Lost in Space

halvalis

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Lost in Space *



Die klebrige blaue Jeans des Jungen wirkte heute noch etwas klebriger. Auch der schwarze Hoody hatte schon bessere Tage gesehen. Der Junge hatte tiefrote Augen und wirkte fast wie ein Zombie. Er hieß mal Jonas, aber seit einigen Wochen wird er in seiner Klasse nur noch „Stinker“ genannt. Es roch aus Jonas Ecke, so als ob sich jemand mehrere Tage nicht mehr gewaschen hatte. Und tatsächlich, er hatte sich längere Zeit nicht mehr gewaschen, weil einfach keine Zeit war. Das Spiel war wichtiger und das Waschen total belanglos. Jeden Morgen standen mehrere Duschgels auf seinem Platz. Auch eine Art der Kommunikation. Jonas war genervt, von seinen Freunden, von seiner Klasse, von seiner Mutter, von der ganzen Welt. Alle hingen ihm in den Ohren: Mach mal was, wasch dich mal, sei nicht so faul, fauler Sack und halt Stinker. Gleichzeitig war Jonas todtraurig. Alles kam ihm grau und nutzlos vor. Und er war todmüde, weil er wieder bis 3 Uhr gezockt hatte. Er schleppte sich in die Schule, wo er nur noch vor sich hindämmerte. Selbst als sein Lehrer ihn direkt ansprach, reagierte Jonas erst beim dritten Mal. „Vielleicht solltest du lieber nach Hause gehen, schlug der Lehrer vor. „Aber denke an die Deutscharbeit morgen, rief er Jonas hinterher. Zu Hause beschloss Jonas sich hinzulegen und danach Deutsch zu lernen. Er wollte aber erst einmal was essen, er hatte schließlich nicht gefrühstückt. Kaum in der Küche verließ ihn sein Appetit. Als er sich ins Bett legte, fiel sein Blick auf die Konsole. „Heute nicht“, sagte er sich laut. Er schlief tief und traumlos und erwachte, noch bevor der Handy Wecker klingelte. Jetzt hatte er tatsächlich ein bisschen Hunger. Während er eine Banane verschlang, sah er seinen Deutsch Ordner durch.

Wie schreibt man eine Bewerbung? Wie schreibt man einen Lebenslauf? Mit so etwas musste er sich herumschlagen.

Klar, Geld verdienen, teures Handy, Markenklamotten. Das wollten alle. Aber wie genau das mit dem Geld verdienen funktionierte, wusste keiner. Nicht mal die Lehrer. Die meisten von denen fuhren kleine Autos, hatten alte Handys und trugen langweilige Schlabberkleidung. Jonas wusste, was er wollte. ZOCKEN! Der Beste werden. Aber das konnte er nicht, indem er einen Lebenslauf verfasste. Was sollte er da auch reinschreiben. Geburt, Vater abgehauen, Kindergarten oder was? Interessen? Counter Strike, League of Legends. Das wollten die Leute in den Unternehmen aber bestimmt nicht wissen. Die wollten gute Noten. Brauchte er aber nicht als Profispieler. Es gab richtige Stars in der Szene. Die verdienten Millionen nur mit Zocken. Die gaben Autogramme, und wenn sie live spielten, sahen ihnen Millionen Leute zu. Das waren auch keine Loser, ganz im Gegenteil

Mit diesen Gedanken hockte er sich an die Spielkonsole und legte los. Als seine Mutter nach Hause kam, war er fiebrig am Monster killen. Sie schaute ins Zimmer. „Na, wie läufts?“, fragte sie ihn. „Hab alles im Griff“, sagte Jonas, woraufhin seine Mutter in der Küche verschwand. Ihr missbilligender Blick auf die Konsole war ihm nicht entgangen, aber sie hatte nichts gesagt. Ihre neue Strategie wahrscheinlich, vermutete Jonas. „Vielleicht hofft sie ja, dass ich alleine aufhöre, mich mehr um die Schule kümmere“, dachte er. Vielleicht hatte sie ihn aber schon aufgegeben.

*Lost in Space Übersetzung: Verloren im All
 
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