Regenwurm (Haiku)

G

Gelöschtes Mitglied 14616

Gast
Oho - ein Haiku von dir, und das nicht in 5-7-5. ;)

Mir gefällt der Text richtig gut, vor allem auch der Humor, der hier aufblitzt.

Regenwurm -
am Haken zappelt
ein Fisch
Ich habe hier nichts zu meckern. Der Text wirkt. Und zwar zum einen, weil man sich am Haken noch den Regenwurm vorstellt, der aber bereits vom Fisch aufgefuttert wurde, was diesem wiederum nicht gut bekommen ist. Man könnte natürlich auch auf dem Standpunkt stehen, dass der Regenwurm (im Bauch des Fisches) immer noch am Haken hängt. Da ist Vieles denkbar, Fantasie ist gefragt. Und das ist ein gutes Zeichen, wenn man von Haiku spricht. ;)

Mir gefällt aber auch, wie die Worte des Textes wirken:

Zunächst der "Regenwurm" - so lang wie er ist, so kommt er auch als Ausdruck im Text rüber. Man spürt beim Lesen diesen langen Wurm.
Dann "am Haken zappelt": sehr schön diese wiederholten "a". Und mit dem lautmalerischen "zappelt" wird beim Leser die Fantasie genau in die richtige Richtung gelenkt.
Na ja, und dann - "ein Fisch"! Ein stimmiges Bild für den Leser.

Und der Text wirkt eben wegen dieses guten Aufbaus nach dem Lesen weiter. Und das soll ein Haiku ja ...

Mir gefällt dein Haiku, Bernd.


LG
Bernd
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo, Bernd,
vielen Dank für Deinen aufmunternden Beitrag.
Es war etwas still geworden um diese Formen, in denen ich dilletiere.
Für mich ist das Schwierigste, mich in die entsprechende Bahn und Stimmung zu bewegen, um nicht Metaphern zu erzeugen.

Ich habe ein Buch mit Tanka-Übersetzungen vom Anfang des 20. Jahrhunderts gelesen, dort geht der Autor sehr frei mit der Form um, um möglichst gut den Inhalt zu bewahren.
(BETHGE, HANS.: Insel Bücherei Nr. 492: Japanischer Frühling. Nachdichtungen japanischer Lyrik) (über Amazon noch erhältlich in verschiedenen Ausgaben)
Auch frei bei Gutenberg.org
http://www.gutenberg.org/ebooks/9178

Ich habe früher viele Haiku-ähnliche Gedichte geschrieben. Je freier man Haiku definiert, umso ähnlicher werden sie.

Auf den Regenwurm bin ich durch "Die Schnecke am Hang" gekommen, in denen die Strugatzkis ein Haiku zitierten.
Ganz langsam krieche,
Schnecke, am Hang des Fuji
zum Gipfel hinan

Issa, Sohn des Bauern
(Quelle: http://www.randomhouse.de/content/edition/excerpts/117894.pdf ) A. und B. Strugazki "Die Schnecke am Hang"
 



 
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