Merry- go- round

Samitschku

Mitglied
Merry- go- round



Mit jedem Schwung des Tanzes konnte sie John stärker fühlen – damals, vor ihrer Hochzeit hatte sie ihm noch den Walzer beigebracht, eine Hochzeit ohne schwungvolles Einszweidrei war einfach keine Hochzeit. Fest hielt sie ihn im Arm, sie spürte das Wirbeln, das sie nach außen trug, sie sah das Blitzen der Balldekoration, wie Schneekristalle in tief stehender Sonne. Leicht, wie auf Eis, glitten sie dahin.

Dabei war sie es gewesen, die John zum Tanzen gebracht hatte, er war zuvor eher einer dieser Business – Dings, trocken, knapp, klar -kein Romantiker im klassischen Sinne. Dennoch hatte sie es geschafft, ihm zu zeigen, was Frau mochte – ein kleines Kompliment, hie und da, Blumen, aber extra für sie sortiert, ein Kleid, wie sie es gerade trug: blutrot, Cocktail, Winterparty, deren Frost es durchbrach, und nach wie vor der Walzer.

Als ob alle ihren Tanz fotografieren würden, blitzte und funkelte es rund um sie, der Champagner erzeugte in ihr einen angenehmen Schwindel, sie drehten sich fast schneller und schneller. Ihr war, als säße sie auf einem Karussell, das sie nach außen zog, in einem Jaguar, Modell E, der wie auf Schienen durch die winterlichen Kurven glitt, es war wie ein Rausch, jede Kurve ein fast flugzeughafter Genuss.

War es da wichtig, dass sie ihn auf der Party in den Armen einer anderen gesehen hatte, in einem anderen Raum, nicht der Musik im Tanze folgend sondern ihren Lippen im Kuss, war es da wichtig, dass sich die beiden ins Schlafzimmer der Gastgeber treiben ließen, sorgsam die Tür hinter sich schließend, sich vermutlich die Kleider wie Fetzen vom Leib reißend!!!

Aber der winterliche Tanz machte sie wieder ruhig.

Sie war aus dem Haus gerannt, hatte sich Schnee ins Gesicht gerieben, war in ihr Auto geflüchtet und hatte das Lederlenkrad mit ihren Tränen gewürzt. Dann war sie losgefahren, einfach los über die winterliche Straße durch den winterlichen Wald, bis sie beim zugefrorenen Lake Dream, links von ihr, in einer Rechtskurve von der schneebedeckten Bahn abgekommen war.

Sie genoss den Tanz wie den ersten auf ihrem Abschlussball – rundherum wie auf Eis, mit dem prächtigsten Eistanzkostüm der Welt.

Wie fest sie das Steuer halten konnte, nachdem die Straße sie abgeworfen hatte. Wie sehr sie im Tanze aufging, im Tanz, der nur widerstrebend langsamer wurde.

Unter ihren Reifen knirschte weggeschobener Schnee, die Runden kamen zu einem Ende. Lächelnd beugte sich John zu ihr, küsste ihre Hand und bedankte sich für die wunderbaren Minuten, für die Kreise, die sie
zur Musik des Sechszylinders gezogen hatte.

Dann hörte sie das Knacken des berstenden Eises unter den Rädern hallen.
 



 
Oben Unten