Mutmaßliche Zugabe mit Pferd

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sufnus

Mitglied
Mutmaßliche Zugabe mit Pferd

Plaudertaschenspielereien:
Reinem Humbug Reime weihen,
"hab ein Lied aus lauter Nichts gemacht"
und mir einen Dichter ausgedacht,
der ich gerne selber wäre;
unbeschwert ins Ungefähre
zög ich wie ein Held zur Schlacht.

Auserlesen, angelesen,
dass man sich beredlich nähre
in der Bildungsbildersphäre
und im Schlaf, auf einer alten Mähre,
schwafelt man um Kopf und Kragen
sich aus dieser Mehltauwelt.

Tja. Das war's. Die Sonne fällt
tief im Osten. Keine Fragen
und, mein Freund, auch keine Klagen
tragen uns durchs Unsinnssein.
Denken macht die Menschen dumm,
spar den feinen Wein nicht zum
Leichenschmausbestelldichein.

Der kommt halbwegs durch die Nacht,
der zuschlimmerletzt noch lacht:
"Hab ein Lied aus lauter Nichts gemacht",
kannst Dir ja Dein Eignes schreiben
(oder lass es einfach bleiben).
 

Ubertas

Mitglied
Lieber sufnus,
allein mehltauwelt ist fünfsternewürdig und dann: aber(!) noch der ganze Rest darum herum:
fffffff
ünf plü
marie!
Unfug seitlich abgestellt. Mit vollem Ernst lese ich hier ein Gedicht, das sich nicht mährenhaft galoppierend, sondern mit zarter Weisheit, carotiden-frei, nach oben schwingt
Liebe Grüße ubertas
 

Winterling

Mitglied
Lieber sufnus,

Mir gefallen die langen kreativen Wörter :): Plaudertaschenspielereien, Bildungsbildersphäre , Mehltauwelt , Leichenschmausbestelldichein ( was für ein Wort, da fallen mir die nach der Beerdigungkaffeeundkuchentrinkenden Menschen ein )....

"Hab ein Lied aus lauter Nichts gemacht", diesen Satz hast Du zweimal erwähnt, und er hat seine Besonderheit. Er erinnert daran, an etwas Unmögliches.
Ich blicke nicht ganz durch,

Dein Gedicht hat ein ungewöhnliches Reimschema, was es abwechslungsreich macht. Ich habe dieses Gedicht schon mehrfach gelesen , gerätselt und bin begeistert. Ich finde es etwas düster. Liegt es vielleicht an meiner Stimmung ? Ich weiß nicht, egal.....

Liebe Grüße Heike
 

sufnus

Mitglied
Hey, Ihr Lieben!
Eure Kommentare freuen mich wirklich sehr! Deine Begeisterung, liebe Ubertas, ist mir direkt zu Kopf gestiegen und hat dabei die Carotiden erfolgreich geweitet, etwaig abgesprengte Emboli werden per systemischer Enthusiasmolyse unschädlich gemacht.
Und Dir, liebe Heike, noch ein Extradankeschön für das Heraushören der Besonderheit, die es mit dem "Hab ein Lied aus lauter Nichts gemacht" auf sich hat. Tatsächlich ist diese Zeile mein Ausgangspunkt für dieses Gedicht gewesen. Wie die Anführungszeichen andeuten, ist diese Zeile nicht von mir, es handelt sich um ein Zitat. Und weil es, im zeitlichen Sinn, von weit her kommt, klang es ursprünglich anders: "Farai un vers de dreyt nien".
Guilhem IX (1071-1126), Herzog von Acquitanien und der Gascogne und Graf von Poitou, der erste (und vielleicht auch gleich der beste?) der Trobadore (Troubadoure) hat mit dieser Zeile ein in seiner ganzen Haltung unerhört modernes Lied eingeleitet. Die übrigen Zeilen meiner Reverenz haben nicht direkt etwas mit dem inspirierenden Gesang des alten Wilhelm zu tun, aber sie ahmen ein bisschen seinen Gestus nach. :)
LG!
S.

