Nasdagol's Traum Kapitel 3

Andreas E

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3. Kapitel - Der Zorn des Königs

Kurze Zeit später erhob sich eine goldene Sonne über den Wipfeln des Eiswaldes und tauchte das im milchigen Morgennebel liegende Pradnug in ein strahlendes Licht. Ungewöhnlich früh war an diesem Tag das Leben in der Stadt erwacht. Am Königspalast hatte man rote Fahnen aufgezogen, die sich nun sanft in einer leichten Brise wiegten. Beldorim trat als erster auf den kleinen Balkon und war nicht wenig erstaunt über das was er sah. „Rote Fahnen an einem gewöhnlichen Tag wie diesem. Was mag da vor sich gehen?“ dachte er und wunderte sich über die festliche Schmückung. Rote Fahnen zierten die Dächer und Simse des Palastes sonst nur an wenigen hohen Feiertagen. Beldorim ließ den Blick über die Stadt schweifen und sah von überall her Menschen zum Palast strömen. Sie liefen eilig und hasteten, doch schienen sie dabei fröhlich und heiter zu sein. Ganz so, als seien sie in freudiger Erwartung auf ein bevorstehendes Ereignis, von dem sie noch nicht genau wussten, worum es sich handelt. Nun trug der Morgenwind das hohe Schmettern von Trompeten und den donnernden Klang von Trommeln an sein Ohr. Rasch wand er sich zum Palast zurück und sah eine Hundertschaft Trompeter und Trommler, die gerade in Stellung gegangen waren und ein festliches Lied anstimmten. Sie waren mit den edelsten Gewändern bekleidet, die sonst nur zu Ehren des Königs getragen und für gewöhnlich nicht in der Öffentlichkeit gezeigt wurden. Auf den goldenen Trompeten spiegelte sich die helle Morgensonne und mit rhythmischem Schwung tanzten die weißen Schlagstöcke der Trommler immerfort auf und nieder. Je mehr Beldorim versuchte in diesem seltsamen Schauspiel einen Sinn zu erkennen, desto unerklärlicher wurde es ihm. Eilig wand er sich um und rief mit fester Stimme „Norem, Sudefor, etwas sehr ungewöhnliches geht vor sich in der Stadt. Wir müssen uns beeilen und sofort aufbrechen.“ Hastig kamen die beiden Alten herbeigeeilt und wollten mit eigenen Augen sehen was in Pradnug geschah. Doch Beldorim drängte sie gleich in Richtung Treppe ab und erzählte ihnen auf dem langen Weg nach unten in knappen Worten, was er soeben beobachtet hatte. Ratlos erreichten die drei schließlich das Eingangsportal. Ein Wachsoldat war dort gerade damit beschäftigt, die zahlreichen Kerzen und Fackeln zu entflammen. Da die meisten der Lichtspender in luftiger Höhe angebracht waren, war dies eine mühevolle und anstrengende Arbeit, die bei den Soldaten nicht sehr beliebt war. Umso erstaunlicher war es, dass dieser hier ein munteres Lied vor sich hin pfiff und überaus fröhlich zu sein schien. Als er die drei Weisen bemerkte, wand er sich ihnen zu und grüßte freundlich. „Du bist doch von der Tageswache“ fragte Sudefor den Mann. „Ja, das bin ich“ entgegnete dieser. „Dann bist du doch sicher durch die Stadt gelaufen und hast gesehen was dort passiert?“ fragte Sudefor weiter. „Warum sind all die Leute auf dem Weg zum Palast und warum sind dort rote Flaggen aufgezogen?“ Mit einem erstaunten Blick schaute der Soldat die drei an und konnte schließlich ein breites Grinsen nicht mehr unterdrücken. „Beim großen Peorsproß“ prustete er plötzlich los. „Die ganze Stadt weiß schon bescheid, aber die drei weisesten Köpfe des Reiches haben von allem noch überhaupt nichts mitbekommen.“ „So erkläre uns doch endlich was dort vor sich geht!“ drängte Sudefor. Nach einigen Sekunden hatte der Soldat sein Lachen unter Kontrolle. Er kam mit schnellem Schritt zu den drei Weisen herüber und sprach: „Lange hat das Reich auf diesen Tag warten müssen und die Hoffnung, dass er kommen würde schien beinahe schon vergebens zu sein. Doch heute hat sich alles zum Guten gewendet. Der Fortbestand des königlichen Bulgeschlechtes ist gesichert. Unser aller König Bul da Sim hat in der vergangenen Nacht durch zahlreiche Boten verkünden lassen, dass ihm seine Gemahlin einen Thronfolger schenken wird. Der König wird Vater.“ Diese Worte wirkten wie ein Versteinerungszauber, der die drei Weisen erstarren ließ. „Besteht denn die Gewissheit, dass es ein Knabe ist, den die Königin in sich trägt?“ fragte Norem nach einem kurzen Augenblick der Ruhe. „Ja das ist es. Ein Medikus hat dies zweifelsfrei festgestellt.“ Entgegnete der Soldat. “So ist nun der letzte Zweifel ausgeräumt“ sagte Sudefor schließlich. „Die Prophezeiung wird sich bewahrheiten. Das Kind das geboren wird, ist das bisher noch fehlende Stück in dem Text der Prophezeiung. Der unheilvolle Sohn des Königs. Nun Beldorim, bist du jetzt überzeugt, dass die Angelegenheit von äußerster Wichtigkeit ist?“ Doch bevor dieser antworten konnte setzte sich der Alte mit eiligem Schritt in Bewegung und hielt in großen Sätzen auf den Ausgang zu. „Wir haben keine Zeit zu verlieren. Lasst uns aufbrechen! Sofort!“ rief er, ohne sich noch einmal umzublicken.
Zügigen Schrittes liefen die drei direkt in Richtung Stadt. Die noch angenehm kühle Morgenluft trug den frischen Duft des Eiswaldes in sich und machte das Vorwärtskommen einfach. Nach kurzer Zeit schon hatten sie das Stück wilder Natur hinter sich gelassen, das zwischen dem Turm des Wissens und den ersten Häusern der Stadt lag. Nun hasteten sie vorbei an den farbenfrohen Fassaden der liebevoll hergerichteten Wohnhäuser und den mit üppigen Blumen und prächtigen Obstbäumen bepflanzten Vorgärten. Die Fenster der meisten Häuser standen weit offen und schneeweiße Gardinen wehten im zarten Morgenwind. Dabei trafen sie kaum auf Menschen. Nahezu die ganze Stadt schien sich rund um den Palast versammelt zu haben, um den König sprechen zu hören. Nur hier und da trafen sie auf ein paar alte Frauen und Männer, denen der weite Weg zum Palast zu anstrengend gewesen war. Eine faltige Frau mit weißem Haar saß auf einer kleinen Holzbank vor ihrem leuchtend roten Haus. Sie trank eine dampfende Tasse Peortee und genoss die wärmenden Strahlen der Sonne. Als sie der drei Weisen gewahr wurde, erhob sie die Stimme zum Gruß und rief lauthals ihre Freude heraus. Für einen kurzen Augenblick hielten die Weisen inne und redeten mit der Frau. Sie erzählte ihnen, dass in der vergangenen Nacht zahlreiche Boten zu Pferde durch die Stadt geritten seien und die frohe Botschaft verkündet hätten, dass dem stolzen Reigolkönig nun doch das Glück der Vaterschaft gegönnt sei. All das wussten die Weisen jedoch schon und so setzten sie ihren Weg fort. Zum Abschied wünschten sie der Alten noch einen schönen Tag und um den Schein zu wahren, sprach Norem einen wohlklingenden, aber nicht ernst gemeinten Satz, in dem auch er seine Freude ausdrückte.
Einige Zeit später hatten sie die meist menschenleeren Gassen und Plätze hinter sich gelassen und trafen schließlich auf dem großen Festplatz vor dem Palast ein. Eine unglaubliche Zahl von Menschen hatte sich hier versammelt. Sie alle wollten den König sprechen hören, um die frohe Botschaft aus seinem Munde zu vernehmen. Tausendfaches Stimmengewirr, Lachen, Hundegebell und das Geschrei von Kindern mischte sich in der Luft und schwoll zu einem undurchdringlichen Getöse an. Um zum Palast zu gelangen mussten die drei sich mitten durch die Menge kämpfen, was besonders Sudefor, dem Ältesten, viel abverlangte. Überall mussten sie schwatzende Menschen zur Seite schieben, aufpassen dass sie nicht von herumtollenden Kindern umgeworfen wurden und immer wieder wurden sie erkannt und mussten belanglose Phrasen austauschen. Erleichtert erreichten sie schließlich das Tor an der äußeren Palastmauer, die das gesamte Gelände umschloss. Die beiden Flügel des riesigen Holztores standen weit offen. Die Sonne spiegelte sich auf den mit Silber verzierten Reliefs und Schriftzügen des linken Torflügels. Der andere lag im Schatten und wurde nur teilweise vom zurückgeworfenen Licht des linken Flügels angestrahlt. Im Tor standen zwei einfache Wachsoldaten mit der traditionellen Soldatenkleidung. Sie trugen derbe grüne Hosen und ein weißes Hemd aus dem gleichen Stoff. Darüber einen überaus kunstvoll gefertigten, silbernen Harnisch, der im Stande war Schwerthiebe und Pfeile ohne große Mühe abzuwehren. An einem braunen Ledergürtel reihten sich Messer, Schwert, Trinkflasche und ein kleiner Lederbeutel. In diesem führten die Soldaten während ihrer Eroberungszüge getrocknete Früchte und haltbare, mit Peormehl zubereitete Backwaren mit sich. Die Wachsoldaten trugen den Lederbeutel nur der Vollständigkeit halber, bewahrten aber nichts darin auf. Den Kopf schütze ein silberner Helm, der mit weichem, hellbraunem Leder ausgeschlagen war.
Die Wachsoldaten am Tor hatten sich breitbeinig aufgebaut und blickten finster drein. Als die drei Weisen in Richtung Tor schritten, taten sie jeweils einen Schritt nach außen und gaben so den Weg frei. Norem, Sudefor und Beldorim waren nun auf dem Vorhof des Palastes. Dieser großzügig angelegte und mit viel Liebe gepflegte Platz erzählte viel vom Stolz und der Geschichte des Reiches Reigolpeor. Entlang der Außenmauer reihten sich überlebensgroße Skulpturen aller Reigolkönige, die seit der Fertigstellung des Palastes die Geschicke des Reiches lenkten. Die Zahl der aus edlem, weißem Marmor gemeißelten Abbildungen mochte um die einhundert betragen. Dazwischen befanden sich in regelmäßigen Abständen säulengestützte Treppen, die auf die Außenmauer empor führten. Die wuchtige Mauer war sehr breit und hatte obenauf einen gepflasterten Weg, auf dem Wachsoldaten ihre Runden zogen. Genau im Zentrum des Platzes befand sich eine Figurengruppe, die aus monumentalen Ebenbildern der fünf wichtigsten Reigolkönige bestand. Die fünf Könige standen im Kreis und streckten jeweils den rechten Arm samt Schwert steil in die Höhe. Genau im Mittelpunkt der Figurengruppe, hoch über deren Köpfen, trafen sich die Schwertspitzen und stützen eine kunstvoll gearbeitete Peorblüte. Unter der Gruppe stand ein Pavillon mit Kuppeldach und reliefverzierten Säulen. Darunter lag eine breite Treppe, die hinab in die Königsgruft führte. Hier wurden die Leichname der Reigolkönige in prachtvollen Steinsärgen aufbewahrt.
Über dem mit Sonnenlicht gefluteten Platz lag der süße Duft von Peor, der hier überall in kleinen Feldern mit geometrischem Grundriss angebaut wurde. Dazwischen teilten zahlreiche Wege das Gelände in gleichgroße Abschnitte auf.
Die Weisen hatten für all die überschwängliche Pracht an diesem Tag jedoch kein Auge. Viel zu sehr waren sie mit der vor ihnen liegenden, schwierigen Aufgabe beschäftigt. Je näher sie dem Eingang des Palastes kamen, umso größer wurde die Anspannung bei jedem einzelnen. Am Fuße der breiten Eingangstreppe stoppten sie im gleichen Augenblick und schauten einander Hilfe suchend an. „Es ist der einzige Weg“ hauchte Sudefor schließlich, dem vor Anstrengung Bäche von Schweiß an Stirn und Hals entlang rannen. Er bemühte sich um einen zuversichtlichen Gesichtsausdruck, nickte den beiden anderen entschlossen zu und machte sich daran, die Treppe zu erklimmen.
