KONTAKTE - Zweiundvierzig

Aufschreiber

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Kren stand im Hangar, gleich neben dem Gleiter, der Nadine zum Pr'aksischen Kreuzer bringen sollte. Er würde sie auf keinen Fall allein fliegen lassen, das stand fest.
Nadine kam heran und lächelte ihn an. "Ich habe gewusst, dass du hier sein würdest. Und ohne dich wäre ich auch nicht abgeflogen." Sie küsste ihn. Dann öffnete sie die Kabine des winzigen Raumgefährts.
"Es wird sicher ein bisschen eng", kicherte sie, "aber das soll uns nicht hindern."
Es gab nur einen Pilotensessel, dafür aber einen kleinen Laderaum, ohne Atmosphäre. Kren lief zu einem der Telonischen Techniker hinüber und bat ihn um einen Druckanzug. Er bekam ihn problemlos. Hätte er nicht gewusst, dass den Teloni das unmöglich war, hätte Kren schwören können, dass das Ameisenwesen grinste, als er, frisch verpackt, durch die Ladeluke kroch.

Der Flug verlief ereignislos. Nach wenigen Minuten landete das kleine Fahrzeug vollautomatisch im Kreuzer. Nadine half Kren aus dem Gleiter und dem Anzug, dann eilten sie durch die Gänge, von den Kommunikatoren an den Wänden geleitet.
Als sie den Raum betraten, erkannte Kren bei Anh sofort diese blicklosen Augen, die er auch bei Nadine schon so oft beobachtet hatte. Er blieb an der Wand stehen, weil es keine freien Sitzgelegenheiten gab.

Nadine trat an die andere Frau heran und legte ihr die Hand auf die Schulter.

* * *

Zrrgll nahm ein vertrautes Bewusstsein wahr. Das kam ihm sehr gelegen. Das Nadine - Wesen berührte seine bisherige Wirtin, was den Übergang besonders mühelos erscheinen ließ. Sofort wechselte es in den Körper seiner alten Bekannten. Es fühlte sich an, als käme es von einer langen Reise zurück. Dieses Bewusstsein war ... gemütlich. Innerhalb weniger Mikrosekunden hatte sich Zrrgll wieder orientiert und war nun viel besser in der Lage, mit den anderen Wesen zu kommunizieren.

* * *

Anhs Augen gewannen ihren alten Glanz zurück. Sie zwinkerte mehrfach und schüttelte leicht den Kopf. Diese "Besessenheit" war ... Sie fand keinen passenden Begriff. Als sie sich kräftig genug fühlte, erhob sie sich und führte Nadine zu ihrem Sitz.
Wie eine Puppe nahm diese Platz. Dann drehte sie ihren Kopf nach Links und Rechts, als mustere sie die Anwesenden. Ob und was sie tatsächlich wahrnahm, war nicht zu erkennen.
"Dieses Wesen ist besser", ertönte es aus Nadines Mund. "Ich bitte euch um eine Maschine zum ... Darstellen von Informationen."
Das war eine Überraschung. Das Zrrgll schien Nadines Bewusstsein bedeutend besser handhaben zu können, als vorher Anhs. Man hörte unter den Beratungsteilnehmern ein erstauntes Gemurmel.
Kapitän P'Koraso ließ mobiles Terminal bringen, das mit dem großen Monitor an der Stirnwand des Raumes verbunden wurde, aber keinen Kontakt zu anderen Geräten hatte.

