Nachgedacht

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Anonym

Gast
Ich denke gerade an die lyrischen Lieder des Psarandonis auf Kreta.
Meine Frau und ich saßen unter einem Johannisbrotbaum,
tranken roten Karavitakis, lauschten dem klagenden Klang der Lyra,
die den Sonnenuntergang zu beweinen schien.
Am Tag hatten wir das Grabmal von Kazantzakis besucht.
Dessen Grabinschrift ging mir nicht aus dem Kopf:

Ich erhoffe nichts. Ich fürchte nichts. In bin frei.

So einfach. So unfassbar einfach.
Aber doch so weit jenseits meines Lebens
wie der unerreichbare Horizont.
Der Wein, die Lyra, Psarandonis Gesang, dieses Wissen,
dass, wäre ich hier geboren, es hätte so sein können,
und es für einen kurzen Augenblick hier und jetzt auch so war,
machten mich still.

Für einen Moment erhoffte ich nichts. Ich fürchtete nichts.

Ich war frei.

Hier unterm Johannisbrotbaum.
 



 
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