Als die drei in den Palast eintraten, umfing sie sofort angenehm kühle Luft. Das Innere der riesigen Haupthalle wurde durch die vom Boden bis in den fünften Stock reichenden Fenster über und über mit weichem Sonnenlicht durchströmt. Auf dem weißblau gepflasterten Boden konnte man verschwommen farbige Schatten wahrnehmen, die von den bunten Malereien auf den Scheiben stammten. Die Haupthalle hatte in keiner der fünf Etagen eine durchgehende Decke, sondern nur an den Wänden entlang führende, recht breite Gänge, durch die man in die verschiedenen Säle und Räume des Palastes gelangte. Von allen Etagen aus hatte man den gesamten Eingangsbereich vom Boden bis an die weiße, mit prächtigen Reliefen verzierte Marmordecke im Blick. Genau im Zentrum der Eingangshalle stand ein runder Brunnen, aus dessen Mitte sich eine kunstvoll gemeißelte Peorpflanze aus schwarzem Gestein empor wand, deren gold verzierte Blüte bis in den dritten Stock hinaufreichte. Aus dem Blütenkorb quoll langsam ein seichter Wasserstrahl, der über den gewundenen Pflanzenstängel zurück nach unten floss. Eine große Dienerschaft war emsig dabei, alles für ein grandioses Festmahl herzurichten, das zur Feier des freudigen Ereignisses noch am gleichen Abend stattfinden sollte. Küchenhelfer schleppten Berge von Kartoffeln, Säcke mit Peormehl, frisch geschlachtete Fasane und Wildschweine, allerlei Früchte, Schüsseln mit dampfenden Soßen, duftende Kuchen und zahllose Flaschen herbei. Sie alle waren so mit sich selbst beschäftigt, dass sie keine Notiz von den drei Weisen nahmen. Diese durchschritten indes die Haupthalle und stiegen an der am hinteren Ende befindlichen Wendeltreppe bis in den vierten Stock hinauf. Dort begaben sich zu einem an der Stirnseite des Palastes gelegenen, kleinen Arbeitszimmer, in welchem sie den König vermuteten. Vor der mit Schnitzereien verzierten Holztür hielten sie inne und atmeten ein letztes Mal durch. Dann nahm Norem seinen Stecken und klopfte mit dem Griff dreimal kräftig gegen die Eisenbeschläge. Stetig lauter werdende, hastige Schritte verrieten, dass jemand zur Tür eilte. Geräuschvoll öffnete sie sich schließlich einen Spalt weit und eine kleine, hagere Gestalt mit fahler Haut und tief liegenden Augen äugte heraus. „Bul da Sim unser edler Reigolkönig wünscht von niemandem gestört zu werden“ näselte sie. Es war Reglu, der persönliche Schneider des Königs. Reglu hatte weder Frau noch Freunde und außer bei seiner Arbeit im Palast auch sonst nicht viel Freude am Leben. Wegen seines weichen und wankelmütigen Charakters war er bei nahezu jedem der ihn kannte unbeliebt und niemand wollte gern etwas mit ihm zu tun haben. Auf sein Handwerk Kleidung zu fertigen verstand er sich jedoch hervorragend und er vermochte es, für jede Person die passenden Gewänder zu schneidern.
„Reglu, geh und sage dem König wer hier ist und das es um eine Sache von äußerster Wichtigkeit geht, die keinen Aufschub duldet.“ trug Beldorim ihm auf. „Aber der König wird in wenigen Augenblicken vor sein Volk treten und er ist noch nicht einmal vollständig in der dem Anlass entsprechenden Weise gekleidet“ gab Reglu zur Antwort und schickte sich an, die Türe wieder zu schließen. Mit einer schwungvollen und unmissverständlichen Bewegung stieß Norem seinen Stecken in den Türspalt. Mit ernster Stimme und einem Blick, in dem langsam aufsteigender Ärger zu erkennen war, bemühte er sich um Freundlichkeit. „Vielleicht hast du nicht recht verstanden“ sagte er. „Die drei Hofweisen haben den König in einer dringlichen Angelegenheit zu sprechen. Jetzt geh und sage ihm das.“ Irritiert und sichtlich eingeschüchtert blickte Reglu aus feuchten Augen zu den drei Weisen empor. Mit zuckenden Kopfbewegungen ließ er seinen ängstlichen Blick von einem zum nächsten schweifen, bevor er sich schließlich ruckartig umwand und mit schnellen, federnden Schritten zurück in den Raum eilte. Kurze Zeit später schob er seinen kleinen Kopf erneut durch den Spalt in der Tür und hieß die drei Weisen einzutreten.
König Bul da Sim stand inmitten des Raumes, den er vornehmlich nutzte um sich von seinem Schneider vor wichtigen Anlässen ankleiden zu lassen. Die Sonne hatte von ihrem täglichen Weg bereits soviel hinter sich gebracht, dass sie ihre Strahlen durch das kleine, nach Süden weisende Fenster warf. Die Gestalt des Königs wurde umringt von gleißendem Licht und warf einen langen Schatten in Richtung der drei Weisen, die sich mit langsamen Schritten vorwärts bewegten. Bul da Sim stand fest und unerschütterlich. Er strahlte Macht und Erhabenheit aus. Sein kantiger Schädel ruhte auf breiten Schultern, die den Rahmen für seinen stattlichen Körper zeichneten. Ein kurz geschnittener Bart aus dunklem Haar und ein kunstvoll geflochtener Zopf verliehen seinem Antlitz Würde und Stolz. Sein Haupt krönte ein kunstvoll geschlungener Kranz aus Peor, der täglich auf Neue geknüpft wurde. „Norem, Sudefor und Beldorim meine treuen Freunde und weisen Ratgeber. Was führt euch zu mir in dieser glücklichen Stunde?“ fragte der König mit ungewohnt gütigem Ton. Als die Weisen nach Sekunden noch immer nicht antworteten und einander stattdessen mit unsicheren Blicken stumme Hilferufe sandten erhob Bul da Sim erneut die Stimme. „Fürwahr, es ist eine Kunde, die einem vor Freude jedes Wort auf der Zunge verdorren lässt. Wie lange musste ich in Unsicherheit um den Fortbestand des Königsgeschlechtes leben. Jahre hegte ich Selbstzweifel und sah mich in finsteren Träumen als den letzten Bul, mit dem das Geschlecht seinen Untergang findet. Doch beim großen Peorsproß, die Natur hat sich meiner erbarmt und mir das Glück der Vaterschaft gewährt. Mit diesem, meinem Sohn, wird ein Bul das Licht der Welt erblicken, der großes vollbringen wird. Ja, das spüre ich. Und ganz nach dem alten Brauch der Reigolkönige soll er nach dem zweiten Vornamen seines Großvaters benannt werden. Bul da Hil wird ein Reigolkönig wie ihn die Welt noch nicht gesehen hat. Ihm soll die beste Ausbildung zuteil werden und es wird ihm an nichts mangeln. Seine Taten sollen in die Bücher eingehen und werden auf ewig unvergessen bleiben.“ Der König hatte sich dabei ertappt, wie er seinen Gedanken freien Lauf ließ, doch in diesem Augenblick zählte das nicht. Zu stolz war er, als das nicht sein ganzes Volk wissen sollte, was ihn in jener Zeit bewegte. Er wand sich erneut den Weisen zu, die bei jedem seiner Worte sichtlich mehr in Unbehagen gefallen waren. „Doch nun sprecht endlich und fasst euch kurz. Mein Volk erwartet mich.“ Schließlich war es Norem, der sich ein Herz fasste und den König um etwas Zeit und Aufmerksamkeit bat. Dieser hatte zunächst versucht zu widersprechen, doch als auch Sudefor und Beldorim ihn um Zeit anflehten, kam er nicht umhin, diese zu gewähren. So berichtete Norem, wie er in dem verlassenen Gemäuer eine geheimnisvolle Schriftrolle fand, die in einer kostbaren Dose aus Spiegelsilber steckte. Er erzählte ferner, dass er vergeblich versuchte die Schrift zu übersetzen, doch das es schließlich mit der Hilfe von Sudefor und Beldorim gelang, den Inhalt zu ergründen. Nun war es Sudefor, der das Wort ergriff und davon zu erzählen begann, von wem die Schrift verfasst wurde. Da der König mit dem Namen Nasdagol nichts anzufangen wusste, erzählte Sudefor schließlich, was es mit jenem Manne aus längst vergangenen Tagen auf sich hatte.
Nasdagol war eines der Gründungsmitglieder des Lemenosbundes, einem Zirkel von Gelehrten verschiedenster Wissenschaften. Die Bundesbrüder hatten es sich seiner Zeit zur Aufgabe gemacht, sämtliches Wissen auf Erden zusammenzutragen und in einer riesigen Bibliothek, dem Haus der Lemen, zu sammeln. Dabei verzichteten sie auf jeglichen weltlichen Besitz und stellten ihre ganze Kraft in den Dienst der Mehrung des Wissens.
Zur Zeit der Gründung des Bundes, lag das Haus der Lemen auf herrenlosem Land der damals noch jungen Welt, sodass kein Herrscher Besitz am gesammelten Wissen geltend machen konnte.
Viele Lemen beschäftigten sich ausgiebig mit der Erforschung der dunklen Magie, wofür es besonders strenge Regeln gab. Einige Brüder setzten sich über diese Regeln hinweg und wurden aus dem Bund verstoßen. Andere verließen die Gemeinschaft freiwillig, weil sie sich durch die Regeln in ihrem Forscherdrang eingeengt fühlten. Zu diesen gehörte auch Nasdagol, von dem man sagt, er sei der Weiseste der Weisen überhaupt. Nach dem Ausscheiden aus dem Bund verliert sich die Spur Nasdagol’s und niemand weiß, wo er fortan gelebt hat.
In den Archiven des Lemenosbundes fanden sich zahlreiche Briefe von ihm, in denen er nächtliche Visionen zukünftiger Ereignisse niederschrieb. Sämtliche Visionen des großen Sehers sind ausnahmslos eingetreten und haben sich der Vorhersehung entsprechend erfüllt. Aus diesem Grund haben Norem und Sudefor und später auch Beldorim, die Prophezeiung auch so überaus ernst genommen und wagten nicht daran zu zweifeln.
König Bul da Sim erinnerte sich, in einem seiner Eroberungskriege gen Westen die Stadt der Lemen eingenommen und das Haus der Lemen geplündert zu haben. Durch die ungeheuere Anzahl der Bücher und Schriften, die er dabei für sein Reich erbeutete, wurde es nötig ein eigenes Gebäude hierfür zu errichten: Den Turm des Wissens. Die Lemen haben daraufhin ihre alte Heimat verlassen und sich tief im unzugänglichen Nordwald, zwischen Twiarlun und Hirdan niedergelassen. Hier sind sie dabei, die verlorenen Wissensschätze zu ersetzen und neues Wissen zu ergründen.
Nach dieser ausführlichen Erläuterung war die Geduld des Königs nahezu erschöpft, der naturgemäß mit Weisen, Magie und derlei Dingen nichts anzufangen wusste. Seine gute Laune hatte sich merklich verschlechtert und beinahe ungehalten fragte er die Weisen, warum sie ihn an einem so wichtigen Tage mit geschichtlichen Vorträgen langweilten.
Schließlich mischte sich auch Beldorim in das Gespräch ein und erklärte dem König, dass es sich bei dem verfallenen Gemäuer, in welchem Norem die alte Schriftrolle fand, sehr wahrscheinlich um den bisher unbekannten Aufenthaltsort des Nasdagol handelte und das die gefundene Schrift eine weitere Vision des Sehers sei, deren Erfüllung kurz bevor stünde.
Schließlich griff er in seine Tasche und zog die Reinschrift der Übersetzung hervor. Mit unsicherer Stimme und gesenktem Blick verlas er folgende Worte.


Die Lemenstadt wird untergehen, ein neues Reich dafür entstehen. Geführt wird es mit harter Hand und Wissen aus dem Bunde, des neuen Reiches blutig Glanz mach bald schon große Runde. Die Könige des Bulgeschlechts führen Schwerter gegen Fleisch, vom Eiswald her da ziehn sie los, das Reigolland wird reich. Sie allesamt sind große Männer, weise, stolz und kühn, man wird in vielen harten Schlachten sie mutig kämpfen sehn.
