Schlafengehen

Annette Paul

Mitglied
„Ich will aber noch nicht schlafen. Ich bin überhaupt nicht müde“, wehrt sich Daniel. Kurz blickt er Mama an, dann schaut er wieder in sein Buch.

„Weil du so getobt hast, aber morgen früh willst du dann nicht aufstehen“, sagt Mama und nimmt ihm das Buch weg. „So, und jetzt husch, husch ins Bett.“

Murrend steigt Daniel in sein Bett und lässt sich von Mama zudecken. Sie gibt ihm einen Gute-Nacht-Kuss und verlässt sein Zimmer.

Daniel wartet eine Weile und lauscht angestrengt. Als er nichts mehr hört, knipst er seine Lampe an und holt sich sein Buch.

Mama ist blöde. Immer schickt sie ihn so früh ins Bett. Dabei ist er überhaupt nicht müde. Seine Freunde dürfen alle viel länger aufbleiben - behaupten sie jedenfalls. Nur er wird immer noch wie ein Baby behandelt. Dabei ist er doch schon so groß. Also liest er eben heimlich, das hat Mama nun davon.

Daniel liest gern. Leider hat er tagsüber wenig Zeit dafür. Vormittags ist er in der Schule und am Nachmittag muss er seine Hausaufgaben machen und dann geht er zum Fußballtraining oder er spielt mit seinen Freunden. Abends sieht er fern oder spielt an der Playstation, da hat er auch keine Zeit zum Lesen. Nur bevor Mama das Licht ausmacht, darf Daniel etwas lesen. Aber die Zeit ist immer viel zu kurz. Deshalb liest Daniel jetzt heimlich. Die Geschichte ist spannend. Eigentlich will er nur ein Kapitel lesen, aber er ist so vertieft. Er merkt gar nicht, wie er immer weiterliest. Er liest und liest, bis er das Buch durchgelesen hat. Müde schaltet er das Licht aus und schläft sofort ein.

Am nächsten Morgen weckt Mama ihn dreimal, aber Daniel schläft immer wieder ein.

„Daniel, du musst weg, in einer halben Stunde fängt die Schule an“, ruft Mama.

Erschrocken springt Daniel aus dem Bett und zieht sich schnell an. Zum Frühstücken hat er keine Zeit mehr. Er klappt sein Brot zusammen und isst es auf dem Weg. Als er das Brot aufgegessen hat, rennt er. Aber bald hat er Seitenstiche und kann nicht mehr laufen.

Der Schulhof ist leer, ganz fremd wirkt er. Beklommen geht Daniel zu seinem Klassenraum. Sein Bauch fühlt sich an, als ob da ein großer Stein drinnen liegt. Sachte klopft er an die Tür und öffnet sie.

Seine Klassenkameraden schauen von ihren Rechenheften auf.

„Guten Morgen, Daniel, du bist heute aber spät“, begrüßt ihn Frau Becker.

„Ich habe verschlafen“, gesteht Daniel kleinlaut.

„Na, dann musst du heute Abend wohl eher ins Bett gehen.“

Daniel nickt und versucht, unauffällig seinen Platz zu erreichen. Er nimmt sich fest vor, heute Abend nicht wieder heimlich zu lesen.
 

molly

Mitglied
Hallo Annette,

schön mal wieder etwas von Dir zu lesen.
Für manche Kinder ist der Tag nie lange genug, und Schlafenszeit wird liebend gern hinaus geschoben. So auch Daniel. Aber warum ist er nicht müde, wenn er viel getobt hat? Wenn ihn Toben nicht ermüdet, wird er wieder heimlich lesen.
Die Geschichte will den Kindern sagen, wer nicht genug schläft, wird morgens nicht schnell wach und kann zu spät in die Schule kommen.

Liebe Grüße
molly
 



 
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