Nachgedacht

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Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich denke gerade an die lyrischen Lieder des Psarandonis auf Kreta.
Meine Frau und ich saßen unter einem Johannisbrotbaum,
tranken roten Karavitakis, lauschten dem klagenden Klang
der Lyra, die den Sonnenuntergang zu beweinen schien.
Am Tag hatten wir das Grabmal von Kazantzakis besucht.
Dessen Grabinschrift ging mir nicht aus dem Kopf:

Ich erhoffe nichts. Ich fürchte nichts. Ich bin frei.

So einfach. So unfassbar einfach.
Aber doch so weit jenseits meines Lebens wie der unerreichbare Horizont.
Es war das erste Mal, aus diesem Grund komme ich darauf,
dass mich die Zikaden mit ihrem endlosen Gesang nicht nervten.
Der Wein, die Lyra, Psarandonis Gesang, dieses Wissen,
dass, wäre ich hier geboren, es hätte so sein können,
und es für einen kurzen Augenblick hier und jetzt auch so war,
machten mich still.

Für einen Moment erhoffte ich nichts. Ich fürchtete nichts.

Ich war frei.

Hier unterm Johannisbrotbaum.
 
G

Gelöschtes Mitglied 20312

Gast
Lieber Otto,
vielen Dank für dieses Lesevergnügen!
Liebe Grüße
Noah
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Noah,

Es gibt diese Augenblicke, die einen geradezu zwingen inne zu halten,
zu resümieren. Das war ein solcher Moment. Ein guter Tag,
der über den Tag hinaus Bedeutung hat.

Danke dir und Herbert für eure positiven Gedanken dazu.

LG in die Nacht

Otto
 

Tula

Mitglied
Moin Otto
Da ziehe ich gern mit, vor allem in Gedanken :)
Vor langer Zeit las ich mal den Alexis Sorbas, ein gutes Buch, und der Spruch passt da wunderbar dazu :)
LG
Tula
 

revilo

Mitglied
Moin, das erinnert mich an ein Gedicht von BUK. Bei ihm war es - so glaube ich zumindest - ein Mangrovenbaum in seinem Garten.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Tula,

Kazantzakis war ein ganz außerordentlicher Mensch. Bei Amazon kann man eine Biographie über ihn kostenlos sehen. Sehr lohnenswert.
Alexis Sorbas ist ein großartiges Buch und die Verfilmung nicht umsonst ein Klassiker.

LG Otto
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo revilo...

...ich jetzt voll am grübeln von wegen BUK. Gleich mal gegoogelt und folgende Antwort gefunden:

Buk steht für: Berufsgenossenschaftliches Unfallkrankenhaus

Ich gleich noch mehr am grübeln: Was will der Schreiber mir nun sagen?

Und dann, du wirst es nicht für möglich halten, so ganz und gar am Ende der Grübelei,
hat's ZONG gemacht: Bestimmt meint er Meister Bukowski! Hoff ich...denk ich!

Und der olle Bukowski saß mal unterm Mangrovenbaum? Ich seh ihn in Erinnerung immer mit 'ner Flasche in der Hand
und 'ner Kippe im Mund in irgendwelchen Räumen hocken, seine Gesichtszüge meist entgleitend.

LG Otto
 

revilo

Mitglied
Sorry, ich meinte natürlich Bukowski. Je älter er wurde, desto besser wurden seine Gedichte und seine Prosa. Sein weingetränktes Notizbuch ist genial. Das Gedicht beschreibt auch so einen Moment. Ich guck mal,ob ich es finde.
 



 
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