Und wenn das Reich vollkommen ist, erstrahlt es leuchtend hell, bis kommen wird ein dunkler Bul, zu schänden es dann schnell. Es ist der Spross des Bul da Sim, mit Namen Bul da Hil, der böse Mächte mit sich führt und achtlos alles das zerstört, was seinen Ahnen einst gehört. Er lenkt ein Heer von finstren Mannen mit ungeheurer Macht, das vorwärts zieht nach Nord, Süd, West und bringt nur Tod und Nacht. Drum nutze du nun dieses Wissen, Bruder aus dem Bunde. Versteh was hier geschrieben steht und handle noch zur Stunde.


Als Beldorim geendet hatte, faltete er das Pergament wieder zusammen und wollte es gerade in seiner Tasche verschwinden lassen, als es der König mit einer hastigen Bewegung an sich riss. Von seinem Wohlbefinden an jenem Tage war nun nicht einmal mehr der kleinste Rest verblieben. Mit funkenden Augen und steifer Körperhaltung gelang es ihm gerade noch einen halben Satz in angemessener Lautstärke zu sprechen, dann fand der Zorn seinen Weg nach draußen. Mit keifendem Geschrei bedacht er die Weisen mit allerlei Beschimpfungen. Dabei spie er die Worte geradezu heraus, ganz so als wollte er die Gelehrten damit durchbohren. Nachdem sich die erste Welle der Wut gelegt hatte, fand der König wieder zu geordneten Gedanken. Einige Zeit lang starrte er wortlos aus dem Fenster, dann wand er sich wieder den Weisen zu. „Ich bin schon lange König in diesem Reich. Seit vielen Jahren schon. Viele Dinge habe ich in dieser Zeit erlebt. Gute Dinge und auch schlechte. Ich erlebte Zeiten voller Freude und solche, in denen das Glück mich verlassen hatte. Doch immer wieder fand ich zum rechten Wege zurück. Dabei habe ich stets auch wertvolle Unterstützung von vielen Seiten bekommen, Ratschläge, die mich in meinen Entscheidungen beeinflusst haben und auch freundschaftliche Hinweise. Oft genug seid Ihr es gewesen, auf die ich mich in finsteren Tagen bedenkenlos verlassen konnte. Die drei Hofweisen des Königs Bul da Sim. Der geistige Kopf des Reiches Reigolpeor. Ich habe euch stets spüren lassen, wie sehr ich eure Dienste zu schätzen weiß. Habe euch den größtmöglichen Freiraum gelassen, ließ euch über Jahre all die Zeit die ihr brauchtet um eurer Forschung nachgehen zu können. Ihr hattet die Möglichkeit endloses Wissen zu schöpfen, aus der umfangreichsten Bibliothek die es auf Erden zu finden gibt. Und alles was ich dafür von euch verlangt habe ist Loyalität.… Ja Loyalität, das war alles was ihr mir zurückgeben solltet. Doch mir scheint das könnt ihr nicht. Am schönsten Tage meines Daseins als Bul, an dem ich mein Volk so glücklich machen wollte, wie schon seit Jahren nicht mehr. An diesem Tag muss ich erkennen, dass die Bindung zwischen uns auf dünnen Pfählen steht. Ich habe mich in euch getäuscht. Was ihr da behauptet ist ungeheuerlich. Mein eigener Sohn sagt ihr, soll mein Reich, das unter Blut und Schweiß in langen Jahren einer großen Dynastie zu dem geworden ist, was es heute ist, schänden und dem Tode weihen. Das Land in dem er aufwachsen wird und das ihm all die Liebe angedeihen lassen wird, die auch ich als Kind erfahren habe. Jenem Land soll er Schaden und Unheil zufügen? Warum sollte er das tun? Dafür gibt es keinen Grund. Sagt mir Norem, würdet Ihr das Haus niederbrennen, in dem Ihr eure Kindheit verbracht habt? Beldorim, würdet Ihr die Hand gegen jene erheben, die euch das Leben schenkten?“ „König Bul da Sim, Ihr missversteht uns“. Sagte Norem „Einen größeren Beweis der Loyalität Euch und dem Reich gegenüber, als das was wir gerade offenbart haben, werdet Ihr von keinem anderen Eurer Untertanen erfahren. Wir sind in heller Sorge um die Zukunft des Reiches und haben jetzt noch die Möglichkeit den Lauf der Dinge in andere Bahnen zu lenken. Gewiss ist es nicht zu verstehen, was Nasdagol in dieser Vision gesehen hat. Doch es ist eine Tatsache, dass es dutzende solcher Prophezeiungen gibt, von denen wir heute wissen, dass sie sich alle erfüllt haben. Es ist also sehr unwahrscheinlich, dass es sich hierbei um einen Irrtum handelt.“ Nach einer kurzen Pause fuhr er fort „König Bul da Sim“ Norem’s Stimme war jetzt beschwörend, fast schon flehend und man konnte erkennen, das Verzweiflung in ihr lag “kein anderer Herrscher auf Erden hat das Glück, eine solch präzise Vorhersage der künftigen Ereignisse zu erhalten. Versteht die Prophezeiung als das was sie sein will. Als eine Warnung und eine Möglichkeit dieser Entwicklung entgegenzuwirken.“ Trotz dieser Erklärungsversuche und der Eindringlichkeit mit der Norem gesprochen hatte, blieb der missmutige Gesichtsausdruck des Königs unverändert. „Sagt mir Norem, wie Ihr Euch das vorstellt! Was soll ich Eurer Auffassung nach tun? Soll ich das Leben meines Sohnes beenden, noch bevor es begonnen hat? Ist es das was Ihr mir nahe legt?“ „Gewiss nicht König Bul da Sim, das sollt Ihr nicht. Die Möglichkeit von der ich spreche, ist denkbar einfach. Ihr dürft Euren Sohn nicht auf den Thron erheben, wenn seine Zeit gekommen ist. Damit wird ihm niemals die Möglichkeit gegeben, jene Dinge auszuführen, die Nasdagol in seinem Traum gesehen hat.“ Jetzt brach der blanke Zorn wieder aus Bul da Sim heraus und mit sich überschlagender Stimme schrie er in den Raum hinein, das die Ohren schmerzten, wenn man nahe bei ihm stand „Ihn nicht auf den Thron erheben und damit den Untergang des Bulgeschlechtes besiegeln? Niemals. Es ist Fügung, dass mir die Gnade gewährt wurde, nach den Jahren der Hoffnungslosigkeit nun endlich doch einen Sohn zu bekommen. Bul da Hil wird den Thron besteigen und das Geschlecht der Bul Könige am Leben erhalten. Das ist sein Schicksal. Das und nicht jene Dinge von denen dieser Nasdagol berichtet. Falls es diesen überhaupt einmal gegeben hat und ihr ihn nicht nur als Vorwand nutzt, um eure Gedanken und Wünsche als die Prophezeiung eines vermeintlichen Sehers zu verkaufen. Ihr habt den Bogen überspannt Gelehrte. Mit einer solchen Auffassung seid Ihr eine Gefahr für mein Reich und könnt mir fortan nicht länger zu Diensten stehen. Eigentlich sollte ich Euch auf der Stelle hinrichten lassen für diese lächerlichen und einfältigen Dinge die Ihr wagtet mir zu offenbaren. Aber in Anbetracht Eurer Verdienste um das Reich in der Vergangenheit, will ich Euch das Leben schenken. Doch höret, Ihr verirrten Geister, was Euer Schicksal sein wird. Ihr sollt auf immer verbannt werden aus Reigolpeor. Wag es nie mehr in Eurem Leben auch nur einen Fuß auf Reigolland zu setzen. Tut Ihr es doch, so ist Euch der Tod gewiss. Diese Anordnung wird an alle Grenzposten und Schutzsoldaten weitergegeben. Also hütet Euch der Grenze des Reiches zu nahe zu kommen. Und jetzt geht mir aus den Augen, ich will vor mein Volk treten und es in Kenntnis setzen über jene Dinge.“

Wenige Augenblicke später eilte der König mit hastigen Schritten und wütendem Gesicht durch die Haupthalle des Palastes, dann durch den großen Vorhof und schließlich erklomm er über eine der zahlreichen Treppen die trutzige Außenmauer. Genau über dem Palasttor hatte man auf der Mauer ein mit frischem Peor geschmücktes Pult aufgebaut, von wo aus Bul da Sim zu seinem Volk sprechen sollte. Die begeisterte Menge vor dem Tor empfing den König mit euphorischem Jubel und lauten Freudenrufen. Kunstvoll bestickte Fahnen und Wimpel wurden eifrig geschwenkt. Frauen und Kinder warfen bunte Pergamentschnipsel und frische Peorblüten in die Höhe und jene die keine Fahne bei sich hatten, winkten mit bunten Tüchern oder ihren Mützen. Doch schon bald bemerkten die in den ersten Reihen Stehenden, den Gemütszustand des Königs, der gar nicht so recht zu den freudigen Ereignissen passen wollte, ob denen sie sich hier zusammengefunden hatten. Der Jubel verstummte allmählich und wich ungläubigen Blicken. Kurze Zeit später waren die Freudenrufe verhallt und stetig lauter werdendes Gemurmel machte sich breit. Schließlich hob Bul da Sim machtvoll die Hand und gebot seinen Untertanen zur Ruhe zu finden. Beinahe gespenstische Stille lag nun über der versammelten Menge und Bul da Sim spürte, wie tausende fragender Augen ihn musterten. In seinem Kopf tobte ein Sturm miteinander ringender Gefühle und er spürte so etwas wie Unsicherheit. Ein Gefühl, das ihn während all der Jahre als Bul nur äußerst selten ereilt hatte. Wenn es doch einmal passierte, so pflegte er stets nach den Weisen zu schicken, um sich mit ihnen zu beraten und von ihrem umfassenden Wissen zu schöpfen. Doch die Weisen hatten ihn verraten, so dachte er. Ihn hintergangen und ihm den Tag seiner größten Freude zunichte gemacht. Auf sie konnte er fortan nicht mehr zählen. Das ganze Land brachten sie in Gefahr mit ihrem abtrünnigen Gedankengut. Bul da Sim fühlte wie der Zorn langsam wieder in seine Brust kroch um sich dort mit gewaltigen Hieben, die wie Schwertstiche brannten, Gehör zu verschaffen. „Ihr alle habt Euch auf mein Geheiß hin an diesem herrlichen Tage hier versammelt, um mit mir gemeinsam ein besonderes Ereignis zu feiern. Ein Ereignis auf das ich, auf das Ihr, ja auf welches das ganze Reich seit Jahren in Unsicherheit gewartet hat. Es ist ein Grund zum Jubel und zur Heiterkeit. Die Sorge um die Zukunft des Reiches ist fortan nicht mehr vonnöten. Reigolpeor wird ein Thronfolger geschenkt, der, wenn die Zeit reif ist, an meiner statt, die Geschicke des Reiches lenken wird.“ Solche Worte waren es, auf die die versammelte Schar seit Stunden gewartet hatte, weshalb sie sofort ihre Stimme zu tausendfachem Jubel erhob. Doch mit einer einzigen Handbewegung des Königs, wurde dieser noch im Ansatz erstickt. „Die Aussicht auf eine gesicherte Zukunft unter der Herrschaft der Bul ist ein freudiges Ereignis, fürwahr. Und doch gibt es Querdenker, die mit vergifteten Gedanken, aus unerfindlichen Gründen, alles daran setzen, dies um jeden Preis zu verhindern. Jene Männer von denen ich spreche standen mir seit Jahren treu zur Seite und jetzt, da sich der Lauf der Dinge ändert, zeigen sie ihr wahres Gesicht. Ihr Begehr ist es, die Linie der Bulkönige zu brechen und das Reich in eine ungewisse Zukunft zu schicken. Nur sie allein wissen mit wem sie im Bunde stehen und was der Antrieb für ihr Handeln ist.“ Bul da Sim hielt inne und starrte in ratlose Gesichter. “Ihr versteht nicht was ich sage. Wie könnt ihr das auch? Ich selbst begreife es ja nicht einmal.“ In wenigen Worten berichtete der König nun, was sich zuvor in seinem Ankleideraum zugetragen hatte. Seine Ausführungen beendete er damit, dass er das zusammengeknüllte Pergament, welches er noch immer in der Hand hielt, glatt strich und es verlas.
