PickyMiss
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‘Es ist immer das Gleiche. Immer das Gleiche’, dachte sie und ging auf den Balkon, um sich eine Zigarette anzuzünden. Sie gab sich solche Mühe einen spannenden Text zu verfassen, doch es wollte ihr nicht gelingen. Sie hatte das Gefühl alle Texte, die sie verfasste, waren gleich. Nur die Worte änderten sich.
Diese Woche fiel ihr das morgendliche Schreiben besonders schwer. Sie hatte die Frühschicht, musste bereits um 8 Uhr mit der Arbeit beginnen und entsprechend nur wenig Zeit, um Texte zu verfassen. Auch die Qualität litt darunter. Es war bereits Donnerstag und sie hatte bisher nur Textfragmente produziert, nichts Vorzeigbares. Das wurmte sie sehr. Sie nahm einen Zug von ihrer Zigarette und überlegte. Sie musste raus aus diesem negativen “Ich kann nichts”-Mindset. Das war eine Aussage ihres perfektionistischen Ichs.
Das perfektionistische Ich unterschied sich von dem inneren Kritiker und von dem inneren Schweinehund. Der Kritiker war zwar überheblich, aber er lieferte konstruktive Vorschläge, was man verbessern könnte, während das perfektionistische Ich einfach alles blockierte und wilde Behauptungen aufstellte. ‘Alles ist Schrott’, ‘Verbrenne deine Manuskripte’ waren Aussagen der Perfektionistin in ihr. Dieser Persönlichkeitsanteil wollte sofort einen Bestseller verfassen und hatte keine Geduld den Weg dorthin zu gehen. Klar waren ihre Texte nicht auf dem Niveau von J.K. Rowling, aber sie war ja auch noch eine Anfängerin. Sie würde viele schlechte Texte schreiben müssen, ehe die Perfektionistin vielleicht mal eine Perle finden würde. Aber das kratzte am Ego dieses Persönlichkeitsanteils. Die Perfektionistin wollte vor allem Bewunderung, die sie großzügig und scheinbar bescheiden abwehren konnte und für schlechte Texte bekam man die angemessene Bewunderung ihrer Auffassung nach nicht. Man konnte sich dafür nicht einmal selbst auf die Schulter klopfen.
Der Schweinehund konnte in einigen Punkten mit der Perfektionistin an einem Strang ziehen. Er verstand es nicht, warum man um 5:30 Uhr aufstehen musste, um sich dann letztendlich doch nur selbst zu zerfleischen. Insofern war er sofort auf der Seite der Perfektionistin, als sie begann von ‘Aufgeben’ zu sprechen.
Doch das kam für unsere Protagonistin überhaupt nicht in Frage. ‘Warum nur sind alle gegen mich?’, fragte sie sich genervt. Dabei waren es nur ihre eigenen Persönlichkeitsanteile, die sich gegen ihre Entscheidungen wehrten. Sie hatte nicht erwartet, den Schweinehund und die Perfektionistin überzeugen zu können. Aber es musste doch in ihrem Hinterkopf irgendeine Stimme geben, die sie unterstützte und ihr zur Seite stand.
Die Visionärin war insofern mit der Perfektionistin einer Meinung, dass sie auch und zwar sofort einen Bestseller schreiben wollte. Immerhin hatte sie dafür auch ein paar Ideen, über die der Kritiker jedoch nur lachte. Auch die Träumerin wollte Bestseller-Autorin sein und malte sich in den schönsten Farben aus, wie ihr Leben dann aussehen würde. Schließlich meldeten sich die Hartnäckige und die Neugierige zu Wort.
‘Können wir nicht den Weg genießen?’, fragte die Neugierige. ‘Wir könnten so viele Sachen ausprobieren. In fremde Häute schlüpfen und neue Erfahrungen machen.’ Die Hartnäckige pflichtete ihr sofort bei. ‘Jeden Tag ein Text war die Vorgabe. Ob die Perfektionistin diese Texte nun mag oder nicht, ist doch völlig egal. Wir ziehen das durch!’
