Monsieur Bernard oder der Verlust seiner Originalität

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Bat man den bekannten, derzeit in Mode stehenden Pariser Romanautoren Monsieur Antoine Bernard um die Gefälligkeit einer Unterschrift – sei es gleich aus welchem Anlass – gab er der Bitte mit kindlichem Gebaren nach. Ohne den Stift des Bittstellenden eines Blickes zu würdigen, zückte er den eigenen Füllfederhalter aus seiner Westentasche und zog mit spielerischen Bewegungen seiner Hand blaue Linien auf das Papier.

Wie fein und wie locker sie ihm von der Hand gingen, die Linien, so elegant und originär gezogen, als sei die Unterschrift seines Namens ein eigenes Meisterwerk für sich. Ein Meisterwerk, das – obgleich der positiven Rezensionen der Literaturkritiker anlässlich der Romanveröffentlichung – größer zu bewundern sei als das eigentliche belletristische Werk selbst.

Ja, Monsieur Bernard fand durchaus Gefallen daran, seinen Namen für Ewigkeit zu hinterlassen. Doch mit der Übergabe jedes einzelne der Bücher in die Hände der Bittenden suchte ihn abermals ein unbestimmtes Gefühl der Traurigkeit heim. Und in dieser Traurigkeit spiegelte sich in ihm die Reminiszenz vergangener Tage, die ohne jeglichem Erfolg durchzogen, aber von harter Arbeit sowie großer Ausdauer gezeichnet waren.

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Denn es war nicht allzu lange her, da er ein Niemand in der Literaturszene gewesen war.

Der Erfolg war noch ausgeblieben. Seine Erstlingswerke waren weder von den Kritikern noch von dem Publikum groß beachtet worden, sodass erste Interaktionen mit den Lesern nicht stattgefunden hatten. Überhaupt existierte dieser Traum von einer glorreichem Schriftstellerdasein allein in den Gefilden seiner eigenen Phantasie.

Diese der Phantasie entsprungenen Vorstellungen von unzähligen unbekannten Menschen, die seine Bücher erstanden, lasen, ihn – den Schriftsteller - liebten, sich gar um eine Unterschrift neben einer nichtssagenden Widmung bemühten, war ihm zu mancher Zeit recht angenehm, an anderen Tagen gar recht zum Fürchten. Aus falscher Bescheidenheit maß er sich in seinem Zwiespalt an, seine Träume nicht leben zu wollen – suchte gar den literarischen Ruhm als auch den Kontakt zu seinen Lesern zu entgehen, zu entfliehen, mit der Rechtfertigung, ihm sei das „literarische“ seiner Werke wichtiger als die öffentliche Präsenz seiner eigenen Person im Kanon der Weltliteratur.

Nein, diese Furcht, die an ihm nagte, war als Zeichen dessen anzusehen, nicht seinem Wunsch gemäß, seiner Vorstellung vom Schriftstellerdasein nach zu leben. Und doch passierte es, dass diese Träumereien ihm in den schlaflosen Nächten dennoch zu Kopfe stiegen, sodass sein Gemüt bis zum Unwohlsein grenzte, das sich mit Magenverstimmungen und Kopfschmerzen bemerkbar machte. Er konnte hinsichtlich dessen nichts anderes tun, um sein Gemüt zu stillen, als zu schreiben. Das Portrait Balzacs vor Augen, sehnte er danach, diese ungewohnte, vielleicht etwas unwohle Angelegenheit in sein Leben zu integrieren.

Mit dem wenigen Erflog, die ihm seine Werke beschieden waren, zog er sich also immer tiefer zurück, erhöhte mit jeder bescheidenen Veröffentlichung seine Engstirnigkeit in Bezug auf Wortwahl, Rhythmik und Tempo. Und trotz der mangelnden Anerkennung, der er zwar zwiespältig nachstrebte, verlor er nie den Glauben an dem, was er als seine Berufung bemaß. Innerhalb der Jahre opferte er gar – um des „verfluchten“ Schreiben Willens – Familie, Freunde, Studium sowie eine geregelte Arbeit mit sicherem Einkommen. Denn mit der fast sechszehn Stunden währender täglicher Handarbeit an seinem Werk, entschied er sich für das Leben im Alleinsein. Von Natur aus war unser Held den Menschen nicht wohlgemeint gesinnt, was nicht zu bedeuten hatte, dass er keine Menschen mochte. Nein, er war ganz und gar, durch und durch Philanthrop. Solange diese, die Menschen, mit den Zähnen zur Wand schliefen – wie man so sagt.

