Mutti

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seefeldmaren

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Was bleibt von ihr, nimmt längst Gestalt schon an,
was bleibt von ihr, wird leichter jeden Morgen
als Vogelbrust, vom Fieber ausgezehrt,
was bleibt von ihr, verbirgt sich nicht vor Sorgen.

Was bleibt von ihr, so dünn geworden und fragil
in Hand und Blick, im hohlen Wangental
ein Schluck und noch ein Schluck und dann kein Durst mehr
was bleibt von ihr, wird Abschied und zur Zahl.

Was bleibt von ihr, legt ihre letzte Falte,
sie glättet Haut und Puls, zerfällt nur ohne Sinn
es stockt ihr Atem, ringt nach kleinen Pausen,
zieht sie nach innen, Stund' um Stunde hin.

Was bleibt von ihr, hält inne nicht beim Schwinden,
bei dem du selbst vielleicht zerbrichst dabei.
Sie gibt sich preis dem Griff der letzten Stunde;
kein Widerstand befreit sie, macht sie frei.

Es kommt das Licht durch die vertrauten Fenster.
Du zählst die Atemzüge. Langsam wird es hell.
Der Raum riecht süßlich, wird zur letzten Kammer,
kein Satz bleibt ungesagt, doch er zerfällt.

Du sitzt am Rand, gebunden an ihr Gehen
doch reißt, was bleibt von ihr, dich mit hinab.
Du hältst die Hand und weißt: sie wird dich lassen.
Kein Wort hält auf. Kein Flehen hält sie ab.
 



 
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