Während er das tat, schwoll ein stetig lauter werdendes Murmeln unter der versammelten Menge an, das sich schließlich zu lautem, undurchdringlichen Geschwätz entwickelte. Der König versuchte wieder mit der gewohnten Handbewegung Ruhe zu gebieten, doch diesmal vergeblich. Zu ungeheuerlich und beängstigend wirkte das, was er soeben gesagt hatte. Die drei Hofweisen genossen zu jeder Zeit ein sehr hohes Ansehen unter der Bevölkerung und ihre Worte galten als unumstößlich. Bul da Sim hatte die Kontrolle über seine Zuhörerschaft verloren und musste nun machtlos mit ansehen, wie sich mehr und mehr Verzweiflung und Angst breit machte. Zu seinem Erschrecken musste er feststellen, das die Menge nicht in der Art reagierte, wie er es erwartet hatte. Er wusste zwar wie stark die Bindung zwischen seinem Volk und den Weisen war, doch angesichts des freudigen Ereignisses dieses Tages und der Schwere der von den Weisen dargelegten Dinge, hatte er geglaubt, seine Untertanen würden seine Meinung teilen und sich gegen Norem, Beldorim und Sudefor wenden. Aber das Gegenteil war der Fall. Vereinzelt konnte Bul da Sim in dem Wust der Stimmen Wortfetzen und einzelne Sätze erkennen, in welchen die Angst vor den zu erwartenden Ereignissen zum Ausdruck kam. Die Tatsache, dass die Reigol die Prophezeiung einfach so als unfehlbare Wahrheit akzeptierten, ließ erneut Wut in Bul da Sim aufschäumen. Hatten sich an jenem Tage alle gegen ihn gewandt? An diesem Tag, der doch der schönste seines Lebens als Bul sein sollte. Ruckartig löst sich der König aus seiner verkrampften Haltung. „Wachen, schafft mir diese Weisen her!“ schrie er in unbändiger Wut. Und als ob dieser unmissverständlich gegebene Befehl nicht eindeutig genug gewesen wäre fügte er noch ein scharfes „Sofort!“ hinzu.
Ein Wachsoldat, der dicht bei König Bul da Sim gestanden hatte, setzte sich augenblicklich mit scharfem Schritt in Bewegung. Einen kurzen Augenblick konnte man noch das Rasseln seines Kettenhemdes hören, dann war er die Stufen nach unten gehastet und mühte sich, möglichst schnell in den Palast zu gelangen.
Es vergingen einige quälend lange Minuten, die dem König wie Stunden vorkamen. Rastlos und unruhig lief er auf der Außenmauer beständig auf und ab. Alle paar Lidschläge huschte sein Blick über den weitläufigen Vorhof, doch von den Weisen war noch immer nichts zu sehen. Gerade als er eine weiter Wache entsenden wollte, sah er endlich die drei Abtrünnigen herbeeilen. „Ja kommt nur ihr Narren und seht wie mein ganzes Volk sich gegen mich wendet.“ murmelte der König. „Dieser Verrat soll nicht ungesühnt bleiben.“
Als die Weisen die Außenmauer erklommen hatten und sich einige Schritte neben Bul da Sim platzierten, ging ein erlösendes Raunen durch die Menge, das die Wut des Königs nur noch größer werden ließ. „Seht her was ihr erreicht habt. Mein ganzes Volk ist von Euren Worten geblendet und stellt sich gegen mich. Mir scheint sie alle haben den Verstand verloren.“ herrschte er die Weisen an. „Wie ist es möglich, das ein paar Worte auf einem Stück Pergament Derartiges bewirken können? Worte, für deren Richtigkeit es keinen Beweis gibt und deren Inhalt ein vollkommen sinnloses Szenario beschreibt.“ Gerade wollte Beldorim etwas entgegnen, als sich der König ohne die Antwort abzuwarten, unvermittelt von ihm abwandte. „Seht, hier sind sie, deren Worte euch geblendet haben. Seht sie euch an, die ruchlosen Verräter, die unser geliebtes Reich dem Untergang weihen wollten. Doch ich habe ihr schändliches Tun noch im Ansatz erkannt und werde es zu verhindern wissen. Ich habe mich nicht von ihren Worten blenden lassen wir ihr alle es getan habt.“ Bul da Sim legte eine kurze, aber bedeutend wirkende Atempause ein. Er ließ seinen Blick über die verunsicherten Gesichter schweifen, dann fuhr er fort. „Was geht nur in eurem Geiste vor, das ein paar lieblos auf Pergament geschriebenen Worten im Stande sind euch die Hoffnung auf eine Zukunft in Wohlstand und Frieden zu rauben?“
Ansatzlos wand er sich halb zu den drei Weisen, riss seinen linken Arm empor und zeigte mit ausgestrecktem Finger auf die dicht bei einander stehenden Gelehrten.
„Seht sie euch ein letztes Mal an, denn ihr werdet sie nie wieder sehen. Ich habe sie des Landes verwiesen und werde sie mit dem Tode strafen, wenn sie es wagen sollten, noch einmal einen Fuß auf Reigolland zu setzen. So werden diese Verräter keine Gefahr mehr für uns sein und mein Sohn, euer zukünftiger König, kann aufwachsen ohne argwöhnisch beäugt zu werden.“ Die Tatsache, dass er die Weisen des Landes verwiesen hatte, war Bul da Sim der versammelten Menge bisher schuldig geblieben. Umso heftiger waren die Reaktionen nun. Erkannte Bul da Sim zuvor nur unsichere Blicke und aufgeregtes Gerede, so drangen nun lautes Wehklagen und Ausrufe tiefster Bestürzung an sein Ohr. Ein altes Weib, das beinahe ganz vorn vor dem Tore stand, schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Dicke Tränen rannen über ihr faltiges Gesicht und mit zittriger Stimme rief sie immerfort „Das ist der Untergang“ Ein stattlicher Mann rief mit bebender Stimme, die ganz und gar nicht zu seiner imposanten Erscheinung passen wollte: „Bul da Sim edler Reigolkönig, schenkt den Worten der Weisen Glauben. Sie haben sich noch niemals getäuscht“ Eine junge Frau mit einem weinenden Kind auf dem Arm flehte mit tränenschwerer Stimme „Bul da Sim, es ist keine böse List der Weisen, ganz gewiss nicht. Die Prophezeiung wird sich erfüllen. Nutzt das Wissen der Weisen um dieses Schicksal abzuwenden.“ Darauf fiel ein glatzköpfiger Greis ein, der sich mühevoll auf einen groben Stock stütze: „Ja Bul da Sim, lasst Euch von den Weisen helfen. Ihr dürft sie nicht verbannen. Damit besiegelt Ihr das unvermeidliche Schicksal.“ Solche und ähnliche Ausrufe folgten in immer schnellerer Abfolge, sodass der König schon bald nichts mehr verstand. Indes war er auch nicht mehr in der Lage noch länger zuzuhören. Seine Wut hatte sich zwischenzeitlich ins Unermessliche gesteigert. Eine derartige Situation hatte er noch nicht durchleben müssen. Einsam und von allen verlassen kam er sich vor. Ein König, dessen Untertanen sich scheinbar von ihm abgewendet und das Vertrauen in ihn verloren hatten. Sie alle waren fortan eine Gefahr für sein Reich. Doch waren es wirklich alle oder tönten nur die Stimmen einiger Verwirrter so laut, dass man denken konnte die ganze Schar hätte sich gegen ihn gestellt? Wie sollte er Freund von Feind unterscheiden? Was sollte er tun? Im Kopf des Königs tobte ein Gewitter, das einen solchen Lärm veranstaltete, dass es Bul da Sim nicht möglich war, einen klaren Gedanken zu fassen. Wenn er noch einige Augenblicke so verharren würde, glaubte er vom Wahnsinn verschlungen zu werden und wie um sich von den unsäglichen Geistesqualen zu befreien fing er einfach an zu schreien. Er schrie mit gewaltiger, tosender Stimme, sodass er selbst das Stimmengewirr der aufgewühlten Masse übertönte. Erschrocken und ungläubig wurde er nun angestarrt. Doch von alledem bekam er noch nichts mit. Er focht noch immer seinen eigenen Kampf gegen die Dämonen in seinem Kopf. Beide Hände fest gegen die Schläfen gepresst wand er sich unter unmenschlichen Qualen. Sein ganzer Körper schien unter der Masse der auf ihn einströmenden Gefühle zu leiden. Plötzlich verstummte er ebenso plötzlich, wie er angefangen hatte zu schreien. Er riss die Hände vom Kopf und krallte sich in den fein geschliffenen Stein der Wehrmauer. Aus tränenfeuchten Augen starrte er wie von Sinnen in die Runde und mit heiserer Stimme rief er so laut, dass es auch die Letzten hören konnten.
„Wenn ihr euch so gewiss seid, dass diese Narren die Wahrheit kundtun, dann geht mit ihnen. Auf derlei Wahnsinn kann das Reich verzichten. Geht mit ihnen und hofft auf ihre Qualitäten als Herrscher. Lauft blind in euren Untergang und folgt den weisen Worten dieser Blender. Ich bin nicht mehr willens euch als Bul zu dienen. Ich gebe all jenen, die um ihre Zukunft in Reigolpeor bangen drei Tage Zeit das Reich auf immer zu verlassen. Schließt euch ihnen an, wenn dies euer Begehr ist und verlasst mein Reich. Doch hofft nicht auf eine Wiederkehr. Jedem der sich entschließt das Reich zu verlassen, ist der Tod gewiss, wenn versucht zurückzukehren. So geht denn in eure Häuser und wählt den Weg den ihr gehen wollt!“
Einen kurzen Augenblick noch stand Bul da Sim wie erstarrt. Dann zog er mit einer kraftlosen Bewegung seine geflochtene Krone vom Haupt und ließ sie achtlos zu Boden fallen. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren oder jemanden eines Blickes zu würdigen ging er mit gesenktem Blick zurück zum Palast.
Die Entscheidung des Königs war gefallen. Die schlimmste Befürchtung der Weisen hatte sich bewahrheitet. Bul da Sim schenkte den Worten der Prophezeiung keinen Glauben. Vermutete darin gar eine List der Weisen, mit dem Zwecke, den Fortbestand der Bulkönige zu verhindern. Hatten sich Norem, Sudefor und Beldorim zu weit nach vorn gewagt? Hätte der Text der Prophezeiung besser nie den Turm des Wissens verlassen sollen, nachdem seine ungeheuerliche Tragweite ans Licht gekommen war? Diese und noch tausend Fragen mehr spukten in den Köpfen der Weisen umher. Doch für eine Umkehr war es zu spät. Der König hatte sein Urteil gefällt und dies verhieß für die Weisen und all jene die bereit waren, ihnen zu folgen, eine Zukunft in Ungewissheit. Sie würden sich dem Willen des Königs beugen und das Reich verlassen müssen. Zeit für große Pläne blieb ihnen dabei kaum, denn sie hatten nur drei Tage Zeit. Doch die Sonne hatte den Zenit schon überschritten und bereits einen guten Teil des ersten Tages geraubt.