Langsam atmete die Protagonistin den Rauch der Zigarette aus. ‘Ihr habt Recht’, dachte sie. ‘Der Weg ist das Ziel. Ich wollte 100 Texte schreiben und wenn es 100 schlechte Texte sind, dann ist das eben so.’
‘Wir müssen uns mit Dramaturgie befassen’, flüsterte die Theoretikerin. ‘Dann werden die Texte bald nicht mehr so schlecht sein’
‘Du könntest auch Dialoge schreiben’, schlug der Kritiker vor. ‘Darin bist du ganz passabel. Vielleicht ein Drehbuch. Warum muss es denn unbedingt ein Roman sein?’
Eine Stimme hatte sich noch gar nicht zu Wort gemeldet. Das überraschte die Protagonistin auch nicht, da es die zurückhaltendste Stimme in diesem Chor war, die von dem Gezanke der anderen oft übertönt wurde. Dennoch wollte sie deren Meinung nicht übergehen und so fragte sie direkt. ‘Künstlerkind, wie siehst du das?’
Das Künstlerkind hatte sich in eine Ecke verzogen und schmollte. ‘Du hattest versprochen, dass wir auf den Gefühlen fiktiver Figuren Achterbahn fahren würden. Wir wollten mit Zauberwesen spielen und magische Welten erkunden. Jetzt schreiben wir nur belanglosen Alltagskram’. Das Künstlerkind schniefte laut.
‘So macht das keinen Spaß!’
‘Du hast Recht, Künstlerkind’, sagte die Protagonistin. ‘Ich habe den Spaß aus den Augen verloren.’
Die Hartnäckige rollte mit den Augen, sagte aber nichts. Auch die Perfektionistin und der Schweinehund waren ganz still geworden. Die Protagonistin drückte ihre Zigarette aus und klatschte in die Hände.
“Na dann wollen wir mal”, sagte sie laut, öffnete ihre Balkontür und setzte sich an den Schreibtisch. In ihrem Kopf hatte sich bereits eine Idee für einen fantastischen Text gebildet.
Diese Woche fiel ihr das morgendliche Schreiben besonders schwer. Sie hatte die Frühschicht, musste bereits um 8 Uhr mit der Arbeit beginnen und entsprechend nur wenig Zeit, um Texte zu verfassen. Auch die Qualität litt darunter. Es war bereits Donnerstag und sie hatte bisher nur Textfragmente produziert, nichts Vorzeigbares. Das wurmte sie sehr. Sie nahm einen Zug von ihrer Zigarette und überlegte. Sie musste raus aus diesem negativen “Ich kann nichts”-Mindset. Das war eine Aussage ihres perfektionistischen Ichs.
Das perfektionistische Ich unterschied sich von dem inneren Kritiker und von dem inneren Schweinehund. Der Kritiker war zwar überheblich, aber er lieferte konstruktive Vorschläge, was man verbessern könnte, während das perfektionistische Ich einfach alles blockierte und wilde Behauptungen aufstellte. ‘Alles ist Schrott’, ‘Verbrenne deine Manuskripte’ waren Aussagen der Perfektionistin in ihr. Dieser Persönlichkeitsanteil wollte sofort einen Bestseller verfassen und hatte keine Geduld den Weg dorthin zu gehen. Klar waren ihre Texte nicht auf dem Niveau von J.K. Rowling, aber sie war ja auch noch eine Anfängerin. Sie würde viele schlechte Texte schreiben müssen, ehe die Perfektionistin vielleicht mal eine Perle finden würde. Aber das kratzte am Ego dieses Persönlichkeitsanteils. Die Perfektionistin wollte vor allem Bewunderung, die sie großzügig und scheinbar bescheiden abwehren konnte und für schlechte Texte bekam man die angemessene Bewunderung ihrer Auffassung nach nicht. Man konnte sich dafür nicht einmal selbst auf die Schulter klopfen.
