Hey Rachel,
mir gefallen die Zeilen sehr gut! Ich mag die Sprache, die formal größtenteils eher nüchtern wirkt, aber dabei doch sehr zugewandt ist und Emotionen zulässt.
Inhaltlich lese ich von einem Ich, einem Du und einer Hauskatze, was nach einem recht schönen familiären Idyll klingt, doch am Ende steht eine Verlassenheit, die m. E. den "Zugangs-Code" für das Gedicht definiert.
Den Schluss könnte man dabei so lesen, dass das "hungerschälchen voll verlassen" wurde (will heißen: entweder das Schälchen wurde in vollem Zustand zurückgelassen oder das "voll" ist eine umgangssprachliche Steigerung von "verlassen). Oder man liest nach dem "voll" einen Punkt mit und das "verlassen" stellt einen neuen "Satz" dar (wenn man hier von einem Satz reden möchte), dann könnte "verlassen" sich auf jeden der in dem Gedicht genannten beziehen und alle sind irgendwie verlassen. Letzte Variante, dass "verlassen" ist eine partizipiale Ergänzung zu dem letztgenannten Subjekt und das wäre dann die Katze, die bei dieser Deutung von lyr. Ich und Du verlassen wurde.
Von diesen rein sprachlichen Deutungen sind einige wahrscheinlicher als andere, aber bei einem Gedicht geht es ja nicht darum per Wahrscheinlichkeitsrechnung eine Plausibilität herzustellen, entscheidend ist das Momentum der Verlassenheit, die ein Angebot an die Leser*innen darstellt, die Zeilen mit unterschiedlichen Perspektiven zu ergänzen.
Meine Lieblingszeile ist übrigens, wie die Katze "uns mit uns ansieht". Diese Zeile rückt die Katze einerseits in den Mittelpunkt des Geschehens und andererseits erwächst aus der "Katzenbetrachung" (wer betrachtet da wen?) eine Erkenntis über das "lyrische wir" des Gedichts.
LG!
S.