 

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Korrekturvorschläge:

Nasdagol's Traum Kapitel 3
Veröffentlicht von Andreas E am 13. 07. 2006 07:11
3. Kapitel - Der Zorn des Königs

Kurze Zeit später erhob sich eine goldene Sonne über den Wipfeln des Eiswaldes und tauchte das im milchigen Morgennebel liegende Pradnug in ein strahlendes Licht. Ungewöhnlich früh war an diesem Tag das Leben in der Stadt erwacht. Am Königspalast hatte man rote Fahnen aufgezogen, die sich nun sanft in einer leichten Brise wiegten. Beldorim trat als erster auf den kleinen Balkon und war nicht wenig erstaunt über das(Komma) was er sah. „Rote Fahnen an einem gewöhnlichen Tag wie diesem. Was mag da vor sich gehen?“(Komma) dachte er und wunderte sich über die festliche Schmückung. Rote Fahnen zierten die Dächer und Simse des Palastes sonst nur an wenigen hohen Feiertagen. (Absatz)Beldorim ließ den Blick über die Stadt schweifen und sah von überall her Menschen zum Palast strömen. Sie liefen eilig und hasteten, doch schienen sie dabei fröhlich und heiter zu sein. Ganz so, als seien sie in freudiger Erwartung auf ein bevorstehendes Ereignis, von dem sie noch nicht genau wussten, worum es sich handelt. Nun trug der Morgenwind das hohe Schmettern von Trompeten und den donnernden Klang von Trommeln an sein Ohr. (Absatz)Rasch [red] wand [/red] (wendete) er sich zum Palast zurück und sah eine Hundertschaft Trompeter und Trommler, die [blue] gerade in Stellung gegangen waren [/blue] (sich gerade aufgestellt hatten – in Stellung gehen, heißt, sich in den Schützengraben werfen) und ein festliches Lied anstimmten. Sie waren mit den edelsten Gewändern bekleidet, die sonst nur zu Ehren des Königs getragen und für gewöhnlich nicht in der Öffentlichkeit gezeigt wurden. (Absatz)Auf den goldenen Trompeten spiegelte sich die helle Morgensonne und mit rhythmischem Schwung tanzten die weißen Schlagstöcke der Trommler immerfort auf und nieder. Je mehr Beldorim versuchte(Komma) in diesem seltsamen Schauspiel einen Sinn zu erkennen, desto unerklärlicher wurde es ihm. Eilig [red] wand [/red] (wandte) er sich um und rief mit fester Stimme(Doppelpunkt) „Norem, Sudefor, etwas sehr ungewöhnliches geht vor sich in der Stadt. Wir müssen uns beeilen und sofort aufbrechen.“ Hastig kamen die beiden Alten herbeigeeilt und wollten mit eigenen Augen sehen(Komma) was in Pradnug geschah. Doch Beldorim drängte sie gleich in Richtung Treppe ab und erzählte ihnen auf dem langen Weg nach unten in knappen Worten, was er soeben beobachtet hatte. (Absatz)Ratlos erreichten die drei schließlich das Eingangsportal. Ein Wachsoldat war dort gerade damit beschäftigt, die zahlreichen Kerzen und Fackeln zu entflammen. Da die meisten der Lichtspender in luftiger Höhe angebracht waren, war dies eine mühevolle und anstrengende Arbeit, die bei den Soldaten nicht sehr beliebt war. Umso erstaunlicher war es, dass dieser hier ein munteres Lied vor sich hin pfiff und überaus fröhlich zu sein schien. Als er die drei Weisen bemerkte, [red] wand [/red] er sich ihnen zu und grüßte freundlich. „Du bist doch von der Tageswache“(Komma) fragte Sudefor den Mann. „Ja, das bin ich“(Komma) entgegnete dieser. „Dann bist du doch sicher durch die Stadt gelaufen und hast gesehen(Komma) was dort passiert?“(Komma) fragte Sudefor weiter. „Warum sind all die Leute auf dem Weg zum Palast und warum sind dort rote Flaggen aufgezogen?“ Mit einem erstaunten Blick schaute der Soldat die drei an und konnte schließlich ein breites Grinsen nicht mehr unterdrücken. „Beim großen Peorsproß“(Komma) prustete er plötzlich los. „Die ganze Stadt weiß schon bescheid, aber die drei weisesten Köpfe des Reiches haben von allem noch überhaupt nichts mitbekommen.“ (Trennstrich oder Absatz)„So erkläre uns doch endlich(Komma) was dort vor sich geht!“(Komma) drängte Sudefor. (Absatz)Nach einigen Sekunden hatte der Soldat sein Lachen unter Kontrolle. Er kam mit schnellem Schritt zu den drei Weisen herüber und sprach: „Lange hat das Reich auf diesen Tag warten müssen und die Hoffnung, dass er kommen würde(Komma) schien beinahe schon vergebens zu sein. Doch heute hat sich alles zum Guten gewendet. Der Fortbestand des königlichen Bulgeschlechtes ist gesichert. Unser aller König Bul da Sim hat in der vergangenen Nacht durch zahlreiche Boten verkünden lassen, dass ihm seine Gemahlin einen Thronfolger schenken wird. Der König wird Vater.“ Diese Worte wirkten wie ein Versteinerungszauber, der die drei Weisen erstarren ließ. „Besteht denn die Gewissheit, dass es ein Knabe ist, den die Königin in sich trägt?“(Komma) fragte Norem nach einem kurzen Augenblick der Ruhe. „Ja das ist es. Ein Medikus hat dies zweifelsfrei festgestellt.“(Komma) [red] Entgegnete [/red] (entgegnete) der Soldat. “So ist nun der letzte Zweifel ausgeräumt“(Komma) sagte Sudefor schließlich. „Die Prophezeiung wird sich bewahrheiten. Das Kind(Komma) das geboren wird, ist das bisher noch fehlende Stück in dem Text der Prophezeiung. Der unheilvolle Sohn des Königs. Nun(Komma) Beldorim, bist du jetzt überzeugt, dass die Angelegenheit von äußerster Wichtigkeit ist?“ Doch bevor dieser antworten konnte(Komma) setzte sich der Alte mit eiligem Schritt in Bewegung und hielt in großen Sätzen auf den Ausgang zu. „Wir haben keine Zeit zu verlieren. Lasst uns aufbrechen! Sofort!“(Komma) rief er, ohne sich noch einmal umzublicken.
Zügigen Schrittes liefen die drei direkt in Richtung Stadt. Die noch angenehm kühle Morgenluft trug den frischen Duft des Eiswaldes in sich und machte das Vorwärtskommen einfach. Nach kurzer Zeit schon hatten sie das Stück wilder Natur hinter sich gelassen, das zwischen dem Turm des Wissens und den ersten Häusern der Stadt lag. Nun hasteten sie vorbei an den farbenfrohen Fassaden der liebevoll hergerichteten Wohnhäuser und den mit üppigen Blumen und prächtigen Obstbäumen bepflanzten Vorgärten. Die Fenster der meisten Häuser standen weit offen und schneeweiße Gardinen wehten im zarten Morgenwind. (Absatz)Dabei trafen sie kaum auf Menschen. Nahezu die ganze Stadt schien sich rund um den Palast versammelt zu haben, um den König sprechen zu hören. Nur hier und da trafen sie auf ein paar alte Frauen und Männer, denen der weite Weg zum Palast zu anstrengend [blue] gewesen [/blue] (überflüssig) war. (Absatz)Eine faltige Frau mit weißem Haar saß auf einer kleinen Holzbank vor ihrem leuchtend roten Haus. Sie trank eine dampfende Tasse Peortee und genoss die wärmenden Strahlen der Sonne. Als sie der drei Weisen gewahr wurde, erhob sie die Stimme zum Gruß und rief lauthals ihre Freude heraus. Für einen kurzen Augenblick hielten die Weisen inne und redeten mit der Frau. Sie erzählte ihnen, dass in der vergangenen Nacht zahlreiche Boten zu Pferde durch die Stadt geritten seien und die frohe Botschaft verkündet hätten, dass dem stolzen Reigolkönig nun doch das Glück der Vaterschaft gegönnt sei. All das wussten die Weisen jedoch schon und so setzten sie ihren Weg fort. Zum Abschied wünschten sie der Alten noch einen schönen Tag und um den Schein zu wahren, sprach Norem einen wohlklingenden, aber nicht ernst gemeinten Satz, in dem auch er seine Freude ausdrückte.
Einige Zeit später hatten sie die [blue] meist menschenleeren [/blue] (überflüssig, weil schon erwähnt) Gassen und Plätze hinter sich gelassen und trafen schließlich auf dem großen Festplatz vor dem Palast ein. Eine unglaubliche Zahl von Menschen hatte sich hier versammelt. Sie alle wollten den König sprechen hören, um die frohe Botschaft aus seinem Munde zu vernehmen. Tausendfaches Stimmengewirr, Lachen, Hundegebell und das Geschrei von Kindern mischte sich in der Luft und schwoll zu einem undurchdringlichen Getöse an. Um zum Palast zu gelangen(Komma) mussten die drei sich mitten durch die Menge kämpfen, was besonders Sudefor, dem Ältesten, viel abverlangte. Überall mussten sie schwatzende Menschen zur Seite schieben, aufpassen(Komma) dass sie nicht von herumtollenden Kindern umgeworfen wurden und immer wieder wurden sie erkannt und mussten belanglose Phrasen austauschen. (Absatz)Erleichtert erreichten sie schließlich das Tor an der äußeren Palastmauer, die das gesamte Gelände umschloss. Die beiden Flügel des riesigen Holztores standen weit offen. Die Sonne spiegelte sich auf den mit Silber verzierten Reliefs und Schriftzügen des linken Torflügels. Der andere lag im Schatten und wurde nur teilweise vom zurückgeworfenen Licht des linken Flügels angestrahlt. Im Tor standen zwei einfache Wachsoldaten mit der traditionellen Soldatenkleidung. Sie trugen derbe grüne Hosen und ein weißes Hemd aus dem gleichen Stoff. Darüber einen überaus kunstvoll gefertigten, silbernen Harnisch, der im Stande war(Komma) Schwerthiebe und Pfeile ohne große Mühe abzuwehren. An einem braunen Ledergürtel reihten sich Messer, Schwert, Trinkflasche und ein kleiner Lederbeutel. In diesem führten die Soldaten während ihrer Eroberungszüge getrocknete Früchte und haltbare, mit Peormehl zubereitete Backwaren mit sich. Die Wachsoldaten trugen den Lederbeutel nur der Vollständigkeit halber,[red] bewahrten aber nichts darin auf[/red] (überflüssig). Den Kopf schütze ein silberner Helm, der mit weichem, hellbraunem Leder ausgeschlagen war.
Die Wachsoldaten am Tor hatten sich breitbeinig aufgebaut und blickten finster drein. Als die drei Weisen in Richtung Tor schritten, taten sie jeweils einen Schritt nach außen und gaben so den Weg frei. Norem, Sudefor und Beldorim waren nun auf dem Vorhof des Palastes. Dieser großzügig angelegte und mit viel Liebe gepflegte Platz erzählte viel vom Stolz und der Geschichte des Reiches Reigolpeor. Entlang der Außenmauer reihten sich überlebensgroße Skulpturen aller Reigolkönige, die seit der Fertigstellung des Palastes die Geschicke des Reiches lenkten. Die Zahl der aus edlem, weißem Marmor gemeißelten Abbildungen mochte um die einhundert betragen. (Absatz)Dazwischen befanden sich in regelmäßigen Abständen säulengestützte Treppen, die auf die Außenmauer empor führten. Die wuchtige Mauer war sehr breit und hatte obenauf einen gepflasterten Weg, auf dem Wachsoldaten ihre Runden zogen. Genau im Zentrum des Platzes befand sich eine Figurengruppe, die aus monumentalen Ebenbildern der fünf wichtigsten Reigolkönige bestand. Die fünf Könige standen im Kreis und streckten jeweils den rechten Arm samt Schwert steil in die Höhe. Genau im Mittelpunkt der Figurengruppe, hoch über deren Köpfen, trafen sich die Schwertspitzen und stützen eine kunstvoll gearbeitete Peorblüte. Unter der Gruppe stand ein Pavillon mit Kuppeldach und reliefverzierten Säulen. Darunter lag eine breite Treppe, die hinab in die Königsgruft führte. Hier wurden die Leichname der Reigolkönige in prachtvollen Steinsärgen aufbewahrt.
Über dem mit Sonnenlicht gefluteten Platz lag der süße Duft von Peor, der hier überall in kleinen Feldern mit geometrischem Grundriss angebaut wurde. Dazwischen teilten zahlreiche Wege das Gelände in gleichgroße Abschnitte auf.
Die Weisen hatten für all die überschwängliche Pracht an diesem Tag jedoch kein Auge. Viel zu sehr waren sie mit der vor ihnen liegenden, schwierigen Aufgabe beschäftigt. Je näher sie dem Eingang des Palastes kamen, umso größer wurde die Anspannung bei jedem einzelnen. Am Fuße der breiten Eingangstreppe stoppten sie im gleichen Augenblick und schauten einander Hilfe suchend an. „Es ist der einzige Weg“(Komma) hauchte Sudefor schließlich, dem vor Anstrengung Bäche von Schweiß an Stirn und Hals entlang rannen. Er bemühte sich um einen zuversichtlichen Gesichtsausdruck, nickte den beiden anderen entschlossen zu und machte sich daran, die Treppe zu erklimmen.