Der Schweinehund konnte in einigen Punkten mit der Perfektionistin an einem Strang ziehen. Er verstand es nicht, warum man um 5:30 Uhr aufstehen musste, um sich dann letztendlich doch nur selbst zu zerfleischen. Insofern war er sofort auf der Seite der Perfektionistin, als sie begann von ‘Aufgeben’ zu sprechen.
Doch das kam für unsere Protagonistin überhaupt nicht in Frage. ‘Warum nur sind alle gegen mich?’, fragte sie sich genervt. Dabei waren es nur ihre eigenen Persönlichkeitsanteile, die sich gegen ihre Entscheidungen wehrten. Sie hatte nicht erwartet, den Schweinehund und die Perfektionistin überzeugen zu können. Aber es musste doch in ihrem Hinterkopf irgendeine Stimme geben, die sie unterstützte und ihr zur Seite stand.
Die Visionärin war insofern mit der Perfektionistin einer Meinung, dass sie auch und zwar sofort einen Bestseller schreiben wollte. Immerhin hatte sie dafür auch ein paar Ideen, über die der Kritiker jedoch nur lachte. Auch die Träumerin wollte Bestseller-Autorin sein und malte sich in den schönsten Farben aus, wie ihr Leben dann aussehen würde. Schließlich meldeten sich die Hartnäckige und die Neugierige zu Wort.
‘Können wir nicht den Weg genießen?’, fragte die Neugierige. ‘Wir könnten so viele Sachen ausprobieren. In fremde Häute schlüpfen und neue Erfahrungen machen.’ Die Hartnäckige pflichtete ihr sofort bei. ‘Jeden Tag ein Text war die Vorgabe. Ob die Perfektionistin diese Texte nun mag oder nicht, ist doch völlig egal. Wir ziehen das durch!’
Langsam atmete die Protagonistin den Rauch der Zigarette aus. ‘Ihr habt Recht’, dachte sie. ‘Der Weg ist das Ziel. Ich wollte 100 Texte schreiben und wenn es 100 schlechte Texte sind, dann ist das eben so.’
‘Wir müssen uns mit Dramaturgie befassen’, flüsterte die Theoretikerin. ‘Dann werden die Texte bald nicht mehr so schlecht sein’
‘Du könntest auch Dialoge schreiben’, schlug der Kritiker vor. ‘Darin bist du ganz passabel. Vielleicht ein Drehbuch. Warum muss es denn unbedingt ein Roman sein?’
Eine Stimme hatte sich noch gar nicht zu Wort gemeldet. Das überraschte die Protagonistin auch nicht, da es die zurückhaltendste Stimme in diesem Chor war, die von dem Gezanke der anderen oft übertönt wurde. Dennoch wollte sie deren Meinung nicht übergehen und so fragte sie direkt. ‘Künstlerkind, wie siehst du das?’
Das Künstlerkind hatte sich in eine Ecke verzogen und schmollte. ‘Du hattest versprochen, dass wir auf den Gefühlen fiktiver Figuren Achterbahn fahren würden. Wir wollten mit Zauberwesen spielen und magische Welten erkunden. Jetzt schreiben wir nur belanglosen Alltagskram’. Das Künstlerkind schniefte laut.
‘So macht das keinen Spaß!’
‘Du hast Recht, Künstlerkind’, sagte die Protagonistin. ‘Ich habe den Spaß aus den Augen verloren.’
Die Hartnäckige rollte mit den Augen, sagte aber nichts. Auch die Perfektionistin und der Schweinehund waren ganz still geworden. Die Protagonistin drückte ihre Zigarette aus und klatschte in die Hände.
“Na dann wollen wir mal”, sagte sie laut, öffnete ihre Balkontür und setzte sich an den Schreibtisch. In ihrem Kopf hatte sich bereits eine Idee für einen fantastischen Text gebildet.