Kaum wurde das Gerät eingeschaltet, tauchten Bilder von verschiedenen galaktischen Regionen auf. Doch plötzlich veränderte sich die Anzeige. Die Sternsysteme verblassten und man erkannte zwischen ihnen einen Nebel, der sich wie eine Amöbe zu bewegen schien.
"Das ist Frrmllo. Es ist 'Gankk Etso Fllompinn' ... erwachsen."
Das Bild schien auf die Betrachter zu zu springen. Die Sterne verschwanden und statt des wabernden Dinges sah man nun verschiedene ineinander verwobene Energiefelder, die sich sowohl farblich als auch in ihren Strukturen unterschieden, sodass man sie, schaute man konzentriert hin, zu unterscheiden lernte.
"Frrmllo ist Energie. Vermehrung ist Teilung. Der kleine Teil ist ... Zrrgll. Wenig Wissen in Zrrgll. Zrrgll lernt. Zrrgll wandert."
Das Bild entfernte sich wieder und man sah, wie sich ein winziger Teil von dem riesigen Frrmllo löste.
P'Koraso hakte ein: "Wie wird ein Frrmllo ... erwachsen?"

Auf dem Monitor erschienen wieder die Sterne. Sie waren umgeben von einem vollkommen dunklen Ring. Das Zrrgll wanderte aus dem bekannten Raum hinaus und dort, wo es hin flog, erschienen Sterne. Dabei wuchs das Wesen ständig, bis es den gesamten neuen Raum einnahm. An einer Stelle berührte es das alte Frrmllo, leuchtete kurz auf und verblasste dann wieder.
"Zrrgll hat neues Wissen. Es gibt Wissen weiter. Dann wird es 'Gankk Etso Fllompinn'. Es darf ein Zrrgll ... bilden."
Anh hatte sich neben Kren an die Wand gelehnt. Sie richtete sich nun auf und fragte: "Wie lange dauert das?"
"Frrmllo kennen nicht Zeit. Energie stirbt nicht. Dauer ist ohne Bedeutung."

Nun nahm Aik'Unh das Wort. Sie ruhte in ihrem Sattel, der Oberkörper schwang fast unmerklich hin und her. Anh wusste, dass das ein Zeichen der Verunsicherung oder Aufregung war.
Die Telona fragte: "Was hat es mit den Kasten auf sich?" Nadine wandte sich ihr zu. Auf dem Monitor erschienen schematische Darstellungen von unterschiedlichen Frrmllo.

"Energie, Wissen ... " Das war bereits bekannt. Doch dann erklärte das Wesen weiter.
"Wenig Energie, wenige Sterne, wenig Wissen, niedrige Kaste."
"Gut", unterbrach Aik'Unh, "Aber was bedeutet es, in einer niedrigen oder hohen Kaste zu sein?"
"Entscheidung. Viele Meinungen von niedriger Kaste, keine Entscheidung gegen eine Meinung von hoher Kaste. Hohe Kaste hat viel Wissen. Mehr ... Erfahrung, Überblick."

P'Koraso übernahm wieder. "Das heißt, Du hast alles, was du hier getan hast nur zu Bildungszwecken gemacht?"
"Das ist wahr. Dieser Raum hat nicht ein Frrmllo. Neues Wissen ist groß. Viele Lebewesen ..."
Kren konnte nun nicht an sich halten. Er trat vor.
"Warum hast du in dem Schiff zwei Wesen getötet?"
Es dauerte einen Moment, bis die Antwort kam.
"Zrrgll hat kein Wissen. Muss ... versuchen, ... lernen. Fehler geschehen. Substanz in den Wesen. Zrrgll vermehrt die Substanz. Wesen gehen kaputt."
Tiefes Schweigen folgte dieser Erklärung. Dieses Wesen war ein Kind, das ohne Anleitung versuchte, seine Umwelt zu verstehen. Es war nicht gut oder böse, es war ... neugierig.

Wieder ergriff der Kapitän das Wort.
"Wird es eine Zusammenarbeit zwischen den Frrmllo und den hier anwesenden Rassen geben?"
Diesmal kam die Erwiderung sofort.
"Nein. Zrrgll bekommt nur Wissen. Andere Lebewesen sind ohne Bedeutung für Frrmllo. Frrmllo kennt nicht 'Zusammenarbeit'."

Nadines Blick klärte sich, der Monitor erlosch. Sie schaute in die Runde und sagte: "Zrrgll möchte, dass wir es frei geben. Es wird sich zurückziehen.
 



 
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