Als die drei in den Palast eintraten, umfing sie sofort angenehm kühle Luft. Das Innere der riesigen Haupthalle wurde durch die vom Boden bis in den fünften Stock reichenden Fenster über und über mit weichem Sonnenlicht durchströmt. Auf dem weißblau gepflasterten Boden konnte man verschwommen farbige Schatten wahrnehmen, die von den bunten Malereien auf den Scheiben stammten. (Absatz)Die Haupthalle hatte in keiner der fünf Etagen eine durchgehende Decke, sondern nur an den Wänden entlang führende, recht breite Gänge, durch die man in die verschiedenen Säle und Räume des Palastes gelangte. Von allen Etagen aus hatte man den gesamten Eingangsbereich vom Boden bis an die weiße, mit prächtigen Reliefen verzierte Marmordecke im Blick. Genau im Zentrum der Eingangshalle stand ein runder Brunnen, aus dessen Mitte sich eine kunstvoll gemeißelte Peorpflanze aus schwarzem Gestein empor wand, deren gold verzierte Blüte bis in den dritten Stock hinaufreichte. Aus dem Blütenkorb quoll langsam ein seichter Wasserstrahl, der über den gewundenen Pflanzenstängel zurück nach unten floss. (Absatz)Eine große Dienerschaft war emsig dabei, alles für ein grandioses Festmahl herzurichten, das zur Feier des freudigen Ereignisses noch am gleichen Abend stattfinden sollte. Küchenhelfer schleppten Berge von Kartoffeln, Säcke mit Peormehl, frisch geschlachtete Fasane und Wildschweine, allerlei Früchte, Schüsseln mit dampfenden Soßen, duftende Kuchen und zahllose Flaschen herbei. Sie alle waren so mit sich selbst beschäftigt, dass sie keine Notiz von den drei Weisen nahmen. (Absatz)Diese durchschritten indes die Haupthalle und stiegen an der am hinteren Ende befindlichen Wendeltreppe bis in den vierten Stock hinauf. Dort begaben sich zu einem an der Stirnseite des Palastes gelegenen, kleinen Arbeitszimmer, in welchem sie den König vermuteten. Vor der mit Schnitzereien verzierten Holztür hielten sie inne und atmeten ein letztes Mal durch. Dann nahm Norem seinen Stecken und klopfte mit dem Griff dreimal kräftig gegen die Eisenbeschläge. Stetig lauter werdende, hastige Schritte verrieten, dass jemand zur Tür eilte. Geräuschvoll öffnete sie sich schließlich einen Spalt weit und eine kleine, hagere Gestalt mit fahler Haut und tief liegenden Augen äugte heraus. „Bul da Sim unser edler Reigolkönig(Komma) wünscht von niemandem gestört zu werden“ näselte sie. Es war Reglu, der persönliche Schneider des Königs. Reglu hatte weder Frau noch Freunde und außer bei seiner Arbeit im Palast auch sonst nicht viel Freude am Leben. Wegen seines weichen und wankelmütigen Charakters war er bei nahezu jedem(Komma) der ihn kannte(Komma) unbeliebt und niemand wollte gern etwas mit ihm zu tun haben. Auf sein Handwerk(Komma) Kleidung zu fertigen(Komma) verstand er sich jedoch hervorragend und er vermochte es, für jede Person die passenden Gewänder zu schneidern.
„Reglu, geh und sage dem König(Komma) wer hier ist und [red] das [/red] (das) es um eine Sache von äußerster Wichtigkeit geht, die keinen Aufschub duldet.“(Komma) trug Beldorim ihm auf. „Aber der König wird in wenigen Augenblicken vor sein Volk treten und er ist noch nicht einmal vollständig in der dem Anlass entsprechenden Weise gekleidet“(Komma) gab Reglu zur Antwort und schickte sich an, die Türe wieder zu schließen. (Absatz)Mit einer schwungvollen und unmissverständlichen Bewegung stieß Norem seinen Stecken in den Türspalt. Mit ernster Stimme und einem Blick, in dem langsam aufsteigender Ärger zu erkennen war, bemühte er sich um Freundlichkeit. „Vielleicht hast du nicht recht verstanden“(Komma) sagte er. „Die drei Hofweisen haben den König in einer dringlichen Angelegenheit zu sprechen. Jetzt geh und sage ihm das.“ Irritiert und sichtlich eingeschüchtert blickte Reglu aus feuchten Augen zu den drei Weisen empor. Mit zuckenden Kopfbewegungen ließ er seinen ängstlichen Blick von einem zum nächsten schweifen, bevor er sich schließlich ruckartig umwand und mit schnellen, federnden Schritten zurück in den Raum eilte. Kurze Zeit später schob er seinen kleinen Kopf erneut durch den Spalt in der Tür und hieß die drei Weisen einzutreten.
König Bul da Sim stand inmitten des Raumes, den er vornehmlich nutzte(Komma) um sich von seinem Schneider vor wichtigen Anlässen ankleiden zu lassen. Die Sonne hatte von ihrem täglichen Weg bereits soviel hinter sich gebracht, dass sie ihre Strahlen durch das kleine,(kein Komma) nach Süden weisende Fenster warf. Die Gestalt des Königs wurde umringt von gleißendem Licht und warf einen langen Schatten in Richtung der drei Weisen, die sich mit langsamen Schritten vorwärts bewegten. Bul da Sim stand fest und unerschütterlich. Er strahlte Macht und Erhabenheit aus. Sein kantiger Schädel ruhte auf breiten Schultern, die den Rahmen für seinen stattlichen Körper zeichneten. Ein kurz geschnittener Bart aus dunklem Haar und ein kunstvoll geflochtener Zopf verliehen seinem Antlitz Würde und Stolz. Sein Haupt krönte ein kunstvoll geschlungener Kranz aus Peor, der täglich auf Neue geknüpft wurde. (Absatz)„Norem, Sudefor und Beldorim meine treuen Freunde und weisen Ratgeber. Was führt euch zu mir in dieser glücklichen Stunde?“(Komma) fragte der König mit ungewohnt gütigem Ton. Als die Weisen nach Sekunden noch immer nicht antworteten und einander stattdessen mit unsicheren Blicken stumme Hilferufe sandten(Komma) erhob Bul da Sim erneut die Stimme. „Fürwahr, es ist eine Kunde, die einem vor Freude jedes Wort auf der Zunge verdorren lässt. Wie lange musste ich in Unsicherheit um den Fortbestand des Königsgeschlechtes leben. Jahre hegte ich Selbstzweifel und sah mich in finsteren Träumen als den letzten Bul, mit dem das Geschlecht seinen Untergang findet. Doch beim großen Peorsproß, die Natur hat sich meiner erbarmt und mir das Glück der Vaterschaft gewährt. Mit diesem, meinem Sohn, wird ein Bul das Licht der Welt erblicken, der [red] großes [/red] (Großes) vollbringen wird. Ja, das spüre ich. Und ganz nach dem alten Brauch der Reigolkönige soll er nach dem zweiten Vornamen seines Großvaters benannt werden. Bul da Hil wird ein Reigolkönig(Komma) wie ihn die Welt noch nicht gesehen hat. Ihm soll die beste Ausbildung zuteil werden und es wird ihm an nichts mangeln. Seine Taten sollen in die Bücher eingehen und werden auf ewig unvergessen bleiben.“ (Absatz)Der König hatte sich dabei ertappt, wie er seinen Gedanken freien Lauf ließ, doch in diesem Augenblick zählte das nicht. Zu stolz war er, als [red] das [/red] (dass) nicht sein ganzes Volk wissen sollte, was ihn in jener Zeit bewegte. Er [red] wand [/red] sich erneut den Weisen zu, die bei jedem seiner Worte sichtlich mehr in Unbehagen gefallen waren. „Doch nun sprecht endlich und fasst euch kurz. Mein Volk erwartet mich.“ (Absatz)Schließlich war es Norem, der sich ein Herz fasste und den König um etwas Zeit und Aufmerksamkeit bat. Dieser hatte zunächst versucht zu widersprechen, doch als auch Sudefor und Beldorim ihn um Zeit anflehten, kam er nicht umhin, diese zu gewähren. (Absatz)So berichtete Norem, wie er in dem verlassenen Gemäuer eine geheimnisvolle Schriftrolle fand, die in einer kostbaren Dose aus Spiegelsilber steckte. Er erzählte ferner, dass er vergeblich versuchte(Komma) die Schrift zu übersetzen, doch [red] das [/red] (dass) es schließlich mit der Hilfe von Sudefor und Beldorim gelang, den Inhalt zu ergründen. Nun war es Sudefor, der das Wort ergriff und davon zu erzählen begann, von wem die Schrift verfasst wurde. Da der König mit dem Namen Nasdagol nichts anzufangen wusste, erzählte Sudefor schließlich, was es mit jenem Manne aus längst vergangenen Tagen auf sich hatte.
Nasdagol war eines der Gründungsmitglieder des Lemenosbundes, einem Zirkel von Gelehrten verschiedenster Wissenschaften. Die Bundesbrüder hatten es sich seiner Zeit zur Aufgabe gemacht, sämtliches Wissen auf Erden zusammenzutragen und in einer riesigen Bibliothek, dem Haus der Lemen, zu sammeln. Dabei verzichteten sie auf jeglichen weltlichen Besitz und stellten ihre ganze Kraft in den Dienst der Mehrung des Wissens.
Zur Zeit der Gründung des Bundes,(kein Komma) lag das Haus der Lemen auf herrenlosem Land der damals noch jungen Welt, sodass kein Herrscher Besitz am gesammelten Wissen geltend machen konnte.
Viele Lemen beschäftigten sich ausgiebig mit der Erforschung der dunklen Magie, wofür es besonders strenge Regeln gab. Einige Brüder setzten sich über diese Regeln hinweg und wurden aus dem Bund verstoßen. Andere verließen die Gemeinschaft freiwillig, weil sie sich durch die Regeln in ihrem Forscherdrang eingeengt fühlten. Zu diesen gehörte auch Nasdagol, von dem man sagt, er sei der Weiseste der Weisen überhaupt. Nach dem Ausscheiden aus dem Bund verliert sich die Spur Nasdagol’s und niemand weiß, wo er fortan gelebt hat.
In den Archiven des Lemenosbundes fanden sich zahlreiche Briefe von ihm, in denen er nächtliche Visionen zukünftiger Ereignisse niederschrieb. Sämtliche Visionen des großen Sehers sind ausnahmslos eingetreten und haben sich der Vorhersehung entsprechend erfüllt. Aus diesem Grund haben Norem und Sudefor und später auch Beldorim,(kein Komma) die Prophezeiung auch so überaus ernst genommen und wagten nicht daran zu zweifeln.
König Bul da Sim erinnerte sich, in einem seiner Eroberungskriege gen Westen die Stadt der Lemen eingenommen und das Haus der Lemen geplündert zu haben. Durch die ungeheuere Anzahl der Bücher und Schriften, die er dabei für sein Reich erbeutete, wurde es nötig(Komma) ein eigenes Gebäude hierfür zu errichten: Den Turm des Wissens. Die Lemen haben daraufhin ihre alte Heimat verlassen und sich tief im unzugänglichen Nordwald,(kein Komma) zwischen Twiarlun und Hirdan niedergelassen. Hier sind sie dabei, die verlorenen Wissensschätze zu ersetzen und neues Wissen zu ergründen.
Nach dieser ausführlichen Erläuterung war die Geduld des Königs nahezu erschöpft, der naturgemäß mit Weisen, Magie und derlei Dingen nichts anzufangen wusste. Seine gute Laune hatte sich merklich verschlechtert und beinahe ungehalten fragte er die Weisen, warum sie ihn an einem so wichtigen Tage mit geschichtlichen Vorträgen langweilten.
Schließlich mischte sich auch Beldorim in das Gespräch ein und erklärte dem König, dass es sich bei dem verfallenen Gemäuer, in welchem Norem die alte Schriftrolle fand, sehr wahrscheinlich um den bisher unbekannten Aufenthaltsort des Nasdagol handelte und [red] das [/red] (dass) die gefundene Schrift eine weitere Vision des Sehers sei, deren Erfüllung kurz bevor stünde.
Schließlich griff er in seine Tasche und zog die Reinschrift der Übersetzung hervor. Mit unsicherer Stimme und gesenktem Blick verlas er folgende Worte.


Die Lemenstadt wird untergehen, ein neues Reich dafür entstehen. Geführt wird es mit harter Hand und Wissen aus dem Bunde, des neuen Reiches blutig Glanz mach bald schon große Runde. Die Könige des Bulgeschlechts führen Schwerter gegen Fleisch, vom Eiswald her da ziehn sie los, das Reigolland wird reich. Sie allesamt sind große Männer, weise, stolz und kühn, man wird in vielen harten Schlachten sie mutig kämpfen sehn.
Und wenn das Reich vollkommen ist, erstrahlt es leuchtend hell, bis kommen wird ein dunkler Bul, zu schänden es dann schnell. Es ist der Spross des Bul da Sim, mit Namen Bul da Hil, der böse Mächte mit sich führt und achtlos alles das zerstört, was seinen Ahnen einst gehört. Er lenkt ein Heer von finstren Mannen mit ungeheurer Macht, das vorwärts zieht nach Nord, Süd, West und bringt nur Tod und Nacht. Drum nutze du nun dieses Wissen, Bruder aus dem Bunde. Versteh(Komma) was hier geschrieben steht und handle noch zur Stunde.