Er schrieb in tief inniger Kontemplation, tüftelte mit Bewandtnis an seinem Werk, um die Phantasterei Wirklichkeit werden zu lassen.

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Seine Mühen hatten allmählich Früchte getragen.

Mit der letzten Romanveröffentlichung, die innerhalb der Pariser Feuilletons von Kritikern eifrig diskutiert worden waren, sah er sich nun quasi über Nacht in den Ecken und Straßen im Quartier de Montparnasse von netten, lieben Menschen – seiner Leser – bedrängt. Es geschah unvermittelt.

Zunächst erkannten ihn einzelne Menschen durch eine Photographie und einem Artikel aus der Zeitung und sprachen ihn darauf an. Als nicht nur die Kritiker ein Augenpaar auf den neuen Roman des Schriftstellers Antoine Bernard richteten, sondern auch Menschen, nette und liebe Menschen, die aus aufrichtigem Interesse sein Buch zu lesen begonnen oder bereits befriedigt beendet hatten, baten gerade diese um eine Unterschrift in dem Titelblatt des neuen Romans.

Dabei war er anfangs derart unbeholfen, schwitzte gar vor der Vorstellung, den Bittenden durch eine grässliche Unterschrift seinerseits zu enttäuschen, sodass er die ersten signierten Bücher nicht in die Hände der rechtmäßigen Eigentümer zu überreichen wagte. Er bot den Bittstellenden fast gar an, ihnen ein anderes Exemplar zu kaufen. Aber mit den plötzlichen Einfall, dass er sodann auch das neuere Exemplar zu signieren hätte, gab er sich einsichtig und übergab den Menschen die Bücher und das Schreibwerkzeug – denn zu dieser Zeit war er keineswegs daran gewöhnt, einen Füllfederhalter bei sich zu haben. Die Bittenden waren verblüfft über den Grad der Exzentrik des Autors. Doch dachten sie mitnichten, dass es unserem Monsieur Bernard um seiner Unterschrift wegen graulte.

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Sobald er sich vor allerlei weiteren Bittstellern sicher wähnte, unterbrach Monsieur Bernard unverzüglich seinen Streifzug durch die Ecken und Straßen vom Quartier de Montparnasse und schloss sich schwerschlagenden Herzens in seine kleine Wohnung ein. Das Bildnis seiner klärglichen Unterschrift verfolgte ihn im Wachen und im Traum. Es wollte ihm nicht von den Augen weichen.

Seit einer Ewigkeit hatte der gute Mann schon nicht mehr mit der Hand geschrieben. Seine zitternde Hände haben in den letzten Jahren gar vergessen, wie es sich anfühlt, den eigenen Füllfederhalter zu führen.

So wie er endlich die Qualen um der grässlichen Signierung haben walten lassen, kramte er sogleich in der Schublade seines Pultes nach der kleinen schwarzen Box und holte aus dieser den lange nicht gebrauchten Füllfederhalter hervor.

Der Anblick dessen gab ihm das Ergebnis seiner Endscheidung, sein Leben nicht durch die Angst führen zu lassen. Er wusste, was er zu tun hatte.

Um wieder Herr seiner Lage zu werden, fasste er sich und übte nun täglich über mehrere Stunden hindurch die eigene Unterschrift - gänzlich darum bedacht, dem Auge ein befriedigendes Ergebnis zu liefern. Dabei ließ er nichts an Papierstücken aus, das in seiner „Mönchszelle“ – wie er seine Wohnung nannte, die tatsächlich klein und recht bescheiden eingerichtet war - zu finden war: Sei es alte Manuskriptblätter, Reklamen, Buchseiten von gewissen populären Romanautoren, oder auch einfaches Toilettenpapier.

