem Sitz, auf dem sie sich niederließ.

Der Hauptmonitor im Raum erhellte sich und Damian Kryptowskis Gesicht erschien.
"Nun, wie lief der erste Versuch?", wollte er wissen.
Drei der außerirdischen Wissenschaftler traten an den großen Schirm heran und berichteten von ihren Messergebnissen, bei der Beobachtung des Simulates.
Der Simultroniker nickte. "Ich werde mich sofort an die Verbesserung machen. Dieser Stress ist nicht gut. Ich lasse mir etwas einfallen, das Nadine entlasten wird. Morgen habt ihr die neue Version. Aber bitte testet vorher noch die andere Beta!"

* * *

zrrgll fühlte sich wohl. Diese physische Erfahrung war überwältigender gewesen, als alle Information, die es während der Simulation erworben hatte. Ein kleines Bedauern verbreitete sich im Bewusstsein des Wesens, eine Sehnsucht nach weiterer ... Berührung.
Das Wissen, das ihm diese Session vermittelt hatte, war interessant. Es hatte die menschlichen Symbole erlernt und eine Unmenge von Worten und Namen begriffen. Nun war es gespannt, wie sich die zweite Simulation anfühlen würde, die am folgenden Tag stattfinden sollte.

Es hatte nun wieder seinen Platz im Körper der Menschenfrau eingenommen und erforschte vorsichtig, wie sich das Ganze auf sie ausgewirkt hatte.
"Nadine!", wandte es sich an seine Wirtin, "Fühlst du ... wohl?"

* * *

Marika hatte sich in den Illusor verzogen, wo sie sich das Protokoll der ersten Sitzung einspielen ließ. Anders als bei der tatsächlichen Simulation bot die Software hier auch eine Reihe von Parameteranzeigen, die beispielsweise den Stresslevel, die Hirnaktivität und verschiedene interessante Werte aus dem unbewussten, vegetativen Bereich enthielten.
Dieser Test war natürlich noch viel anstrengender, als Nadines Lehrstunde. Der Illusor kontrollierte ununterbrochen alle Werte, die das Wohlbefinden der Probandin definierten.
Endlich war es soweit. Der Testlauf war beendet. Damian öffnete das große Gerät und schaute hinab, auf seine Gefährtin. Auch ihr Körper brauchte eine Weile, bevor er nicht mehr zuckte. Fünf Minuten später schlug Marika die Augen auf.

"Uff!", stöhnte sie, "Ich brauche dringend eine Dusche."
 



 
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