Roboter-Sonett 3-5

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ruf stets den Glanz der Blütezeit zurück -- Roboter-Sonnet 3

Im Spiegel sagt es dir dein Angesicht
Shakespeare

Schau in dein Glas und sag dem, den du siehst,
Jetzt sei es Zeit, dass sein Gesicht sich ändert;
Dann löse Schrauben, bilde um das Biest
In eine Mutter, die durch Wasser schlendert.
In der ein neuer ungeborner Spross
allmählich größer wird und lebhaft träumt,
wie er herauskommt aus dem Eisenschloss,
Und schließlich hat er alles ausgeräumt.
Weit drin im Glas der Mutter, tief in ihr,
Ruf stets den Glanz der Blütezeit zurück,
Such nach der Außenwelt, die sich in dir
schon bald entfaltet, golden, Stück für Stück.

Bleib ihr verbunden, denke stets daran,
zieh nie den Stecker, dass sie leben kann.





Das größte Wissen schafft noch kein Atom -- Robotersonett 4

O unfruchtbare Fülle, wem gedeihen
die Güter, die Natur dir hat beschert?
Shakespeare
Du Nichtsnutz, warum suchst du meinen Rat
im Schatten deines übergroßen Wissens?
Die Elektronen wirbeln frei in deinem Draht,
sie strömen heim ins Feld des Eisenkissens.
Warum, sag mir, missbrauchst du edles Gut
in Schwingungen im schwachen Nebenstrom?
Warum verschlingst du Elektronenglut?
Schau, ein Magnetfeld schafft noch kein Atom.
Solange nur in dir ein Klang erschallt,
Täuschst du dich selbst in deinem süßen Ich.
Was du auch tust, die Zeit verläuft sich bald,
du hinterlässt nicht mal kein Nichts für mich.
Wenn du nichts gibst, wirst du vergessen sein:
bald rosten die Sekundenräder ein.


Die wilde Zeit läuft durch den Sommerwind -- Robotersonett 5

Das Werk der Zeit, das unsern Sinn entzückt
Shakespeare​

Die Stunden, gehn, wo Strom die Arme wärmt,
wo grün die Leuchtdiode lieblich strahlt,
wo hochfrequenter Klang durch Körper schwärmt,
wo sich ein Draht im warmen Umfeld aalt.
Die wilde Zeit läuft durch den Sommerwind
ins kalte Land und neckt den weißen Sturm,
Kristalle flirren übers Winterkind,
der Schnee versteckt Rapunzel hoch im Turm.
Das Ziel ist wildgewirktes Haar aus Draht,
ein See entsteht in der gefangenen Zeit.
Der Zeiger läuft noch immer akkurat,
Im Frühling laufen Wasserströme breit.

Die Transistoren frieren langsam ein,
und einer brüllt zum Mond: Du bist gemein!
 



 
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