Durchaus fand er Gefallen an dem Kratzen des Füllfederhalters auf dem weißen Papier. Und mit jedem Schriftzug gewann er mehr an Selbstvertrauen. Hätte ihn ein unsichtbarer Betrachter bei seinen Versuchen in der Kalligraphie beobachtet, hätte er mit den Augen voll von Missgunst gegenüber dem Treiben unseres Monsieur Bernards geblickt und ihm Eitelkeit, vielleicht gar Narzissmus unterstellt. Doch was wir innerhalb dieser Szenerie wiederzugeben versuchen, war die auslassende und unschuldige Fröhlichkeit eines Kindes im Moment des Spieles.

Er war bereit unter den Menschen zu gehen.

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Wie er aus seiner Mönchszelle in das Quartier de Montparnasse geflogen gestürzt kam!

Mit den wachen kastanienbraunen Augen suchte er nach seinen Opfern, denen er seine Meisterschaft in der Schrift vorzeigen kann. Aber jedes großartige Vorhaben war immer mit Angst verbunden. Die zweite Welle von Lesern erkannten ihn aus den Feuilletons, manche hatten gar ein Exemplar seines letzten Romans, bereits ein Bestseller, zur Hand. Sie kamen nicht umhin, ihn um die bereits genannte Gefälligkeit zu bitten.

Gegen seiner Erwarten machte es ihm großes Vergnügen, seinen Namen unterhalb der Widmung für Madam X, Mademoiselle Y – oder wie auch immer sie alle heißen mochten – in das Titelblatt einzuzeichnen. Wie groß das Vergnügen auch war, die Angst jedoch - nicht den Erwartungen der Menschen gerecht zu werden - war deutlich größer. Als er jedoch schüchtern in den Augen seines Gegenübers die Worte „Ach! Guck mal, wie bezaubernd!“ zu lesen gemeint hatte, verflog mit allemal die Angst. Anstelle dessen gewann er immer mehr an spielerische Freude.

Denn wie angenehm war es, wenn er ebenso große Begeisterung und Erstaunen in den Augen seiner Leser beim Betrachten der Architektur seiner Inschrift zu sehen meinte. Ein feuchter Glanz von Rührung war sodann in den kastanienbraunen Augen Monsieur Bernards auszumachen. Dies vermochte in den Menschen ein Lächeln gutmütiger Ironie um den Mund hervorzaubern, ein Lächeln, das man häufig bei Menschen im Umgang mit Kindern beobachten kann. Durch die dicken Gläser der Weitsichtbrille gewann er nur noch mehr an Sympathie.

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Meinte man, es wären Jahre vergangen, so waren es lediglich Monate. Und doch hatte sich in dieser Zeit so einiges Verändert. Die Literaturkritiker hatten mit Neugierde und Genuss den Aufwand betrieben, die drei Erstlingswerke zu überfliegen, um zu bemerken, dass ihnen ehemals Meisterwerke wie Sand durch die Finger geronnen waren. Einige nannten Monsieur Bernard gar einen Genie von Literat.

Las er die Feuilletons der Zeitungen, ließen diese ihm sein charakteristisches Lächeln eines Kindes hervorlocken; er schwebte in den Höhen unendlicher Weiten. Es entschädigte alle Opfer, die er für seinen Lebensweg als Literat aufgenommen hatte, auch wenn gesagt werden muss, dass er wenig an diese Opfer dachte. Schließlich war er achtunddreißig Jahre alt und hatte das Leben noch vor sich.

Noch unzählige Romane waren als Keimlinge in seinem Hirn verankert. Ach, wie bedauerlich es doch war, dass er in den sechszehn Stunden eines jeden Tageslaufs nur an einem Werk zurzeit zu arbeiten in der Lage war. Bahnten sich Schwierigkeiten an, sah er mit seinen entzündeten Augen nach seinem Meister – Balzac - hoch. „Nur weiter – weiter!“, flüsterte dieser ihm zu.