Als Beldorim geendet hatte, faltete er das Pergament wieder zusammen und wollte es gerade in seiner Tasche verschwinden lassen, als es der König mit einer hastigen Bewegung an sich riss. Von seinem Wohlbefinden an jenem Tage war nun nicht einmal mehr der kleinste Rest verblieben. Mit funkenden Augen und steifer Körperhaltung gelang es ihm gerade noch(Komma) einen halben Satz in angemessener Lautstärke zu sprechen, dann fand der Zorn seinen Weg nach draußen. Mit keifendem Geschrei bedacht er die Weisen mit allerlei Beschimpfungen. Dabei spie er die Worte geradezu heraus, ganz so(Komma) als wollte er die Gelehrten damit durchbohren. (Absatz)Nachdem sich die erste Welle der Wut gelegt hatte, fand der König wieder zu geordneten Gedanken. Einige Zeit lang starrte er wortlos aus dem Fenster, dann [red] wand [/red] (wendete) er sich wieder den Weisen zu. „Ich bin schon lange König in diesem Reich. Seit vielen Jahren schon. Viele Dinge habe ich in dieser Zeit erlebt. Gute Dinge und auch schlechte. Ich erlebte Zeiten voller Freude und solche, in denen das Glück mich verlassen hatte. Doch immer wieder fand ich zum rechten Wege zurück. Dabei habe ich stets auch wertvolle Unterstützung von vielen Seiten bekommen, Ratschläge, die mich in meinen Entscheidungen beeinflusst haben und auch freundschaftliche Hinweise. Oft genug seid Ihr es gewesen, auf die ich mich in finsteren Tagen bedenkenlos verlassen konnte. Die drei Hofweisen des Königs Bul da Sim. Der geistige Kopf des Reiches Reigolpeor. (Absatz)Ich habe euch stets spüren lassen, wie sehr ich eure Dienste zu schätzen weiß. Habe euch den größtmöglichen Freiraum gelassen, ließ euch über Jahre all die Zeit(Komma) die ihr brauchtet(Komma) um eurer Forschung nachgehen zu können. Ihr hattet die Möglichkeit(Komma) endloses Wissen zu schöpfen, aus der umfangreichsten Bibliothek die es auf Erden zu finden gibt. Und alles(Komma) was ich dafür von euch verlangt habe(Komma) ist Loyalität.… Ja Loyalität, das war alles(Komma) was ihr mir zurückgeben solltet. Doch mir scheint(Komma) das könnt ihr nicht. Am schönsten Tage meines Daseins als Bul, an dem ich mein Volk so glücklich machen wollte, wie schon seit Jahren nicht mehr. An diesem Tag muss ich erkennen, dass die Bindung zwischen uns auf dünnen Pfählen steht. Ich habe mich in euch getäuscht. (Absatz)Was ihr da behauptet(Komma) ist ungeheuerlich. Mein eigener Sohn sagt ihr, soll mein Reich, das unter Blut und Schweiß in langen Jahren einer großen Dynastie zu dem geworden ist, was es heute ist, schänden und dem Tode weihen. Das Land(Komma) in dem er aufwachsen wird und das ihm all die Liebe angedeihen lassen wird, die auch ich als Kind erfahren habe. Jenem Land soll er Schaden und Unheil zufügen? Warum sollte er das tun? Dafür gibt es keinen Grund. Sagt mir(Komma) Norem, würdet Ihr das Haus niederbrennen, in dem Ihr eure Kindheit verbracht habt? Beldorim, würdet Ihr die Hand gegen jene erheben, die euch das Leben schenkten?“ (Trennstrich oder Absatz)„König Bul da Sim, Ihr missversteht uns“.(Komma statt Punkt) [red] Sagte [/red] (sagte) Norem „Einen größeren Beweis der Loyalität Euch und dem Reich gegenüber, als das(Komma) was wir gerade offenbart haben, werdet Ihr von keinem anderen Eurer Untertanen erfahren. Wir sind in heller Sorge um die Zukunft des Reiches und haben jetzt noch die Möglichkeit(Komma) den Lauf der Dinge in andere Bahnen zu lenken. Gewiss ist es nicht zu verstehen, was Nasdagol in dieser Vision gesehen hat. Doch es ist eine Tatsache, dass es dutzende solcher Prophezeiungen gibt, von denen wir heute wissen, dass sie sich alle erfüllt haben. Es ist also sehr unwahrscheinlich, dass es sich hierbei um einen Irrtum handelt.“ (Absatz)Nach einer kurzen Pause fuhr er fort „König Bul da Sim“(Komma) Norem’s Stimme war jetzt beschwörend, fast schon flehend und man konnte erkennen, [red] das [/red] (dass) Verzweiflung in ihr lag(Komma) “kein anderer Herrscher auf Erden hat das Glück, eine solch präzise Vorhersage der künftigen Ereignisse zu erhalten. Versteht die Prophezeiung als das(Komma) was sie sein will. Als eine Warnung und eine Möglichkeit(Komma) dieser Entwicklung entgegenzuwirken.“ (Absatz)Trotz dieser Erklärungsversuche und der Eindringlichkeit(Komma) mit der Norem gesprochen hatte, blieb der missmutige Gesichtsausdruck des Königs unverändert. „Sagt mir(Komma) Norem, wie Ihr Euch das vorstellt! Was soll ich Eurer Auffassung nach tun? Soll ich das Leben meines Sohnes beenden, noch bevor es begonnen hat? Ist es das(Komma) was Ihr mir nahe legt?“ (Ternnstrich oder Absatz)„Gewiss nicht(Komma) König Bul da Sim, das sollt Ihr nicht. Die Möglichkeit(Komma) von der ich spreche, ist denkbar einfach. Ihr dürft Euren Sohn nicht auf den Thron erheben, wenn seine Zeit gekommen ist. Damit wird ihm niemals die Möglichkeit gegeben, jene Dinge auszuführen, die Nasdagol in seinem Traum gesehen hat.“ (Absatz)Jetzt brach der blanke Zorn wieder aus Bul da Sim heraus und mit sich überschlagender Stimme schrie er in den Raum hinein, [red] das [/red] (dass) die Ohren schmerzten, wenn man nahe bei ihm stand „Ihn nicht auf den Thron erheben und damit den Untergang des Bulgeschlechtes besiegeln? Niemals. Es ist Fügung, dass mir die Gnade gewährt wurde, nach den Jahren der Hoffnungslosigkeit nun endlich doch einen Sohn zu bekommen. Bul da Hil wird den Thron besteigen und das Geschlecht der Bul Könige am Leben erhalten. Das ist sein Schicksal. Das und nicht jene Dinge von denen dieser Nasdagol berichtet. Falls es diesen überhaupt einmal gegeben hat und ihr ihn nicht nur als Vorwand nutzt, um eure Gedanken und Wünsche als die Prophezeiung eines vermeintlichen Sehers zu verkaufen. Ihr habt den Bogen überspannt(Komma) Gelehrte. Mit einer solchen Auffassung seid Ihr eine Gefahr für mein Reich und könnt mir fortan nicht länger zu Diensten stehen. Eigentlich sollte ich Euch auf der Stelle hinrichten lassen für diese lächerlichen und einfältigen Dinge(Komma) die Ihr wagtet(Komma) mir zu offenbaren. Aber in Anbetracht Eurer Verdienste um das Reich in der Vergangenheit, will ich Euch das Leben schenken. Doch höret, Ihr verirrten Geister, was Euer Schicksal sein wird. Ihr sollt auf immer verbannt werden aus Reigolpeor. Wag es nie mehr in Eurem Leben(Komma) auch nur einen Fuß auf Reigolland zu setzen. Tut Ihr es doch, so ist Euch der Tod gewiss. Diese Anordnung wird an alle Grenzposten und Schutzsoldaten weitergegeben. Also hütet Euch(Komma) der Grenze des Reiches zu nahe zu kommen. Und jetzt geht mir aus den Augen, ich will vor mein Volk treten und es in Kenntnis setzen über jene Dinge.“

Wenige Augenblicke später eilte der König mit hastigen Schritten und wütendem Gesicht durch die Haupthalle des Palastes, dann durch den großen Vorhof und schließlich erklomm er über eine der zahlreichen Treppen die trutzige Außenmauer. Genau über dem Palasttor hatte man auf der Mauer ein mit frischem Peor geschmücktes Pult aufgebaut, von wo aus Bul da Sim zu seinem Volk sprechen sollte. (Absatz)Die begeisterte Menge vor dem Tor empfing den König mit euphorischem Jubel und lauten Freudenrufen. Kunstvoll bestickte Fahnen und Wimpel wurden eifrig geschwenkt. Frauen und Kinder warfen bunte Pergamentschnipsel und frische Peorblüten in die Höhe und jene(Komma) die keine Fahne bei sich hatten, winkten mit bunten Tüchern oder ihren Mützen. Doch schon bald bemerkten die in den ersten Reihen Stehenden,(kein Komma) den Gemütszustand des Königs, der gar nicht so recht zu den freudigen Ereignissen passen wollte, ob [red] denen [/red] (derer) sie sich hier zusammengefunden hatten. (Absatz)Der Jubel verstummte allmählich und wich ungläubigen Blicken. Kurze Zeit später waren die Freudenrufe verhallt und stetig lauter werdendes Gemurmel machte sich breit. Schließlich hob Bul da Sim machtvoll die Hand und gebot seinen Untertanen(Komma) zur Ruhe zu finden. Beinahe gespenstische Stille lag nun über der versammelten Menge und Bul da Sim spürte, wie tausende fragender Augen ihn musterten. In seinem Kopf tobte ein Sturm miteinander ringender Gefühle und er spürte so etwas wie Unsicherheit. Ein Gefühl, das ihn während all der Jahre als Bul nur äußerst selten ereilt hatte. Wenn es doch einmal passierte, so pflegte er stets nach den Weisen zu schicken, um sich mit ihnen zu beraten und von ihrem umfassenden Wissen zu schöpfen. Doch die Weisen hatten ihn verraten, so dachte er. Ihn hintergangen und ihm den Tag seiner größten Freude zunichte gemacht. Auf sie konnte er fortan nicht mehr zählen. Das ganze Land brachten sie in Gefahr mit ihrem abtrünnigen Gedankengut. (Absatz)Bul da Sim fühlte(Komma) wie der Zorn langsam wieder in seine Brust kroch(Komma) um sich dort mit gewaltigen Hieben, die wie Schwertstiche brannten, Gehör zu verschaffen. „Ihr alle habt Euch auf mein Geheiß hin an diesem herrlichen Tage hier versammelt, um mit mir gemeinsam ein besonderes Ereignis zu feiern. Ein Ereignis(Komma) auf das ich, auf das Ihr, ja auf welches das ganze Reich seit Jahren in Unsicherheit gewartet hat. Es ist ein Grund zum Jubel und zur Heiterkeit. Die Sorge um die Zukunft des Reiches ist fortan nicht mehr vonnöten. Reigolpeor wird ein Thronfolger geschenkt, der, wenn die Zeit reif ist, an meiner statt,(kein Komma) die Geschicke des Reiches lenken wird.“ (Absatz)Solche Worte waren es, auf die die versammelte Schar seit Stunden gewartet hatte, weshalb sie sofort ihre Stimme zu tausendfachem Jubel erhob. Doch mit einer einzigen Handbewegung des Königs,(kein Komma) wurde dieser noch im Ansatz erstickt. „Die Aussicht auf eine gesicherte Zukunft unter der Herrschaft der Bul ist ein freudiges Ereignis, fürwahr. Und doch gibt es Querdenker, die mit vergifteten Gedanken,(kein Komma) aus unerfindlichen Gründen,(kein Komma) alles daran setzen, dies um jeden Preis zu verhindern. Jene Männer(Komma) von denen ich spreche(Komma) standen mir seit Jahren treu zur Seite und jetzt, da sich der Lauf der Dinge ändert, zeigen sie ihr wahres Gesicht. Ihr Begehr ist es, die Linie der Bulkönige zu brechen und das Reich in eine ungewisse Zukunft zu schicken. Nur sie allein wissen(Komma) mit wem sie im Bunde stehen und was der Antrieb für ihr Handeln ist.“ (Absatz)Bul da Sim hielt inne und starrte in ratlose Gesichter. “Ihr versteht nicht(Komma) was ich sage. Wie könnt ihr das auch? Ich selbst begreife es ja nicht einmal.“ (Absatz)In wenigen Worten berichtete der König nun, was sich zuvor in seinem Ankleideraum zugetragen hatte. Seine Ausführungen beendete er damit, dass er das zusammengeknüllte Pergament, welches er noch immer in der Hand hielt, glatt strich und es verlas.