P.S.:
Und ja... weil ich oben was von den Anführungszeichen und "Zitat" schreibe, es gibt noch ein weitres Zitat in dem Gedicht, das nicht kenntlich gemacht ist. Aber das ist nicht so wichtig für den Text. Es ging mir da nur auch nochmal um eine Fortschreibung des Pferdethemas, denn obiger Guilhem erklärt in seinem Gedicht, dass er seine Zeilen auf dem "Rücken eines Pferdes" verfasst habe (daher kommt bei mir die "alte Mähre" vor) und entsprechend habe ich mich bei einem weiteren Dichter bedient, der in seinem Poem pferdlings durch die Gegend galoppert.
 
Zuletzt bearbeitet:

mondnein

Mitglied
Die Sonne fällt
tief im Osten.
das tut sie nicht einmal von der Südhalbkugel aus

"Hab ein Lied aus lauter Nichts gemacht",
die Leichrigkeit des Nichts hat es aber nicht, dafür ist es zu lang, zu plapperhaft und zu untief

das Nichts ist immerhin die Grundsubstanz des Universums, die weite Freiheit des Todes und der Sinn klassischer Metaphysiken und Weltreligionen; d.h. etwas, was kaum ein Dichter ausloten kann
 
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sufnus

Mitglied
Ein großartiges Neologismus!

Alles andere ist natürlich völlig richtig, hat aber nichts mit Lyrik und insofern auch nichts mit dem Gedicht zu tun. So vermute ich, dass die Sonne, von der Gedichthalbkugel aus betrachtet, fast (!) immer ostwärts untergeht (außer natürlich auf der Venus).

Hm.
Und wenn ich über Deine Theorie der Nichtssubstanz so nachdenke... gehören für Dich z. B. die Eleaten, insbes. Papa P., demnach nicht zu den klassischen Metaphysikern (jaaa... avant la lettre... schon klar)? Scheint mir etwas eigenwillig, dieser Betrachtungswinkel.

LG!

S.
 

sufnus

Mitglied
Um nach diesen Erhellungen wieder die Zurückbiege zum Gedicht zu machen, noch eine halbe Fürsprache in eigener Sache ;)
Angesichts meiner Ausführungen zu irgend so einem schrägen Mittelaltergrafen (ein menschlich etwas zweifelhafter Charakter, aber ein wirklich unglaublicher Poet), könnte man diesem Gedicht eine arg elitaristische Bildungshuberei vorwerfen oder alternativ beanmerken, dass sich da wohl jemand mit fremden Federn schmücken will. Für beide Argumentationen kann ich mir zwei geschätzte (!) Lupanierende (ich bin nicht sicher ob ich von der Partizipierung als Genderdingsbums sprachlich so begeistert bin - aber das ist ein anderes Thema) als jeweilige Kronzeugende ;) vorstellen. Je nun.
Beim ersten Einwand, würde ich wenigstens noch einen Gnadenappell wagen, weil m. E. die Kenne von diesem Guilhem überhaupt nicht notwendig ist, um das Gedicht zu "verstehen" und - wenn man diese Art Reimerei mag - daran Spaß zu haben (wie soll man auch keinen Spaß haben, wenn mans eh mag?! ... weia... heut bin ich nicht auf der mentalen Höhe).
Beim zweiten Einwand komm ich etwas ins Schwimmen, aber vielleicht kannst Du hier mal einfach eine Auge zudrücken, lieber James ;) - sonst muss ich mir echt noch was einfallen lassen *schwitz* :)
LG!
S.
 

mondnein

Mitglied
Ich sehe keinen Beitrag von James (Blond?) zu diesem Gedicht. Und verstehe auch sonst nichts von keinem letzten Selbstkommentar (z.B. - wer ist denn dieser "Guilher"?)
 

seefeldmaren

Mitglied
Ich sehe keinen Beitrag von James (Blond?) zu diesem Gedicht. Und verstehe auch sonst nichts von keinem letzten Selbstkommentar (z.B. - wer ist denn dieser "Guilher"?)
Ich bin mir nicht sicher, aber sufnus meint sicherlich den werten Guillaume IX/Guillem aus dem 11. Jh. mit seinem Canso No. IV.
.

"Hab ein Lied aus lauter Nichts gemacht",
Songs überhauptnixxe ;)
 



 
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