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Der Marktwert sprang durch den nun internationalen Bekanntheitsgrad seines Namens sowie durch den Erfolg seiner Bücher in die Höhe. In Frankreich unterzeichnete er mit der ihm eigenen meisterhaften Signatur einen exklusiven Vertrag in einem der größten Verlage des Landes, vergaß aber nicht jene, die ihm zu seine ersten Veröffentlichungen verholfen hatten, stand mit ihnen in freundschaftlichen, das heißt: in brieflichen Kontakt (für den persönlichen Kontakt hatte er mit seinen täglichem Pensum an Arbeit von sechszehn Stunden selbstverständlich keine Zeit, auch wenn Balzac oder Flaubert zu Lebzeiten noch durch die Straßen von Paris flaniert waren, Freunde zu sich empfangen und gewiss auch Liebschaften zu wunderschönen Frauen hatten. Aber unser Monsieur Bernard? Was konnte dieser mit Frauen oder Menschen anderen Geschlechts anfangen? Selbst die Freudenmädchen ermaßen unter sich mit allerlei Ironie die Freundlichkeit, ihn einen „Stift“ zu nennen. Ach, Monsieur Bernard!).

Mit dem stetig werdenden Bekanntheitsgrad hatte er neue Pflichten zu erfüllen. Wie viele Formulare oder Verträge der örtlichen Bank, des Finanzamtes und anderen Institutionen trugen nun seine Unterschrift? Unzählige. Die Bittsteller gerieten des Öfteren ins Staunen darüber, dass er sich gar nicht die Mühe machte, den Inhalt dieser Papiere vorher durchzulesen, bevor er sie mit graziösen Bewegungen unterzeichnete. Dies wurde ihm gar nicht zum großen Nachtteil. Man hat ihn weder betrogen, noch übers Ohr gehauen. Es soll tatsächlich Leute geben, die anderen nur das bestmögliche Leben anbieten wollen, ohne Wenn und Aber. Aber zum großen Vorteil wurde es ihm auch nicht. Monsieur Bernard war zufrieden mit sich und der Welt. Er war mit sich und ihr, der Welt, im Reinen.

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Mit dem Erfolg seiner Bücher stiegen auch die Neider in die Höhe. Vor Unverständnis gegenüber seinem Werk attackierten ihn unzählige Menschen in den Rezensionen von Onlineversandhändlern. Natürlich nahm er sich die Worte seiner Neider nicht allzu sehr zu Herzen. Er unterstellte den Neidern Kretinismus oder gar Imbezillität. Es herrschte Gerechtigkeit.

In seiner weiteren Suche im Internet wurde er mit einmal einer neuen Niederträchtigkeit gewahr. Ein Jemand hatte eines seiner signierten Werke ins Internet für eine durchaus hohe Summe zum Verkauf gestellt. Sein Herz stockte. Das ins Internet hochgestellte Bild der signierten Titelseite ließ ihm ein für alle Mal vor Augen führen, dass er seines Handwerkes unwürdig ist. Die signierte Ausgabe, die zum Verkauf stand, war eines jener Erstausgaben, die er mit seiner grässlichen Unterstift besudelt hatte. Er weinte vor Schmerz. Wie viele dieser Erstausgaben waren noch im Umlauf? Wie viele hatte er damals unterschrieben? Er wusste es nicht mehr genau. Waren es fünf? Nur fünf – wie er sich zu erinnern glaubte?

Es war ihm bewusst, was er nun zu tun hatte.

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Tatsächlich erstand er das signierte Buch für ein beachtliche Summe und durchforstete das ganze Internet nach den restlichen vier missgestalteten Ausgaben. Er wurde nicht fündig. Nur ein Leser hatte die Erstausgabe zum Verkauf ins Internet gestellt. Obgleich er sich beruhigte, schwebte ihm immer die Angst vor seinen Augen, die vier anderen Leser – Madam X, Mademoiselle Y – oder wie auch immer sie alle heißen mochten – könnten auf denselben Gedanken verfallen, ihre von ihm signierte Ausgaben verkaufen zu wollen – sie in die Welt zu verbreiten.

Mittlerweile waren einige Werktage vergangen. Monsieur Bernard hatte weniger als üblich geschlafen. Er war in Sorge. Allerlei Vorstellungen quälten ihn. Gar zum Schreiben kam er nicht. Balzac zuckte mit den Achseln, als Bernard ihn um Hilfe bat.

Es klingelte an der Tür. Ein Bote erschien mit einem Paket.

Monsieur Bernard war in solch einer gereizten Stimmung, dass er dem Boten das Paket aus der Hand riss. „Hey, sie müssen zuerst unterschreiben!“, sagte der Bote und holte aus einer Tasche ein Quittier-Gerät hervor.

