Kurzgeschichte Musik

Henrike.S

Mitglied
Ein neuer Tag. Ein guter, nein ein schlechter, wobei man das nach dem Aufwachen doch noch nicht wissen kann, oder vielleicht doch?


Interessieren würde es mich definitiv. Draußen geht die Sonne auf, rot, blau, lila und ein wunderschöner, ehrlicher und unschuldiger Himmel. Ein Punkt, der sich immer weiter nach oben bewegt, die Sonne, die den Tag erleuchtet, sich selbst ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Doch ist es möglich, dass sie dies nicht tut? Ja, denn mir zaubert sie keins ins Gesicht, sie macht mich auch nicht glücklich. Sie erinnert nur an einen neuen Tag, einen neuen Tag, ein Tag, der besser werden könnte, weil dies ja jeder Tag mitsichbringt. So ein Schwachsinn!


Der Tag mit Sonne bringt mit sich, dass ich wieder in dieses Gebäude gehen muss, zu allen anderen, die mich nicht akzeptieren, mich von sich stoßen. Weil ich anders bin, anders denke und reifer bin. Ich wirke für sie wie ein Fremder, jemand, der es nicht verdient hat, von einer Gruppe akzeptiert hat, jemand, dem es vorgeschrieben ist, diesen steilen Weg alleine im Leben zu gehen. Diesen Abschnitt des Lebens, den man einmal erlebt und dann nie wieder. Mir war es wohl vorgeschrieben, diesen als Höllenweg zu erleben. Ein Weg, der bergauf und bergab geht.


Doch täglich in diesem Gebäude ist es anders. Es ist bunt, es gibt viel und hat viel und soll mir Schutz und Freude zusammen mit Wissen vermitteln. Doch mir wird hier nur der Gedanke gegeben, wie anders ich bin, wie ich nicht zu anderen Menschen gehöre.


Ich schaffe es dadurch. Vier Jahre, viele Tage, Stunden, Minuten, Sekunden. Ich hielt aus und lies über mich ergehen. Ich wehrte mich nicht, denn ich kriege nur das zurück was ich anderen gebe. Es reichte mir und ich schaffte es. Dann war es vorbei. Ich konnte es kaum glauben.


Ich musste dieses Gebäude nicht mehr betreten. Diese bunten Bilder nicht mehr sehen, nicht mehr in der Leseecke sitzen und singen, mich nicht mehr anders fühlen.


Doch war ich nun wirklich anders nur dadurch, dass ich älter wurde?


Jahre, Monate, Wochen, Tage und Stunden vergingen, alles was normal war, bis ich auf sie traf.


Sie war anders, besonders, hübsch und neu für mich. Zumindest löste sie in mir etwas aus, was ich noch nicht beschreiben konnte, etwas herzliches, aufregendes, freudiges, komisches.


Ich wusste nur nicht, wie man sich so verhält. Ich bin durch meine Vergangenheit nicht zu jemandem geworden, dem es leicht fällt, auf Leute zuzugehen.


Holt einen die Vergangenheit eigentlich ein? Wozu gibt es Erinnerungen an die Vergangenheit? Man erinnert sich an Dinge, die man erleben möchte oder niemals wieder. Diese Dinge verketten sich in deinen Gedanken und schleichen sich in dein Leben zurück.


Man erwartet es nicht, doch ich tat es. Ich dachte nach, rannte vor meiner Vergangenheit weg und traute mich. Doch ich war zu langsam. Sie holte mich ein und ich fiel.


Mehr als ein Nein konnte man nicht bekommen, glaube ich. Doch ich bekam noch nicht einmal ein Nein. Ich bekam mehr als das. Ich bekam keine Worte, welche ein Nein beschrieben, wurde an meine doch so schlimme Person erinnert und in meine Vergangenheit zurückgeschleudert.


Ich fiel und fiel. So tief, wie ich noch nie zuvor gefallen war. Ich war nicht stark genug. Meine Kräfte waren aufgebraucht. Ich lies den Schmerz zu und trauerte. Ich war kaputt.


Ein einziges Wort konnte so viel mit mir anrichten, nein ein einziger ganzer Satz.


Ich war nun verschlossen. Verschlossen mit mir selbst. Verschlossen mit meinen Gedanken, meiner Trauer.


Ich tauchte unter und versteckte mich vor dem Leben, vor der Wahrheit, vor der Wut, vor der Trauer, vor der Ehrlichkeit. Ich wollte nur eins. Ich wollte verstanden werden.


Ich schlief schlecht, sehr schlecht, doch etwas klopfte in meinen Gedanken. Es klopfte laut, so als würde es hereingelassen werden wollten. Ich lies es zu. Es waren Töne und Klänge, die mein Körper bildete. Sie waren schön, sie waren verständlich und sie riefen mir zu, mich den Tönen und Nachrichten zu widmen. Ich tat dies komischerweise und widmete mich vershiedensten Tönen und Stücken. Was das aus mir machte, war nicht normal. Es war verständlich und verstand mich.


Es war wie ein Klavier, dass eine wunderschöne Melodie im Inneren meines eigenen Universums schaffte. Und da verstand ich, was ich zum Leben brauchte. Ich brauchte Töne, Noten, Melodien und Zeilen und Worte. Keine Taten, nur Worte und Musik. Der Grundstein meines Universums. Einem Universum, in dem ich verstanden werde, leben kann, lachen kann, lieben kann. Das ist alles, was ich in meinem Leben brauche. Eine Stütze, die stärker ist als jede Kraft der Welt, mutiger als jeder Löwe und weiser als jede Taube. Ich brauchte Musik.
 



 
Oben Unten