Während er das tat, schwoll ein stetig lauter werdendes Murmeln unter der versammelten Menge an, das sich schließlich zu lautem, [red] undurchdringlichen [/red] (undurchdringlichem) Geschwätz entwickelte. Der König versuchte wieder mit der gewohnten Handbewegung Ruhe zu gebieten, doch diesmal vergeblich. Zu ungeheuerlich und beängstigend wirkte das, was er soeben gesagt hatte. Die drei Hofweisen genossen zu jeder Zeit ein sehr hohes Ansehen unter der Bevölkerung und ihre Worte galten als unumstößlich. (Absatz)Bul da Sim hatte die Kontrolle über seine Zuhörerschaft verloren und musste nun machtlos mit ansehen, wie sich mehr und mehr Verzweiflung und Angst breit machte. Zu seinem Erschrecken musste er feststellen, das die Menge nicht in der Art reagierte, wie er es erwartet hatte. Er wusste zwar(Komma) wie stark die Bindung zwischen seinem Volk und den Weisen war, doch angesichts des freudigen Ereignisses dieses Tages und der Schwere der von den Weisen dargelegten Dinge, hatte er geglaubt, seine Untertanen würden seine Meinung teilen und sich gegen Norem, Beldorim und Sudefor wenden. (Absatz)Aber das Gegenteil war der Fall. Vereinzelt konnte Bul da Sim in dem Wust der Stimmen Wortfetzen und einzelne Sätze erkennen, in welchen die Angst vor den zu erwartenden Ereignissen zum Ausdruck kam. Die Tatsache, dass die Reigol die Prophezeiung einfach so als unfehlbare Wahrheit akzeptierten, ließ erneut Wut in Bul da Sim aufschäumen. Hatten sich an jenem Tage alle gegen ihn gewandt? An diesem Tag, der doch der schönste seines Lebens als Bul sein sollte. (Absatz)Ruckartig löst sich der König aus seiner verkrampften Haltung. „Wachen, schafft mir diese Weisen her!“(Komma) schrie er in unbändiger Wut. Und als ob dieser unmissverständlich gegebene Befehl nicht eindeutig genug gewesen wäre(Komma) fügte er noch ein scharfes „Sofort!“ hinzu.
Ein Wachsoldat, der dicht bei König Bul da Sim gestanden hatte, setzte sich augenblicklich mit scharfem Schritt in Bewegung. Einen kurzen Augenblick konnte man noch das Rasseln seines Kettenhemdes hören, dann war er die Stufen nach unten gehastet und mühte sich, möglichst schnell in den Palast zu gelangen.
Es vergingen einige quälend lange Minuten, die dem König wie Stunden vorkamen. Rastlos und unruhig lief er auf der Außenmauer [blue] beständig [/blue] (überflüssig) auf und ab. Alle paar Lidschläge huschte sein Blick über den weitläufigen Vorhof, doch von den Weisen war noch immer nichts zu sehen. Gerade als er eine [red] weiter [/red] (weitere) Wache entsenden wollte, sah er endlich die drei Abtrünnigen herbeeilen. „Ja kommt nur(Komma) ihr Narren und seht(Komma) wie mein ganzes Volk sich gegen mich wendet.“(Komma) murmelte der König. „Dieser Verrat soll nicht ungesühnt bleiben.“
Als die Weisen die Außenmauer erklommen hatten und sich einige Schritte neben Bul da Sim platzierten, ging ein erlösendes Raunen durch die Menge, das die Wut des Königs nur noch größer werden ließ. „Seht her(Komma) was ihr erreicht habt. Mein ganzes Volk ist von Euren Worten geblendet und stellt sich gegen mich. Mir scheint(Komma) sie alle haben den Verstand verloren.“(Komma) herrschte er die Weisen an. (Absatz)„Wie ist es möglich, [red] das [/red] (dass) ein paar Worte auf einem Stück Pergament [red] Derartiges [/red] (derartiges) bewirken können? Worte, für deren Richtigkeit es keinen Beweis gibt und deren Inhalt ein vollkommen sinnloses Szenario beschreibt.“ (Absatz)Gerade wollte Beldorim etwas entgegnen, als sich der König ohne die Antwort abzuwarten, unvermittelt von ihm abwandte. „Seht, hier sind sie, deren Worte euch geblendet haben. Seht sie euch an, die ruchlosen Verräter, die unser geliebtes Reich dem Untergang weihen wollten. Doch ich habe ihr schändliches Tun noch im Ansatz erkannt und werde es zu verhindern wissen. Ich habe mich nicht von ihren Worten blenden lassen wir ihr alle es getan habt.“ (Absatz)Bul da Sim legte eine kurze, aber bedeutend wirkende Atempause ein. Er ließ seinen Blick über die verunsicherten Gesichter schweifen, dann fuhr er fort. „Was geht nur in eurem Geiste vor, [red] das [/red] (dass) ein paar lieblos auf Pergament [red] geschriebenen [/red] (geschriebene) [red] Worten [/red] (Worte) im Stande sind(Komma) euch die Hoffnung auf eine Zukunft in Wohlstand und Frieden zu rauben?“
Ansatzlos [red] wand [/red] er sich halb zu den drei Weisen, riss seinen linken Arm empor und zeigte mit ausgestrecktem Finger auf die dicht bei einander stehenden Gelehrten.
„Seht sie euch ein letztes Mal an, denn ihr werdet sie nie wieder sehen. Ich habe sie des Landes verwiesen und werde sie mit dem Tode strafen, wenn sie es wagen sollten, noch einmal einen Fuß auf Reigolland zu setzen. So werden diese Verräter keine Gefahr mehr für uns sein und mein Sohn, euer zukünftiger König, kann aufwachsen(Komma) ohne argwöhnisch beäugt zu werden.“ (Absatz)Die Tatsache, dass er die Weisen des Landes verwiesen hatte, war Bul da Sim der versammelten Menge bisher schuldig geblieben. Umso heftiger waren die Reaktionen nun. Erkannte Bul da Sim zuvor nur unsichere Blicke und aufgeregtes Gerede, so drangen nun lautes Wehklagen und Ausrufe tiefster Bestürzung an sein Ohr. Ein altes Weib, das beinahe ganz vorn vor dem Tore stand, schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Dicke Tränen rannen über ihr faltiges Gesicht und mit zittriger Stimme rief sie immerfort „Das ist der Untergang“(Punkt Absatz) Ein stattlicher Mann rief mit bebender Stimme, die ganz und gar nicht zu seiner imposanten Erscheinung passen wollte: „Bul da Sim(Komma) edler Reigolkönig, schenkt den Worten der Weisen Glauben. Sie haben sich noch niemals getäuscht“(Punkt Absatz) Eine junge Frau mit einem weinenden Kind auf dem Arm flehte mit tränenschwerer Stimme „Bul da Sim, es ist keine böse List der Weisen, ganz gewiss nicht. Die Prophezeiung wird sich erfüllen. Nutzt das Wissen der Weisen(Komma) um dieses Schicksal abzuwenden.“ (Absatz)Darauf fiel ein glatzköpfiger Greis ein, der sich mühevoll auf einen groben Stock[red] stütze[/red] (stützte): „Ja(Komma) Bul da Sim, lasst Euch von den Weisen helfen. Ihr dürft sie nicht verbannen. Damit besiegelt Ihr das unvermeidliche Schicksal.“ (Absatz)Solche und ähnliche Ausrufe folgten in immer schnellerer Abfolge, sodass der König schon bald nichts mehr verstand. Indes war er auch nicht mehr in der Lage(Komma) noch länger zuzuhören. Seine Wut hatte sich zwischenzeitlich ins Unermessliche gesteigert. Eine derartige Situation hatte er noch nicht durchleben müssen. Einsam und von allen verlassen kam er sich vor. Ein König, dessen Untertanen sich scheinbar von ihm abgewendet und das Vertrauen in ihn verloren hatten. Sie alle waren fortan eine Gefahr für sein Reich. (Absatz)Doch waren es wirklich alle oder tönten nur die Stimmen einiger Verwirrter so laut, dass man denken konnte(Komma) die ganze Schar hätte sich gegen ihn gestellt? Wie sollte er Freund von Feind unterscheiden? Was sollte er tun? Im Kopf des Königs tobte ein Gewitter, das einen solchen Lärm veranstaltete, dass es Bul da Sim nicht möglich war, einen klaren Gedanken zu fassen. Wenn er noch einige Augenblicke so verharren würde, glaubte er vom Wahnsinn verschlungen zu werden und wie um sich von den unsäglichen Geistesqualen zu befreien(Komma) fing er einfach an zu schreien. Er schrie mit gewaltiger, tosender Stimme, sodass er selbst das Stimmengewirr der aufgewühlten Masse übertönte. (Absatz)Erschrocken und ungläubig wurde er nun angestarrt. Doch von alledem bekam er noch nichts mit. Er focht noch immer seinen eigenen Kampf gegen die Dämonen in seinem Kopf. Beide Hände fest gegen die Schläfen gepresst wand er sich unter unmenschlichen Qualen. Sein ganzer Körper schien unter der Masse der auf ihn einströmenden Gefühle zu leiden. Plötzlich verstummte er ebenso plötzlich, wie er angefangen hatte zu schreien. Er riss die Hände vom Kopf und krallte sich in den fein geschliffenen Stein der Wehrmauer. Aus tränenfeuchten Augen starrte er wie von Sinnen in die Runde und mit heiserer Stimme rief er so laut, dass es auch die Letzten hören konnten.(Doppelpunkt statt Punkt)
„Wenn ihr euch so gewiss seid, dass diese Narren die Wahrheit kundtun, dann geht mit ihnen. Auf derlei Wahnsinn kann das Reich verzichten. Geht mit ihnen und hofft auf ihre Qualitäten als Herrscher. Lauft blind in euren Untergang und folgt den weisen Worten dieser Blender. Ich bin nicht mehr willens(Komma) euch als Bul zu dienen. Ich gebe all jenen, die um ihre Zukunft in Reigolpeor bangen(Komma) drei Tage Zeit(Komma) das Reich auf immer zu verlassen. Schließt euch ihnen an, wenn dies euer Begehr ist und verlasst mein Reich. Doch hofft nicht auf eine Wiederkehr. Jedem(Komma) der sich entschließt(Komma) das Reich zu verlassen, ist der Tod gewiss, wenn (er) versucht(Komma) zurückzukehren. So geht denn in eure Häuser und wählt den Weg(Komma) den ihr gehen wollt!“
Einen kurzen Augenblick noch stand Bul da Sim wie erstarrt. Dann zog er mit einer kraftlosen Bewegung seine geflochtene Krone vom Haupt und ließ sie achtlos zu Boden fallen. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren oder jemanden eines Blickes zu würdigen(Komma) ging er mit gesenktem Blick zurück zum Palast.
Die Entscheidung des Königs war gefallen. Die schlimmste Befürchtung der Weisen hatte sich bewahrheitet. Bul da Sim schenkte den Worten der Prophezeiung keinen Glauben. Vermutete darin gar eine List der Weisen, mit dem Zwecke, den Fortbestand der Bulkönige zu verhindern. Hatten sich Norem, Sudefor und Beldorim zu weit nach vorn gewagt? Hätte der Text der Prophezeiung besser nie den Turm des Wissens verlassen sollen, nachdem seine ungeheuerliche Tragweite ans Licht gekommen war? Diese und noch tausend Fragen mehr spukten in den Köpfen der Weisen umher. Doch für eine Umkehr war es zu spät. Der König hatte sein Urteil gefällt und dies verhieß für die Weisen und all jene(Komma) die bereit waren, ihnen zu folgen, eine Zukunft in Ungewissheit. Sie würden sich dem Willen des Königs beugen und das Reich verlassen müssen. Zeit für große Pläne blieb ihnen dabei kaum, denn sie hatten nur drei Tage Zeit. Doch die Sonne hatte den Zenit schon überschritten und bereits einen guten Teil des ersten Tages geraubt.

jetzt wird es spannend. Wann folgt der 4. Teil?
lg
 



 
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