Verständnislos blickte Monsieur Bernard den Boten an. Womit?

„Mit dem Finger!“, sagte dieser verächtlich.

Es zitterte unserem Monsieur Bernard der ausgestreckte Zeigefinger. Für alle Zeiten würde die Postgesellschaft seine Unterschrift in den Datenbanken gespeichert und archiviert haben. Zukünftig würde man sich an ihn als einen Betrüger, einen Hochstapler, einen Gaukler erinnern. Denn was war er denn schon?

Der zitternde Finger machte einen Satz auf das Gerät zu, berührte die Bildfläche und zog seine unbeholfene Signatur.

Der Bote bedankte sich, wünschte dem Autoren einen guten Tag und stieg die Treppe hinab.

Mit dem Paket in der Hand zögerte Bernard an der Türschwelle zu seiner Wohnung. Sodann folgte er hastig dem Schritt des Postboten.

Der Postbote wollte gerade eben in den Postwagen einsteigen, als Monsieur Bernard ihm das Quittier-Gerät aus der Tasche zog und es voller Gewalt auf den Asphaltboden schleuderte, sodass es nun mehr vernichtet als dass es der Postgesellschaft von großem Nutzen ward.

Wie sollte der Bote reagieren? Er war in Schockstarre. Unser Monsieur Bernard, gekleidet in einem blauen Morgenmantel, funkelte mit Wahnsinn in den Augen auf sein Gegenüber, dass dieser es rechtzeitig in sein Wagen einzusteigen schaffte, bevor der Verrückte ihn tätlich angriff. Der Wagen fuhr wie durch einem Sturmlauf von tausenden Pferden gezogen von dannen.

In der nächsten Ecke, als er sich in Sicherheit wähnte, schaute der Bote abermals in den Rückspiegel, um sich zu vergewissern, dass der Wahnsinnige ihn nicht verfolgte und rief sogleich bei der Postzentralstelle an, um zu melden, dass unser Held abtrünnig geworden war, dass dieser tatsächlich vor seinen Augen das Quittier-gerät zerstört hatte. Er hatte Glück gehabt. Damals wurde man noch geköpft! lachte die Person in der Leitung. Denn der Bote schlechter Nachrichten, war wie immer die schlechte Nachricht selbst.

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In seiner Wohnung angelangt, zitterte Monsieur Bernard noch immer. Er hatte nicht in Traum gedacht, dem Boten auch nur ein Härchen zu krümmen. Es hatte ihn lediglich nach Gerechtigkeit verlangt.

Nachdem er sich beruhigt hatte, riss er die Kartonage des Pakets auseinander, um das von ihm signierte Buch in den Händen zu halten. Was wird er tun? Er riss die Titelseite aus, verknüllte sie und suchte sie zu verbrennen.

Nach dem Vernichtungsakt, war es ihm, dass er dem Leser, dem er diese Signaturexemplar abgekauft hatte, zu entschädigen hatte. Dies war unbegründet. Aber dennoch hatte er es sich zu seine Pflicht gemacht, dem Verkäufer es mit der geübten Signatur beweisen zu müssen, keinesfalls ein Gaukler, kein Betrüger und schon gar nicht ein Hochstapler zu sein. Deshalb nahm er eines der ihm zur Verfügung gestellten Freiexemplare zur Hand, zögerte jedoch, bevor er den Schriftzug seines Namens in die Titelseite einzuzeichnen gewillt war. Er vollzog nun endlich die Signatur – wie immer mit der graziösen, gleichfalls ozeanischer Geste seiner rechten Hand. Dabei liefen ihm die Tränen. Die Tropften fielen auf das Papier und ließen die Tinte verschwimmen, sodass alles nun mehr unkenntlich ward. Mit der Erkenntnis der unwiderruflichen Niederlage, schleuderte er das Buch im Jähzorn gegen die Wand, gegen das Porträt seines Meisters. Bernard stürzte nieder und schluchzte mit aller Bitternis.

Der „Stift“ – wie er von den käuflichen Damen genannt wurde - verlor mit der Zukunft an Schreibkraft und damit auch an seine Originalität. In Literaturkreisen hieß es, er habe sich ausgebrannt, sich ausgeschrieben.

ENDE
 



 
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